Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Felizitas Schiessendoppler-Luchner über die Berufung des Herrn A. E., XY 13, M., vertreten durch RA Dr. K. H., XY-Straße 27/II, I., gegen die Bescheide der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 27.4.2006, GZ 703-4-1123-2005-FSE, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) in Verbindung mit § 71 Abs 1 und 4 AVG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 69 Abs 1 und 4 AVG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Mit den angefochtenen Bescheiden wurden die Anträge des Berufungswerbers auf Wiederaufnahme und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 24.04.2006 gegen die Versäumung der Vorstellungsfrist gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 5.10.2005, Zl 703-4-1123-2005-FSE abgewiesen.
Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der Bescheid dem Berufungswerber innerhalb der gesetzlichen Frist zugestellt wurde. Es ergeben sich weder aus dem Akt noch aus dem Vorbringen Hinweise, dass die Partei gehindert gewesen sei, eine Frist einzuhalten. Auch seien keine neuen Tatsachen hervorgekommen, die eine Wiederaufnahme rechtfertigen würden, vielmehr sei eine Überprüfung der Ermächtigungsurkunde jederzeit möglich gewesen, zumal der Name des Polizeibeamten sowie die Nummer der ausgestellten Ermächtigungsurkunde in der Anzeige angeführt seien.
Dagegen richtet sich die fristgerecht eingebrachte Berufung des Herrn E., worin er im Wesentlichen und zusammengefasst vorbringt, dass auch ein Rechtsirrtum ein tauglicher Wiedereinsetzungsgrund sei. Insofern müssten auch Umstände, welche dem Berufungswerber bis zur Kontaktaufnahme mit seinem Rechtsanwalt nicht bekannt sein konnten, einen Wiedereinsetzungsgrund darstellen, dies betreffend der Unkenntnis einer nicht vorliegenden Ermächtigung. Nicht nur der einschreitende Beamte, sondern Dutzende Beamte in Tirol würden seit Jahren Alkoholkontrollen ohne entsprechende Ermächtigung durchführen, wobei dies den staatlichen Behörden bis Anfang dieses Jahres unbekannt gewesen sei. Von einem Durchschnittsmenschen könne man daher nicht erwarten, dass ihm die komplizierten rechtlichen Umstände, aus welchen sich die mangelnde Ermächtigung ergibt, bekannt sind. Es treffe ihn daher an der Unkenntnis dieser Umstände kein Verschulden. Dass die Alkomatmessung ohne Ermächtigung durchgeführt wurde, sei eine neue Tatsache bzw Beweismittel im Sinne des § 69 Abs 1 Z 1 AVG. Der Berufungswerber stellte den Antrag, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Vorstellungsfrist zu bewilligen, in eventu die Sache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an die erste Instanz zurückzuverweisen.
Die Berufungsbehörde hat hierzu wie folgt erwogen:
Am 27.09.2005 verfasste die Polizeiinspektion Hall in Tirol die Anzeige gegen A. E., worin ihm vorgeworfen wurde, am 25.09.2005 das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen XY einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben. Bei der durchgeführten Alkoholkontrolle wurde ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,68 mg/l festgestellt. Die Alkoholmessung wurde mit einem geeichten Alkomaten der Marke Siemens Alcomat M 53052/A 15, Geräte Nr W435 durchgeführt. Beim einschreitenden Beamten handelte es sich um ein Organ des Gemeindewachkörpers der Stadt Hall i. Tirol.
In der Folge wurde dem Berufungswerber mit Bescheid vom 5.10.2005, Zl 703-4-1123-2005-FSE gemäß §§ 7, 24, 25, 1 FSG die Lenkberechtigung für die Klasse B für einen Zeitraum von 18 Monaten, gerechnet ab 25.09.2005, entzogen und das Recht, von einer ausländischen Lenkberechtigung Gebrauch zu machen, aberkannt. Weiters wurden begleitende Maßnahmen angeordnet. Der Bescheid wurde durch Hinterlegung am 11.10.2005 zugestellt.
Mit Datum 20.10.2005 erhob der noch unvertretene Berufungswerber eine als Berufung bezeichnete Vorstellung gegen den vorgenannten Bescheid an die Bezirkshauptmannschaft, worin er die Herabsetzung der Dauer des Führerscheinentzuges begehrte und dies auch mit beruflichen Pflichten begründete. Mit Vorstellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft vom 7.11.2005 wurde die Dauer des Entzuges der Lenkberechtigung auf 13 Monate herabgesetzt.
Der Bescheid wurde dem Berufungswerber durch Hinterlegung beim Postamt Mils am 10.11.2005 zugestellt. In der Folge wurden mit Datum 24.04.2006 gegen die Versäumung der Frist zur Einbringung der Vorstellung ein Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie auf Wiederaufnahme des Verfahrens gestellt.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Zunächst wird festgestellt, dass Gegenstand des vorliegenden Berufungsverfahrens nur die Entscheidung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 27.04.2006, Zl 703-4-1123-2005, über die Abweisungen der Anträge auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sowie auf Wiederaufnahme des Verfahrens im Zusammenhang mit dem Führerscheinentzugsverfahren ist.
§ 71 Abs 1 AVG normiert, dass gegen die Versäumung einer Frist oder einer mündlichen Verhandlung auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen ist, wenn die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten oder zur Verhandlung zu erscheinen und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Verschuldens trifft, oder die Partei die Rechtsmittelfrist versäumt, weil der Bescheid keine Rechtsmittelbelehrung, keine Rechtsmittelfrist oder fälschlich die Angabe enthält, dass kein Rechtsmittel zulässig sei.
Die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand setzt zunächst voraus, dass eine Frist versäumt wurde. Wie bereits festgestellt, hat der Berufungswerber am 20.10.2005 fristwahrend Vorstellung erhoben, welche auch teilweise erfolgreich war, sodass eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unzulässig ist. Warum sich die Berufung letztlich auf den Bescheid vom 5.10.2005 bezieht, obwohl eine weitere Entscheidung vom 7.11.2005 (Vorstellungsbescheid) vorliegt, ist ebenso wenig nachvollziehbar wie das Vorbringen, der Berufungswerber habe sich in einem wie auch immer gearteten Rechtsirrtum befunden. Eine Fristversäumung liegt jedenfalls nicht vor, sodass sich weitergehende Ausführungen zu möglichen Wiedereinsetzungsgründen erübrigen.
Gemäß § 69 Abs 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und 1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonst wie erschlichen worden ist oder 2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder 3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hierfür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.
Wesentlich ist im vorliegenden Fall, dass der Alkoholisierungsgrad mit einem geeichten Alkomaten durchgeführt und ein Alkoholgehalt der Atemluft von 0,68 mg/l festgestellt wurde. Dass der einschreitende Beamte über keine entsprechende Ermächtigung verfügte, stellt keine neue Tatsache im Sinne des § 69 AVG dar. Neue Tatsachen, also solche, die bereits zur Zeit des früheren Verfahrens bestanden haben, aber erst später bekannt wurden, rechtfertigen eine Wiederaufnahme nur, wenn sie die Richtigkeit des angenommenen Sachverhaltes in einem wesentlichen Punkt als zweifelhaft erscheinen lassen (VwGH vom 04.11.2004, Zl 2002/20/0391). Im vorliegenden Fall vermag eine eventuell fehlende Ermächtigung des Gemeindewachkörpers nicht eine Sachverhaltsänderung herbeizuführen. Der Alkoholisierungsgrad von 0,86 mg/l wurde ordnungsgemäß mit einem geeichten Alkomaten festgestellt. Das Wiederaufnahmeverfahren gemäß § 69 Abs 1 Z 2 AVG dient nicht dazu, eine (eventuelle) Mangelhaftigkeit des früheren Verfahrens nachträglich geltend zu machen (VwGH vom 28.04.2005, Zl 2004/11/0112)
Die Aufnahme von neuen Beweisen war nicht nötig und Beweisanträge auch gar nicht gestellt. Aufgrund klarer Rechts- und Sachlage konnte ohne die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entschieden werden.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.