TE UVS Tirol 2006/05/08 2006/25/0028-6

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Veröffentlicht am 08.05.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn H. A., XY-Gasse, I., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. J. ?M. D., XY-Gasse, I., vom 16.12.2005 gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 30.11.2005, Zahl II-STR-00741e/2005, betreffend Übertretung der Gewerbeordnung 1994, nach Durchführung zweier mündlicher Berufungsverhandlungen, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 150,00, zu bezahlen.

 

Spruchberichtigung:

Der Tatzeitbeginn wird mit 17.08.2004 festgelegt.

Die übertretene Norm lautet: § 366 Abs 1 Z 2 (zweiter Fall) iVm § 74 Abs 2 GewO 1994.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde Herrn A. zur Last gelegt, er habe im Zuge der Ausübung des Maler- und Anstreichergewerbes in der Zeit vom 13.08.2004 bis 14.04.2005 im Erdgeschoss des Hauses XY-Gasse in I. eine im Sinn des § 74 Abs 2 Z 1 und Z 2 GewO genehmigungspflichtige gewerbliche Betriebsanlage, nämlich ein sich auf zwei Räumlichkeiten erstreckendes Lager für Lacke, Farben, Farbverdünnungen, Terpentin und Terpentinersatz sowie Baumaterialien, betrieben, ohne die dafür erforderliche gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung im Sinne der §§ 74 ff GewO erlangt zu haben. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 3 (zweiter Fall) iVm §§ 74 Abs 2 Z 1 und Z 2 GewO begangen. Deshalb wurde gemäß § 366 Abs 1 (Einleitungssatz) GewO 1994 über Herrn A. eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 750,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 5 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 75,00 bestimmt.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr A. durch seinen Rechtsvertreter im wesentlichen vorbringt, dass der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol in seinem Berufungserkenntnis vom 06.12.2004, uvs-2004/16/131-4, ausgesprochen habe, dass für das Lager des Beschuldigten lediglich aufgrund des Umstandes, dass dort hin und wieder eine kurzfristige Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten vorkomme, eine Betriebsanlagengenehmigungspflicht vorliege. Der Beschuldigte habe sich damit verantwortet, dass aufgrund des zu II-STR-00156e/2004 behängenden Verfahrens in den Geschäftsräumlichkeiten von ihm keine brennbaren Flüssigkeiten mehr gelagert würden. An die Strafbehörde sei daher das Ersuchen herangetragen worden, sich davon anlässlich einer Nachschau zu überzeugen. Diese sei nicht erfolgt, weshalb das Ermittlungsverfahren unvollständig geblieben sei. Dieser Verfahrensmangel sei geeignet, eine für den Beschuldigten günstige Entscheidung herbeizuführen, da für die Lagerung nicht brennbarer Flüssigkeiten eine Genehmigungspflicht nicht in Frage komme. Des weiteren könne nicht davon ausgegangen werden, dass die im Zusammenhang mit der in den Geschäftsräumlichkeiten vorgenommenen Lagerhaltung durchgeführten Tätigkeiten geeignet sind, die Nachbarn durch Lärm zu belästigen. Das Gehen zum und vom Lager stelle in der Regel keine Lärmverursachung im Sinne des Gesetzes dar. Wenn die Erstbehörde jedoch eine besondere Lärmerregung vermute, hätte sie sich davon mittels geeigneter Nachforschungen überzeugen müssen, was jedoch nicht geschehen sei. Die Erstbehörde hätte deshalb nicht davon ausgehen dürfen, dass die Ladetätigkeiten geeignet sind, die Nachbarn durch Lärm zu belästigen. Schließlich sei die verhängte Geldstrafe zu hoch bemessen. Nach dem vorzitierten Erkenntnis des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol habe der Beschuldigte davon ausgehen dürfen, dass sein Lager keiner Genehmigungspflicht unterliege, wenn er daraus die brennbaren Flüssigkeiten entfernt. Dadurch, dass er das getan habe, sei se

in Verhalten nicht als vorsätzlich zu qualifizieren, sondern ihm gerade einmal geringste Fahrlässigkeit anzulasten, wenn sich tatsächlich herausstellen sollte, dass das Lager dennoch einer Genehmigungspflicht unterliegt. Die auszusprechende Strafe könne in seinem Fall keinesfalls den Betrag übersteigen, der im vorangegangenen Strafverfahren verhängt wurde. Es werde deshalb Bescheidbehebung, in eventu Herabsetzung der Strafhöhe, beantragt.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

Beweis aufgenommen wurde in zwei öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen durch die Einvernahme des Berufungswerbers und des Zeugen K. N. sowie die Verlesung der Akten des Stadtmagistrates Innsbruck und des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol.

 

Der Berufungswerber rechtfertigte sich dabei damit, dass ihm von einem Organwalter des Stadtmagistrates Innsbruck versichert worden wäre, dass er für gegenständliche Anlage keine Betriebsanlagengenehmigung brauchen würde, wenn dort keine brennbaren Flüssigkeiten gelagert werden. Als diejenige Person, die ihm diese Auskunft gegeben haben soll, wurde von ihm K. N. vom Städtischen Erhebungsamt namhaft gemacht. Dieser sagte dazu als Zeuge aus, dass er am 23.06.2004 eine Erhebung in der Betriebsanlage Kirschentalgasse 2 durchgeführt hat. Dabei hat er Büroräumlichkeiten und ein Lager für Farben festgestellt. Der nunmehrige Berufungswerber hat ihm bei dieser Begehung geschildert, um was für Farben und Lacke es sich dabei gehandelt hat. Da er auf diesem Gebiet kein Fachmann ist, hat er die Angaben von Herrn A. festgehalten. Im Zuge dieser Besichtigung der Betriebsanlage hat K. N. Herrn H. A. nicht erklärt oder angedeutet, dass er keine Betriebsanlagengenehmigung brauchen würde, wenn im Betrieb keine brennbaren Flüssigkeiten gelagert werden; der Zeuge N. gab dazu weiters an, dass er diese Frage gar nicht beurteilen könnte und wenn er die Antwort wüsste, gibt er als Erhebungsorgan den Parteien grundsätzlich keine Rechtsauskünfte. Er konnte es mit Sicherheit ausschließen, dass er dem Beschuldigten eine derartige Auskunft gegeben hat. Er konnte auch weiters ausschließen, dass er Derartiges angedeutet hat, was der Berufungswerber aufgrund seiner schlechten Deutschkenntnisse objektiverweise so interpretieren hätte können. Bei der Besichtigung in der XY-Gasse ist es auch so gewesen, dass aufgrund der äußerst schwierigen sprachlichen Kommunikation mit Herrn Aksoy er diesen ersuchte, jemanden beizuziehen, der besser Deutsch kann, damit eine Kommunikation zustande kommt. Der Zeuge konnte sich noch erinnern, dass jemand anderer dazu gekommen ist, der besser Deutsch konnte als der Beschuldigte, seiner Erinnerung nach war diese Person aber nicht während der gesamten Besichtigung anwesend. Da Herr A. am Beginn dieses Gesprächs einen Rechtsanwalt erwähnte, erklärte ihm Herr K. N., dass er sich bezüglich der Rechtsfragen bei diesem erkundigen soll. Der Zeuge gab auch an, dass er in seinem Bericht vom 24.06.2004 die separate Erwähnung von brennbaren Flüssigkeiten deshalb angeführt, da ihm brennbare Flüssigkeiten gefährlicher vorkommen als nicht brennbare Flüssigkeiten und er deshalb aufgrund seines Amtsverständnisses es für erforderlich angesehen hat, diese Unterschiede niederzuschreiben. Da er diesbezüglich Laie ist, beruhen seine Vermerke auf den Angaben des Berufungswerbers.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat in seinem Erkenntnis vom 06.12.2004, uvs-2004/16/131-4, festgestellt, dass für gegenständliche Betriebsanlage ohne Zweifel eine Betriebsanlagengenehmigung erforderlich ist. Der Berufungswerber hätte also schon für den damaligen Tatzeitraum (01.09.2003 bis 09.01.2004) eine Betriebsanlagenbewilligung benötigt. Wenn nun damit argumentiert wird, dass zwischenzeitlich es zu keiner Lagerung von brennbaren Flüssigkeiten mehr käme und dies die Strafbehörde bei einer Nachschau feststellen hätte können, so ist dem entgegen zu halten, dass bereits die grundsätzliche Eignung einer Betriebsanlage zu Gefährdungen, Belästigungen usw. die Genehmigungspflicht begründet; dies wurde im Vorverfahren festgestellt. Ob im konkreten Einzelfall tatsächlich Gefährdungen usw. bestehen, ist im Genehmigungsverfahren nach § 77 GewO und nicht im Verwaltungsstrafverfahren zu prüfen. Die Genehmigungspflicht ist immer schon dann gegeben, wenn solche Auswirkungen auf bestimmte Personen nicht auszuschließen sind. Dass dies bei der Lagerung von Materialien, die für die Ausübung des Maler- und Anstreichergewerbes benötigt werden, der Fall ist, ist offenkundig. Nachdem zwischenzeitlich ein Betriebsanlagengenehmigungsverfahren durchgeführt wurde, erteilte der Bürgermeister von Innsbruck in seinem Bescheid vom 10.04.2006, Zahl III-975/2006/RR/P, für gegenständlichen Betrieb gemäß § 359b GewO eine Betriebsanlagengenehmigung. Damit steht fest, dass es sich um eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage handelt, die geeignet ist, gemäß § 784 Abs 2 GewO wahrzunehmende Interessen zu beeinträchtigen. Ansonsten wäre es nicht zur Erlassung der gewerbetechnischen Vorschreibungen gekommen. § 74 Abs 2 GewO bestimmt, dass solche gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet und betrieben werden dürfen und stellt § 366 Abs 1 Z 2 leg cit ein Zuwiderhandeln unter Strafe. Der Vorwurf des konsenslosen Betriebes der gewerblichen Betriebsanlage des bekämpften Straferkenntnisses besteht damit zu Recht.

 

Die rechtliche Beurteilung des Berufungserkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 06.12.2004, Zahl uvs-2004/16/131-4, sagt nicht aus, dass keine Genehmigungspflicht für gegenständliche Betriebsanlage besteht, wenn keine brennbaren Flüssigkeiten dort gelagert werden. Es wurde die Notwendigkeit einer Betriebsanlagengenehmigung klar ausgesprochen, weshalb dem Berufungswerber keinesfalls bloß geringste Fahrlässigkeit anzulasten ist. Auch hat sich als unzutreffend herausgestellt, dass keine Genehmigungspflicht bestünde, wenn im Betrieb keine brennbaren Flüssigkeiten gelagert werden. Wenn der Berufungswerber aufgrund seiner Sprachkenntnisse die Aussagen von Amtspersonen nicht zweifelsfrei verstehen kann, kann er diese nicht einfach nach seinen Intentionen auslegen, sondern hätte bei der Behörde nachfragen oder sich Aufklärung über seinen Rechtsanwalt verschaffen müssen. Ihm ist deshalb grobe Fahrlässigkeit anzulasten. Der Unrechtsgehalt des konsenslosen Betriebes einer Betriebsanlage ist aufgrund des hohen Gefährdungs- und Belästigungspotentials gerade in einer so dicht besiedelten Gegend nicht unerheblich. Der gesetzliche Strafrahmen wurde von der Erstbehörde nunmehr zu 20 Prozent ausgeschöpft. In Anbetracht des Umstandes, dass die im Vorverfahren festgesetzte Strafhöhe nicht geeignet war, den Berufungswerber zur Erwirkung einer Betriebsanlagengenehmigung zu veranlassen, kann die nunmehrige Strafhöhe aus spezialpräventiven Gründen nicht als unangemessen hoch angesehen werden.

 

Spruchberichtigungen waren hinsichtlich des Tatzeitbeginns (der Tatzeitraum bis zur Erlassung des vorangegangenen Straferkenntnisses ist durch dieses abgedeckt) und der übertretenen Norm (offenkundiger Schreibfehler) vorzunehmen. Der Tatzeitbeginn war daher mit dem Tag der Zustellung des Straferkenntnisses vom 12.08.2004, Zahl II-STR-00156e/2004, festzusetzen.

 

Der beantragte Ortsaugenschein konnte schon allein deshalb entfallen, weil dabei nicht festgestellt werden hätte können, was im angelasteten Tatzeitraum in der Betriebsanlage gelagert war.

Schlagworte
Die, rechtliche, Beurteilung, des, Berufungserkenntnisses, sagt, nicht, aus, dass, keine, Genehmigungspflicht, für, gegenständliche, Betriebsanlage, besteht
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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