Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn A. H., p.A. S., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. K. G. und Dr. U. G., XY-Gasse 7, I., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst vom 01.03.2006, Zl BR-10-2005, betreffend Übertretungen nach der Tiroler Bauordnung 2001 (TBO 2001), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die Geldstrafe zu Spruchpunkt 1. in der Höhe von Euro 1.000,00 auf Euro 500,00, bei Uneinbringlichkeit 1 Tag Ersatzfreiheitsstrafe, und zu Spruchpunkt 2. in der Höhe von Euro 1.500,00 auf Euro 1.000,00, bei Uneinbringlichkeit 2 Tage Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.
Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG zu Punkt 1. mit Euro 50,00 und zu Punkt 2. mit Euro 100,00 neu festgesetzt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Imst 01.03.2006, Zl BR-10-2005, wurde Herrn A. H. folgender Sachverhalt zur Last gelegt:
?1. A. H. (Beschuldigter) hat als Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener gemäß § 9 Abs 1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch BGBI I Nr 117/2002 (VStG), der D. Immobilien GmbH mit Sitz in I., XY-Platz 10, zu verantworten, dass am 15.06.2005 ohne Vorliegen der erforderlichen baubehördlichen Genehmigung im Bereich der südöstlichen Grundstücksgrenze auf Gst Nr XY, KG I., eine Werbetafel mit der Aufschrift ?B. H. Tabledance? mit einer Breite von ca 6,16 m und einer Höhe von ca 4,16 m auf einem hiefür errichteten Metallgerüst angebracht wurde, wobei sich die Oberkante der Tafel ca 8 m über dem Gelände befindet.
2. A. H. (Beschuldigter) hat als Geschäftsführer und somit als zur Vertretung nach außen Berufener gemäß § 9 Abs 1 VStG der D. Immobilien GmbH mit Sitz in I., XY-Platz 10, zu verantworten, dass die unter Punkt 1. angeführte Werbeeinrichtung entgegen dem Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde I. vom 08.08.2005, GZI 054A-2005-wh, mit welchem die Aufstellung der Werbeeinrichtung untersagt sowie deren Entfernung bis 31.08.2005 aufgetragen wurde, bis heute (Datum dieses Straferkenntnisses) nicht entfernt wurde.?
Dadurch habe der Beschuldigte gegen § 45 Abs 4 und 5 iVm § 55 Abs lit t TBO 2001 (Spruchpunkt 1.) und § 46 Abs 1 iVm § 55 Abs 1 lit u leg cit (Spruchpunkt 2) verstoßen. Über diesen wurde daher zu Punkt 1. gemäß § 55 Abs 1 lit t TBO 2001 eine Geldstrafe von Euro 1.000,00, Ersatzfreiheitsstrafe 2 Tage, und zu Punkt 2. gemäß § 55 Abs 1 lit u leg cit eine Geldstrafe von Euro 1.500,00, Ersatzfreiheitsstrafe 3 Tage, verhängt. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden gemäß § 64 VStG mit 10 Prozent der verhängten Geldstrafen bestimmt.
Gegen diesen Strafbescheid hat Herr A. H., vertreten durch Dr. K. G. und Dr. U. G., Rechtsanwälte in I., fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin begründend ausgeführt wie folgt:
?Die Fa. D. Immobilien GmbH hat ordnungsgemäß bei der zuständigen Baubehörde um die Genehmigung der im Straferkenntnis beschriebenen Werbeeinrichtung angesucht bzw eine entsprechende Anzeige erstattet. Auf diese Anzeige hin hat die Fa D. Immobilien GmbH keine Antwort bekommen. Die Bauanzeige wurde nicht zurückgewiesen bzw wurde das angezeigte Bauvorhaben - Errichtung dieser Werbeeinrichtung - nicht untersagt.
Wenn nun im gegenständlichen Verfahren behauptet wird, dem Geschäftsführer der D. Immobilien GmbH sei ein Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Imst vom 08.08.2005, GZL 054A-2005-wh, zugestellt worden, so ist dies unrichtig. Eine ordnungsgemäße Zustellung ist im tatsächlichen nie erfolgt. Es wird damit bestritten, dass ein rechtskräftiger Bescheid der Baubehörde vorliegt. Die Fa D. Immobilien GmbH fordert auf diesem Wege auf, zu veranlassen, dass der entsprechende Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde I. zu Handen der nunmehrigen Vertreter der Fa. D. Immobilien GmbH zugestellt wird. Bereits jetzt wird erklärt, dass gegen diesen Bescheid Rechtsmittel erhoben werden.
Aufgrund der Tatsache, dass dem Beschuldigten A. H. der zitierte Bescheid des Bürgermeisters der Stadt I. nie zugestellt wurde, kann ihm auch nicht der Vorwurf schuldhaften Verhaltens gemacht werden. Der zitierte Tatbestand ist nicht erfüllt.?
Der Berufungswerber hat daher die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt. In der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 13.04.2006 wurde die Berufung auf die Strafhöhe eingeschränkt,
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
A) Rechtsgrundlagen:
Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen zu beachten:
?1. Tiroler Bauordnung 2001, LBGl Nr 94/2001, in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 35/2005 und der Kundmachung LGBl Nr 60/2005:
§ 2
Begriffsbestimmungen
....
(18) Werbeeinrichtung ist eine im Orts- oder Straßenbild in Erscheinung tretende Einrichtung, die der Anpreisung oder der Ankündigung dient oder die sonst auf etwas hinweisen oder die Aufmerksamkeit erregen soll.
....
§ 45
Werbeeinrichtungen, Zulässigkeit und Verfahren
(1) Die Errichtung, Aufstellung und Änderung von frei stehenden Werbeeinrichtungen innerhalb geschlossener Ortschaften ist der Behörde schriftlich anzuzeigen, sofern hiefür nicht eine Bewilligung nach § 14 Abs 1 lit e des Tiroler Stadt- und Ortsbildschutzgesetzes 2003 erforderlich ist. Der Anzeige sind ein Lageplan, eine Beschreibung der technischen Ausführung und eine planliche Darstellung der betreffenden Werbeeinrichtung in zweifacher Ausfertigung anzuschließen. § 22 Abs 2 zweiter und dritter Satz gilt sinngemäß.
(2) Keiner Anzeige nach Abs 1 bedürfen die Errichtung, Aufstellung oder Änderung von
a) Anlagen mit gesetzlich vorgeschriebenen Geschäfts- und Betriebsstättenbezeichnungen und damit im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Ankündigungen;
b) Anlagen mit Hinweisen auf vorübergehende Veranstaltungen, sofern sie innerhalb von sechs Wochen vor dem Beginn der Veranstaltung errichtet oder aufgestellt und spätestens zwei Wochen nach dem Ende der Veranstaltung entfernt werden;
c) Anlagen zum Anschlagen von Plakaten durch Gruppen, die sich
1. an der Wahlwerbung für die Wahl zum Europäischen Parlament, des Bundespräsidenten, zu einem allgemeinen Vertretungskörper oder zu den satzungsgebenden Organen einer gesetzlichen beruflichen Vertretung oder
2. an der Werbung für eine Volksabstimmung, eine Volksbefragung oder ein Volksbegehren aufgrund landes- oder bundesrechtlicher Vorschriften beteiligen, sofern sie innerhalb von sechs Wochen vor dem Wahltag, dem Tag der Volksabstimmung oder der Volksbefragung bzw vor dem Beginn der Eintragungszeit und während dieser errichtet oder aufgestellt und spätestens zwei Wochen danach entfernt werden.
....
(5) Wird die Ausführung des angezeigten Vorhabens nicht innerhalb der im Abs 4 zweiter Satz genannten Frist untersagt oder stimmt die Behörde der Ausführung des angezeigten Vorhabens ausdrücklich zu, so darf es ausgeführt werden. In diesen Fällen hat die Behörde dem zur Ausführung des Vorhabens Berechtigten eine mit einem entsprechenden Vermerk versehene Ausfertigung der eingereichten Unterlagen auszuhändigen.
....
§ 46
Behördliche Entfernung von Werbeeinrichtungen
(1) Wurde eine anzeigepflichtige Werbeeinrichtung ohne die erforderliche Anzeige errichtet, aufgestellt oder geändert, so hat die Behörde demjenigen, der dies veranlasst hat, eine höchstens zweiwöchige Frist zu setzen, innerhalb der die Anzeige nachzuholen ist. Verstreicht diese Frist ungenützt oder wird (bzw wurde) die Errichtung, Aufstellung oder Änderung der betreffenden Werbeeinrichtung nach § 45 Abs 4 zweiter Satz untersagt, so hat die Behörde demjenigen, der die Errichtung, Aufstellung oder Änderung der betreffenden Werbeeinrichtung veranlasst hat, deren Entfernung aufzutragen. Kann dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt oder überhaupt nicht herangezogen werden, so hat die Behörde dem Eigentümer des betroffenen Grundstückes oder dem sonst hierüber Verfügungsberechtigten die Entfernung der Werbeeinrichtung aufzutragen.
....
§ 55
Strafbestimmungen
(1) Wer
....
t) eine anzeigepflichtige Werbeeinrichtung ohne die erforderliche Anzeige, ungeachtet einer Untersagung nach § 45 Abs 4 zweiter Satz oder vorzeitig ohne Vorliegen der Voraussetzungen nach § 45 Abs 5 erster Satz errichtet, aufstellt oder ändert, Auflagen in der Zustimmung zur Errichtung, Aufstellung oder Änderung einer Werbeeinrichtung nicht erfüllt oder eine Werbeeinrichtung entgegen dem § 45 Abs 2 lit b oder c vorzeitig anbringt oder nicht rechtzeitig entfernt,
....
u) einem Auftrag zur Entfernung einer Werbeeinrichtung nach § 46 Abs 1 oder 2 nicht nachkommt,
....
begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 500.000,00 Schilling, ab 1. Jänner 2002 mit Geldstrafe bis zu 36.300,00 Euro, zu bestrafen.
....
2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:
Schuld
§ 5
(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.
(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.
Besondere Fälle der Verantwortlichkeit
§ 9
(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
...
Strafbemessung
§ 19
(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.?
B) Rechtliche Beurteilung:
Aufgrund der Einschränkung der Berufung auf die Strafhöhe ist der Schuldspruch in Rechtskraft erwachsen (vgl VwGH 16.9.1971, Zl 1268 ua). Seitens der Berufungsbehörde war daher die Angemessenheit der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen zu prüfen.
Der Vollständigkeit halber wird dennoch angemerkt, dass der Schuldspruch nach Ansicht der Berufungsbehörde zu Recht ergangen ist.
Wie sich aus § 45 Abs 5 TBO 2001 ergibt, darf mit der Errichtung einer Werbeeinrichtung erst begonnen werden, nachdem das Vorhaben durch die Baubehörde innerhalb von zwei Monaten nach Vorliegen der vollständigen Anzeige nicht untersagt worden ist oder wenn seitens der Baubehörde bereits vor Ablauf dieser Frist die ausdrückliche Zustimmung zur Ausführung erteilt wird. Im vorliegenden Fall wurde die Bauanzeige am 15.06.2005 erstattet. Am selben Tag wurde die Werbeeinrichtung errichtet, obwohl ? wie im Straferkenntnis zutreffend ausgeführt ? eine Genehmigung der Baubehörde zur Ausführung des Vorhabens vor Ablauf der 2-Monatsfrist nicht vorgelegen hat. Der Berufungswerber, der als handelsrechtlicher Geschäftsführer für Übertretungen der D. Immobilien GmbH einzustehen hat, hat daher tatbildlich im Sinne der ihm unter Spruchpunkt 1. angelasteten Übertretung gehandelt.
Ebenfalls hat der Berufungswerber den objektiven Tatbestand der ihm unter Spruchpunkt 2. angelasteten Übertretung verwirklicht. Der D. Immobilien GmbH wurde der Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde I. vom 08.08.2005, Zl 054A-2005-wh, welcher ua die Verpflichtung zur Entfernung der Werbetafel bis 31.08.2005 beinhaltet hat, am 09.08.2005 durch Hinterlegung beim Zustellpostamt rechtswirksam zugestellt. Der Zustellzeitpunkt ergibt sich aus dem im Bauakt einliegenden, vom Zustellorgan ordnungsgemäß ausgestellten Zustellnachweis. Bei einem Zustellnachweis handelt es sich um eine öffentliche Urkunde. Diese hat nach § 47 AVG iVm § 292 ZPO die Vermutung der Richtigkeit für sich. Der Empfänger hat keine Umstände vorgebracht, die geeignet wären, die Richtigkeit des vom Zustellorgan Beurkundeten in Zweifel zu ziehen. Weiters ist auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach ein von einem Postbediensteten ordnungsgemäß ausgestellter Rückschein als öffentliche Urkunde Beweis über die Rechtswirksamkeit der Zustellung liefert. Es ist wiederum Sache des Empfängers, Umstände vorzubringen, die geeignet sind, Gegenteiliges zu beweisen oder zumindest berechtigte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Zustellvorganges aufkommen zu lassen (vgl VwGH 13.03.1991, Zl 87/13/0196 ua). Das bloße Bestreiten einer rechtswirksamen Zustellung reicht dafür nicht aus. Schließlich wird festgehalten, dass der betreffende Bescheid offenkundig auch tatsächlich am Postamt behoben worden ist. Ungeachtet des rechtswirksam erlassenen Beseitigungsauftrages wurde die Werbetafel bis zum Ablauf der gesetzten Frist und jedenfalls bis zum Zeitpunkt der Erlassung des vorliegenden Straferkenntnisses nicht entfernt. Für diese Untätigkeit der Duphone Immobilien GmbH trifft wiederum den Berufungswerber als handelsrechtlichen Geschäftsführer die strafrechtliche Verantwortung.
Was die innere Tatseite anlangt, ist zunächst festzuhalten, dass es sich bei den dem Berufungswerber vorgeworfenen Übertretungen jeweils um ein sog. Ungehorsamsdelikt handelt, weil zu den Tatbeständen weder der Eintritt eines Schadens noch der Eintritt einer Gefahr gehören. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass dann ohne weiteres Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschriften kein Verschulden trifft. ?Glaubhaftmachen? bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Täter hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und die entsprechenden Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (VwGH vom 24.05.1989, Zl 89/02/0017 ua).
Diese Glaubhaftmachung ist dem Berufungswerber aber nicht gelungen. Damit wurden aber jeweils sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite der dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis angelasteten Verwaltungsübertretungen verwirklicht.
Was nun die Strafbemessung anlangt, hat die Berufungsbehörde wie folgt erwogen:
1. Der Unrechtsgehalt der dem Berufungswerber unter Punkt 1. angelasteten Übertretung ist durchaus erheblich. Der Landesgesetzgeber hat für die Errichtung von Werbeeinrichtungen bereits frühzeitig ein Genehmigungsregime vorgesehen. So wurde bereits in der Tiroler Bauordnung 1974, LGBl Nr 42/1974, eine Bewilligungspflicht für die Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung von Werbeeinrichtungen innerhalb geschlossener Ortschaften festgelegt. Zuvor hat die Verordnung über den Schutz des Orts-, Straßen- und Landschaftsbildes gegen Verunstaltung in Geltung gestanden. Der Schutz des Orts- und Straßenbildes wird vom Gesetzgeber also offenkundig als hochwertiges öffentliches Interesse angesehen. Werbeeinrichtungen sollen erst erstellt werden, wenn zuvor in einem behördlichen Verfahren geklärt ist, dass diese kein Störelement im Orts- und Straßenbild darstellen. Indem nun in Verantwortung des Berufungswerbers ohne vorherige Prüfung der Orts- und Straßenbildverträglichkeit die in Rede stehende Werbetafel aufgestellt worden ist, wurde diesen staatlichen Interessen in durchaus beträchtlicher Weise zuwider gehandelt. Zugunsten des Berufungswerbers war allerdings zu berücksichtigen, dass die Werbeeinrichtung nicht etwa in einem unberührten Landschaftsraum bzw einem aufgrund der Bausubstanz besonders schützenswerten Bereich errichtet wurde, sondern in einem gewerblich genutzten Gebiet, in welchem Werbeeinrichtungen (auf Geschäftslokalen, Betriebsstätten etc.) zweifelsfrei mehrfach vorhanden sind. Dennoch ist aufgrund der beträchtlichen Ausmaße der verfahrensgegenständlichen Werbeeinrichtung und deren auffälligen Gestaltung bzw deren Positionierung im Randbereich des gewerblich genutzten Gebietes nachvollziehbar, weshalb die Baubehörde zu einem Untersagungsbescheid gekommen ist.
Bezüglich des Verschuldens war Vorsatz anzunehmen. Die Werbeeinrichtung wurde unzweifelhaft mit Wissen des Berufungswerbers errichtet. Sollte dieser allenfalls rechtsirrig davon ausgegangen sein, dass er bereits mit Erstattung der Bauanzeige zur Aufstellung der Werbetafel berechtigt ist, wofür sich allerdings keine Anhaltspunkte ergeben haben, würde dies der Annahme vorsätzlicher Tatbegehung ebenfalls nicht entgegenstehen. Damit hätte ihm lediglich das Unrechtsbewusstsein gefehlt, ein Schuldelement, welches von jenem des Vorsatzes zu unterscheiden ist (vgl VwGH v. 11.9.1997, Zl 96/07/0223).
Milderungs- oder Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen. Entgegen der Ansicht der Erstinstanz stellt nämlich nur die absolute Unbescholtenheit einen Milderungsgrund dar (vgl VwGH 01.07.1991, Zl 90/10/0211 ua). Dass ein Täter nicht einschlägig vorbestraft ist (sog relative Unbescholtenheit), bildet nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hingegen keinen Milderungsgrund (vgl. VwGH 28.10.1991, Zl 91/19/0225 ua). Für den Berufungswerber scheinen aber schon bei der Bezirkshauptmannschaft Imst zahlreiche Verwaltungsstrafvormerkungen (KFG, StVO, AuslBG etc) auf.
Was die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse anlangt, hat der Berufungswerber, obwohl für ihn dazu im Verfahren mehrfach Gelegenheit bestanden hätte (Berufung, Berufungsverhandlung), keine Angaben gemacht. Es konnte daher im Schätzwege von durchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen ausgegangen werden.
Im Zusammenhalt dieser Strafzumessungskriterien ist die Berufungsbehörde zur Ansicht gelangt, dass für die dem Berufungswerber unter Punkt 1. angelastete Übertretung die Verhängung einer Geldstrafe von Euro 500,00 schuld- und tatangemessen ist. Eine Strafherabsetzung war deshalb vorzunehmen, weil die Werbeeinrichtung ? wie erwähnt ? in einem Gebiet errichtet worden ist, in dem derartige Anlagen bereits gegenwärtig zu einem gewissen Teil das Orts- und Straßenbild bestimmen. Auch wenn die betreffende Werbetafel aufgrund der Größe, Ausführung und Situierung zweifelsfrei ein erhebliches Störelement darstellt, erscheint eine Bestrafung in der durch die Erstinstanz bestimmten Höhe dennoch überhöht. Der im angefochtenen Straferkenntnis enthaltene Verweis auf den gesetzlichen Strafrahmen von bis zu Euro 36.300,00 ist ebenfalls zu relativieren, zumal in der betreffenden Strafbestimmung Übertretungen unterschiedlichen Gewichtes angeführt sind.
2. Auch der Unrechtsgehalt der dem Berufungswerber unter Punkt 2. angelasteten Übertretung ist durchaus erheblich. Die betreffende Werbeeinrichtung wurde trotz eines rechtswirksamen Beseitigungsauftrages über mehrere Monate nicht entfernt und wurden damit die von der betreffenden Anlage ausgehenden Beeinträchtigungen über einen langen Zeitraum aufrechterhalten. Außerdem besteht in einem Rechtsstaat ein massives öffentliches Interesse an der Effizienz staatlichen Handelns. Das Ignorieren eines behördlichen Auftrages über einen langen Zeitraum hat daher einen beträchtlichen Unwertgehalt.
Bezüglich des Verschuldens war von grober Fahrlässigkeit auszugehen. Der Untersagungsbescheid wurde ? wie erwähnt ? rechtswirksam zugestellt und auch beim Zustellpostamt behoben. Wenn der Berufungswerber nun verabsäumt hat, für die Entfernung der betreffenden Werbetafel zu sorgen, stellt dies, will man ihm nicht Vorsatz unterstellen, zumindest einen groben Sorgfaltsverstoß dar. Milderungs- und Erschwerungsgründe haben sich nicht ergeben. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Berufungswerbers waren ? wie erwähnt ? im Schätzwege als durchschnittlich anzusehen.
Aufgrund dieser Strafzumessungskriterien war nach Ansicht der Berufungsbehörde für die dem Berufungswerber unter Punkt 2. angelastete Übertretung eine Geldstrafe von Euro 1.000,00 zu verhängen. Eine Strafherabsetzung war wiederum deshalb vorzunehmen, weil die Werbetafel in einem Gebiet erstellt wurde, in welchem Werbeeinrichtungen nicht untypisch sind, sondern zu einem gewissen Teil das Orts- und Straßenbild bestimmen. Die Beeinträchtigungen durch Aufrechterhaltung des gesetzwidrigen Zustandes sind daher als weniger gravierend zu werten als bei Belassung einer verbotswidrig errichteten Werbeeinrichtung in einem unberührten oder aufgrund der Bausubstanz besonders schützenswerten Bereich. Eine weitere Strafmilderung war aber aufgrund der langen Dauer des strafbaren Verhaltens, des hohen Schuldgehaltes und aufgrund des erheblichen öffentlichen Interesses daran, für die Wirksamkeit staatlichen Handels zu sorgen, mithin aus generalpräventiven Erwägungen, nicht möglich.
3. Im Ergebnis war der Berufung daher insofern Folge zu geben, als die zu den Spruchpunkten 1. und 2. des angefochtenen Straferkenntnisses verhängten Geldstrafen herabzusetzen waren. Folgerichtig waren auch die Ersatzfreiheitsstrafen und die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens neu zu bemessen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.