TE UVS Steiermark 2006/06/13 30.16-36/2006

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.06.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn R M, vertreten durch R - S - D, Rechtsanwälte in G, F, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Leoben vom 31.03.2006, Zl. S 2483/05, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Die Bundespolizeidirektion Leoben legte dem Beschuldigten nach dem Spruch des zuvor zitierten Straferkenntnisses nachstehenden Sachverhalt zur Last: Sie haben

am - um (von-bis)- in

xxx- xxx Uhr- xxx

als verwaltungsrechtlicher Beauftragter im Sinne des § 9 Abs. 2 VStG der Fa. M AG mit Sitz in D E, A O M 1 in ihrer Eigenschaft als Verpacker eines Gefahrguttransportes nicht dafür gesorgt, dass der Lastkraftwagen mit dem amtlichen Kennzeichen dem Gefahrgutbeförderungsgesetz entsprochen hat, weil bei einer Lenker- und Fahrzeugkontrolle bzw. Gefahrgutkontrolle festgestellt werden konnte, dass die Versandstücke nicht entsprechend gekennzeichnet waren. Die Gefahrzettel entsprachen nicht dem ADR. Das Fahrzeug war mit verschiedenem Sammelgut beladen. Die Stückgutbeförderung umfasste auch ein Versandstück - Kiste aus Pappe, in der Größe von 11x21x32 cm, welches mit UN 1263 FARBE 3, VG III, gefüllt war. Diese Beförderung erfolgte in der so genannten begrenzten Menge (LQ-7). Hiebei ist nur eine Bestimmung des ADR einzuhalten und zwar muss am Versandstück ein Quadrat mit mindestens 10 cm Seitenlänge deutlich sichtbar angebracht sein. In diesem Quadrat (LQ-Gefahrzettel) sind die Buchstaben UN und die UN-Nr. anzubringen. Bei der Gefahrgutkontrolle konnte festgestellt werden, dass bei dem LQ-Gefahrzettel die Seitenlänge nur 5 cm betrug. Wegen Verletzung des Abschnitt 3.4.5 lit. c iVm Abschnitt

3.4.4 lit. c ADR iVm Absatz 1.4.2.1.1 lit. c ADR iVm §§ 7 Abs 3 Z 3, 27 Abs 1 Z 2 GGBG wurde über ihn daher gemäß § 27 Abs 1 Z 2 GGBG eine Geldstrafe in der Höhe von ? 726,00, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 363 Stunden verhängt. Diese Entscheidung wurde im Wesentlichen mit der Anzeige vom 28.05.2005, beruhend auf einer dienstlichen Wahrnehmung eines Straßenaufsichtsorganes begründet. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene, mit dem Antrag auf Durchführung einer Berufungsverhandlung verbundene, Berufung. Als Rechtfertigung wird im Ergebnis vorgebracht, dass ausdrücklich bestritten wird, dass der Beschuldigte als verwaltungsrechtlich Beauftragter der Firma M AG einen Fehler im Zusammenhang mit der Verpackung der Ware vorgenommen habe und liege eine Haftung des Genannten hinsichtlich der behaupteten unrichtigen Kennzeichnung des Transportgutes nicht vor, weshalb beantragt werde, der Berufung Folge zu geben, das bekämpfte Straferkenntnis aufzuheben sowie das gegen Herrn R M eingeleitete Strafverfahren einzustellen. Zumindest möge die Berufungsbehörde die Strafe auf eine Ermahnung bzw. auf ein angemessenes Maß herabsetzen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung hatte unter Hinweis auf § 51e Abs 2 Z 1 VStG zu entfallen. Auf Grundlage des der Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Strafbehörde I. Instanz werden zunächst nachstehende Feststellungen getroffen: Zufolge der Strafanzeige der Bundespolizeidirektion Leoben vom 28.05.2005, Anzeigen Nr. 2013/05, wurde im Zuge einer am 13.05.2005 um 07.50 Uhr durchgeführten Anhaltung des von W R in L, S, Km 85,500, gelenkten LKW mit dem behördlichen Kennzeichen festgestellt, dass mit der genannten Beförderungseinheit ein Gefahrgut (Versandstück) UN 1263 Farbe 3, VG III, Sondervorschrift 640E (Beförderung in begrenzter Menge - LQ - Ausnahme) befördert wurde, welches mit einem LQ-Gefahrzettel, dessen Seitenlänge nur fünf Zentimeter betrug, versehen war. Das angeführte Versandstück befand sich in einer Kiste aus Pappe in der Größe von 11 cm x 21 cm x 32 cm. Diese Feststellungen stützen sich auf die unbedenklichen Angaben in der zitierten Strafanzeige und werden vom Berufungswerber grundsätzlich nicht in Abrede gestellt. Über Ersuchen der erkennenden Behörde vom 08.05.2006 legte der Berufungswerber eine nicht näher datierte Bestellungsurkunde seiner Person zum Gefahrgutbeauftragten für die Lack- und Farbenfabrik P M, A 1 in D L, vor, aus der u. a. hervorgeht, dass er als Gefahrgutbeauftragter keine Weisungsbefugnis gegenüber den Beauftragten und sonstigen verantwortlichen Personen besitzt. In rechtlicher Hinsicht ist dazu auszuführen: Gemäß § 27 Abs 3 Z 7 GGBG in der Fassung BGBl. Nr. 118/2005 (die seitens der belangten Behörde angewendete Strafbestimmung war zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses nicht mehr gültig und durfte gemäß § 1 Abs 2 VStG nicht mehr herangezogen werden) begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Verpacker entgegen § 7 Abs 5 gefährliche Güter verpackt oder Versandstücke mit gefährlichen Gütern zur Beförderung vorbereitet. Gemäß § 7 Abs 5 GGBG hat der Verpacker im Rahmen des Abs 1 insbesondere zu beachten: 1. die Verpackungsvorschriften und die Vorschriften über die Zusammenpackung und 2. wenn er die Versandstücke zur Beförderung vorbereitet, die Vorschriften über die Kennzeichnung und Bestellung von Versandstücken. Im Anlassfall sollte der Berufungswerber nach dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses in seiner Eigenschaft als Verpacker eines näher bezeichneten Gefahrgutes verfolgt, es wurde ihm jedoch ein Sachverhalt zur Last gelegt, der sich auf den Verantwortungsbereich des Beförderers bezieht. Weder aus dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses und dessen Begründung, noch aus der dem Verfahren zugrunde liegenden Strafanzeige können Feststellungen getroffen werden, wann und wo unter gleichzeitiger Angabe des jeweils zutreffenden Tatortes und der zutreffenden Tatzeit er das verfahrensgegenständliche, beanstandete Versandstück zur Beförderung vorbereitet und gekennzeichnet bzw bezettelt hat. Derartige Feststellungen wären nach Ansicht der erkennenden Behörde auch deshalb zu treffen gewesen, da gemäß § 27 Abs 7 GGBG nur in den Fällen des Abs 2 Z 3 und Abs 3 Z 5 GGBG (Verantwortungsbereich des Beförderers) als Tatort der Ort der Betretung gilt, nicht jedoch für die durch den Verpacker zu verantwortende Handlungen. Bezogen auf die obzitierte Tatörtlichkeit und den obzitierten Tatzeitpunkt, die sich mangels entsprechender Angaben im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nur aus den Angaben in der Strafanzeige vom 28.05.2005 erschließen lassen, welche Gegenstand einer tauglichen Verfolgungshandlung (siehe dazu die mit der Meldungslegerin P H am 02.11.2005 aufgenommene Zeugenniederschrift) bildet, trifft eine allfällige verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit ohnedies auch den Beförderer des verfahrensgegenständlichen Versandstücks, der offenkundig gesondert zur Anzeige gebracht und auch verfolgt wurde. Im Ergebnis steht im Anlassfall deshalb fest, dass für die beanstandete, den Bestimmungen der ADR bzw. des GGBG nicht entsprechende Gefahrengutbezeichnung, bezogen auf den nur aus der erwähnten Anzeige zu erschließenden Tatort, nämlich L bzw. die dort ersichtliche Tatzeit die Haftung primär den Beförderer trifft und nicht den Verpacker. Wie bereits zuvor ausgeführt, erfolgte ein entsprechend konkretisierter Vorhalt gegenüber dem Berufungswerber, nämlich das relevante Gefahrengut entgegen der Bestimmung des § 7 Abs 5 GGBG - wann und wo auch immer - zur Beförderung vorbereitet zu haben nicht, vielmehr wurden seitens der belangten Behörde dem Berufungswerber ausschließlich jene Feststellungen in rechtlich relevanter Hinsicht vorgehalten bzw. diese als erwiesen angenommen, die sich bei der Kontrolle eines näher bezeichneten LKWs am 13.05.2005 um 07.50 Uhr in L ergeben haben. Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen. Da der Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Verpacker die ihm im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zufolge obiger Ausführungen und deren rechtlicher Würdigung nicht begangen hat, war ohne auf das sonstige Berufungsvorbringen näher eingehen zu müssen, in Stattgebung der Berufung das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen. Im Übrigen ist aber auch darauf hinzuweisen, dass ein Spruchmangel im Sinne des § 44a Z 1 und 2 VStG vorliegt, da nicht hinreichend deutlich wird, welche Tat die belangte Behörde dem Berufungswerber eigentlich anlastet. So handelt es sich nämlich bei dem im Sinne des § 7 Abs 5 GGBG den Verpacker und den gemäß § 7 Abs 2 leg. cit. den Beförderer eines Gefahrengutes treffenden Verpflichtungen im Falle deren Verletzungen um zwei voneinander verschiedene Delikte mit allenfalls unterschiedlichem Unrechtsgehalt. Die jeweils von den an der Beförderung gefährlicher Güter Beteiligten zu beachtenden, anderen Verhaltensweisen hätten in den Spruch des verurteilenden Erkenntnisses Aufnahme finden müssen (vgl. VwGH 17.06.2004, Zl. 2002/03/0267). Der Ordnung halber wird abschließend noch auf folgenden Umstand hingewiesen: Die belangte Behörde hat den Berufungswerber ausdrücklich in seiner Funktion als verwaltungsrechtlicher Beauftragter (gemeint wohl: verantwortlicher Beauftragter) im Sinne des § 9 Abs 2 VStG für die Firma M AG mit Sitz in D E, A O M 1, verfolgt. Es erübrigt sich angesichts der zuvor getroffenen Feststellungen nähere Prüfungen dahingehend anzustellen, inwieweit die eingangs der Begründung erwähnte Bestellungsurkunde überhaupt den Voraussetzungen des § 9 Abs 4 VStG entspricht und somit eine Verantwortlichkeit des Berufungswerbers für die Firma M AG für Fälle wie den gegenständlichen begründen kann. So wird nämlich in der zitierten Urkunde expressis verbis ausgeführt, dass der Gefahrgutbeauftragte keine Weisungsbefugnis gegenüber den Beauftragten und sonstigen verantwortlichen Personen hat. Mit einer derartigen Formulierung wird der Eindruck der erkennenden Behörde bestätigt, dass der Berufungswerber mit dieser Bestellungsurkunde lediglich zum Gefahrgutbeauftragten bestellt wurde und nicht zum verantwortlichen Beauftragten der genannten Firma (die belangte Behörde verfolgte den Berufungswerber offensichtlich in letztgenannter Funktion). Dieser Umstand erscheint deshalb erwähnenswert, da das GGBG in diversen Vorschriften (siehe zB § 27 Abs 3 Z 11 GGBG) speziell auf die Verhaltensweisen des Gefahrgutbeauftragten Bezug nimmt und dessen Verstöße gegen einschlägige Bestimmungen neben dem Beförderer, Versender, Verpacker etc. ausdrücklich unter Strafsanktion gestellt hat. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass die belangte Behörde, wie bereits erwähnt, in ihrem Straferkenntnis vom 31.03.2006 als Strafbestimmung § 27 Abs 1 Z 2 GGBG anführt. Dabei wurde offenkundig übersehen, dass sich gemäß § 1 Abs 2 VStG die Strafe nach dem zur Zeit der Tat geltenden Recht richtet, es sei denn, dass das zur Zeit der Fällung des Bescheides in erster Instanz geltende Recht für den Täter günstiger wäre. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist als verletzte Vorschrift im Sinne des § 44a Z 2 VStG diejenige anzusehen, welche vor der Rechtsänderung in Kraft war, jedoch ist als Strafsanktionsnorm im Sinne des § 44a Z 3 VStG bei einem zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses der Behörde erster Instanz günstigeren Recht für den Täter dieses Recht heranzuziehen (vgl. VwGH 23.02.2006, Zl. 2003/07/0056, 0057 mit Hinweis auf VwGH 12.09.1986, 86/18/0038 ua.). Zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses galt § 27 GGBG in der durch BGBl. I Nr. 118/2005 novellierten Fassung. Nach dieser Fassung können bzw. müssen je nach Anlassfall jedoch (auch) weitaus niedrigerere Strafen verhängt werden, als nach der Bestimmung des § 27 GGBG in der seitens der belangten Behörde angewendeten Fassung. Die belangte Behörde hat im Anlassfall offensichtlich die für Verstöße gemäß § 27 Abs 1 GGBG in der zur Tatzeit (13.05.2005) geltenden Fassung vorgesehene Mindeststrafe von ? 726,00 verhängt, während in der zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses geltenden - neuen - Fassung für Verstöße gegen § 7 Abs 5 GGBG, je nach - entsprechend zu prüfender - Mängeleinstufung der Versandstücke bzw. Gefahrengüter ein Strafrahmen vorgesehen ist, der von bis zu ? 70,00 (§ 27 Abs 3 lit. c GGBG) bis zu ? 50.000,00 (§ 27 Abs 3 lit. a GGBG) reicht.

Schlagworte
Verpacker Vorbereitung Tatort Tatzeit Beförderung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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