TE UVS Tirol 2006/06/12 2006/17/1248-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 12.06.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des Herrn G. M., 6060 Hall, vertreten durch RA. Dr. K. H., 6020 Innsbruck, gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft vom 3.4.2006, GZ 703-4-238-2006-FSE, wie folgt.

 

Gem. § 66 Abs 4 AVG iVm § 71 Abs 1 und 4 AVG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gem. § 66 Abs 4 AVG iVm § 69 Abs 1 und 4 AVG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

Text

Mit dem angefochtenen Bescheid wurden die Anträge des Berufungswerbers auf Wiederaufnahme und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 28. März 2006 gegen die Versäumung der Vorstellungsfrist gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 21.02.2006, Zl 703-4-238-2006-FSE, abgewiesen. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der Bescheid dem Berufungswerber innerhalb der gesetzlichen Frist zugestellt wurde. Es seien keine Wiedereinsetzungs- oder Wiederaufnahmegründe vorgebracht worden. Das Vorliegen oder die Gültigkeit einer Ermächtigungsurkunde zur Durchführung eines Alkomattests sei bereits bei Vorliegen der Anzeige zu prüfen gewesen und stelle der vorgebrachte Mangel bei der Amtshandlung keine neuen Tatsachen oder Beweismittel dar.

Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung des Herrn M., worin er im Wesentlichen und zusammengefasst vorbringt, dass auch ein Rechtsirrtum ein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund sei. Insofern müssten auch Umstände, welche dem Berufungswerber bis zur Kontaktaufnahme mit seinem Rechtsanwalt nicht bekannt sein konnten, einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen, dies betreffend der Unkenntnis einer nicht vorliegenden Ermächtigung. Nicht nur der einschreitende Beamte, sondern Dutzende Beamte in Tirol würden seit Jahren Alkoholkontrollen ohne entsprechende Ermächtigung durchführen, wobei dies den staatlichen Behörden bis Anfang dieses Jahres unbekannt gewesen sei. Von einem Durchschnittsmenschen könne man daher nicht erwarten, dass ihm die komplizierten rechtlichen Umstände, aus welchen sich die mangelnde Ermächtigung ergibt, bekannt sind. Es treffe ihn daher an der Unkenntnis dieser Umstände kein Verschulden. Dass die Alkomatmessung ohne Ermächtigung durchgeführt wurde, sei eine neue Tatsache bzw. Beweismittel im Sinne des § 69 Abs 1 Z 1 AVG. Der Berufungswerber stellte den Antrag, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Vorstellungsfrist zu bewilligen, in eventu die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.

 

Die Berufungsbehörde hat hierzu wie folgt erwogen:

Am 10.02.2006 verfasste die Polizeiinspektion Hall in Tirol die Anzeige gegen M. G., worin ihm vorgeworfen wurde, das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen XY in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Bei der durchgeführten Alkoholkontrolle wurde ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,87 mg/l festgestellt. Die Alkoholmessung wurde mit einem geeichten Alkomaten der Marke Dräger 7110 MKIII A, Geräte Nr ARNM-0309 durchgeführt. Beim einschreitenden Beamten handelte es sich um ein Organ des Gemeindewachkörpers der Stadt Hall i. Tirol.

 

In der Folge wurde dem Berufungswerber mit Bescheid vom 21.02.2006, Zl 703-4-238-2006-FSE, gem. §§ 7, 24, 25, 29 sowie 30 Abs 1 FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B für einen Zeitraum von 4 Monaten, gerechnet ab 10.02.2006, entzogen und das Recht, von einer ausländischen Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, aberkannt. Der Bescheid wurde dem Berufungswerber durch Hinterlegung beim Postamt Hall am 24.02.2006 zugestellt und wurde er dort am 28.02.2006 behoben. Innerhalb der Rechtsmittelfrist wurde keine Vorstellung eingebracht, jedoch mit Datum 28.03.2006 ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie auf Wiederaufnahme des Verfahrens.

 

In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:

Zunächst wird festgestellt, dass Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens nur die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 3.04.2006, Zl 703-4-238-2006, über die Abweisungen der Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie auf Wiederaufnahme des Verfahrens im Zusammenhang mit dem Führerscheinentzugsverfahren ist.

 

§ 71 Abs 1 AVG normiert, dass gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen ist, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Verschuldens trifft, oder die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.

 

Als ?Ereignis? im Sinne des § 71 Abs 1 Z 1 AVG kommt jegliches Geschehen, ohne Beschränkung auf Vorgänge in der Außenwelt, in Betracht, sodass auch ein Rechtsirrtum ein maßgebliches Ereignis darstellen kann. Im vorliegenden Fall ist das ?Ereignis?, welches den Beschwerdeführer nach seinem Vorbringen an der Einhaltung der Einspruchsfrist hinderte, in dem Irrtum gelegen, die Alkoholkontrolle sei von einem ermächtigten Organ durchgeführt worden, sodass er in Unkenntnis der relevanten Umstände kein Rechtsmittel erhoben habe.

 

Im gegenständlichen Fall wäre der Berufungswerber durchaus innerhalb der Vorstellungsfrist in der Lage gewesen sich bei seinem Rechtsvertreter zu erkundigen, ob die Amtshandlung nicht ordnungsgemäß erfolgte bzw hätte er bereits zum Zeitpunkt der Alkoholkontrolle das Vorliegen einer Ermächtigung überprüfen können. Der Berufungswerber hat aber nicht vorgebracht, dass er sich in rechtlicher Hinsicht auf irgendeine Art und Weise erkundigt hat. Dass er gehindert gewesen oder ihm nicht zumutbar gewesen wäre, sich die notwendigen Kenntnisse zu verschaffen, ist nicht erkennbar. Hinsichtlich der Frist zur Erhebung des Rechtsmittels befand sich der Berufungswerber auch nicht im Irrtum. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass es aufgrund der Entscheidung des UVS vom 17.01.2006 zu Zl 2006/23/0113-3, worauf der Berufungswerber offenbar sein Vorbringen zu stützen scheint, bereits allgemein bekannt wurde, nämlich durch Verbreitung über die Medien ( sowohl die Tageszeitungen als auch der ORF berichteten ausführlich zu diesem Thema) dass es dem Gemeindewachkörper Hall i. Tirol an einer Ermächtigung der Stadtgemeinde Hall i T. fehlt, sodass sich der Berufungswerber auch deshalb nicht auf eine unverschuldete Unkenntnis stützen kann. In Anbetracht der Bedeutsamkeit der Wahrung von Rechtsmittelfristen trifft den Beschwerdeführer ein Verschulden, das den eines minderen Grades des Versehens übersteigt und war daher der Wiedereinsetzung der Erfolg zu versagen.

 

Gem 69 Abs 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und 1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder 2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder 3. der Bescheid gem. § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hierfür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.

 

Wesentlich ist im vorliegenden Fall, dass der Alkoholisierungsgrad mit einem geeichten Alkomaten durchgeführt und ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,87 mg/l festgestellt wurde. Dass der einschreitende Beamte über keine entsprechende Ermächtigung verfügte, stellt keine neue Tatsache iSd § 69 AVG dar. Neue Tatsachen, also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden, rechtfertigen eine Wiederaufnahme nur, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen (VwGH vom 04.11.2004, Zl 2002/20/0391). Im vorliegenden Fall vermag eine eventuell fehlende Ermächtigung des Gemeindewachkörpers nicht eine Sachverhaltsänderung herbeizuführen. Der Alkoholisierungsgrad von 0,87 mg/l wurde ordnungsgemäß mit einem geeichten Alkomaten festgestellt. Das Wiederaufnahmeverfahren gemäß § 69 Abs 1 Z 2 AVG dient nicht dazu, eine (eventuelle) Mangelhaftigkeit des früheren Verfahrens nachträglich geltend zu machen (VwGH vom 28.04.2005, Zl 2004/11/0112)

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Im, gegenständlichen Fall, wäre, der Berufungswerber, durchaus, innerhalb, der Vorstellungsfrist, in der Lage, gewesen, sich, bei, seinem Rechtsvertreter, zu, erkundigen, ob, die, Amtshandlung, nicht, ordnungsgemäß, erfolgte
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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