TE UVS Tirol 2006/05/19 2005/13/1895-2

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Veröffentlicht am 19.05.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Martina Strele über die Berufung des Herrn Dipl.-Vw. J. G. M., I., vertreten durch Dr. G. H. W., Rechtsanwalt in I., XY-Straße, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 16.06.2005, Zl SG-272-2005, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit den §§ 24 und 51 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachfolgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Sie haben es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der XY Warenvertriebs GmbH mit Sitz in V., XY-Straße, zu verantworten, dass - wie anlässlich einer vom Arbeitsinspektionsorgan A. S. vom Arbeitsinspektorat I. in I., XY-Straße in der XY Filiale in W., XY am 16.03.2005 durchgeführten Kontrolle der vorliegenden Arbeitsaufzeichnung festgestellt wurde - die jugendliche Arbeitnehmerin Ö. D., geb. XY, am Sonntag, den 09. Jänner 2005 in der Zeit von 14:30 Uhr bis 18:15 Uhr beschäftigt wurde.

 

Dadurch habe er eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen BGBl Nr 599/1987 in der geltenden Fassung in Verbindung mit § 30 Abs 1 leg cit begangen, weshalb über ihn gemäß § 30 Abs 1 des Bundesgesetzes über die Beschäftigung von Kindern und Jugendlichen BGBl Nr 599/1987 in der geltenden Fassung eine Geldstrafe in Höhe von Euro 400,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 4 Tage) sowie ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens verhängt wurde.

 

In seiner fristgerecht dagegen erhobenen Berufung brachte der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter im Wesentlichen vor, dass in der gegenständlichen Verwaltungsstrafsache beide Geschäftsführer der XY Warenvertriebs GmbH, die Herren Mag. A. M. sowie der Berufungswerber bestraft worden seien. Die Bestrafung beider Geschäftsführer werde damit begründet, dass die Bestellung von verantwortlich Beauftragten für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften nur wirksam sei, wenn sie beim zuständigen Arbeitsinspektorat schriftlich angezeigt worden sei. Die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck habe das Rechtsproblem nicht richtig erkannt. Es gehe nicht um die Frage der Bestellung des verantwortlich Beauftragten und dessen Anzeige an das Arbeitsinspektorat sondern es gehe um das Verschulden für die angelasteten Verfehlungen, wenn zwischen zwei Geschäftsführern einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung eine Teilung der Zuständigkeit und damit der Verantwortlichkeit erfolgt sei. Für die Filialen, das Personal und dessen Einteilung sei ausschließlich der Geschäftsführer Mag. A. M., jedoch nicht er zuständig und damit auch nicht verantwortlich. Ausdrücklich sei festgehalten, dass hier der Geschäftsführer in seinem Betrieb allein verantwortlich und weisungsbefugt sei. Der Berufungswerber, welcher zwar die Gesellschaft nach außen vertreten könne, sei im Innenverhältnis mit den Entscheidungen in den Bereich des anderen Geschäftsführers nicht befasst, nicht miteinbezogen, nicht verantwortlich und damit auch nicht schuldig bzw könne er gemäß § 5 VStG bescheinigen, dass ihm kein Verschulden treffe. Diese Rechtsansicht finde sich auch in der Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes vom 10.03.1999, Zl 97/09/0144. Auch in diesem Fall handle es sich um die Anzeige eines Arbeitsinspektorates gegen zwei handelsrechtliche Geschäftsführer einer GmbH. Es bestehe zwar eine Verantwortlichkeit, die aber bei einem Ungehorsamsdelikt widerlegt werden könne. Wegen der Aufgabenteilung sei er in Personalfragen nicht eingebun den und habe daher keine Kenntnis von der beanstandeten Beschäftigung gehabt. Fahrlässiges Verhalten liege sohin nicht vor. Vorsorglich werde auch noch die Höhe der Strafe bekämpft. Der Strafrahmen nach dem Arbeitsruhegesetz gehe von Euro 36,00 bis Euro 2.180,00, beim Kinder- und Jugendbeschäftigungsgesetz von Euro 72,00 bis Euro 1.090,00. Es sei nicht verständlich, warum bei einer erstmaligen Übertretung mit Euro 200,00, also dem Fünfeinhalbfachen der Mindeststrafe, vorgegangen worden sei. Gleiches gelte auch beim Jugendbeschäftigungsgesetz, wenn auch die Mindeststrafe höher angesetzt sei, sei es nicht verständlich, wenn mit Euro 500,00 auf rund 37 Prozent der Höchststrafe erkannt worden sei. Abschließend wurde in diesem Rechtsmittel nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung in welcher Mag. A. M. zum Beweis dafür, dass die schriftlich vorgelegte Arbeitsteilung schon seit vielen Jahren vorliege und der Berufungswerber in die Einstellung von Personal und die Festlegung von Beschäftigungszeiten nicht eingebunden werde und im gegenständlichen Fall darüber auch informiert gewesen sei, einvernommen werden möge, die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

 

Dieser Berufung kam Berechtigung zu.

Dem Firmenbuchauszug zu FN 43603 y (Stichtag 14.09.2005) ist zu entnehmen, dass einerseits Mag. A. M., geb. am XY, und andererseits Dipl.-Vw. J. G. M., geb. am XY (der hier Beschuldigte) handelsrechtliche Geschäftsführer der Firma XY Warenvertriebs GmbH sind.

 

Im erstinstanzlichen Verfahren legte der Beschuldigte in seiner Rechtfertigung vom 24.05.2005 eine als ?Geschäftsordnung der Geschäftsführer der XY Warenvertriebs GmbH (FN 43603 y)? bezeichnete Urkunde vor. In dieser Urkunde heißt es wie folgt:

 

?Die Geschäftsführer der Firma XY Warenvertriebs GmbH, XY-Straße, V., nämlich

Herr Mag. A. M. sowie

Herr Dipl.-Vw. J. G. M.

 

beschließen gemäß Punkt VII, Z 4 des Gesellschaftsvertrages ihre Verantwortung und Zuständigkeit in folgende Aufgabenbereiche aufzuteilen:

 

Mag. A. M., Dipl.-Vw. J. G. M.

Personal, Expansion

Filialen, Ladenbau und ?gestaltung

Vertrieb, Rechtsabteilung

Einkauf, Immobilienverwaltung

Controlling, Finanz- und Rechnungswesen

Werbung und Marketing

 

Jeder Geschäftsführer ist in seinem Bereich allein verantwortlich und weisungsbefugt.

 

Im Übrigen wird auf den Gesellschaftsvertrag der XY Warenvertriebs GmbH verwiesen

Völs, am 25.05.2001?

 

Diese Urkunde ist einerseits von Mag. A. M. und andererseits von Dipl.-Vw. J. G. M. unterfertigt.

 

§ 9 Abs 1 VStG lautet wie folgt:

?Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.?

 

§ 9 Abs 2 VStG hat folgenden Inhalt:

?Die zur Vertretung nach außen Berufenen sind berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.?

 

§ 23 Abs 1 des Arbeitsinspektionsgesetzes normiert in diesem Zusammenhang, dass die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs 2 (und 3-Einzelunternehmen) des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 für die Einhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst rechtswirksam wird, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist.

 

Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes zu Zl 97/11/0044 wird in diesem Zusammenhang ausgesprochen, dass sich ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 letzter Satz VStG und ein verantwortlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs 2 erster Satz VStG (verantwortliches Vertretungsorgan) wesentlich von einander unterscheiden:

 

Ersterer zählt nicht zum Kreis der Vertretungsorgane im Sinne des § 9 Abs 1 VStG; ihn trifft daher keine strafrechtliche Verantwortlichkeit kraft Gesetzes. Seine strafrechtliche Verantwortlichkeit entsteht erst mit seiner rechtswirksamen Bestellung zum verantwortlichen Beauftragten durch ein Vertretungsorgan; sie kann immer nur Teilbereiche des Unternehmens umfassen und sie setzt im Anwendungsbereich des § 23 Arbeitsinspektionsgesetz überdies die vorgängige Mitteilung der Bestellung an das zuständige Arbeitsinspektorat voraus. Ein verantwortliches Vertretungsorgan im Sinne des § 9 Abs 2 erster Satz VStG ist hingegen als Vertretungsorgan ex lege, umfassend und kumulativ neben anderen Vertretungsorganen (also überlappend) strafrechtlich verantwortlich. Seine Bestellung lässt seine strafrechtliche Verantwortlichkeit als Vertretungsorgan im Sinne des § 9 Abs 1 VStG unberührt; sie bewirkt nur (nach Maßgabe ihres Umfanges) den Entfall der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der übrigen Vertretungsorgane (bzw. deren Einschränkung auf den Fall vorsätzlicher Nichtverhinderung im Sinne des § 9 Abs 6 VStG). Dabei hängt nach dieser Entscheidung ihre Wirksamkeit nicht von der Mitteilung an das zuständige Arbeitsinspektorat ab, zumal sich diese Bestimmung lediglich auf die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten im Sinne des § 9 Abs 2, zweiter Satz bezieht.

 

Aufgrund dieser Rechtslage ist festzuhalten, dass mit der vorgelegten ?Geschäftsordnung der Geschäftsführer der XY Warenvertriebs GmbH? mit 25.05.2001 ein Übergang der Verantwortlichkeit des Beschuldigten als handelsrechtlicher Geschäftsführer an Mag. A. M. für den Bereich Personal und Filialen und somit auch die Verantwortlichkeit für die Bestimmungen des Arbeitsruhegesetzes einhergegangen ist. Aufgrund der dargestellten Rechtslage war die Gültigkeit dieser schriftlichen Aufgabenverteilung auch nicht davon abhängig, dass diese im Sinne des § 23 Abs 1 des Arbeitsinspektionsgesetzes dem zuständigen Arbeitsinspektorat übermittelt wird.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
mit, der, vorgelegten, Geschäftsordnung, Übergang, der, Verantwortlichkeit
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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