Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Thomas Thaller über die Berufung von Herrn Mag. Robert Michael P., vertreten durch die Rechtsanwälte B. & A., E., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 11.7.2005, Zahl 1/06/36067/2005/005, folgendes
ERKENNTNIS:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung teilweise Folge gegeben und die verhängte Geldstrafe auf ? 250, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 20 Stunden, herabgesetzt. Im Übrigen wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG verringern sich Kosten zum erstinstanzlichen Verfahren auf ? 25. Für das Berufungsverfahren fallen gemäß § 65 VStG keine Kosten an.
Mit dem angefochtenen Bescheid (Vorstellungserledigung) hat die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. dem Berufungswerber gemäß §§ 24 Abs 1 Z 1 und 25 Abs 3 iVm 7 Abs 1 und 3 Z 1 FSG die Lenkberechtigung für die Klassen B, C, E, F und G für die Dauer von vier Monaten, gerechnet ab 23.1.2006 entzogen. Gleichzeitig wurde dem Berufungswerber für den Entzugszeitraum gemäß § 32 Abs 1 Z 1 FSG das Lenken eines Motorfahrrades, eines vierrädrigen Leichtkraftfahrzeuges sowie eines Invalidenkraftfahrzeuges verboten und ihm gemäß § 24 Abs 3 FSG iVm § 2 FSG-NV angeordnet sich einer Nachschulung für alkoholauffällige Lenker zu unterziehen. Die aufschiebende Wirkung einer Berufung wurde gemäß § 64 Abs 2 AVG aberkannt.
In der dagegen durch seinen Rechtvertreter eingebrachten Berufung bekämpft er das Ausmaß der Entzugsdauer von vier Monaten und beantragt eine Herabsetzung auf drei Monate. Er begründet dies im Wesentlichen damit, dass die Erstbehörde einen früheren Entzug der Lenkberechtigung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung aus dem Jahr 2002 bei der Festlegung der Entziehungsdauer nicht hätte einbeziehen dürfen. Im Übrigen blieb der Bescheid unbekämpft.
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg hat hiezu in einer gemäß § 67a AVG iVm § 35 FSG durch ein Einzelmitglied zu treffenden Berufungsentscheidung erwogen:
Der Berufungswerber ist Inhaber einer Lenkberechtigung für die Klassen B, C, E, F und G.
Unstrittig ist, dass er am 3.1.2006 im Ortsgebiet von St. Johann im Pg. ein Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Atemluftalkoholgehalt von 0,65 mg/l) lenkte. Über den Berufungswerber wurde deswegen von der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. mit Straferkenntnis vom 31.1.2006, Zahl 30406/369- 225-2006, eine Geldstrafe wegen einer Übertretung der §§ 5 Abs 1 und 99 Abs 1a StVO rechtskräftig verhängt.
Ebenso unbestritten ist, dass dem Berufungswerber mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. vom 4.11.2002 die Lenkberechtigung gemäß §§ 26 Abs 3 iVm 7 Abs 3 Z 4 FSG für die Dauer von zwei Wochen rechtskräftig entzogen wurde. Diesem Bescheid lag eine rechtskräftige Bestrafung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung am 23.8.2002 auf der A 10 Tauernautobahn um 52 km/h zu Grunde.
Die Berufung richtet sich nur gegen die ausgesprochene Entzugsdauer von vier Monaten.
Die maßgeblichen Rechtsvorschriften lauten:
§ 24 Abs 1 und 3 FSG:
§ 24. (1) Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die
Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs. 1 Z 2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, ist von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit
1.
die Lenkberechtigung zu entziehen oder
2.
die Gültigkeit der Lenkberechtigung durch Auflagen, Befristungen oder zeitliche, örtliche oder sachliche Beschränkungen einzuschränken. Diesfalls ist gemäß § 13 Abs. 5 ein neuer Führerschein auszustellen.
?
(3) Bei der Entziehung oder Einschränkung der Lenkberechtigung kann die Behörde begleitende Maßnahmen (Nachschulung und dgl.) oder die Beibringung eines amtsärztlichen Gutachtens über die gesundheitliche Eignung anordnen. Die Behörde hat unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a eine Nachschulung anzuordnen:
1.
wenn die Entziehung in der Probezeit (§ 4) erfolgt,
2.
wegen einer zweiten in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung innerhalb von zwei Jahren oder
3. wegen einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 oder 1a StVO 1960. Im Rahmen des amtsärztlichen Gutachtens kann die Beibringung der erforderlichen fachärztlichen oder einer verkehrspsychologischen Stellungnahme aufgetragen werden. Bei einer Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 ist unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 3a zusätzlich die Beibringung eines von einem Amtsarzt erstellten Gutachtens über die gesundheitliche Eignung gemäß § 8 sowie die Beibringung einer verkehrspsychologischen Stellungnahme anzuordnen. Wurde eine dieser Anordnungen innerhalb der festgesetzten Frist nicht befolgt oder wurden die zur Erstellung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde nicht beigebracht oder wurde die Mitarbeit bei Absolvierung der begleitenden Maßnahme unterlassen, so endet die Entziehungsdauer nicht vor Befolgung der Anordnung. Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Wurde die Anordnung der Absolvierung der fehlenden Stufe(n) gemäß § 4c Abs. 2 nicht befolgt oder wurde dabei die Mitarbeit unterlassen, so ist die Lenkberechtigung jener Klasse, für die die angeordnete(n) Stufe(n) nicht absolviert wurde(n), bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen. Eine diesbezügliche Entziehung der Klasse B zieht jedenfalls eine Entziehung der Klassen C, C+E, D, D+E oder der Unterklasse C1 und C1+E nach sich. Die Anordnung der begleitenden Maßnahme oder des ärztlichen Gutachtens hat entweder im Bescheid, mit dem die Entziehung oder Einschränkung ausgesprochen wird, oder in einem gesonderten Bescheid zugleich mit dem Entziehungsbescheid zu erfolgen.
(3) Bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) ist eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem (§ 30a) Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen auf Grund des § 7 Abs. 3 Z 14 und 15.
§ 7 Abs 1, 3 (Auszug) und 4 FSG:
§ 7. (1) Als verkehrszuverlässig gilt eine Person, wenn nicht auf
Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung
(Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart
beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses
Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen
durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand
gefährden wird, oder
2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von
Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer
Handlungen schuldig machen wird.
?
(3) Als bestimmte Tatsache im Sinne des Abs. 1 hat insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeuges gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz ? SPG, BGBl. Nr. 566/1991, zu beurteilen ist;
?
(4) Für die Wertung der in Abs. 1 genannten und in Abs. 3 beispielsweise angeführten Tatsachen sind deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs. 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.
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Im vorliegenden Fall begründet die Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. die - über der dreimonatigen Mindestdauer gemäß § 25 Abs 3 FSG ausgesprochene - Entziehungsdauer der Lenkberechtigung von vier Monaten im Wesentlichen mit der Wertung der früheren Entziehung der Lenkberechtigung des Berufungswerbers aus dem Jahr 2002 (Entziehungssonderfall gemäß § 26 Abs 3 FSG).
Zutreffend ist, dass die Kraftfahrbehörden nach der höchstgerichtlichen Judikatur bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit im Rahmen des in § 7 Abs 4 FSG genannten Wertungskriteriums der Verwerflichkeit auch länger zurückliegende (selbst getilgte) Verwaltungsübertretungen zu berücksichtigen haben. Bei der Beurteilung der Wertungskriterien kommt es dabei aber nicht auf die Vorentziehung an sich, sondern auf das begangene Delikt und die daraus erweisliche Charaktereinstellung des Betreffenden an. (etwa VwGH 16.12.2004, 2004/11/0139; 21.1. 2003, 2002/11/0227).
Diese Judikatur bezieht sich allerdings im Wesentlichen auf Vorbeanstandungen wegen Alkoholdelikten. Vorbeanstandungen (Vorentziehungen) wegen Geschwindigkeitsdelikten gemäß § 7 Abs 3 Z 4 FSG sind - sofern diese nicht geeignet waren, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder mit besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber andern Straßenbenützern begangen wurden ? bei der Frage der Beurteilung der Sinneseinstellung des Betreffenden nicht vergleichbar mit Vorbeanstandungen wegen Alkoholdelikten gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO. Dies ergibt sich insbesondere aus § 26 Abs 3 FSG, wonach die Begehung eines weiteren derartigen Geschwindigkeitsdeliktes nur dann eine längere Verkehrsunzuverlässigkeit des Betreffenden (ausgedrückt in einer zusätzlichen Entziehungsdauer von vier Wochen) nach sich zieht, wenn es innerhalb eines Zeitraumes von zwei Jahren ab dem ersten derartigen Delikt begangen wurde. Dies bedeutet, dass eine Vorbeanstandung wegen eines in § 7 Abs 3 Z 4 FSG angeführten Geschwindigkeitsdeliktes, welches länger als zwei Jahre zurückliegt, keinen zusätzlichen Einfluss auf die Verkehrszuverlässigkeit des Betreffenden mehr hat. Eine vergleichbare oder ähnliche Regelung hinsichtlich der Alkoholdelikte der StVO findet sich im FSG dagegen nicht. Der vom Gesetzgeber in § 26 Abs 3 FSG vorgegebene zeitliche Rahmen für die dort angeführten Geschwindigkeitsdelikte ist auch bei der Wertung nach § 7 Abs 4 FSG des vorliegenden Alkoholdeliktes (im Rahmen des Wertungskriteriums der seither verstrichenen Zeit) zu berücksichtigen. Eine Vorentziehung wegen eines Geschwindigkeitsdeliktes gemäß § 7 Abs 3 Z 4 FSG kann zwar grundsätzlich auch bei der Wertung eines später begangenen Alkoholdeliktes gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO zur Annahme einer längeren Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit des Betreffenden (Verlängerung der Entziehungsdauer) führen; der erwähnte zeitliche Rahmen des Geschwindigkeitsdeliktes muss aber auch zum vorliegenden Alkoholdelikt gegeben sein.
Im vorliegenden Fall wurde das hier zu beurteilende Alkoholdelikt (Erstdelikt) vom Berufungswerber mehr als drei Jahre nach dem von der Erstbehörde in ihrer Wertung herangezogenen Geschwindigkeitsdelikt verwirklicht, wobei bei der Geschwindigkeitsüberschreitung nach Aktenlage besonders gefährliche Verhältnisse bei der Tatbegehung oder eine besondere Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern nicht hervorgekommen sind. Der Berufungswerber weist zwar nach der im erstinstanzlichen Akt aufliegenden Vorstrafenliste der Bezirkshauptmannschaft St. Johann im Pg. seit der Begehung des Geschwindigkeitsdeliktes mehrere rechtskräftige Vormerkungen wegen StVO- und KFG-Übertretungen auf, es wurden von ihm nach Aktenlage aber keine weiteren der in § 7 Abs 3 FSG aufgezählten Übertretungen begangen und liegen gegen ihn auch keine Vormerkdelikte iSd § 30a FSG vor. Die erwähnte Vorentziehung wegen einer Geschwindigkeitsüberschreitung aus dem Jahr 2002 lässt daher bei Berücksichtigung des Wertungskriteriums der seither verstrichenen Zeit (ca. 3 ½ Jahre) eine Verlängerung der Entziehungsdauer nicht begründen.
Die Berufung ist daher im Ergebnis berechtigt. Nach dem vorliegenden Sachverhalt geht auch die Berufungsbehörde davon aus, dass der Berufungswerber frühestens nach drei Monaten ab Zustellung des Mandatsbescheides seine Verkehrszuverlässigkeit wieder erlangen wird.
Der Berufung war daher stattzugeben und die Entziehungsdauer der Lenkberechtigung des Berufungswerbers antragsgemäß herabzusetzen.