Index
40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
GewO 1994 §366 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Gruber und Dr. Blaschek als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Brandtner, über die Beschwerde des J in S, vertreten durch Dr. Stefan Hämmerle und Mag. Johannes Häusle, Rechtsanwälte in 6850 Dornbirn, Riedgasse 20/3, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Vorarlberg vom 20. November 1998, Zl. 1-0254/98/K3, betreffend Übertretung der GewO 1994, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen, vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 20. November 1998 wurde der Beschwerdeführer der Begehung einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 zweiter Fall in Verbindung mit § 370 Abs. 3 GewO 1994 in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 63/1997 dahingehend schuldig erkannt, er habe in seiner Funktion als handelsrechtlicher Geschäftsführer der M Gaststätten Betriebsgesellschaft m.b.H. wissentlich geduldet, dass die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 27. August 1996 genehmigte Betriebsanlage am Standort Lustenau, Dornbirner Straße 36 vom 19. Dezember 1996 bis 31. Dezember 1996 betrieben wurde; dabei sei diese Betriebsanlage ohne Genehmigung durch den Umbau des Billardlokales im 2. OG in eine Diskothek (C) geändert worden; durch die erwähnte Änderung der Betriebsanlage habe eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, nicht ausgeschlossen werden können.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurden über den Beschwerdeführer nach § 366 Abs. 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von S 30.000,-- (Ersatzfreiheitsstrafe 168 Stunden) sowie Beiträge zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens von S 3.000,-- und des Berufungsverfahrens von S 6.000,-
- verhängt.
Zur Begründung führte die belangte Behörde - insoweit diese für die Erledigung der Beschwerde von Belang ist - aus, der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft (M Gaststätten Betriebsgesellschaft m.b.H.) sei mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Dornbirn vom 29. August 1996 die gewerbebehördliche Genehmigung für die näher bezeichneten bestehenden Gastgewerbebetriebe unter verschiedenen Auflagen erteilt worden; das Billardlokal weise dabei 80 Verabreichungsplätze (davon ca. 60 Stehplätze) auf. Im Herbst 1996 sei die Betriebsanlage geändert worden, indem das Billardlokal im 2. OG in eine Diskothek mit einer Nettogrundfläche von 270 m2 umgebaut worden sei; in das zweite OG sei unter anderem eine Spindeltreppe errichtet worden. Der brandschutztechnische Sachverständige sei zu dem Schluss gekommen, dass ein Aufenthalt von 500 Personen (in der Diskothek) realistisch sei. Durch diese Änderung der Betriebsanlage könne infolge der größeren Anzahl von Personen und der Fluchtwegesituation eine Gefährdung des Lebens und der Gesundheit der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, nicht ausgeschlossen werden. Die (geänderte) Betriebsanlage sei im Zeitraum 19. Dezember 1996 bis 31. Dezember 1996 von der vom Beschwerdeführer vertretenen Gesellschaft betrieben worden. Der Beschwerdeführer sei der handelsrechtliche Geschäftsführer und habe den Umbau und Betrieb der Betriebsanlage durch die M Gaststätten Betriebsgesellschaft m.b.H. wissentlich geduldet; dem Beschwerdeführer sei bekannt gewesen, dass das Billardlokal in eine Diskothek geändert (umgebaut), ab 19. Dezember 1996 betrieben worden sei und diese Änderung einer Betriebsanlagengenehmigung bedurft hätte. Zur Strafbemessung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, das öffentliche Interesse des Schutzes des Lebens oder der Gesundheit der Kunden sei nicht unerheblich gefährdet worden, weil die Ausgangstüren nicht ausgehend in die Fluchtrichtung ausgeführt worden seien und die Ausgangsbreiten statt 5 m lediglich 3,1 m aufgewiesen hätten. Milderungs- bzw. Erschwerungsgründe seien nicht vorgelegen. Unter Würdigung des festgestellten Sachverhaltes und unter Berücksichtigung der vom Beschwerdeführer angegebenen persönlichen Verhältnisse sei die festgesetzte Strafe schuld-, tat-, vermögens- und einkommensangemessen.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde mit Beschluss vom 22. Februar 1999, B 92/99-3, ab und trat sie entsprechend dem Eventualantrag des Beschwerdeführers gemäß Art. 144 Abs. 3 B-VG dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung ab.
Im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof erachtet sich der Beschwerdeführer - entsprechend seiner mit Schriftsatz vom 28. April 1999 erfolgten Beschwerdeergänzung - durch den angefochtenen Bescheid in dem Recht verletzt, nicht der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung schuldig erkannt und allenfalls dafür nur mit einer herabgesetzten Strafe bestraft zu werden. Er beantragt, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes kostenpflichtig aufzuheben und in eventu die Strafe herabzusetzen.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsstrafverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Gemäß § 366 Abs. 1 Z. 3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu S 50.000,-- zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
Gemäß § 370 Abs. 3 GewO 1994 in der im Beschwerdefall anzuwendenden Fassung vor der Gewerberechtsnovelle 1997 (BGBl. I Nr. 63/1997) ist der Gewerbetreibende neben dem Geschäftsführer strafbar, wenn er die Verwaltungsübertretung wissentlich duldet oder wenn er bei der Auswahl des Geschäftsführers es an der erforderlichen Sorgfalt hat fehlen lassen.
Gemäß § 9 Abs. 1 VStG ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechtes oder eingetragene Erwerbsgesellschaften strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
Der Beschwerdeführer beruft sich darauf, er sei als handelsrechtlicher Geschäftsführer nicht verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich. Vielmehr hafte lediglich die bestellte gewerberechtliche Geschäftsführerin (H). Er hafte auch bei wissentlicher Duldung nicht für die vorgeworfene Verwaltungsübertretung, weil eine gewerberechtliche Geschäftsführerin bestellt sei. Gewerbeinhaber sei nämlich die M Gaststätten Betriebsgesellschaft m.b.H.
Bei diesem Vorbringen lässt der Beschwerdeführer unberücksichtigt, dass nach dem eindeutigen Wortlaut des hier anzuwendenden § 370 Abs. 3 GewO 1994 im Fall der wissentlichen Duldung der Verwaltungsübertretung neben dem gewerberechtlichen Geschäftsführer (und dessen verwaltungsstrafrechtlicher Haftung nach dem Absatz 2 des § 370 leg. cit.) auch der Gewerbetreibende strafbar ist. Die auf der verwaltungsstrafrechtlichen Haftung nach § 370 Abs. 2 GewO 1994 aufbauende Argumentation des Beschwerdeführers vermag seiner Beschwerde daher nicht zum Erfolg zu verhelfen. Wie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeergänzung zutreffend selbst darlegt ist die M Gaststätten Betriebsgesellschaft m.b.H. der Gewerbetreibende im Sinne des § 370 Abs. 3 GewO 1994, der im Falle der wissentlichen Duldung der Verwaltungsübertretung strafbar ist. Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers haftet im Falle des § 370 Abs. 3 GewO 1994 für die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift durch eine juristische Person (hier: die M Gaststätten Betriebsgesellschaft m.b.H.) nicht der bestellte gewerberechtliche Geschäftsführer, sondern im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG der zur Vertretung nach außen Berufene der juristischen Person, dem die wissentliche Duldung der Verwaltungsübertretung zuzurechnen ist. Dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und damit zur Vertretung nach außen Berufener des Gewerbetreibenden die angelastete Verwaltungsübertretung wissentlich duldete, wird vom Beschwerdeführer in tatsächlicher Hinsicht nicht in Zweifel gezogen.
Es war daher nicht rechtswidrig, wenn die belangte Behörde im vorliegenden Fall die verwaltungsstrafrechtliche Verantwortlichkeit des Beschwerdeführers als gegeben angesehen hat.
Insoweit der Beschwerdeführer meint, die vorgenommene Änderung der Betriebsanlage sei nicht bewilligungspflichtig bzw. es sei die Änderung nach der tatsächlichen Gefährdung der Kunden zu beurteilen, verkennt er die Rechtslage. Dass die zusätzlich zu dem bestehenden und genehmigten Billardlokal im Obergeschoss von der M Gaststätten Betriebgesellschaft m.b.H. errichtete Diskothek eine genehmigungspflichtige Änderung der Betriebsanlage darstellte, kann in tatsächlicher Hinsicht nicht zweifelhaft sein, weil durch diese Maßnahme neue oder größere Gefährdungen, Belästigungen oder Beeinträchtigungen im Sinne des § 74 Abs. 2 GewO 1994 nicht ausgeschlossen werden können. Diese vorgenommene Änderung der Betriebsanlage war daher offenkundig geeignet, die in § 74 Abs. 2 leg. cit. genannten Interessen zu beeinträchtigen. Ob Kunden während des Betriebs der Diskothek tatsächlich gefährdet wurden bzw. wieviele Personen im Tatzeitraum die geänderte Betriebsanlage konkret besucht haben, ist für die Erfüllung des Tatbestandes der angelasteten Verwaltungsübertretung nicht erheblich (vgl. hiezu auch die bei Grabler-Stolzlechner-Wendl, Kommentar zur GewO, Seite 1009, E 29 wiedergegebene hg. Judikatur).
Auch hinsichtlich der Strafbemessung vermag der Beschwerdeführer keine rechtswidrige Beurteilung darzutun, hat die belangte Behörde doch unter Berücksichtigung der von ihm selbst angegebenen persönlichen Verhältnissen nachvollziehbar begründet, aus welchen Erwägungen vorliegend das öffentliche Interesse des Schutzes des Lebens und der Gesundheit der Kunden nicht nur unerheblich gefährdet wurde. Der in der Beschwerdeergänzung vertretenen Ansicht, es liege "lediglich eine Formalübertretung" vor und "die Folgen einer Übertretung sind vollkommen unbedeutend", vermag der Verwaltungsgerichtshof nicht zu folgen. Hinsichtlich des ins Treffen geführten Schuldenstandes bleibt (sowohl nach den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde als auch in seinem Beschwerdevorbringen) unbeantwortet, in welchem konkreten Ausmaß der Beschwerdeführer für diese Verbindlichkeiten persönlich zu haften hat.
Auch vor dem Hintergrund des Beschwerdevorbringens ist somit nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde von dem ihr im Rahmen der Strafbemessung eingeräumten Ermessen nicht im Sinne des Gesetzes Gebraucht gemacht habe.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung des Bundeskanzlers BGBl. Nr. 416/1994.
Wien, am 24. Oktober 2001
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2001:1999040036.X00Im RIS seit
14.01.2002