TE UVS Tirol 2006/04/06 2006/22/0855-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.04.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Vereins ?A. Freizeit Kultur und Sport Verein?, 6020 Innsbruck, v.d. den Obmann F. A., dieser v.d. Rechtsanwalt Dr. P. D., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 21.02.2006, Zl III-6028/2005/RR/P, betreffend einstweilige Zwangsmaßnahmen nach § 360 Abs 1 Gewerbeordnung 1994, gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 wie folgt:

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 21.02.2006, Zl III-6028/2005/RR/P, wurde in Bezug auf das vom Verein ?A. Freizeit Kultur und Sport Verein? geführte Vereinslokal im Anwesen, 6020 Innsbruck, gemäß § 360 Abs 1 GewO 1994 ?zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes die Schließung des gegenständlichen gastgewerblichen Vereinslokals im Anwesen in Innsbruck durch Austausch und Versperren der Schlösser an den Zugängen verfügt?.

 

In der fristgerecht dagegen erhobenen Berufung wurde vorgebracht wie folgt:

?Der Verein A. Freizeit Kultur und Sport, vertreten durch den Obmann, erhebt durch seinen gemäß § 8 RAO bevollmächtigten Vertreter gegen den Bescheid der Stadt Innsbruck vom 21.02.2006 folgende Berufung:

 

Beim gegenständlichen Lokal handelt es sich um das Vereinslokal. Ein Verein und insbesondere das Lokal eines Vereines dient der Zusammenkunft der Vereinsmitglieder, um sich zu unterhalten, zu spielen bzw die Freizeit eben die zu gestalten.

 

Der Verein hat sich dieses Lokal so hergerichtet, wie es den aktuellen Bedürfnissen der Mitglieder entspricht. Es sollen Getränke und Speisen der einfachsten Art ausgegeben werden.

 

Aus diesem Grunde wurde das Lokal eben entsprechend gestaltet. Da im Lokal auch geraucht werden darf, wurde eine entsprechende Abluftanlage installiert. Die ausgegebenen Getränke wurden so kalkuliert, dass neben dem Selbstkostenpreis des Getränks auch noch die Miete des Vereinslokals bezahlt werden kann. Davon ausgehend hat die Gewerbebehörde den Betrieb als Gewerbebetrieb angesehen und eine Gewerbebilligung sowie eine Betriebsanlagenbewilligung verlangt. Natürlich hat die Behörde auch nicht vergessen ein entsprechendes Verwaltungsstrafverfahren zu führen, das rechtskräftig erledigt ist.

 

Der Verein hat sich all diesen behördlichen Anordnungen gefügt:

Der Obmann hat um eine Gewerbeberechtigung angesucht und das Gewerbe angemeldet. Er hat um eine Betriebsanlagengenehmigung angesucht. Der Verein hat auch einen Sachverständigen beigezogen, nämlich Dipl.-Ing. F. der ein Lärmgutachten macht, damit die Nachbarn nicht belästigt werden. Das vorläufig mündliche Ergebnis des Lärmgutachtens hat ergeben, dass die Wand den Schall in den 1. Stock überträgt, weshalb der Sachverständige Baumaßnahmen vorgeschlagen hat, nämlich ein Filzboden sowie eine Vorsatzschale an der Außenwand samt Dämmung. All diese Maßnahmen wurden mit großem finanziellen Aufwand sofort in die Tat umgesetzt, nun wird das Ergebnis gemessen.

 

All dies ist geschehen, damit der von der Behörde gewünschte Zustand hergestellt wird und damit keine Anstände in der Nachbarschaft entstehen.

 

Seitdem die Behörde geäußert hat, dass sie der Meinung ist, dass dieses Vereinslokal ein Gewerbebetrieb ist und zwar deswegen, weil die Getränke teurer als zum Selbstkostenpreis abgegeben werden, wurde genau diese Praxis umgestellt:

Seit damals werden alle Getränke grundsätzlich kostenlos abgegeben und die Vereinsmitglieder gebeten, freiwillige Spenden in Höhe des Einkaufspreises in eine Kassa zu legen, ohne dass dies kontrolliert wird. Diese Praxis wird so lange, bis die Behördenverfahren positiv erledigt sind, aufrecht erhalten.

 

Nicht richtig ist daher die Feststellung, dass die Preise auch noch nach Einleitung des Betriebsanlagenverfahrens, also bei der zweiten Kontrolle verlangt wurden.

 

Wie der Bericht vom 13.2.2006 ausdrücklich sagt, wird die Vereinstätigkeit von Montag bis Sonntag ausgeübt und es werden Speisen, nämlich Toast, Würstl, Kaffee, Tee und verschiedene Limos und Radler angeboten, aber ausschließlich gegen freiwillige Zahlungen in der Höhe des Einkaufspreises. Diese derzeitige Vorgangsweise unterliegt nicht der Gewerbeordnung, wie auch der UVS (Herr Dr. Hohenhorst) im Rahmen eines Verwaltungsstrafverfahrens bestätigt hat.

 

Damit stellt sich dieses Vereinslokal genauso dar, wie zahllose andere Vereinslokale in Innsbruck. Die sogenannten "Buden" des Kartellverbandes oder des Mittelschülerkartellverbandes präsentieren sich in exakt derselben Art und Weise und sind auch gleich organisiert. Wären all diese Vereinslokale rechtswidrig toleriert.

 

Es wird daher gestellt der Antrag auf ersatzlose Aufhebung des angefochtenen Bescheides.?

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

A) Sachverhalt:

1. Sachverhaltsfeststellungen:

Der Verein ?A. Freizeit Kultur und Sport Verein?, v.d. den Obmann F. A., betreibt im Anwesen XYStraße, 6020 Innsbruck, ein Vereinslokal. Für dieses Lokal bestehen zwei gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigungen (Bescheide des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 12.1.1956, Zl VI-5832/1995, für den Betrieb einer Fisch-, Wildbret- und Geflügelhandlung, sowie vom 23.9.1981, Zl VI-6336/11/1980-RR, für die Hinzunahme eines Grillers, einer Friteuse und einer Abluftanlage).

 

Einem Bericht der städtischen Bau- und Feuerpolizei vom 10.11.2005 ist wie folgt zu entnehmen:

?In der Osthälfte des Erdgeschoßes befinden sich zwei Räume mit einer Nasseinheit. In diesen Räumen befinden sich eine Bar mit diversen Geräten, Tische und Sessel, ein Fernseher, mehrere Lautsprecherboxen und ein Lüftungsrohr. Im zweiten Raum sind ebenfalls Tische und Sessel und die Lüftungsanlage untergebracht. Im westseitigen Teil des Erdgeschoßes hat der Verein noch zwei Lager, die vom Stiegenhaus durch eine Brandschutztüre El2 30 C (T 30) getrennt sind. Laut Auskunft des Betreibers sind insgesamt 40 Sitzplätze vorhanden und die Öffnungszeiten sind von 10.00 Uhr bis maximal 2.00 Uhr. Das Lokal betreibt der Verein (Anatolischer Freizeit-, Kultur- und Sportverein) bereits seit 1.7.2005. Der Obmann des Vereines heißt F. A., wohnt im Haus XY in Innsbruck und ist telefonisch unter der Nummer XY erreichbar.?

 

Aus dem Bericht des städtischen Erhebungsamtes vom 13.02.2006 ergibt sich, dass das gegenständliche Vereinslokal unstrittig das Erscheinungsbild eines Gastgewerbebetriebes aufweist. Den beiliegenden Fotos zu diesem Bericht ist zu entnehmen, dass ein Barbereich mit Kaffeemaschine und Gläserregalen vorhanden ist. Zudem sind in diesem Bereich diverse alkoholische und nichtalkoholische Getränke in Getränkekisten, in einem Kühlschrank und in Regalen vorhanden. Der Bericht verweist darauf, dass im Vereinslokal Toasts, Würstel, Kaffee, Tee, verschiedene Limos, Radler, etc angeboten werden. Lt. Angaben des Vereinsobmannes halten sich nur Vereinsmitglieder und deren Angehörige im Lokal auf. Der Verein habe ca. 65 Mitglieder. Die Vereinstätigkeit werde von Montag bis Sonntag jeweils von 11.00 Uhr bis 24.00 Uhr ausgeübt.

 

Zudem konnte festgestellt werden, dass die Lüftungsanlage ohne gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung offenbar im Jahre 2005 konsenslos abgeändert wurde.

 

Es steht sohin fest, dass der ehemalige Handelsbetrieb durch die Errichtung von ca 40 Verabreichungsplätzen, die Ausweitung der Öffnungszeiten, die Installation eines Barbereiches samt Gerätschaften, die Hinzunahme einer Musikanlage sowie die Änderung der Betriebsweise und der Lüftungsanlage umfassend geändert wurde.

 

Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 19.01.2006, Zl II-STR-03981e/2005, wurde Herrn A. zu Faktum 1. zur Last gelegt, er habe es als Obmann des Anatolien Freizeit Kultur und Sportvereines zu verantworten, dass durch diesen Verein vom 11.07.2005 bis 14.12.2005 im Standort Innsbruck, die Verabreichung von Speisen und Getränken an dortige Gäste und Vereinsmitglieder im Rahmen eines Gastbetriebes gewerbsmäßig durchgeführt wurde, ohne dass der Verein eine Gewerbeberechtigung zur Ausübung des reglementierten Gastgewerbes erlangt hätte. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 in Verbindung mit

§ 94 Z 26 sowie § 5 Abs 1 GewO begangen. Deshalb wurde über ihn gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 600,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 6 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Zu Faktum 2. dieses Straferkenntnisses wurde Herrn A. zur Last gelegt, er habe es als Obmann des Anatolien Freizeit Kultur und Sportvereines zu verantworten, dass durch diesen Verein in der Zeit vom 11.07.2005 bis 14.12.2005 im Zuge der Ausübung des Gastgewerbes im Standort Innsbruck, die dortige Betriebsanlage in der Weise in einer bewilligungspflichtig geänderten Art betrieben wurde, als diese mit ca 40 Sitzplätzen und einem Fernseher mit mehreren Lautsprechern ausgestattet und mit täglichen Öffnungszeiten von 10.00 Uhr bis 02.00 Uhr betrieben wurde, ohne eine dafür nach § 81 Abs 1 GewO 1994 erforderliche Genehmigung erlangt zu haben. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 3 zweiter Fall in Verbindung mit § 81 sowie § 74 Abs 2 Z 2 GewO begangen, weshalb gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 600,-- (im Uneinbringlichkeitsfall 6 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat mit Berufungserkenntnis vom 09.03.2006, Zl uvs-2006/25/0338-2, der Berufung gegen dieses Straferkenntnis insofern Folge gegeben, als die verhängten Geldstrafen in der Höhe von jeweils Euro 600,00 auf jeweils Euro 300,00, bei Uneinbringlichkeit jeweils 3 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wurden. In diesem Berufungserkenntnis führte der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol aus, dass zu beiden Fakten der Schuldspruch zu Recht erging, die Strafe jedoch zu hoch angesetzt war.

 

Mit der Eingabe vom 02.02.2006 hat der rechtsfreundlich vertretene gegenständliche Verein beim Stadtmagistrat Innsbruck ein Ansuchen um die Erteilung der gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Errichtung und den Betrieb eines Vereinslokals im gegenständlichen Standort eingebracht. Dieses Verfahren ist bis zum heutigen Zeitpunkt nicht abgeschlossen. Dazu teilte der Vertreter der Erstbehörde anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 06.04.2006 mit, dass die Einreichunterlagen nach Ansicht des gewerbetechnischen Sachverständigen nach wie vor nicht für eine eingehende technische Beurteilung ausreichen und daher ein (nunmehr dritter) Verbesserungsauftrag gemäß § 13 Abs 3 AVG erlassen wurde.

 

Dem Auszug aus dem Gewerberegister mit dem Registerstand 27.03.2006 (Register Nr 21839) ist zu entnehmen, dass der gegenständliche Verein mit 24.01.2006 (Tag der Entstehung der Gewerbeberechtigung) im Anwesen Innsbruck, das Gastgewerbe gemäß § 94 Z 26 GewO 1994 in der Betriebsart ?Bar? mit dem Berechtigungsumfang gemäß § 111 Abs 1 Z 2 leg cit, eingeschränkt auf die Ausübung im Verein ?A., Freizeit, Kultur und Sport Verein?, weiters Z 2 eingeschränkt auf ?Imbisse? angemeldet hat.

 

Mit Schreiben des Stadtmagistrates Innsbruck vom 29.12.2005 wurde der Betreiber im Sinne des § 360 Abs 1 GewO 1994 (Verfahrensanordnung) aufgefordert, ?binnen einer Frist von längstens 1 Tag ab Erhalt dieser Zuschrift die gegenständliche Betriebsanlage nicht weiter zu betreiben, widrigenfalls die behördliche Schließung des gastgewerblichen Vereinslokales verfügt werden müsste.?

 

2. Beweiswürdigung:

Diese Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich aus den im erstinstanzlichen Akt einliegenden Berichten sowohl der Bau- und Feuerpolizei als auch des städtischen Erhebungsamtes. Der Sachverhalt als solcher wird auch vom Berufungswerber gar nicht bestritten. Auch in seiner Aussage vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol geht der Obmann des gegenständlichen Vereins davon aus, dass der Verein das Lokal grundsätzlich gewerbsmäßig führt. Anders wäre auch die Gewerbeanmeldung und der Antrag auf Änderung der Betriebsanlage nicht zu verstehen. Er bringt jedoch in rechtlicher Hinsicht zusammenfassend vor, dass seit Äußerung der Behörde, das Vereinslokal sei ein Gewerbebetrieb (in der mündlichen Verhandlung vom 06.04.2006 war es der Zeitpunkt ab Zustellung des Schließungsbescheides), die Preise der angebotenen Waren lediglich zum Selbstkostenpreis, und zwar auf freiwilliger Basis, angeboten werden und man daher davon ausgegangen sei, dass derzeit kein Gewerbebetrieb vorliege. Sobald das anhängige Behördenverfahren abgeschlossen ist, werden die Preise wieder angehoben

 

B) Rechtliche Beurteilung:

1. Rechtsgrundlagen:

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994, BGBl 194, idF BGBl I 2005/134 (GewO 1994) lauten wie folgt:

 

?§ 1

(1) Dieses Bundesgesetz gilt, soweit nicht die §§ 2 bis 4 anderes bestimmen, für alle gewerbsmäßig ausgeübten und nicht gesetzlich verbotenen Tätigkeiten.

(2) Eine Tätigkeit wird gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist; hiebei macht es keinen Unterschied, ob der durch die Tätigkeit beabsichtigte Ertrag oder sonstige wirtschaftliche Vorteil im Zusammenhang mit einer in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fallenden Tätigkeit oder im Zusammenhang mit einer nicht diesem Bundesgesetz unterliegenden Tätigkeit erzielt werden soll.

(3) Selbständigkeit im Sinne dieses Bundesgesetzes liegt vor, wenn die Tätigkeit auf eigene Rechnung und Gefahr ausgeübt wird.

?

(6) Bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 liegt die Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, auch dann vor, wenn die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist und diese Tätigkeit - sei es mittelbar oder unmittelbar - auf Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist. Übt ein Verein gemäß dem Vereinsgesetz 1951 eine Tätigkeit, die bei Vorliegen der Gewerbsmäßigkeit in den Anwendungsbereich dieses Bundesgesetzes fiele, öfter als einmal in der Woche aus, so wird vermutet, dass die Absicht vorliegt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen.

 

§ 74

(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,

1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl. Nr. 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g  angeführten Nutzungsrechte,

2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,

3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,

4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder

5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.

?

 

§ 81

(1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.

?

 

§ 360

(1) Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs 1 Z 1, 2 oder 3, so hat die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs 2, § 79c oder § 82 Abs 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.

??

 

2. Rechtliche Würdigung:

Das gegenständliche Vereinslokal wurde unstrittig gewerbsmäßig betrieben. Erstmals in der vorliegenden Berufung wird argumentiert, dass aufgrund der Senkung der Preise auf den Selbstkostenpreis und der rein freiwilligen Entrichtung, zumindest seit Äußerung der Behörde, dass es sich beim Vereinslokal um einen Gewerbebetrieb handle,  von keinem Gewerbebetrieb mehr auszugehen sei. Diese Praxis werde so lange beibehalten, bis die Behördenverfahren positiv erledigt sind.

 

Das Vereinslokal ist daher grundsätzlich, also losgelöst von der oben wiedergegebenen Argumentation des Berufungswerbers, als gewerbliche Betriebsanlage anzusehen. Ebenfalls steht fest, dass die durchgeführten Änderungen der Betriebsanlage einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung bedurft hätten. Diese Änderungen waren grundsätzlich dazu geeignet, jene in § 74 Abs 2 GewO 1994 angeführten Interessen zu beeinträchtigen und führten auch in der Praxis, belegt durch zahllose Beschwerden der Nachbarn aber auch durch das Bemühen des Betreibers selbst, durch Einschaltung eines lärmtechnischen Sachverständigen die Probleme zu lösen (vgl. etwa das bei der mündlichen Verhandlung vorgelegte bauakustische Gutachten DI F. vom 06.04.2006), zu Lärm- und Geruchsbelästigungen der Nachbarschaft.

 

Die Berufungsbehörde ist nun aber der Ansicht, dass allein aufgrund des Umstandes, dass hier unstrittig eine gewerbliche Betriebsanlage vorliegt und auch zukünftig eine solche betrieben werden soll, die in der Berufung vertretene Rechtsansicht ins Leere geht. Durch eine derartige, von vornherein zeitlich befristete Herabsetzung von Preisen bis auf den Selbstkostenpreis verliert eine Tätigkeit nicht die Eigenschaft der Gewerbsmäßigkeit und dient daher das Vereinslokal auch in diesem Zeitraum der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit, mag auch die Entrichtung des Selbstkostenpreises durch die Vereinsmitglieder ?auf freiwilliger Basis? erfolgen. Jede andere Ansicht würde zum absurden Ergebnis führen, dass ein Gewerbetreibender allein über die Preisgestaltung über die Gewerbsmäßigkeit seiner Tätigkeit entscheiden könnte. Bei diesem Ansatz wird überdies völlig übersehen, dass Gewerbsmäßigkeit dann vorliegt, wenn die Tätigkeit in der Absicht ausgeübt wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Diese Absicht kann beispielsweise auch darin gelegen sein, durch kurzfristiges Herabsetzen der Preise (dies können selbstredend auch Gratisaktionen sein) Kunden für die Zukunft zu bewerben, um zu einem späteren Zeitpunkt erhöhte Erträge zu erzielen. Es genügt nämlich im allgemeinen, dass eine Tätigkeit auf die Erzielung eines wirtschaftlichen Vorteils gerichtet ist, der im Einzelnen nicht unbedingt in einem geldlichen Gewinn bestehen muss.

 

Wenngleich die vom Obmann geschilderte Vorgangsweise, dass die Vereinsmitglieder ?freiwillig? den Selbstkostenpreis für die angebotenen Leistungen begleichen können, nicht unbedingt glaubwürdig erscheint, geht die Berufungsbehörde, zumal diese Frage, wie oben bereits dargelegt, nicht entscheidungsrelevant ist, davon aus, dass jedenfalls zum Zeitpunkt der Erlassung des bekämpften Bescheides tatsächlich die Preise auf jene der Selbstkosten herabgesetzt wurden. Damit war aber auch den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisanträgen keine Folge zu geben.

 

Der Argumentation des Berufungswerbers, es läge zur Zeit kein Gewerbebetrieb vor, war aber auch noch aus folgenden Erwägungen nicht zu folgen:

 

Da es sich bei dem in Rede stehenden Verein unbestrittenermaßen um einen Verein nach dem Vereinsgesetz 1951 handelt, genügt zur Annahme der Gewinnerzielungsabsicht die Erfüllung zweier Tatbestandselemente, nämlich einerseits, dass die Vereinstätigkeit das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist, und andererseits, dass diese Tätigkeit auf die Erlangung vermögensrechtlicher Vorteile für die Vereinsmitglieder gerichtet ist.

 

Dass das gegenständliche Vereinslokal das Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes aufweist, wird nicht einmal vom Berufungswerber selbst bestritten. Mit seinen Ausführungen zur Gewerbsmäßigkeit der gegenständlichen Tätigkeit verkennt der Berufungswerber aber die Rechtslage in Bezug auf § 1 Abs 6 GewO 1994. Nach dem Wortlaut dieser Bestimmung ist bei Vereinen gemäß dem Vereinsgesetz 1951 zur Erfüllung des Tatbestandsmerkmales die Absicht, einen Ertrag oder wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen - neben dem Erscheinungsbild eines einschlägigen Gewerbebetriebes - nicht die Absicht erforderlich, aus der fraglichen Tätigkeit die Ausgaben übersteigende Einnahmen und damit einen Gewinn zu erzielen. Dieses Tatbestandsmerkmal ist vielmehr auch erfüllt, wenn (bloß) die Absicht besteht, aus der in Rede stehenden Tätigkeit den Vereinsmitgliedern in sonstiger Weise (irgend)einen vermögenswerten Vorteil zuzuwenden.

 

Wie der Verwaltungsgerichtshof in vergleichbaren Fällen ausgesprochen hat (vgl etwa VwGH 19.06.1990, 90/04/0036, 05.11.1991, 91/04/0108, 03.03.1999, 97/04/0183), liegt ein derartiger vermögenswerter Vorteil ua in der Möglichkeit der Mitglieder, gastgewerbliche Leistung zum Selbstkostenpreis zu konsumieren. Genau das ist gegenständlich jedoch der Fall. Damit ist jedoch (auch) für jenen Zeitraum, in dem Waren ?nur? zum Selbstkostenpreis angeboten werden, die Gewerbsmäßigkeit aufgrund des § 1 Abs 6 GewO 1994 gegeben.

 

Zusammenfassend haben sich daher für die Berufungsbehörde keine Bedenken im Hinblick auf die bescheidmäßig verfügte Schließung des gegenständlichen Vereinslokales ergeben. Eine gewerbliche Betriebsanlage wurde konsenlos abgeändert und in der Folge betrieben. Damit hat der Betreiber aber den Tatbestand des § 366 Abs 1 Z 3 GewO 1994 verwirklicht. Die Behörde I. Instanz hat dem Betreiber auch mittels Verfahrensanordnung die Möglichkeit eingeräumt, den zur Herstellung der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen. Dieser Aufforderung ist der Betreiber jedoch nicht nachgekommen.

 

Auch die Schließung des gesamten Vereinslokales war in Anbetracht der konsenslosen Änderungen, die va in einer Änderung der Betriebsweise, der Öffnungszeiten und der Lüftungsanlage bestehen, rechtmäßig, zumal sie sich auf die gesamte Betriebsanlage beziehen und sich die Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes durch gelindere Maßnahmen, wie etwa Stilllegung einzelner Anlagenteile oder Maschinen nicht bewerkstelligen lässt.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Der, Argumentation, es, läge, zur Zeit, kein Gewerbebetrieb, vor, war, auch, aus, folgenden, Erwägungen, nicht, zu, folgen, Verein
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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