TE UVS Tirol 2006/05/04 2006/19/0894-2

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Veröffentlicht am 04.05.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Barbara Glieber über die Berufung des Herrn Dr. K. G., XY, I., vertreten durch RA Dr. C. O., XY-Straße , I., gegen das Straferkenntnis des Stadtmagistrates Innsbruck vom 18.01.2006, Zahl II-STR-02448e/2005, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) iVm den §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 18,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber folgende Verwaltungsübertretung zur Last gelegt:

?(Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung, § 82 Abs 1: Konsenslose Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsfläche)

Auf Grund der Gesetzlage des § 82 Abs 1 Straßenverkehrsordnung, (StVO), BGBl Nr 159/1960, bedarf die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, zB zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung einer straßenverkehrsbehördlichen Bewilligung und gilt das gleiche für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen. Seitens der S. HandelsgmbH mit Sitz in I., XY, wurde in deren Betriebsniederlassung in I., XY, zufolge deren nachangeführter Verhaltensweise gegen § 82 Abs 1 StVO verstoßen:

Im Rahmen des Gewerbebetriebes der S. HandelsgmbH in I., XY , wurde am 28.07.2005 um ca 10.56 Uhr vor dem Haus I., XY, gelegene öffentliche Verkehrsfläche, und zwar der dortige Gehsteig insofern zu gewerblichen Zwecken und für Zwecke der Werbung in Anspruch genommen, als auf dem dortigen Gehsteig zwei solche Werbeständer mit Reklameaufschriften für den dortigen Betrieb sowie solche im dortigen Betrieb gehandelte Waren, insbesondere Liegestühle, auf solche Art und Weise aufgestellt waren, wie dies aus den diesem Straferkenntnis als Beilagen A), B), C) und D) angeschlossenen Fotografien ersichtlich ist; dies allerdings ohne, dass diese Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsfläche durch eine hierfür nach § 82 Abs 1 StVO erforderliche straßenverkehrsbehördliche Bewilligung gedeckt gewesen wäre.

Sie haben dadurch als handelsrechtlicher Geschäftsführer der genannten Unternehmung eine Verwaltungsübertretung nach 99 Abs 3 lit d) iV mit § 82 Abs 1 StVO, BGBl Nr 159/1960, begangen.?

Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs 3 lit d) in Verbindung mit § 82 Abs 1 StVO begangen und wurde über ihn eine Geldstrafe von Euro 90,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt sowie wurde er zur Zahlung eines Beitrages der Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von Euro 9,00 verpflichtet.

 

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der rechtsfreundlich vertretene Berufungswerber fristgerecht Berufung und führte dazu im Wesentlichen aus wie folgt:

Richtig sei, dass der Berufungswerber handelsrechtlicher Geschäftsführer der S. Handels-GmbH sei. Er habe jedoch nicht gegen § 82 Abs 1 StVO verstoßen. Es seien keine Straßenflächen zu verkehrsfremden Zwecken benützt worden. Es seien lediglich auf den zur Bewässerung der Begrünung im XY befindlichen Flächen vereinzelt Waren zur Schau gestellt worden. Dieses Aufstellen der Warenständer bzw des Liegestuhles und des Sonnenschirms unter dem Hause XY befindlichen Baumes stelle keine Inanspruchnahme öffentlicher Verkehrsflächen im Sinne des § 82 Abs 1 StVO dar. Gemäß § 82 Abs 1 StVO seien zudem nur solche Maßnahmen bewilligungspflichtig, die geeignet seien, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen. Mit dem unter dem Baum am XY aufgestellten Sonnenschirm bzw Liegestuhl sei dies nicht möglich. Nicht einmal auf dem Gehsteig führe das Aufstellen eines Sonnenschirmes zum Herbeiführen einer Menschenansammlung geschweige denn dazu, dass Lenker von Fahrzeugen beeinträchtigt würden. Die S. Handels GmbH habe im Sommer 2005 Gespräche mit dem Stadtmagistrat betreffend einer Bewilligung nach § 82 StVO aufgenommen. Zudem habe die Bürgermeisterin, Frau H. Z., seine Geschäftsgestaltung vor dem Eingang begrüßt. Im Sommer 2005 sei die Erteilung einer entsprechenden Bewilligung beantragt worden. Es liege somit kein Verstoß nach § 82 StVO vor, lediglich ein geringes Verschulden. Auch seien die Folgen einer allfälligen Verwaltungsübertretung gering, sodass ein Vorgehen nach § 21 VStG angebracht wäre.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

A) Sachverhalt:

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt sowie durch das zweitinstanzliche Ermittlungsverfahren.

Sachverhaltsfeststellungen:

Die S. Handels GmbH hat am 28.07.2005 um ca 10.56 Uhr vor dem Haus XY in I. den dort gelegenen Gehsteig insofern zu gewerblichen Zwecken und für Zwecke der Werbung in Anspruch genommen, als sie auf dem vor dem Geschäft befindlichen Gehsteig zwei Werbeständer mit Reklameaufschriften für den dortigen Betrieb, im Betrieb gehandelte Waren sowie Liegestühle aufgestellt hat. Dafür hatte sie keine straßenverkehrsbehördliche Bewilligung.

Beweiswürdigung:

Die Feststellungen zu der Inanspruchnahme des gegenständlichen Gehsteiges sowie des Zweckes der Inanspruchnahme konnten auf Grund der Anzeige der Magistratsabteilung I vom 28.07.2005 sowie den dazugehörigen Lichtbildern getroffen werden. Für die erkennende Behörde ergeben sich keinerlei Zweifel an der Richtigkeit der Wahrnehmung der Beanstandung durch das städtische Erhebungsorgan sowie der im Akt befindlichen Lichtbilder.

 

B) Rechtsgrundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind folgende gesetzliche Bestimmungen maßgebend:

1. Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO 1960), BGBl Nr 159, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 99/2005:

 

Bewilligungspflicht

§ 82

(1) Für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, zB zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, ist unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen.

(...)

 

Strafbestimmungen

§ 99

(...)

(3) Eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe bis zu 726,00 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu zwei Wochen, zu bestrafen,

(...)

d) wer Straßen ohne Bewilligung zu verkehrsfremden Zwecken (X. Abschnitt) benützt, insbesondere ohne Bewilligung eine nach § 82 bewilligungspflichtige Tätigkeit oder Herstellung vornimmt oder ohne Bewilligung sportliche Veranstaltungen nach § 64 abhält, das Aufstellen oder die Lagerung von Sachen, die für Bau, Erhaltung, Pflege und Reinigung der Straße erforderlich sind,

(...)

 

2. Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) BGBl Nr 52, zuletzt geändert durch BGBl I Nr 117/2002:

 

Schuld

§ 5

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Besondere Fälle der Verantwortlichkeit

§ 9

(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

(...)

 

Strafbemessung

§ 19

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Absehen von der Strafe

§ 21

(1) Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

(?)

 

C) Rechtliche Beurteilung:

Aus dem Auszug vom Firmenbuch vom 09.08.2005 geht hervor, dass der Beschwerdeführer als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma S. Handels GmbH auftritt.

Zum Schuldspruch:

Der Berufungswerber verantwortete sich im Wesentlichen damit, dass nur solche Maßnahmen bewilligungspflichtig seien, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen und dies sei nicht der Fall.

Dem ist entgegen zu halten, dass nach § 82 Abs 1 StVO 1960 auch für die Benützung von Straßen, einschließlich des darüber befindlichen Luftraumes, zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, zB zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, eine Bewilligung erforderlich ist. Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen, sind ein weiterer Bewilligungstatbestand und nicht ein zusätzliches Tatbestandskriterium.

Informelle Gespräche bezüglich einer Bewilligung reichen für das Vorliegen einer Bewilligung nicht aus. Mit dem Vorbringen, dass die Bürgermeisterin die gegenständliche Geschäfts-gestaltung vor dem Eingang begrüße, ist für den Berufungswerber nichts zu gewinnen. Fest steht, dass der Berufungswerber am gegenständlichen Ort und zum gegenständlichen Zeitpunkt, ohne eine Bewilligung erlangt zu haben, den Gehsteig insofern zu gewerblichen Zwecken und für Zwecke der Werbung in Anspruch genommen hat, indem er auf dem Gehsteig zwei Werbeständer mit Reklameaufschriften für den dortigen Betrieb sowie im Betrieb gehandelte Waren sowie Liegestühle aufgestellt hat. Die Bestrafung ist daher dem Grunde nach zu Recht erfolgt.

Zur Strafbemessung:

Der Unrechtsgehalt der dem Berufungswerber zur Last gelegten Übertretung ist nicht unerheblich, da durch die übertretene Norm insbesondere Vorschriften, die der Benützung der Straße (Gehsteig) dienen, verletzt wurden. Diesem im § 82 Abs 1 StVO enthaltenen Schutzzweck hat der Berufungswerber in nicht unerheblichem Ausmaß zuwider gehandelt; indem er Werbeständer und Waren im Gehsteigbereich aufgestellt hat.

Die verhängte Geldstrafe entspricht dem Unrechtsgehalt der Verwaltungsübertretung und dem Verschulden.

Als mildernd war die Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten, als erschwerend war nichts zu werten.

Hinsichtlich der Anwendung des § 21 VStG fehlt es bereits an dem hier geforderten geringfügigen Verschulden. Ein solches liegt nämlich nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann vor, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurück bleibt. Dass dies der Fall wäre, ist im Verfahren nicht hervorgekommen.

Trotz schriftlicher Aufforderung der Berufungsbehörde hat der Berufungswerber keine Angaben über seine finanzielle Situation gemacht. Auch unter Zugrundelegung geringer Einkommensverhältnissen erscheint die verhängte Geldstrafe in Höhe von Euro 90,00 (Ersatzarrest von 24 Stunden) bei einem Strafrahmen von Euro 726,00, als schuld- und tatangemessen sowie notwendig, um den Berufungswerber vor neuerlichen Verwaltungsübertretungen dieser Art abzuhalten.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Der, Berufungswerber, verantwortete, sich, im, Wesentlichen, damit, dass, nur, solche, Maßnahmen, bewilligungspflichtig, seien, die, geeignet, sind, Menschenansammlungen, auf, der, Straße, herbeizuführen, oder, die, Aufmerksamkeit, der, Lenker, von, Fahrzeugen, zu, beeinträchtigen. Dem, ist, entgegenzuhalten, dass, nach, §82 Abs1 StVO, auch, für, die, Benützung, von, Straßen, einschließlich, des, darüber, befindlichen, Luftraumes, zu, anderen, als, zu, Zwecken, des, Straßenverkehrs, eine, Bewilligung, erforderlich, ist, Tätigkeiten, die, geeignet, sind, Menschenansammlungen, auf, der, Straße, herbeizuführen, sind, ein, weiterer, Bewilligungstatbestand
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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