Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Beschwerde des Herrn B. W., F., Nr XY, geb.XY, vd Rechtsanwalt Dr. C. P., XY, R., gegen die Marktgemeinde R., vertreten durch den Bürgermeister H. W., als belangte Behörde, wie folgt:
I.
Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm § 67c Abs 1 und § 67d AVG wird der Beschwerde des Herrn B. W. insofern Folge gegeben, als festgestellt wird, dass er durch die Festnahme durch ein Organ des Gemeindewachkörpers der Marktgemeinde Reutte am 19.09.2005 gegen 10.00 Uhr vor dem Objekt XY in R. in seinen Rechten verletzt wurde.
II.
Gemäß § 79a AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl 855, wird dem Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz der Aufwendungen Folge gegeben. Die belangte Behörde hat dem obsiegenden Beschwerdeführer Ersatz für
Schriftsatzaufwand Euro 660,80
Verhandlungsaufwand Euro 826,00
sohin insgesamt Euro 1.486,80
zu leisten. Dieser Betrag ist binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Bescheides zu Handen des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers anzuweisen.
Mit Eingabe vom 20.10.2005 erhob der Beschwerdeführer eine Maßnahmenbeschwerde an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol.
In dieser Beschwerde wird ausgeführt wie folgt:
?In umseitiger Rechtssache erhebt der Beschwerdeführer durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter nachstehende
Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher
Befehls- und Zwangsgewalt
an den Unabhängigen Verwaltungssenat von Tirol.
1./ Der Beschwerdeführer wurde am 19.09.2005 ein Opfer unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt.
Er war mit dem Fahrrad in R. im Untermarkt unterwegs und fuhr beim Billa-Parkplatz Richtung Untermarkt. Plötzlich hörte er hinter sich ein Fahrzeug hupen. Es sah sich um und setzte sodann seine Fahrt fort, weil ihm nicht klar war, weshalb gehupt wurde. Sodann fuhr ein Auto der Polizei der Marktgemeinde Reutte an ihm vorbei und ein gewisser Herr Insp. W. schrie ihm vom Auto aus zu, dass er eine Stopptafel überfahren habe. Der Beschwerdeführer entgegnete, dass er ja mit dem Fahrrad unterwegs wäre. - Mangels weiterer Anhaltung setzt der Beschwerdeführer seine Fahrt sodann fort.
Eine Dreiviertel Stunde später schob der Beschwerdeführer sein Fahrrad in 6600 Reutte zwischen dem BH-Gebäude und dem Gebäude des Gemeindeamtes, als er plötzlich von hinten erfasst und zu Boden geworfen wurde. Wie sich im Nachhinein herausstellte, hatte der Insp. W. den Beschwerdeführer von hinten ohne jegliche Vorwarnung gepackt, sodass das Rad hinfiel, auch der Beschwerdeführer. Insp. W. forderte diesen auf, zu sagen wer er sei.
Dies offenbar trotz des Umstandes, dass Herr Insp. W. bereits zuvor erklärt habe, er wisse, wer der Beschwerdeführer sei. Der Gendarmeriebeamte W. hat sich zudem dermaßen kräftig und stark auf den Beschwerdeführer geworfen, dass dieser zu wenig Luft bekam um auch nur irgendetwas sagen zu können. Der Beschwerdeführer konnte nur mehr röcheln und schnappte nach Luft, was der Insp. offenbar nicht beachtet hat. Erst nach einiger Zeit ließ dieser vom Beschwerdeführer ab.
Sobald der Beschwerdeführer sodann wieder zu Luft kam, teilte dieser dem Beamten nochmals seinen Namen mit, wurde aber trotzdem in die Gemeindewachstube abgeführt. Dort haben sodann wiederum Insp. W. sowie ein weiterer Insp. F. gegen den Beschwerdeführer Gewalt ausgeübt und drückten diesen an die Wand; dieser bekam abermals keine Luft und konnte gerade noch sagen, dass er bereits zweimal einen Herzinfarkt gehabt hätte. Daraufhin erklärte einer von beiden Beamten, dass ihm das egal sei. Als die Beamten schließlich bemerkten, dass der Beschwerdeführer abermals um seine letzte Luft ringen musste, ließen diese vom Beschwerdeführer ab.
Der Beschwerdeführer begab sich sodann ins Krankenhaus, weil er am Körper verletzt war. Der Beschwerdeführer hat durch die behördliche Gewaltsausübung Abschürfungen auf den Knien und Prellungen erlitten.
Beweis: PV (Zeugen ?)
ZV Insp. W., p.A. Gemeindepolizei R., R.
ZV Insp. F., p.A. Gemeindepolizei R., R.
2./ Die zu 1./ ausgeführte Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt erweist sich zweifelsfrei deswegen als rechtswidrig, das sich der Beschwerdeführer ja zu keinem Zeitpunkt weigerte, sich auszuweisen. Bevor der Beamte also den Beschwerdeführer gewaltsam von hinten niederreißt und sich auf diesen stürzt, hätte dieser jedenfalls müssen den Beschwerdeführer mündlich zum Ausweis seiner Personalien auffordern. Das Vorgehen der Gendarmeriebeamten gleicht amerikanischen Cowboymethoden und sollte in einem Rechtsstaat wie Österreich keine Schule machen. Der Beschwerdeführer hat ein Recht darauf, dass er von einem Amtsorgan entsprechend den Bestimmungen der Menschenrechtskonvention behandelt wird. Der Beschwerdeführer hat ein Recht darauf, von einem Polizeibeamten ordnungsgemäß angehalten zu werden. Der Beamte wäre verpflichtet gewesen, den Beschwerdeführer ordentlich anzusprechen und ein konkretes Begehren zu stellen, was jedoch nicht geschehen ist.
Auch beim zweiten ausgeführten Vorfall in der Gemeindewachstube gingen die einschreitenden Beamten mit weit überbürdender Amtsgewalt vor: Der Beschwerdeführer machte weder Anstalten zur Flucht, noch hat dieser den Beamten sonst irgendwie auch nur den geringsten Anlass gegeben, dass diese gerechtfertigt gewesen wären, gegenüber dem Beschwerdeführer eine derartige Gewalt anzuwenden.
Aus all diesen Gründen erweist sich das gegenständliche Vorgehen der angeführten Polizeibeamten, welche der hiermit belangten Behörde Polizeiinspektion R., zuzuordnen sind, als eindeutig rechtswidrig.
Da sich der Vorfall am 19.09.2005 ereignete, erweist sich die gegenständliche Beschwerde als rechtzeitig.
Beweis: Artikel Außerferner Nachrichten vom 29.09.2005, Seite 1 medizinische Gutachten
wie vor
Es werden sohin gestellt nachfolgende
Anträge
1./ Der Unabhängige Verwaltungssenat wolle die Ausübung der unmittelbaren verwaltungsbehördlichen Befehls- und Zwangsgewalt der Insp. W. und F., welche der belangten Behörde zuzuordnen sind, vom 19.09.2005 in R. im Sinne des Vorbringen zu Punkt 1. für rechtswidrig erklären
sowie
2./ dem Beschwerdeführer den Ersatz seiner Aufwendungen durch die
belangte Behörde zusprechen.
Kosten:
Schriftsatzaufwand gemäß VO BGBl 1991/51 Euro 660,80
20 Prozent Ust Euro 132,16
insgesamt Kosten sohin Euro 792,96?
Aufgrund dieser Beschwerde wurde die Marktgemeinde R. zur Erstattung einer Gegenschrift und Vorlage der bezughabenden Akten aufgefordert. Dieser Aufforderung kam die Marktgemeinde R. mit Eingabe vom 22.11.2005 samt Anlagen nach.
Anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2006 hat der Beschwerdeführer seine Beschwerde ausdrücklich auf die Festnahme durch ein Organ des Gemeindewachkörpers der Marktgemeinde R. am 19.09.2005 vor dem Objekt Obermarkt 3 in 6600 Reutte eingeschränkt.
Beweis wurde aufgenommen durch Einsichtnahme in die vorliegende Beschwerde, die Gegenschrift der Marktgemeinde R. vom 22.11.2005 samt Anlagen, Einsichtnahme in die Ermächtigungsurkunden der Bezirkshauptmannschaft R. betreffend des G. W. und M. F. vom 14.01.2004, Einsichtnahme in die Anzeige der PI R. vom 19.09.2005, Zl-B1/7045/2005 samt Anlagen, Einvernahme der Zeugen K. M., RI R. W. und BI M. F. anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2006, Einsichtnahme in den Akt des Amtes der Tiroler Landesregierung, Abteilung IIb2, Zl IIb2-V-9517/5-1995, sowie Einvernahme des Beschwerdeführers anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2006.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat erwogen:
Nach Durchführung des Beweisverfahrens steht nachstehender, in Bezug auf die in der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2006 eingeschränkte
Beschwerde, entscheidungsrelevanter Sachverhalt als erwiesen fest:
Der Beschwerdeführer fuhr am 19.09.2005 gegen 09.50 Uhr mit seinem Fahrrad in R., vom Billa-Parkplatz kommend in die Kreuzung mit dem Untermarkt ein, ohne das an der rechten Fahrbahnseite deutlich sichtbar angebrachte Vorschriftszeichen ?Stopp? zu beachten. Diese Verkehrsübertretung nahm der Gemeinde-Revierinspektor G. W., der sich gerade mit dem Dienstkraftfahrzeug auf einer Patrouillenfahrt befand, wahr.
RI W. machte den Beschwerdeführer, den er für einen ?Herrn G.?
hielt, auf die Übertretung aufmerksam. Zu diesem Zeitpunkt setzte er keine weiteren Amtshandlungen. Kurze Zeit später, im Untermarkt auf ungefährer Höhe der BTV, hat RI W. sein Fahrzeug nochmals angehalten und durch das Seitenfenster in Richtung des Beschwerdeführers in etwa gerufen ?er wisse jetzt, wer er sei?. Erst ca 5 Minuten später, also um ca. 10.00 Uhr, als RI W. den Beschwerdeführer vor dem Objekt Obermarkt 3 wiederum antraf, forderte er ihn auf, seine Identität bekannt zu geben, widrigenfalls er ihn festnehmen müsse. Der Beschwerdeführer verweigerte jedoch die Bekanntgabe seiner Identität und beschimpfte den RI W. aufs heftigste. RI W. sprach daraufhin die Festnahme aus und wollte diese tatsächlich auch durchführen. Der Beschwerdeführer wehrte sich jedoch dagegen und es kam in der Folge zu einem Handgemenge, in dessen Rahmen der Beschwerdeführer zu Boden gingen. RI W. hat sich in der Folge auf den Beschwerdeführer gelegt, um ihn am Boden festzuhalten. Der Beschwerdeführer verweigerte nach wie vor die Bekanntgabe seiner Identität. Mittlerweilen versammelten sich schon mehrere Passanten rund um das Geschehen. In der Folge kam der Rechtsvertreter des Beschwerdeführers (zufällig) zum Geschehen und erklärte RI W., dass es sich beim Beschwerdeführer um B. W. aus ?F.? oder ?S.? handle. Daraufhin beendete RI W. die Festnahme. Der Beschwerdeführer zog sich Prellungen und Abschürfungen am Knie zu.
Zur Person des RI G. W.: RI W. war zum Zeitpunkt der gegenständlichen Amtshandlungen Beamter der Marktgemeinde R. und der Gemeindepolizei R. dienstzugeteilt. Die Gemeindepolizei R. ist als Gemeindewachkörper organisiert. Sie bestand zum 1. Jänner 1992 aus vier Mitgliedern, die uniformiert und bewaffnet waren. Der Gemeindewachkörper war formationsmäßig organisiert und verfügte über ein entsprechend gekennzeichnetes Dienstkraftfahrzeug. Entsprechende Organisationsgrundlagen (wie etwa ein Gemeinderatsbeschluss) über die Einrichtung dieses Gemeindewachkörpers sind nicht mehr auffindbar. Zum Zeitpunkt des gegenständlichen Vorfalles bestand der Gemeindewachkörper aus drei Mitgliedern, er wurde zwischenzeitlich aufgelöst.
Es lag gegenständlich keine Übertragungsverordnung der Landesregierung nach § 94c StVO in Bezug auf die Handhabung der Verkehrspolizei bzw. eine Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaft Reutte nach § 97 Abs 1 2. Satz StVO vor. Eine generelle Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaft Reutte zur Handhabung des VStG bestand ebenfalls nicht. RI W. verfügte über eine Ermächtigungsurkunde der Bezirkshauptmannschaft Reutte zur Handhabung ua des § 50 und 37 VStG. Weiters existiert eine Urkunde der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 03.05.1994, nach der RI W. gemäß § 97 Abs 2 StVO zum Organ der Straßenaufsicht bestellt und vereidigt wurde.
Dieser Sachverhalt ist im Wesentlichen unstrittig. Lediglich was den Zeitraum von der Feststellung der Verkehrsübertretung bis zur Festnahme vor dem Objekt Obermarkt 3 anbelangt, gibt es völlig unterschiedliche Aussagen. Hier schließt sich die Behörde jedoch den nachvollziehbaren Ausführungen des RI W. an. Die diesbezüglichen Aussagen des Beschwerdeführers sind in sich widersprüchlich und konnte er auch in der mündlichen Verhandlung vom 09.05.2006 dazu keine konkreten Angaben machen.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus folgendes:
Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.
Die Ausübung unmittelbarer Zwangsgewalt setzt begriffsnotwendig ein positives Tun der die Zwangsgewalt gebrauchenden Behörde voraus. Eine derartige Ausübung liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung eindeutig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (Verwaltungsgerichtshof 25.04.1991, 91/06/0052). Gegenständlich liegt unzweifelhaft ein Akt unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in Form der Festnahme durch einen Angehörigen des Gemeindewachkörpers R. vor. In diesem Zusammenhang stellt sich jedoch die Frage, wem dieser Akt zuzuordnen ist. In Frage kommen diesbezüglich die Bezirkshauptmannschaft Reutte oder die Marktgemeinde R.
RI W. ist Angehöriger des Gemeindewachkörpers R. (die Gemeindepolizei R. ist in der Aufzählung der Gemeindewachwachkörper bei Grundtner, Die Österreichische Straßenverkehrsordnung, 8. Lieferung, 2005, II. Band, 835 ausdrücklich angeführt). Angesichts des Umstandes, dass dieser Gemeindewachkörper zum Zeitpunkt des gegenständlichen Vorfalles nur mehr aus drei Angehörigen bestanden hat, könnte strittig sein, ob in diesem Falle überhaupt von einem Gemeindewachkörper, und nicht etwa nur von einer schlichten Gemeindewache, gesprochen werden kann (vgl dazu grundlegend etwa Keplinger, Zwei grundlegende Fragen zu den Gemeindewachen, ÖGZ 1992/10, 27f, Keplinger, Die Verfassungsrechtlichen Neuerung für Gemeindewachkörper, ÖGZ 1999/9, 25f oder Faber, Die Neuordnung der Gemeindewachkörper durch die B-VG-Novelle 1999, ZfV 1999/9)
Gemeindewachkörper sind nach Art 78d Abs 1 B-VG bewaffnete oder uniformierte oder sonst nach militärischen Muster eingerichtet Formationen, denen Aufgaben polizeilichen Charakters übertragen sind. Mit der B-VG-Nov BGBl I 1999/8 wurde in Art 151 Abs 1 B-VG die rechtliche Existenz vorhandener (Gemeinde)Wachkörper gesichert.
Folgender Satz wurde diesem Artikel angefügt: ?Am 1. Jänner 1992 vorhandene Wachkörper bleiben in ihrem Bestand unberührt; diese Bestimmung tritt mit 1. Jänner 1992 in Kraft.? Diese Bestimmung nimmt ausdrücklich auf ?vorhandene Wachkörper? Bezug. Geht man mit Keplinger (siehe die Zitate oben) davon aus, dass die die absolute Untergrenze, was die Besetzungsstärke anbelangt, bei 4-5 Beamten liegt, wird der Gemeindewachkörper R. zum Stichtag 1. Jänner 1992 (vier Beamte), wenngleich keine entsprechenden Organisationsgrundlagen auffindbar sind (wie etwa ein Gemeinderatsbeschluss über die Gründung des Gemeindewachkörpers), gerade noch als Wachkörper im Sinne des Art 78d Abs 1 B-VG angesehen werden können. Wie wirkt sich nun jedoch die Reduzierung der Mannschaftsstärke auf drei Beamte zum Zeitpunkt des gegenständlichen Vorfalls aus? Dazu ist zunächst festzuhalten, dass Art 151 Abs 1 B-VG alle zum 1. Jänner 1992 ? wenngleich ohne ausreichende gesetzliche Grundlage ? (faktisch) bestehenden Gemeindewachkörper absichert. Ist ein Gemeindewachkörper aber einmal als übergeleitet anzusehen, bewirkt auch eine Reduktion unter jene grundsätzlich geforderte Besetzungsstärke keine ?faktische? Auflösung des Gemeindewachkörpers. Für diese Auslegung spricht auch, dass ansonsten das Bestehen eines Gemeindewachkörpers von, mitunter innerhalb weniger Wochen wechselnder, personalpolitischer Entscheidungen der Gemeinde (Kündigungen, Pensionierungen bzw Einstellungen von Gemeindepolizisten) abhängig wäre. Entscheidend für die Beendigung der Eigenschaft als Wachkörper muss daher in diesen Fällen ein entsprechender Akt der Gemeinde (zB Auflösungsbeschluss des Gemeinderates) sein. Im Ergebnis bestand daher der Gemeindewachkörper Reutte auch zum 19.09.2005 und handelte RI W. als Angehöriger dieses Gemeindewachkörpers.
RI W. war im gegenständlichen Fall im Rahmen der Verkehrspolizei tätig. Die Verkehrspolizei ist nach § 94b Abs 1 lit a StVO die Überwachung der Einhaltung straßenpolizeilicher Vorschriften und die unmittelbare Regelung des Verkehrs durch Arm- oder Lichtzeichen. Die Verkehrspolizei fällt grundsätzlich in die Zuständigkeit der Bezirksverwaltungsbehörde (auf Autobahnen der Landesregierung). Bei der Handhabung der Verkehrspolizei bedient sich die Bezirksverwaltungsbehörde nach § 97 StVO der Organe der Straßenaufsicht. Dazu zählen neben der Bundespolizei auch die Gemeindewachkörper, wenn eine Übertragungsverordnung nach § 94c Abs 1 StVO vorliegt.
Nach § 94c Abs 3 StVO kann einer Gemeinde für den Fall, dass sie über einen Gemeindewachkörper verfügt, die Handhabung der Verkehrspolizei durch diesen übertragen werden kann. Eine derartige Übertragungsverordnung liegt gegenständlich nicht vor. Für den Fall, dass keine Verordnung der Landesregierung nach § 94c Abs 1 StVO vorliegt, könnten nach § 97 Abs 1 2. Satz StVO Mitglieder eines Gemeindewachkörpers mit Zustimmung der Gemeinde von der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde in dem Umfang und unter den Voraussetzungen wie die sonstigen Organe der Straßenaufsicht zur Mitwirkung bei der Vollziehung dieses Bundesgesetzes durch die in lit a bis c angeführten Maßnahmen ermächtigt werden. In diesem Fall unterstehen die Mitglieder des Gemeindewachkörpers in fachlicher Hinsicht der zuständigen Bezirksverwaltungsbehörde. Diese Bestimmung, eingeführt mit der 19. StVONov 1994, BGBl 518, soll also die Einsatzmöglichkeiten der Gemeindewachkörper erweitern. Zumal diesfalls keine Übertragung der Verkehrspolizei auf die Gemeinde per Verordnung durch die Landesregierung erfolgte, wurde folgerichtig eine Konstruktion gewählt, in der die Bezirksverwaltungsbehörde einzelne (!) Mitglieder des Gemeindewachkörpers zur Setzung von Exekutivmaßnahmen ermächtigten kann. Funktionell werden diese Angehörigen der Gemeindewachkörper für all ihre Handlungen für die Bezirksverwaltungsbehörde tätig. Eine derartige Ermächtigung liegt ebenfalls gegenständlich nicht vor.
Die gegenständliche Festnahme kann sohin keinesfalls auf die in § 97 Abs 1 lit b StVO erfolgte Ermächtigung zur Setzung von Maßnahmen, die für die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind, wozu nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol nach Lage des Einzelfalles auch eine Festnahme zählen kann, gestützt werden.
Seitens der belangten Behörde wird nun argumentiert, RI W. hätte über eine Ermächtigung zur Handhabung des VStG verfügt und erfolgte daher die gegenständliche Festnahme funktionell für die Bezirksverwaltungsbehörde.
Dazu ist grundsätzlich auszuführen, dass die Bezirksverwaltungsbehörde nach Art 118a Abs 2 B-VG mit Zustimmung der Gemeinde unter den dort genannten Voraussetzungen Angehörige eines Gemeindewachkörpers ermächtigen kann, an der Handhabung des Verwaltungsstrafgesetzes im selben Umfang mitzuwirken wie die übrigen Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes. Liegt eine derartige Ermächtigung vor, werden die Angehörigen von Gemeindewachkörpern bei der Handhabung des VStG (zB Festnahme nach § 35) funktionell für die Bezirksverwaltungsbehörde tätig. Die belangte Behörde verweist nun auf Ermächtigungsurkunden der Bezirkshauptmannschaft Reutte und argumentiert, damit wäre eine Ermächtigung zur generellen Handhabung des VStG verbunden. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol muss jedoch die grundsätzliche Ermächtigungsmöglichkeit nach Art 118a Abs 2 B-VG von jener der §§ 37a und 50 VStG unterschieden werden. Nach §§ 37a und 50 VStG kann die Behörde jeweils besonders geschulte Organe (des öffentlichen Sicherheitsdienstes bzw der öffentlichen Aufsicht) zur Einhebung einer vorläufigen Sicherheit bzw einer Geldstrafe mit Organstrafverfügung ermächtigen.
Genau um so eine Ermächtigung handelt es sich jedoch bei der vorliegenden Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaft Reutte. Hier wurde eine, eigentlich für die Bundespolizei (und vormals auch Gendarmerie) konzipierte Ermächtigungsurkunde verwendet und dabei offenkundig übersehen, dass die eigentliche Ermächtigung, an der Handhabung des VStG mitzuwirken, fehlt, zumal sich diese Problematik bei den Angehörigen der Bundespolizei als Organe der öffentlichen Sicherheit nicht stellt. Ungeachtet der Anführung in § 5 Abs 2 Z 2 SPG sind nämlich Gemeindewachkörper als Exekutivorgane der Gemeinde keinesfalls als Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes im Sinne des § 35 VStG anzusehen. Dazu zählen grundsätzlich nur die der funktionell zuständigen Verwaltungsstrafbehörde erster Instanz (Bezirksverwaltungsbehörde bzw Bundespolizeidirektion) zugewiesenen Exekutivorgane (in erster Linie die Bundespolizei) zu (vgl dazu eingehend Hauer/Keplinger, Sicherheitspolizeigesetz3, 2005, 89f). Seitens der belangten Behörde wird übersehen, dass diese Ermächtigungsurkunden so konzipiert sind, dass zunächst angeführt ist, für welche Bereiche (üblicherweise die Einhebung von vorläufigen Sicherheiten, die Ausstellung von Organstrafverfügung und die Messung der Atemluft auf Alkoholgehalt nach § 5 Abs 2 StVO) die Ermächtigung ausgestellt wird. Es folgt im Anhang I die Aufzählung der Straftatbestände, die mit Organstrafverfügungen in der jeweilig angeführten Höhe geahndet werden dürfen. Im Anhang II die Materien, in denen vorläufigen Sicherheiten im jeweiligen Höchstausmaß eingehoben werden dürfen. Gegen Ende der Ermächtigungsurkunde sind schließlich noch Auszüge ua aus dem VStG angeführt. Auch die gegenständliche Ermächtigungsurkunde ist nach diesem Muster ausgefertigt. Der in der Ermächtigungsurkunde aufgenommene Auszug aus dem VStG bedeutet daher keinesfalls, dass damit seitens der Bezirkshauptmannschaft Reutte auch eine Ermächtigung zur generellen Handhabung des VStG verbunden sein soll. Somit steht zusammenfassend fest, dass die Ermächtigungen für den Bereich des § 37a und § 50 VStG (und andere Bereiche) die Ermächtigung zur generellen Handhabung des VStG nicht ersetzen können. Eine Festnahme nach § 35 VStG ist daher für RI Wagner schon aus diesem Grunde ausgeschlossen (vgl in diesem Sinne auch Keplinger, Die Handhabung des VStG durch Angehörige der Gemeindewachen, ÖGZ 1994/4, 24). Eine Zuordnung dieser Handlung zur Bezirkshauptmannschaft Reutte scheidet daher aus.
Die belangte Behörde bringt nun weiters vor, RI W. sei zum Organ der Straßenaufsicht bestellt worden. Tatsächlich besteht eine Urkunde vom 03.05.1994, die offenkundig im Delegationswege seitens der Bezirkshauptmannschaft Reutte ausgestellt wurde und die besagt, dass RI W. zum ?Organ der Straßenaufsicht gemäß § 97 Abs 2 StVO? bestellt und vereidigt wird.
Nach § 97 StVO zählen zu den Organen der Straßenaufsicht die Bundespolizei sowie im Falle des § 94c Abs 1 auch der Gemeindewachkörper.
Wie oben näher dargelegt, handelt es sich bei der Gemeindepolizei Reutte um einen Gemeindewachkörper. Das Amt der Tiroler Landesregierung ging im Akt IIb2-V-9517 offenkundig (nach § 97 Abs 2 StVO sind die Organe der Gemeindesicherheitswachen von der ?Vereidigung? ausgenommen) davon aus, dass eine ?Bestellung? zum Organ der Straßenaufsicht nur dann möglich sei, wenn Gemeindesicherheitswacheorgane nicht in Form eines Wachkörpers organisiert sind und stellt an die Marktgemeinde R. mit Schreiben vom 08.03.1994 eine diesbezügliche Anfrage.
Die Markgemeinde Reutte beantwortete diese Anfrage per 22.03.1994 dahingehend, dass die in der Markgemeinde Reutte eingesetzten Straßenaufsichtsorgane ?nicht als Gemeindewachkörper organisiert sind. Diese Organe sind Angestellte einer privaten Überwachungsfirma, welche mit der Überwachung der gebührenpflichtigen Kurzparkzone betraut sind.?
Diese Auskunft ist nun insofern widersprüchlich, als damit offenkundig nicht die im Schreiben der Marktgemeinde R. vom 12.01.1994 angeführten Gemeinde-Beamten gemeint sind, sondern Angehörige eines privaten Sicherheitsdienstes. Dass diese Gemeindebeamten nicht in einem Wachkörper organisiert sind, stünde hingegen im völligen Widerspruch zum Vorbringen der belangten Behörde im anhängigen Verfahren und den getroffenen Feststellungen. Unabhängig davon ?bestellte? die Bezirkshauptmannschaft Reutte RI W. als Angehörigen des Gemeindewachkörpers Reutte zum ?Organ der Straßenaufsicht?.
Aus § 97 Abs 1 StVO (arg ?? insbesondere??) lässt sich zwar ableiten, dass neben den dort ausdrücklich genannten noch andere Organe der Straßenaufsicht denkbar sind. Insbesondere nimmt die StVO auf Angehörige von Gemeindewachkörpern Bezug (siehe dazu bereits oben). Diese sind entweder ?ex lege? Organe der Straßenaufsicht nach § 97 Abs 1 1. Satz (bei Vorliegen einer Übertragungsverordnung nach § 94c Abs 1 StVO) oder die Bezirksverwaltungsbehörde kann sie im Sinne des § 97 Abs 1 2. Satz ermächtigen, an der Vollziehung der Straßenverkehrsordnung mitzuwirken.
Eine ?Bestellung? des RI W. als Angehörigen eines Gemeindewachkörpers zum Straßenaufsichtsorgan im Sinne des § 97 Abs 1 1. Satz StVO stünde daher schon mit dem Gesetzeswortlaut des § 97 Abs 1 StVO in Widerspruch.
Die ?Bestellung? eines Angehörigen einer Gemeindepolizei (aber auch eines sonstigen Privaten) zum Straßenaufsichtsorgan scheitert jedoch auch, zumal es sich beim § 97 Abs 1 StVO um ein reine Funktions- und Befugnisnorm handelt. Pürst/Somereder, Straßenverkehrsordnung11, 2003, 981, verweisen in diesem Zusammenhang zu Recht darauf hin, dass diese Norm keine Grundlage bietet, um andere Personen, so zB Private, durch Beleihung zu Organen der Straßenaufsicht zu bestellen. Hier gilt zu bedenken, dass mit der Bundes-Verfassungsgesetznovelle 1974, BGBl 444, den Ländern (ausgenommen bundesverfassungsrechtlicher Ausnahmen) die Zuständigkeit übertragen wurde, die Organisation ihrer Verwaltung selbständig zu regeln. § 97 StVO ist sohin, soweit darin organisationsrechtliche Regelungen getroffen werden, zufolge Art XI Abs 1 der B-VGNov 1974 iVm § 4 Abs 2 ÜG 1920 als landesgesetzliche Vorschrift anzusehen.
Um eine rechtlich einwandfreie Bestellung (Beleihung) zu bewerkstelligen, müsste der Organisationsgesetzgeber eine gesetzliche Grundlage schaffen, die eine einwandfreie Zuordnung zur Behörde ermöglicht. In diesem Gesetz wären ua die Voraussetzung für die Bestellung und der Bestellungsvorgang samt Vereidigung zu regeln. § 97 Abs 2 StVO, ein typische Regelung, die seit der B-VGNov 1974 als Landesrecht gilt, regelt dagegen ?lediglich?, dass Organe der Straßenaufsicht, mit bestimmten Ausnahmen, zu vereidigen und mit einem Dienstabzeichen auszustatten sind. Diese Gesetzesbestimmung nimmt also auf bereits vorhandene Straßenaufsichtsorgane Bezug. Die Vereidigung und die Ausstattung mit dem Dienstabzeichen ist jedoch nicht der Bestellung gleichzuhalten. Die Bestellung ist jener Akt, mit dem ein Organwalter überhaupt zum Organ der Straßenaufsicht ernannt wird. Die Vereidigung ist ein der Bestellung folgender Akt. Die mit der oben zitierten Urkunde der Bezirkshauptmannschaft Reutte erfolgte ?Bestellung? und Vereidigung des Gemeinde-Bezirksinspektors G. W. als Angehörigen des Gemeindewachkörpers Reutte zum Organ der Straßenaufsicht gemäß § 97 Abs 2 StVO ist daher nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol mangels gesetzlicher Grundlage als wirkungslos anzusehen. Selbst wenn man (nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol rechtsirrig) davon ausginge, diese Norm könnte Grundlage für eine Bestellung und Vereidigung von Straßenaufsichtsorganen nach § 97 Abs 1 StVO sein, wäre die Bestellungs- und Vereidigungsurkunde des RI W. nicht zu verstehen, zumal nach § 97 Abs 2 StVO u.a. Organe einer Gemeindesicherheitswache (selbst) von der Vereidigung nach dieser Gesetzesstelle ausdrücklich ausgenommen sind. Der (historische) Gesetzgeber ging in dieser Bestimmung offenkundig davon aus, dass Organe einer Gemeindesicherheitswache Beamte einer Gemeinde sind und daher bereits auf ihre Dienstpflichten vereidigt sind. Die Auslegung, die ?Bestellung? zum Straßenaufsichtsorgan vom 03.05.1994 könnte als Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaft nach § 97 Abs 1 2. Satz StVO angesehen werden, verbietet sich ebenfalls, zumal sich die Bezirkshauptmannschaft Reutte eindeutig auf § 97 Abs 2 StVO gestützt hat und § 97 Abs 1 2. Satz StVO, eingeführt mit der
19. StVONov 1994, BGBl 518, überdies erst mit 01.10.1994 in Kraft getreten ist.
Die gegenständliche Festnahme kann daher auch aus diesem Grunde keine rechtliche Deckung in der Bestimmung des § 97 Abs 1 lit b StVO finden, wonach, wie oben schon näher dargelegt, Organe der Straßenaufsicht bei der Vollziehung dieses Bundesgesetzes u.a. durch Maßnahmen, die für die Einleitung von Verwaltungsstrafverfahren erforderlich sind (dies wäre nach der Lage des Einzelfalles u.U. auch eine Festnahme), mitzuwirken haben.
Im Ergebnis hat RI W. daher über keine Ermächtigung verfügt, eine Festnahme durchzuführen. Aber selbst für den Fall einer ausreichenden Ermächtigung bzw rechtmäßigen Bestellung zum Organ der Straßenaufsicht des RI W. wäre für die belangte Behörde nichts gewonnen gewesen. § 35 VStG verlangt nämlich die Betretung auf frischer Tat. Davon kann gegenständlich nicht (mehr) die Rede sein, sind doch seit der Amtshandlung in Zusammenhang mit der Verkehrsübertretung und der Festnahme vor dem Objekt Obermarkt 3 jedenfalls fünf Minuten vergangen. RI W. erklärte dazu anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2006 wie folgt:
?Ich nahm von einer Festnahme Abstand, um einerseits kein Aufsehen zu erregen und andererseits glaubte ich, den Mann erkannt zu haben. Ich glaubte, das war ein Herr G.. Ungefähr auf der Höhe der BTV habe ich dann mit meinem Fahrzeug noch einmal angehalten und habe durch das Seitenfenster gesagt ?ich weiß schon wer sie sind? worauf er sagte ?ich weiß auch, wer du bist?. Wenn ich gefragt werde, warum ich dann noch einmal zu einer Anhaltung angesetzt habe, nämlich vor dem Wachzimmer, gebe ich bekannt, dass eben dies der Grund war. Ich glaubte, die Amtshandlung im Bereich des Wachzimmers leichter durchführen zu können. Wenn ich gefragt werde, wie lange seit dem Ereignis bei der Stopp-Tafel bis zur Anhaltung vor dem Wachzimmer vergangen sind, gebe ich bekannt: Längstens fünf Minuten. Herr W. ist mir von der Müllerstraße her entgegen gekommen. Ich sagte dann zu Herrn W., er müsse mir nun sagen, wer er sei, ansonsten müsse ich ihn festnehmen.?.
RI W. konnte nicht plausibel erklären und sind auch keine Gründe hervorgekommen, warum er den Beschwerdeführer nicht unmittelbar nach Begehung der Tat festgenommen hat, fünf Minuten später aber vor dem Objekt Obermarkt 3 sehr wohl die Festnahme durchführte. In der gegenständlichen Fallkonstellation (anders zu beurteilen wäre die Situation etwa, wenn die einleitende Amtshandlung selbst einen längeren Zeitraum in Anspruch genommen hätte) kann daher bei einer Festnahme fünf Minuten nach Tatbegehung von keiner Betretung ?auf frischer Tat? mehr gesprochen werden.
Aber auch was die Festnahme und deren faktische Durchsetzung selbst anbelangt, teilt der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol die Bedenken des Beschwerdeführers. Der Beschwerdeführer ist 78 Jahre alt, ca 170 cm groß und keineswegs auffallend kräftig. Wenngleich die Durchsetzung einer Festnahme, auch in Bezug auf ältere Menschen, selbstredend mitunter auch der Anwendung körperlicher Gewalt bedarf, ist diese unter möglichster Achtung der Menschenwürde und möglichster Schonung der Person durchzuführen. Die Frage der Zulässigkeit von Maßnahmen kann sohin nur von Fall zu Fall beurteilt werden. So wäre gegenständlichen das Festhalten des Beschwerdeführers im Bereich der Brust (am Blouson) durch RI W. (für den Fall der grundsätzlichen Zulässigkeit der Festnahme) durchaus noch als gerechtfertigte Maßnahme anzusehen gewesen. Warum sich aber RI W. (nach seiner Schilderung) auf den 78-jährigen Beschwerdeführer, noch dazu auf einem öffentlichen Platz, nachdem der Beschwerdeführer wie auch immer zu Boden gegangen ist, gelegt hat, um ihn festzuhalten, ist für den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol nicht nachvollziehbar. Hiefür hätte er sich jedenfalls anderer, gelinderer Maßnahmen (wie etwa einen Festhaltehebel) bedienen müssen. Diese Handlung erscheint völlig überschießend, unnotwendig und die Menschenwürde nicht achtend. Die gegenständliche Festnahme wäre daher auch unter diesem Aspekt rechtswidrig gewesen.
Zur Frage, wem nun die Handlung des RI W. zuzurechnen ist, ist auszuführen wie folgt:
RI W. verfügte nach den obigen Ausführungen weder über eine ausreichende Ermächtigung der Bezirkshauptmannschaft Reutte zur Durchführung einer Festnahme noch war er rechtswirksam zu einem Organ der Straßenaufsicht (der Bezirkshauptmannschaft Reutte) bestellt bzw im Sinne des § 97 Abs 1 2. Satz StVO ermächtigt. Seine Handlung kann daher nicht auf die Bezirkshauptmannschaft Reutte zurückgeführt werden. Er ist nach außen jedoch als Angehöriger des Gemeindewachkörpers der Marktgemeinde R. aufgetreten. Er war uniformiert und fuhr mit einem entsprechend gekennzeichneten Dienstkraftfahrzeug. RI W. trat dem Beschwerdeführer unzweifelhaft als Gemeindepolizist gegenüber.
Aus Rechtsschutzinteressen muss in einem derartigen Fall, wenngleich er funktionell eine Tätigkeit ausgeübt hat, die grundsätzlich der Bezirksverwaltungsbehörde zuzurechnen gewesen wäre, aufgrund der vorliegenden Ermächtigungs- und Bestellungsdefizite, eine Zurechnung in organisatorischer Hinsicht, mithin zur Marktgemeinde R., erfolgen.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 79a Abs 1 und 3 AVG, wonach die im Verfahren nach § 67c AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Die Höhe der Beträge richtet sich nach der UVS-Aufwandersatzverordnung, weshalb insgesamt spruchgemäß zu entscheiden war. Die Eingabegebühr stützt sich auf das Gebührengesetz.