Index
10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Kremla und die Hofräte Dr. Nowakowski und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, 1. über den Antrag des O in G, geboren am 13. Dezember 1963, vertreten durch Dr. Wolfgang Vacarescu, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Jakominiplatz 16/II, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof gegen den Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 19. Juli 2001, Zl. 208.584/0-XII/37/99, betreffend § 7 AsylG, und
2. in dieser Beschwerdesache (weitere Partei: Bundesminister für Inneres), den Beschluss gefasst:
Spruch
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird stattgegeben.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des unabhängigen Bundesasylsenates vom 19. Juli 2001 wurde der Asylantrag des Antragstellers gemäß § 7 AsylG abgewiesen. Die Zustellung dieses Bescheides erfolgte den Angaben des Antragstellers zu Folge am 23. Juli 2001.
Mit dem vorliegenden, am 20. September 2001 zur Post gegebenen und mit einer Bescheidbeschwerde verbundenen Antrag begehrt der Antragsteller die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, weil er durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis an der rechtzeitigen Beschwerdeerhebung gehindert worden sei.
Der Antragsteller habe sich am 13. August 2001 bei seinem rechtsfreundlichen Vertreter eingefunden und diesem den am 23. Juli 2001 zugestellten Bescheid der belangten Behörde übergeben. Bei dieser Gelegenheit habe er auch einen Kostenvorschuss von S 3.000,-- geleistet.
Normalerweise sei es in der Kanzlei des Vertreters des Antragstellers üblich, dass ein derartiger Bescheid unverzüglich zur Fristvormerkung gelange. Die Sekretärin des Vertreters des Antragstellers habe jedoch auf Grund des Kostenvorschusses den Akt vor der Zumittlung zur Poststelle der Buchhaltung übergeben. Die Buchhalterin habe den Akt eingelegt, weshalb die Frist zur Beschwerdeerhebung versäumt worden sei. Die Fristversäumung beruhe auf einem ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten der Sekretärin. Dazu komme, dass urlaubsbedingt von zwei ganztägig beschäftigten Sekretärinnen nur eine anwesend gewesen sei. Der Fehler sei "trotz bisheriger objektiver Eignung und Bewährung als Sekretärin unterlaufen".
Diesem Antrag lag folgende "Erklärung an Eides statt" der genannten Sekretärin vom 19. September 2001 bei:
"Ich, A. Z., in der Kanzlei des gefertigten Anwaltes seit 04.11.1996 beschäftigt, erkläre an Eides Statt, dass Herr Joseph A. O. (der Antragsteller), geb. 13.12.1963, in unserer Kanzlei am 13.08.2001 einen Termin hatte. Er konferierte mit Dr. Wolfgang V.
Als die Konferenz beendet war, bezahlte Herr O. einen Kostenvorschuss in der Höhe von S 3.000,--, was ich ihm mit Rechnung bestätigte. Ich habe in weiterer Folge den Akt der Buchhaltung zugemittelt, damit die S 3.000,-- gebucht werden können. Dass sich im Akt ein Bescheid des Unabhängigen Bundesasylsenat befand, habe ich übersehen und tut mit dieses Verhalten leid.
Tatsächlich ist mir so etwas noch nie passiert und kann ich dies nur dadurch entschuldigen, dass am 13.08.2001 die Kanzlei nur halb besetzt war, zumal es sich um die höchste Urlaubszeit handelte. Normalerweise ist die Fristenwahrung derart strukturiert, dass sämtliche vom Anwalt übernommene Bescheide unverzüglich der Post zugemittelt werden, von einer Sekretärin die Frist in Evidenz genommen wird, wobei in weiterer Folge noch am selben Tag die Frist vom Anwalt anhand des Fristenbuches kontrolliert wird. Diesbezüglich gab es noch nie Probleme und kann ich bestätigen, dass in meiner Zeit in der Kanzlei Dr. V. noch nie eine zivilstrafgerichtliche- und verwaltungsrechtliche Frist versäumt wurde.
Dieses einmalige Fehlverhalten ersuche ich zu entschuldigen und erkläre es nochmals damit, dass aufgrund der Tatsache, dass ein Kostenvorschuss einbezahlt wurde, von mir leider der Akt nicht zur Fristeintragung der Post zugemittelt wurde, sondern der Buchhaltung, wobei nach bezughabender Buchung der Akt eingelegt wurde. Erst im Zuge der Vollsprache von Herrn O. am 06. September 2001 konnte eruiert werden, dass die Frist tatsächlich versäumt wurde."
Gemäß § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis - so dadurch, dass sie von einer Zustellung ohne ihr Verschulden keine Kenntnis erlangt hat - eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet. Dass der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Gemäß § 46 Abs. 3 leg. cit. ist der Antrag beim Verwaltungsgerichtshof binnen zwei Wochen nach Aufhören des Hindernisses zu stellen. Nach dem Vorbringen im Wiedereinsetzungsantrag wurde der Vertreter des Antragstellers am 6. September 2001 auf die Versäumung der Frist aufmerksam gemacht, weshalb der am 20. September 2001 zur Post gegebene Antrag rechtzeitig ist.
Nach dem Vorbringen des Wiedereinsetzungswerbers war die Sekretärin seines Vertreters angewiesen, fristauslösende Schriftstücke, die von Mandanten überreicht wurden, unverzüglich zur Fristvormerkung zur Post zu nehmen, sie also wie den Posteinlauf zu behandeln. Dadurch, dass die Mitarbeiterin des Vertreters des Antragstellers den Bescheid ohne fristsichernde Maßnahmen der Buchhaltung übermittelte und sie so die Möglichkeit einer weiteren fristwahrenden Bearbeitung des Aktes praktisch ausschloss, verstieß sie - wie auch aus dem beigelegten Bescheinigungsmittel ihrer "Erklärung an Eides statt" hervor geht -
gegen die genannte Weisung (vgl. zum ausgesprochen weisungswidrigen Verhalten das Erkenntnis vom 22. Jänner 1987, Zl. 86/16/0194). Den Vertreter des Beschwerdeführers trifft unter diesen Umständen kein Verschulden an der Versäumung der Beschwerdefrist, weil weder hervorgekommen ist, dass er eine diesbezügliche Unverlässlichkeit seiner Mitarbeiterin hätte erkennen müssen, noch ersichtlich ist, durch welche Kontrollmaßnahmen, die unterlassen zu haben ihm vorzuwerfen wäre, die Fehlleitung des Aktes unter den konkreten Umständen hätte vermieden werden können.
Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand war daher Folge zu geben.
Wien, am 24. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:2001200580.X00Im RIS seit
05.03.2002