TE UVS Tirol 2006/05/04 2006/12/0080-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 04.05.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Hermann Riedler über die Berufung von Herrn A. M., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. A. H., XY-Straße, I., vom 22.12.2005, gegen die Punkte 2) und 3) des Straferkenntnisses der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 30.11.2005, Zahl S-6959/05, nach öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Nach § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Geldstrafe, das sind zu Spruchpunkt 2) Euro 8,00 und zu Spruchpunkt 3) Euro 12,00, insgesamt sohin Euro 20,00, zu bezahlen.

Text

Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 30.11.2005, Zahl S-6959/05, wurde Herrn A. M. folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben am 01.04.2005 als Lenker des Pkws XY (D)

1) wie um 03.15 Uhr festgestellt wurde, das Fahrzeug in Innsbruck, Maria-Theresien-Straße vor dem Haus Nr 31, auf dem dortigen Gehsteig abgestellt,

2) um 03.15 Uhr im Zuge einer Fahrzeug- und Lenkerkontrolle einem Sicherheitswachebeamten auf dessen Verlangen hin, den Führerschein nicht zur Überprüfung ausgehändigt,

3) um 03.21 Uhr im Zuge des Wegfahrens (Maria-Theresien-Straße vor dem Haus Nr 31) mit durchdrehenden Reifen sowie durch das Aufheulenlassen des Fahrzeugmotors mehr Lärm erregt, als dies bei sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar ist und setzten die Fahrt in Richtung Westen (Anichstraße) fort,

4) an der Kreuzung Maria-Theresien-Straße - Anichstraße das dort beidseitig angebrachte Verbotszeichen ?Einfahrt verboten? missachtet und sind in die Anichstraße eingefahren, und haben somit die Einbahnstraße entgegen der vorgeschriebenen Fahrtrichtung befahren

5) ab Höhe Haus Anichstraße 20 bis zum Haus Anichstraße 40 die im Ortsgebiet zulässige Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h bis zu ca 50 km/h überschritten

und sich anschließend

6) um 03.40 Uhr in Innsbruck, Anichstraße vor dem Haus Nr 45 geweigert, Ihre Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen zu lassen (Alkomattest), obwohl die Voraussetzung nach § 5 Abs 2 StVO (Aufforderung durch ein ermächtigtes Organ der Straßenaufsicht) vorlag.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

1) § 8 Abs 4 StVO 2) § 14 Abs 1 Z 1 FSG 3) § 102 Abs 4 KFG 4) § 52 lit a Z 2 StVO 5)§ 20 Abs 2 StVO 6) § 5 Abs 2 StVO iVm § 99 Abs 1 lit b StVO

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen werden über Sie folgende Strafen verhängt:

 

Geldstrafe von, falls diese uneinbringlich ist, gemäß 1 Euro 40,00 1) 20 Stunden 1) 99 Abs 3 lit a StVO

2 Euro 40,00 2) 20 Stunden 2) 37 Abs 1 FSG

3 Euro 60,00 3) 29 Stunden 3) 134 Abs 1 KFG

4 Euro 60,00 4) 29 Stunden 4) 99 Abs 3 lit a StVO

5 Euro 200,00 5) 4 Tagen 5) 99 Abs 3 lit a StVO

6 Euro 1.400,00 6) 14 Tagen 6) 99 Abs 1 lit b StVO

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

Euro 180,00 als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 Prozent der Gesamtstrafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich Euro 15.00,00 angerechnet).

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Gesamtstrafe und Kosten) beträgt daher Euro 1.980,00.?

Gegen dieses Straferkenntnis wurde von A. M. fristgerecht Berufung eingebracht und das angefochtene Straferkenntnis hinsichtlich der Punkte 2) und 3) und hinsichtlich des Strafausspruches bekämpft. Geltend gemacht wurde Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung. Ausgeführt wurde in der Berufung wie folgt:

 

?1.)

Unter Punkt 2. des Straferkenntnisses wird dem Beschuldigten vorgeworfen, er habe im Zuge einer Fahrzeug- und Lenkerkontrolle einem Sicherheitswachebeamten auf dessen Verlangen hin den Führerschein nicht zur Überprüfung ausgehändigt. Wie schon in der Rechtfertigung vom 20.06.2005 ausgeführt, wollte der Beschuldigte sehr wohl seinen Führerschein zur Überprüfung dem Sicherheitswachebeamten aushändigen, hatte diesbezüglich auch in seiner Geldbörse nachgesehen, jedoch diesen Führerschein dort nicht gefunden und daher zunächst geglaubt, dass er diesen zu Hause vergessen hatte.

Er überließ sogar aus freien Stücken dem Sicherheitswachebeamten seine Geldbörse, damit dieser dort selbst nachsehen konnte. Den dort vorgefundenen Personalausweis überließ er den Beamten zur Aufnahme der Personalien ohne Widerrede. Es kann daher keine Rede davon sein, dass der Beschuldigte dem Sicherheitswachebeamten vorsätzlich seinen Führerschein nicht zur Überprüfung aushändigen wollte, zumal er ohnedies bereit war, seine Personalien anzugeben. Die Bestrafung des Beschuldigten in diesem Punkt erfolgte daher unrechtmäßig und mangelt es auch an einer nachvollziehbaren und schlüssigen Begründung für diese Bestrafung, weshalb das Verfahren diesbezüglich mangelhaft blieb.

 

2.)

Unter Punkt 3.) des Straferkenntnisses wird dem Beschuldigten vorgeworfen, im Zuge des Wegfahrens mit durchdrehenden Reifen sowie durch das Aufheulenlassen des Fahrzeugmotors mehr Lärm erregt zu haben, als dies bei sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar ist. Wie schon in der Rechtfertigung vom 20.06.2005 ausgeführt, handelt es sich beim Kfz des Beschuldigten um ein hochmotorisiertes Fahrzeug mit über 365 PS. Bei sachgemäßer Inbetriebnahme des Fahrzeuges ist daher ein lauteres Motorgeräusch als bei anderen, PS-schwächeren Kfz's unvermeidbar. Das von den amtshandelnden Beamten festgestellte Durchdrehen der Reifen kann nicht vorgelegen haben, zumal dies technisch aufgrund des hochwertigen Porsche-Stability-Management (PSM) ausgeschlossen ist. Eine Manipulierung des PSM, wie im Bericht des Inspektor K. vom 27.08.2005 unter Punkt 3. vermutet, wurde am gegenständlichen Pkw nicht vorgenommen. Es handelt sich beim Pkw um das Fahrzeug der Mutter des Beschuldigten und hat diese mit Sicherheit das PSM nicht ausschalten lassen. Die Bestrafung des Beschuldigten zu Punkt 3. erfolgte daher unrechtmäßig. Überdies mangelt es einer nachvollziehbaren Begründung im Straferkenntnis und blieb das Verfahren diesbezüglich mangelhaft.

 

3.)

Auch die verhängte Geldstrafe ist weit überhöht. Der Beschuldigte ist unbescholten und weder gerichtlich noch verwaltungsstrafrechtlich vorbestraft. Der Beschuldigte verfügt über kein eigenes Einkommen, zumal er derzeit auf der E.-M.?A.-Universität G. (D) Medizin studiert. Seinen Lebensunterhalt bestreitet er lediglich aus monatlichen Zuwendungen seiner Eltern. Auch verfügt er über keinerlei Sparguthaben oder sonstiges Vermögen.

Beweis: Inskriptionsbestätigung?

 

Es wurde der Antrag gestellt, die Berufungsbehörde wolle in Stattgebung dieser Berufung das Strafverfahren gegen den Beschuldigten im bekämpften Umfang einstellen, in eventu die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen herabsetzen.

Im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 12.04.2006 wurde vom rechtsfreundlich vertretenen Berufungswerber die Berufung gegen die Spruchpunkte 1), 4), 5) und 6) des angefochtenen Straferkenntnisses ausdrücklich zurückgezogen, weshalb diese Spruchpunkte in Rechtskraft erwachsen sind. Hinsichtlich der Punkte 2) und 3) des angefochtenen Straferkenntnisses wurde um Einstellung des Strafverfahrens ersucht, weil diese Verwaltungsübertretungen nach Ansicht des Berufungswerbers nicht begangen wurden.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

Sachverhalt:

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Strafakt, durch Einholung einer kFZ-technischen Stellungnahme des KFZ-technischen Sachverständigen Ing. R. R. vom 30.01.2006, Zahl IIb2-UVS/1150-05 und durch Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung, anlässlich welcher der Meldungsleger Insp. T. K. zeugenschaftlich einvernommen und der kFZ-technische Amtssachverständige Ing. R. R. zu Spruchpunkt 3) des angefochtenen Straferkenntnisses befragt wurde.

 

Die Behörde ist bei ihrer Entscheidung von folgendem entscheidungswesentlichen Sachverhalt ausgegangen:

Am 01.04.2005 um 03.15 Uhr stellte Insp. T. K. im Zuge des Funkstreifendienstes als ?Rudolf 20? fest, dass in Innsbruck, Maria-Theresien-Straße vor dem Haus Nr 31 der Porsche 996 mit dem amtlichen Kennzeichen XY (D) auf dem Gehsteig abgestellt war. Als Insp. K. gerade im Begriff war, sich diesem Fahrzeug zu nähern, um daran einen Verständigungszettel anzubringen, kam der Lenker A. M. ebenfalls zum Fahrzeug und wurde dieser vom Polizeibeamten aufgefordert, ihm den Führerschein und den Zulassungsschein vorzuzeigen, um eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchzuführen. A. M. händigte diesem den Fahrzeugschein aus. Auf die erneute Frage nach dem Führerschein gab dieser an, keinen bei sich zu führen, diesen hätte er in München. Auf die Frage nach einem Lichtbildausweis erklärte er, nur seinen Studentenausweis mit sich zu führen, welcher Insp. K. auch vorgezeigt wurde. Beim Herausnehmen des Studentenausweises aus der Geldtasche ? diese wurde von A. M. im Zuge der Kontrolle nicht aus der Hand gegeben - konnte von Insp. L. in der Geldtasche ein Personalausweis gesichtet werden und wurde dieser anschließend von Herrn A. M. vorgewiesen. Nachdem die Personalien feststanden, wurden weitere Fragen nach dem Führerschein durch die Polizeibeamten nicht mehr gestellt. Weil A. M. offensichtlich alkoholbeeinträchtigt war, wurde diesem untersagt, das Kraftfahrzeug in Betrieb zu nehmen. Dies wurde von A. M. akzeptiert und setzte die Streife Rudolf 20 ihren Streifendienst wieder fort.

 

Als die Streife Rudolf 20 um 03.21 Uhr von der Meranerstraße in die Maria-Theresien-Straße einbog, konnte diese feststellen, dass Alexander Muhr mit laut aufheulendem Fahrzeugmotor und durchdrehenden Reifen in Richtung Westen (Anichstraße) davonfuhr und weitere im Straferkenntnis genannte Verkehrsübertretungen setzte. Beim Wegfahren durch A. M. handelte es sich um einen sogenannten ?Kavaliersstart? und heulte der Motor des von ihm gelenkten Porsche 996 wesentlich lauter auf als dies bei einem normalen Wegstarten der Fall ist. Beim Wegfahren mit seinem Porsche verursachte der Berufungswerber einen ?Riesenkrawall?. Im Zuge der anschließenden Amtshandlungen, welche schließlich in einer Festnahme des Berufungswerbers gipfelten, konnte bei einer Visitierung des A. M. im Wachzimmer Innere Stadt sein Deutscher Führerschein in Scheckkartenformat in seiner Geldtasche vorgefunden werden.

 

Für die Behörde hat sich keine Veranlassung ergeben, die Richtigkeit dieser Feststellungen in Zweifel zu ziehen. Zunächst ist es dem Meldungsleger als Organ der Straßenaufsicht zuzubilligen, dass er verwaltungsstrafrechtlich relevante Sachverhalte richtig und vollständig wahrzunehmen und wiederzugeben vermag. Es wäre auch unerfindlich, welche Umstände den Meldungsleger veranlasst haben sollten, den Berufungswerber in derart konkreter Weise falsch zu beschuldigen, zumal dieser im Falle einer bewusst unrichtigen Anzeigenerstattung mit massiven disziplinären und auch strafrechtlichen Folgen rechnen müsste. Der KFZ-technische Amtssachverständige hat in der Berufungsverhandlung dezidiert erklärt, dass durch das Wegschalten des Porsche-Stability-Management (PSM) auch beim Porsche 996 beim Wegfahren bei entsprechendem Gasgeben ein Durchdrehen der Reifen möglich ist und naturgemäß das Motoraufheulen bei einem Fahrzeug, auch bei einem Porsche, durch zuviel Gas geben, aber auch durch das Drücken der Kupplung und gleichzeitiges Gasgeben im Leerlauf, verursacht werden kann. Hingewiesen wurde vom Sachverständigen darauf, dass, wenn bei einem 365 PS starken Porsche einmal ordentlich Gas gegeben wird, naturgemäß der Fahrzeugmotor entsprechend aufheult und dadurch sehr leicht mehr Lärm erregt werden kann, als bei sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges vermeidbar ist. Vom Amtssachverständigen wurde somit angegeben, dass ein Durchdrehen von Reifen sowie das Aufheulenlassen des Fahrzeugmotors bei einem Porsche bei ausgeschaltetem PSM jedenfalls vorstellbar ist, das Aufheulenlassen des Motors sei natürlich auch ohne PSM naturgemäß möglich.

 

Rechtliche Beurteilung:

Nach § 14 Abs 1 Z 1 FSG hat jeder Lenker eines Kraftfahrzeuges unbeschadet der Bestimmungen des § 102 Abs 5 KFG 1967 auf Fahrten, den für das von ihm gelenkte Kraftfahrzeug vorgeschriebenen Führerschein mitzuführen und diesen auf Verlangen den gemäß § 35 Abs 2 zuständigen Organen zur Überprüfung auszuhändigen.

 

Nach § 37 Abs 1 FSG begeht, wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist, sofern in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, mit einer Geldstrafe von Euro 36,00 bis zu Euro 2.180,00, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit einer Ersatzfreiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen.

 

Nach § 102 Abs 4 KFG 1967 darf der Lenker mit dem von ihm gelenkten Kraftfahrzeug und einem mit diesem gezogenen Anhänger nicht ungebührlichen Lärm, ferner nicht mehr Rauch, üblen Geruch oder schädliche Luftverunreinigungen verursachen, als bei ordnungsgemäßem Zustand und sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar ist.

 

Nach § 134 Abs 1 KFG begeht, wer diesem Bundesgesetz zuwiderhandelt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu Euro 2.180,00, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen.

 

Weiters beachtlich sind nachstehende Bestimmungen des Verwaltungsstrafgesetzes 1991, BGBl Nr 52, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:

 

?§ 5

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

....

 

§19

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.?

 

Vom zeugenschaftlich vernommenen Insp. T. K. wurde im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung schlüssig dargelegt, dass der Berufungswerber nach Aufforderung den Führerschein und den Zulassungsschein vorzuzeigen, um eine Lenker- und Fahrzeugkontrolle durchzuführen, ursprünglich nur den Fahrzeugschein aushändigte und auf die erneute Frage nach dem Führerschein angab, keinen bei sich zu führen. Auf die Frage nach einem Lichtbildausweis wurde von diesem angegeben, lediglich einen Studentenausweis bei sich zu führen. Beim Herausnehmen des Studentenausweises aus der Geldtasche konnte in dieser von einem Polizeibeamten auch ein österreichischer Personalausweis gesichtet werden, dessen Vorweisung der Berufungswerber zögerlich nachkam. Wenn in weiterer Folge im Zuge einer Visitierung des Berufungswerbers im Rahmen seiner Festnahme in weiterer Folge in seiner Geldtasche auch sein deutscher Führerschein in Scheckkartenformat aufgefunden werden konnte, ist für die Berufungsbehörde klar, dass der Berufungswerber im Rahmen der Lenker- und Fahrzeugkontrolle nicht bereit war, seinen Führerschein über Aufforderung dem einschreitenden Polizeibeamten auszuhändigen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung ist es einem Fahrzeuglenker bekannt, welche Dokumente er in seiner Geldtasche mitführt, insbesondere, was den Führerschein betrifft. Zumindest muss dem Berufungswerber diesfalls Fahrlässigkeit angelastet werden.

 

Was den Vorwurf zu Spruchpunkt 3) des angefochtenen Straferkenntnisses betrifft, nämlich mit durchdrehenden Reifen sowie durch das Aufheulenlassen des Fahrzeugmotors mehr Lärm erregt zu haben, als dies bei sachgemäßem Betrieb des Fahrzeuges unvermeidbar ist und die Fahrt in Richtung Westen (Anichstraße) fortgeführt zu haben, ist ebenfalls auf die glaubwürdigen Aussagen des vernommenen Zeugen Insp. T. K. zu verweisen, wonach der Berufungswerber beim Wegfahren mit seinem Porsche in der Maria-Theresien-Straße einen ?Riesenkrawall? verursacht hat, wobei diese sehr lauten Geräusche dem Durchdrehen der Reifen und dem Aufheulenlassen des Fahrzeugmotors zugeordnet wurden. Auch wenn der zeugenschaftlich vernommene Meldungsleger ein Durchdrehen der Reifen selber nicht gesehen hat, konnte dieser auf Grund seiner Erfahrenheit im Straßenverkehrsdienst doch einen sogenannten ?Kavalierstart? beurteilen, somit,  dass der Berufungswerber seinen Motor wesentlich lauter aufdrehte, als dies bei einem normalen Wegstarten der Fall ist. Auch der KFZ-technische Amtssachverständige Ing. R. R. hat im Zuge der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung glaubhaft erklärt, dass ein Durchdrehen von Reifen sowie das Aufheulenlassen des Fahrzeugmotors bei einem Porsche bei ausgeschaltetem PSM jedenfalls vorstellbar ist, wobei das Aufheulenlassen des Motors natürlich auch ohne PSM naturgemäß möglich ist. Hingewiesen wurde darauf, dass das Wegschalten der Funktion ?PSM - Porsche-Stability-Management? durch einfachen Knopfdruck möglich ist und in weiterer Folge natürlich beim Wegfahren bei entsprechendem Gasgeben auch ein Durchdrehen der Reifen möglich ist. Auf Grund der zeugenschaftlichen Aussage des Insp. T. K. als auch auf Grund der KFZ-technischen Stellungnahme von Ing. R. R. ist für die Berufungsbehörde erwiesen, dass A. M. auch die ihm zu Spruchpunkt 3) des angefochtenen Straferkenntnisses angelastete Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten hat. Reifenquietschen und Motorheulen sind ungebührlicher Lärm (VwGH

16.11.19

88, 88/02/0123).

 

Wenn die Behörde den Angaben des Meldungslegers mehr Glauben als den Angaben des Beschuldigten schenkt, weil jener auf Grund seines Diensteides und seiner verfahrensrechtlichen Stellung der Wahrheitspflicht unterliegt und bei deren Verletzung mit straf- und dienstrechtlichen Sanktionen rechnen muss, hingegen den Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Beschuldigten keine derartigen Pflichten und Sanktionen treffen und außerdem keine Veranlassung gesehen werden kann, dass der Meldungsleger eine ihm unbekannte Person wahrheitswidrig habe belasten wollen, so ist diese Argumentation durchaus schlüssig (Hinweis auf VwGH 26.06.1978, Slg 9602 A, VwGH 20.01.1986, 85/02/0245).

 

Im Ergebnis ist somit festzuhalten, dass dem Berufungswerber die Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens nicht gelungen ist. Als Verschuldensgrad muss bei beiden Verwaltungsübertretungen zumindest Fahrlässigkeit angenommen werden. Die Erstbehörde ist sohin zu Recht von der Verwirklichung des objektiven und des subjektiven Tatbestandes der in Rede stehenden Verwaltungsübertretungen ausgegangen, weshalb die Bestrafung dem Grunde nach zu Recht erfolgt ist.

 

Zur Strafbemessung:

Der Unrechtsgehalt der betreffenden Übertretungen ist durchaus erheblich, da der Schutzzweck der Norm, den Führerschein auszuhändigen, darin liegt, zu gewährleisten, dass die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes möglichst rasch, nach Tunlichkeit noch am Tatort, über die Person des einer Verwaltungsübertretung Verdächtigen und das dabei verwendete Fahrzeug genaue Kenntnis erlangen. Der Unrechtsgehalt der dem Berufungswerber zu Spruchpunkt

3) angelasteten Verwaltungsübertretung ist deshalb erheblich, weil besonders in der Nachtzeit die Anrainerbevölkerung einen besonderen Schutz auf Ruhe hat und somit jeglicher ungebührlicher Lärm zu vermeiden ist.

 

Hinsichtlich des Verschuldens war jeweils von Fahrlässigkeit auszugehen.

Mildernd war die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers, als erschwerend war nichts zu werten.

 

Was die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Berufungswerbers anlangt, wird von dessen Angaben ausgegangen, wonach er als Student über kein Einkommen und über kein Vermögen, sondern lediglich über ein monatliches Taschengeld von ca Euro 300,00 bis Euro 400,00 verfügt.

Unter Berücksichtigung dieser Strafbemessungskriterien konnten nun die zu den Punkten 2) und 3) verhängten Geldstrafen keinesfalls als überhöht angesehen werden, zumal zu Spruchpunkt 2) des angefochtenen Straferkenntnisses bei einem vorgesehenen Strafrahmen von Euro 36,00 bis Euro 2.180,00 die gesetzliche Mindeststrafe lediglich um Euro 4,00 überschritten wurde und zu Spruchpunkt 3) des angefochtenen Straferkenntnisses der gesetzliche Strafrahmen nur zu etwa 3 Prozent ausgeschöpft wurde. Eine Bestrafung in dieser Höhe ist jedenfalls gerechtfertigt um den Schuld- und Unrechtsgehalt der Übertretungen ausreichend Rechnung zu tragen, und zwar auch unter Zugrundelegung des Umstandes, dass der Berufungswerber über kein eigenes Einkommen und Vermögen verfügt. Insbesondere auch generalpräventive Überlegungen haben eine Bestrafung in dieser Höhe geboten, um anderen Fahrzeuglenkern das besondere Gewicht der vom Berufungswerber übertretenen Schutznormen aufzuzeigen. Aus den dargelegten Gründen war wie im Spruch zu entscheiden.

 

Die Festsetzung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesbestimmungen.

Schlagworte
Auch, der, Amtssachverständige, hat, glaubhaft, erklärt, dass, ein, Durchdrehen, von, Reifen, sowie, das, Aufheulenlassen, des, Fahrzeugmotors, bei, einem, Porsche, bei, ausgeschaltetem, PSM, jedenfalls, vorstellbar, ist
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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