TE UVS Tirol 2006/04/04 2006/30/0529-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.04.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Rudolf Rieser über die Berufung des Herrn E. L., wohnhaft in H., XY-Gasse, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 02.02.2006, Zl VK-26517-2005, betreffend zwei Verwaltungsübertretungen nach der Straßenverkehrsordnung, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und die unter 1. und 2. angeführten Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

"Tatzeit: 25.04.2005 um 13.40 Uhr

Tatort: Gemeinde Münster, auf der Inntalautobahn A12, bei km 36,714,

in Fahrtrichtung Innsbruck

Fahrzeug: Lastkraftwagen, XY

 

1. Sie haben zu einem vor ihnen am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre. Es wurde mittels Videomessung ein zeitlicher Abstand von 0,55 Sekunden festgestellt. Das Fahrzeug hat bei einer gemessenen Geschwindigkeit von 146 km/h einen Abstand von 22 m eingehalten. Bei der Geschwindigkeit wurde die vorgeschriebene Messtoleranz bereits abgezogen.

2. Sie haben die auf Autobahnen zulässige Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 16 km/h überschritten. Die in Betracht kommende Messtoleranz wurde bereits zu ihren Gunsten abgezogen."

 

Dem Beschuldigten wurden dadurch Verwaltungsübertretungen nach § 18 Abs 1 StVO und § 20 Abs 2 StVO angelastet und gegen ihn gemäß § 99 Abs 3 lit a StVO Geldstrafen in der Höhe von Euro 80,00 (24 Stunden Ersatzarreststrafe) und Euro 36,00 (12 Stunden Ersatzarreststrafe) zuzüglich Euro 11,60 Verfahrenskosten verhängt.

 

Mit rechtzeitiger mündlicher Berufung vom 14.02.2006 wurde das Straferkenntnis angefochten. Der Berufungswerber wies auf seine Angaben im Einspruch vom 22.01.2006 hin und hat weder die Übertretung in Abrede gestellt, noch behauptet, dass er die Übertretung nicht gesetzt habe.

Im angeführten Einspruch wurde geltend gemacht, dass die Bearbeitung der Strafverfügung erst am 25.10.2005 vorgenommen wurde, dies der letzte Tag der gesetzlichen Bearbeitungsfrist von sechs Monaten sei und so laut Meinung des Berufungswerbers die "Bearbeitungsfrist" abgelaufen sei. Weiters wurden im Einspruch Widersprüche aufgezeigt, da die dem angefochtenen Straferkenntnis vorausgehende Strafverfügung einerseits eine Rechtsmittelbelehrung für die Strafverfügung und eine Rechtsmittelbelehrung für Anonymverfügungen enthielt.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

Sachverhalt:

Zur Klärung des Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt und durch Einvernahme des Berufungswerbers und der Zeugin E. A. von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23.03.2006. Weiters wurden nach der mündlichen Verhandlung noch Stellungnahmen von Frau E. und Herrn P. M., ebenfalls von der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, per E-Mail nachgereicht.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens sieht die Berufungsbehörde folgenden entscheidungswesentlichen Sachverhalt als erwiesen an:

Die dem Berufungswerber vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen wurden von diesem nicht bestritten. Geltend gemacht wurde vielmehr, dass bereits Verfolgungsverjährung eingetreten sei. Die zur Bestrafung führende Anzeige wurde von der Bezirkshauptmannschaft Kufstein gemäß § 29a VStG am 19.10.2005 an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck abgetreten. Der Strafakt ist am 21.10.2005 bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck kurz vor Eintritt der Verfolgungsverjährung eingelangt. Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck hat mit Datum 25.10.2005 eine Strafverfügung verfasst. Als Sachbearbeiterin scheint Frau E. A. auf. Tatsächlich wurde die Strafverfügung von der Mitarbeiterin K. B. am Computer erfasst und abgespeichert. Der im Akt befindliche Ausdruck der Strafverfügung, der mit einer Unterschrift von Frau E. versehen ist, wurde erst am 12.01.2006 ausgedruckt. Die EDV-mäßig erfasste Strafverfügung wurde vermutlich noch am 25.10.2005 EDV-unterstützt im Rahmen eines sogenannten "Probebetriebes" an die Firma K. mit Sitz in H. übermittelt. Die Firma K. hatte den Auftrag, die elektronisch übermittelten Strafbescheide auszudrucken und in weiterer Folge zuzustellen. Die Zeugin A. E. hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass sie weder durch Nachweis noch durch eigenes Wissen bestätigen könne, ob die gegenständliche Strafverfügung bzw die diesbezügliche Datei die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck am 25.10.2005 tatsächlich verlassen hat. Unmittelbar nach Schluss der mündlichen Verhandlung hat Frau E. weiters per E-Mail mitgeteilt, dass es bereits einmal bei der Übermittlung von Anonymverfügungen im Juni 2005 dahingehend Probleme gegeben hätte, dass die Daten von den Anonymverfügungen erst verspätet bei der Zustellfirma in Salzburg eingelangt seien und dadurch die Zustellungen der Anonymverfügungen erst kurz vor Ablauf der auf den Zahlscheinen vermerkten Zahlungsfristen bzw sogar einige Tage nach Ablauf der Einzahlungsfristen erfolgte. Der mit dem Versuchsprojekt befasste Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, Herr P.

M., gab am 27.03.2006 per E-Mail bekannt, dass nicht 100prozentig festgestellt bzw nachgewiesen werden könne, ob die gegenständliche Strafverfügung noch am selben Tag von der Firma K. ausgedruckt und versandt wurde. Laut Herrn P. stünde jedoch fest, dass die gegenständliche Strafverfügung innerhalb der Verjährungsfrist auf elektronischem Wege das Amtsgebäude der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck verlassen hat.

 

Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 31 Abs 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung vorgenommen worden ist.

 

Gemäß Abs 2 leg cit beträgt die Verjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs Monate.

 

Ergeht die Strafverfügung innerhalb der Verjährungsfrist und wird sie auch noch innerhalb dieser Frist abgefertigt (zB der Post zur Beförderung übergeben), so liegt eine innerhalb der Verjährungsfrist vorgenommene Verfolgungshandlung vor.

 

Im gegenständlichen Fall wurde die grundsätzlich als Verfolgungshandlung taugliche Strafverfügung am letztmöglichen Tag am PC erstellt und EDV-mäßig erfasst. Eine Genehmigung durch die auf der Strafverfügung aufscheinende Person (Frau E.) erfolgte jedenfalls am 25.10.2005 nicht. Weiters konnte auch im durchgeführten Berufungsverfahren nicht nachgewiesen werden, dass die gegenständliche Strafverfügung, die eine taugliche Verfolgungshandlung dargestellt hätte, am 25.10.2005 im Auftrag der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck von der Firma K. mit Sitz in H. tatsächlich ausgedruckt und am selben Tag noch zur Zustellung bzw. Auslieferung nach außen übergeben wurde. Das vermeintliche Ausdrucken noch am 25.10.2005 ist jedenfalls noch der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck zuzurechnen und hat das Faktum des Reihenausdruckens noch keine Außenwirkung. Da die beiden mit dem Strafverfahren bzw dem Datenübermittlungs- und Zustellungsverfahren vertrauten Mitarbeiter der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck weder beweisen noch bestätigen können, dass die am 25.10.2005 erfasste Strafverfügung tatsächlich am 25.10., also am letzten Tag vor Eintritt der Verfolgungsverjährung, von der Firma K. in H. EDV-mäßig übernommen, ausgedruckt und zur Beförderung übergeben wurde, war im gegenständlichen Fall im Zweifel zugunsten des Beschuldigten davon auszugehen, dass die gegenständliche Strafverfügung erst nach dem 25.10. gedruckt und der Zustellung an die Post bzw private Zusteller übergeben wurde. Ein anderer Sachverhalt konnte jedenfalls nicht zweifelsfrei und mit der für eine Bestrafung notwendigen Sicherheit bewiesen werden. Da somit innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist keine die Verfolgung unterbrechende Verfolgungshandlung gesetzt bzw nachgewiesen werden konnte, war spruchgemäß der Berufung stattzugeben, das Straferkenntnis zu beheben und die angelasteten Verwaltungsstrafverfahren aufgrund eingetretener Verfolgungsverjährung einzustellen.

Schlagworte
Die, EDV-unterstützt, im, Rahmen, eines, sogenannten, "Probebetriebes", wurde, vermutlich, noch, am, 25.10.2005, an, die, Firma, übermittelt. Die, Zeugin, hat, in, der, mündlichen, Verhandlung, angegeben, dass, sie, weder, durch, Nachweis, noch, durch, eigenes, Wissen, bestätigen, konnte, ob, die, gegenständliche, Strafverfügung, bzw, die, diesbezügliche, Datei, die, Bezirkshauptmannschaft, Innsbruck, am, 25.10.2005, tatsächlich, verlassen, hat
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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