TE UVS Burgenland 2006/06/20 019/12/06032

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Veröffentlicht am 20.06.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Dr. Giefing über die Berufungen des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in *** (zu I.) und der Frau ***, geboren am ***, (zu II.), vertreten durch die Herren Rechtsanwälte *** und *** in *** vom 19.5.2006, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Oberwart vom jeweils 4.5.2006, Zlen. 300-4260-2005 (zu I.) und 300-4262-2005 (zu II.), wegen Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz - AuslBG zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG wird den Berufungen Folge gegeben, die angefochtenen Straferkenntnisse behoben und die Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnissen der BH Oberwart vom 4.5.2006, Zlen. 300-4260-2005 (zu I.) und 300-4262-2005 (zu II.) wurden die beiden Berufungswerber schuldig erkannt, am 8.8.2005 die Arbeitsleistungen der fünf ungarischen Staatsangehörigen ***, ***, ***, *** und *** in Anspruch genommen zu haben. Diese ungarischen Staatsangehörigen seien von ihrem Arbeitgeber, die Firma "***" mit Sitz in H-***, die keinen Betriebssitz in Österreich hat, auf der Baustelle in *** mit der Errichtung einer Balustrade beschäftigt worden, obwohl für diese Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung erteilt hätte werde müssen, tatsächlich jedoch nicht erteilt worden war. Wegen Verletzung des § 28 Abs. 1 Z 1 lit. b AuslBG iVm.

§ 18 Abs. 1 AuslBG wurde über die Berufungswerber gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 dritter Strafsatz AuslBG eine Geldstrafe von jeweils 2000 Euro pro Ausländer (dh. insgesamt für jeden der Berufungswerber 10000 Euro) bzw. im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von jeweils 8 Tagen pro beschäftigten Ausländer verhängt. Darüber hinaus wurden den Berufungswerbern jeweils die Zahlung der Kosten des Verfahrens vor der ersten Instanz auferlegt.

 

In den dagegen rechtzeitig erhobenen Berufungen bringt der Beschuldigte *** im Wesentlichen vor, dass er mit der ungarischen Firma "***" einen Kaufvertrag über den Kauf einer Balustrade abgeschlossen habe. Er habe bei einer Fahrt nach Ungarn unmittelbar nach der Grenze auf einer Ausstellungsfläche eine Balustrade in fertigem Zustand gesehen. Nach Kontaktaufnahme mit der Vertreterin der ungarischen Firma an Ort und Stelle, Frau ***, habe Frau *** den Berufungswerber in Oberwart aufgesucht. Dabei wurde besprochen, dass eine in Ungarn vorgefertigte Balustrade angeliefert werde. Der Berufungswerber habe bei diesem Anlass eine Auftragserteilung unterfertigt. Er könne sich nicht vorstellen, dass die Anlieferung und Aufstellung einer bereits in Ungarn vorgefertigten Balustrade gegen das AuslBG verstoße. Die Beschuldigte *** macht in ihrer Berufung im Wesentlichen geltend, dass sie grundbücherliche Eigentümerin des Grundstückes in *** sei, und sie ihrem Vater, *** zusammen mit ihrer Mutter ein Wohnrecht an diesem Haus eingeräumt habe. Sie habe keine Kenntnis von der Auftragserteilung ihres Vaters an die im Spruch des erstinstanzlichen Bescheides genannte Firma und der nachfolgenden Aufstellung der Balustrade gehabt. Sie habe vielmehr durch den Kauf der Balustrade von ihrem Vater überrascht werden sollen. Vor diesem Hintergrund sei selbst eine fährlässige Übertretung des AuslBG für sie auszuschließen.

 

Das Zollamt Eisenstadt als mitbeteiligte Partei gab innerhalb der ihr eingeräumten Frist keine Stellungnahme ab.

 

Die Berufungswerber sind im Ergebnis im Recht.

 

Der UVS Burgenland geht von folgendem Sachverhalt aus:

 

*** ist Eigentümerin des Grundstückes in ***. Ihr Vater *** hat ein Wohnrecht auf dem auf diesem Grundstück befindlichen Haus.

 

Im Sommer des Jahres 2005 besichtigten das Ehepaar *** in Ungarn eine Ausstellungsfläche der Firma *** und bekundeten dabei ihr Interesse am Erwerb einer Balustrade.

 

*** vereinbarte am 2.8.2005 mit ***, Inhaberin der ungarischen Firma "***" mit Sitz in H-***, welche keinen Betriebssitz in Österreich hat, den Kauf, die Lieferung und die Aufstellung einer bereits in Ungarn vorgefertigten Balustrade aus Beton gegen einen Kaufpreis (inkl. Lieferung und Aufstellung) von 2368,- Euro. Zu dieser Vereinbarung kam es, als *** *** in *** aufsuchte, um für die Größe der Balustrade das genaue Maß vor Ort auszumessen. Als Liefertermin wurde der 8.8.2005 vereinbart. Es handelte sich um eine 12 Laufmeter lange Balustrade aus Beton.

 

Die Anlieferung der Balustrade erfolgte mittels zweier Lieferwagen der ungarischen Firma.

 

Für das Abladen und Aufstellen der sehr schweren vorgefertigten Teile der Balustrade waren fünf Arbeiter erforderlich.

 

Am 8.8.2005 wurden die fünf ungarischen Arbeiter ***, ***, ***, *** und ***, deren Arbeitgeber die Firma "***" ist, auf dem Grundstück in *** mit der Aufstellung einer bereits von der ungarischen Firma in Ungarn vorgefertigten Balustrade angetroffen.

Ob die Berufungswerberin *** tatsächlich vom Kauf und der Aufstellung der Balustrade gewusst hat (wie die belangte Behörde angenommen hat), kann dahingestellt bleiben, da es für die rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes ohne Belang ist.

 

Diese Feststellungen ergeben sich aus der Einvernahme der *** durch Organe des Zollamtes Eisenstadt vom 9.8.2005, aus der aus dem Ungarischen übersetzten schriftlichen "Bestellung" über den Kauf, Lieferung und Montage der Balustrade vom 2.8.2005, aus den von den ungarischen Staatsangehörigen ***, ***, ***, *** und *** ausgefüllten Personenblättern des Zollamtes Eisenstadt, aus der Vernehmung des Beschuldigten *** durch die BH Oberwart vom 7.11.2005, aus der Einvernahme der Zeugin *** durch die BH Oberwart vom 6.3.2006 und aus den Berufungsvorbringen der Beschuldigten.

 

Die §§ 18 Abs. 1, 4, 11-16, 28 Abs. 1 Z 1 und 32a Abs. 1 und 6 AuslBG lauten in der hier jeweils maßgeblichen Fassung:

 

§ 18 lautet in der Fassung BGBl I Nr. 136/2004 (samt Überschrift):

 

"Betriebsentsandte Ausländer

 

Voraussetzungen für die Beschäftigung; Entsendebewilligung

 

§ 18. (1) Ausländer, die von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt werden, bedürfen, soweit im folgenden nicht anderes bestimmt ist, einer Beschäftigungsbewilligung. Dauern diese Arbeiten nicht länger als sechs Monate, bedürfen Ausländer einer Entsendebewilligung, welche längstens für die Dauer von vier Monaten erteilt werden darf.

(2) ...

(3) ...

(4) Dauert die im Abs. 1 genannte Beschäftigung länger als vier Monate, so ist eine Beschäftigungsbewilligung erforderlich. Der Antrag auf Erteilung der Beschäftigungsbewilligung ist jedenfalls noch vor Ablauf des vierten Monates nach Aufnahme der Arbeitsleistung vom Inhaber des Betriebes, in dem der Ausländer beschäftigt wird, bei der zuständigen regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice einzubringen. Im Falle der Ablehnung der Beschäftigungsbewilligung ist die Beschäftigung spätestens zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung zu beenden.

(5) ...

(6) ...

(7) ...

(8) ...

(9) ....

(10) ...

(11) Für Arbeiten, die im Bundesgebiet üblicherweise von Betrieben der Wirtschaftsklassen Hoch- und Tiefbau, Bauinstallation, sonstiges Baugewerbe und Vermietung von Baumaschinen und Baugeräten mit Bedienungspersonal gemäß der Systematik der ÖNACE erbracht werden, kann eine Entsendebewilligung nicht erteilt werden.

(12) Die Beschäftigung von Ausländern, die nicht von § 1 Abs. 2 lit. l erfaßt sind und die von einem ausländischen Arbeitgeber mit Betriebssitz im Staatsgebiet eines Mitgliedstaates der Europäischen Union zur Erbringung einer vorübergehenden Dienstleistung in das Bundesgebiet entsandt werden, ist der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice vor der Arbeitsaufnahme anzuzeigen. Die zuständige regionale Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen sechs Wochen eine Anzeigebestätigung (EU-Entsendebestätigung) auszustellen. Für die Ausstellung der EU-Entsendebestätigung gelten, sofern in den folgenden Absätzen nicht anderes bestimmt ist, die Bestimmungen über die Entsendebewilligung. Sind die Voraussetzungen für die Ausstellung der EU-Entsendebestätigung nicht gegeben, gelten die übrigen Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

(13) Die EU-Entsendebestätigung ist auszustellen, wenn

1. der Ausländer im Staat des Betriebssitzes ordnungsgemäß und dauerhaft seit mindestens einem Jahr in einem direkten Arbeitsverhältnis zum entsendenden Arbeitgeber steht oder mit diesem einen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen hat und über die entsprechenden Bewilligungen des Entsendestaates für die Beschäftigung von Drittstaatsangehörigen verfügt und

2. die österreichischen Lohn- und Arbeitsbedingungen, insbesondere gemäß § 7b Abs. 1 und 2 des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes (AVRAG), BGBl. Nr. 459/1993, sowie die sozialversicherungsrechtlichen Bestimmungen eingehalten werden.

(14) Die EU-Entsendebestätigung gemäß Abs. 12 ist für die Dauer von sechs Monaten auszustellen; sie kann jeweils um weitere sechs Monate, längstens jedoch für die Dauer der vom Arbeitgeber gemäß Abs. 12 zu erbringenden Dienstleistung, verlängert werden.

(15) Bei der Ausstellung der EU-Entsendebestätigung entfällt die Prüfung der Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes (§ 4 Abs. 1, 2 und 6). Die Abs. 10 und 11 sind nicht anzuwenden.

(16) Die Anzeige gemäß Abs. 12 ist vom Ausländer oder von dessen Arbeitgeber oder vom inländischen Auftraggeber des Arbeitgebers bei der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice, in deren Sprengel die Arbeitsleistungen bzw. die Beschäftigung erbracht werden, schriftlich einzubringen."

 

§ 28 Abs. 1 AuslBG idF BGBl I 28/2004 lautet (samt Überschrift):

 

"Strafbestimmungen

 

§ 28. (1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde zu bestrafen

1. wer,

a)

...

b)

entgegen dem § 18 die Arbeitsleistungen eines Ausländers, der von einem ausländischen Arbeitgeber ohne einen im Bundesgebiet vorhandenen Betriebssitz im Inland beschäftigt wird, in Anspruch nimmt, ohne dass für den Ausländer eine Beschäftigungsbewilligung oder Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung erteilt wurde, oder

 c) ...,

bei unberechtigter Beschäftigung von höchstens drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 1 000 Euro bis zu 5 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 2 000 Euro bis zu 10 000 Euro, bei unberechtigter Beschäftigung von mehr als drei Ausländern für jeden unberechtigt beschäftigten Ausländer mit Geldstrafe von 2 000 Euro bis zu 10 000 Euro, im Falle der erstmaligen und weiteren Wiederholung von 4 000 Euro bis zu 25 000 Euro;"

 

§ 32a Abs. 1 und 6 AuslBG idF BGBl I 28/2004 lautet (samt Überschrift):

 

"Übergangsbestimmungen zur EU-Erweiterung

 

§ 32a. (1) § 1 Abs. 2 lit. l gilt - mit Ausnahme der Staatsangehörigen der Republik Malta und der Republik Zypern - nicht für Staatsangehörige jener Mitgliedstaaten der Europäischen Union, die am 1. Mai 2004 auf Grund des Vertrages über den Beitritt der Tschechischen Republik, der Republik Estland, der Republik Zypern, der Republik Lettland, der Republik Litauen, der Republik Ungarn, der Republik Malta, der Republik Polen, der Republik Slowenien und der Slowakischen Republik zur Europäischen Union (Beitrittsvertrag), Amtsblatt der Europäischen Union Nr. L 236 vom 23. September 2003, Seite 17 und Nr. C 227 E vom 23. September 2003, der Europäischen Union beitreten, es sei denn, sie sind Ehegatten oder Kinder eines österreichischen Staatsbürgers oder eines Staatsangehörigen eines anderen Mitgliedstaates des Europäischen Wirtschaftsraumes (EWR), der bereits vor In-Kraft-Treten des Beitrittsvertrages dem EWR angehörte.

(2) ...

(6) Für die Beschäftigung von EU-Bürgern gemäß Abs. 1 oder von Drittstaatsangehörigen, die von einem Arbeitgeber mit Betriebssitz in der Tschechischen Republik, in der Republik Estland, in der Republik Lettland, in der Republik Litauen, in der Republik Ungarn, in der Republik Polen, in der Republik Slowenien oder in der Slowakischen Republik zur vorübergehenden Erbringung von Dienstleistungen in einem Dienstleistungssektor, für den nach Nr. 13 des Übergangsarrangements zum Kapitel Freizügigkeit im Beitrittsvertrag (Liste nach Art. 24 der Beitrittsakte in den Anhängen  V und  VI,  VIII bis  X sowie  XII bis  XIV) Einschränkungen der Dienstleistungsfreiheit gemäß Art. 49 EGV zulässig sind, in das Bundesgebiet entsandt werden, ist § 18 Abs. 1 bis 11 anzuwenden. In einem Dienstleistungssektor, in dem Einschränkungen nicht zulässig sind, ist § 18 Abs. 12 bis 16 anzuwenden.

(7) ...

(8) ...

(9) ..."

 

Art. 24 der Beitrittsakte (die Beitrittsakte sind integrierender Bestandteil des EU-Beitrittsvertrages vom 1. Mai 2004, BGBl. III 20/2004) lautet:

 

"Die in den Anhängen V, VI, VII, VIII, IX, X, XI, XII, XIII und XIV zu dieser Akte angeführten Maßnahmen finden auf die neuen Mitgliedstaaten unter den in diesen Anhängen festgelegten Bedingungen Anwendung."

 

Nr. 13 des sich auf Ungarn beziehenden Anhanges X lautet:

 

"Um tatsächlichen oder drohenden schwerwiegenden Störungen in bestimmten empfindlichen Dienstleistungssektoren auf ihren Arbeitsmärkten zu begegnen, die sich in bestimmten Gebieten aus der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen im Sinne des Art. 1 der Richtlinie 96/71/EG ergeben könnten, können Deutschland und Österreich, solange sie gemäß den vorstehend festgelegten Übergangsbestimmungen nationale Maßnahmen oder Maßnahmen aufgrund von bilateralen Vereinbarungen über die Freizügigkeit ungarischer Arbeitnehmer anwenden, nach Unterrichtung der Kommission von Art. 49 Abs. 1 des EG-Vertrages abweichen, um im Bereich der Erbringung von Dienstleistungen durch die in Ungarn niedergelassene Unternehmen die zeitweilige grenzüberschreitende Beschäftigung von Arbeitnehmern einzuschränken, deren Recht, in Deutschland oder Österreich eine Arbeit aufzunehmen, nationalen Maßnahmen unterliegt.

 

- in Deutschland

 

SektorNACE-Code(*), sofern nicht anders angegebenBaugewerbe, einschließlich verwandte Wirtschaftszweige45.1 bis 4;

Im Anhang zur Richtlinie 96/71/EG aufgeführte TätigkeitenReinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmitteln74.70 Reinigung von Gebäuden,

Inventar und VerkehrsmittelnSonstige Dienstleistungen74.87 Nur

Tätigkeiten von Innendekorateuren

- Österreich

 

SektorNACE-Code(*), sofern nicht anders angegebenErbringung von gärtnerischen Dienstleistungen01.41Be- und Verarbeitung von Natursteinen a. n.g.26.7Herstellung von Stahl- und Leichtmetallkonstruktionen28.11Baugewerbe, einschließlich verwandter Wirtschaftszweige45.1 bis 4;

Im Anhang zur Richtlinie 96/71/EG aufgeführte TätigkeitenSchutzdienste74.60Reinigung von Gebäuden, Inventar und Verkehrsmitteln74.70Hauskrankenpflege85.14Sozialwesen a. n.g.85.32

(*) NACE: siehe 31990 R 3037: Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates vom 09. Oktober 1990 betreffend die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft (ABl. L 293 vom 24.10.1990, S. 1), zuletzt geändert durch 32002 R 0029:

Verordnung (EG) Nr. 29/2002 der Kommission vom 19.12.2001 (ABl. L 6 vom 10.1.2002, S. 3).

 

 

In dem Maße, wie Deutschland oder Österreich nach Maßgabe der vorstehenden Unterabsätze von Art. 49 Abs. 1 des EG-Vertrages abweichen, kann Ungarn nach Unterrichtung der Kommission gleichwertige Maßnahmen ergreifen.

 

Die Anwendung dieser Nummer darf nicht zu Bedingungen für die zeitweilige Freizügigkeit von Arbeitnehmern im Rahmen der länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen zwischen Deutschland bzw. Österreich und Ungarn führen, die restriktiver sind als die zum Zeitpunkt der Unterzeichnung des Beitrittsvertrages geltenden Bedingungen."

 

Die Verordnung (EWG) Nr. 3037/90 des Rates vom 9. Oktober 1990 betreffend die statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft hat nach deren Art. 1 zum Ziel, eine gemeinsame statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft aufzustellen, um die Vergleichbarkeit zwischen den nationalen und den gemeinschaftlichen Statistiken zu gewährleisten. Nach Art. 2 der Verordnung wird eine gemeinsame Grundlage für statistische Systematiken der Wirtschaftszweige in den Europäischen Gemeinschaften - "NACE Rev. 1" - eingeführt. Nach Art. 3 Abs. 2 der Verordnung sollen die Statistiken der Mitgliedstaaten über die Wirtschaftszweige unter Verwendung der NACE Rev. 1 oder einer davon abweichenden Wirtschaftszweigsystematik unter den in dieser Bestimmung der Verordnung näher genannten Kautelen erstellt werden.

 

Nach der Verordnung EG der Europäischen Kommission Nr. 29/2002 vom 19.12.2001 ist diese europäische Wirtschaftszweigsystematik seit 1.1.2003 für alle Mitgliedstaaten verbindlich anzuwenden.

 

Abschnitt D der im Anhang der EG-Verordnung Nr. 3037/90 tabellarisch dargestellten NACE Rev. 1 ist mit "Herstellung von Waren" betitelt. Unterabschnitt DI handelt von der "Herstellung von Glas und Glaswaren, Keramik, Verarbeitung von Steinen und Erden". Die Gruppe

26.6 handelt von der "Herstellung von Erzeugnissen aus Beton, Zement und Gips".

 

Abschnitt F ist mit "Bau" betitelt. Dieser Abschnitt stellt sich wie folgt dar:

 

ABSCHNITT FBAU45BAU45.1Vorbereitende Baustellenarbeiten45145.11Abbruch-, Spreng- und Erdbewegungsarbeiten4510x45.12Test- und Suchbohrung4510x45.2Hoch- und Tiefbau45245.21Hochbau, Brücken- und Tunnelbau u. Ä.4520x45.22Zimmerei, Dachdeckerei, Bauspenglerei und Abdichtungen4520x45.23Bau von Straßen, Bahnverkehrsstrecken, Rollbahnen und Sportanlagen4520x45.24Wasserbau4520x45.25Sonstiger spezialisierter Hoch- und Tiefbau4520x45.3Bauinstallation45345.31Elektroinstallation4530x45.32D ämmung gegen Kälte, Wärme, Schall und Erschütterung4530x45.33Gas-, Wasser-, Heizungs- und Lüftungsinstallation4530x45.34Sonstige Bauinstallation4530x45.4Sonstiger Ausbau45445.41Anbringen von Stuckaturen, Gipserei und Verputzerei4540x45.42Bautischlerei und -schlosserei4540x45.43Fußboden-, Fliesen- und Plattenlegerei, Tapeziererei4540x45.44Malerei und Glaserei4540x45.45Sonstiger Ausbau a. n.g.4540x45.5Vermietung von Baumaschinen und -geräten mit Bedienungspersonal45545.50Vermietung von Baumaschinen und -geräten

mit Bedienungspersonal4550

 

Der in den Beitrittsakten unter Nr. 13 erwähnte Anhang der Richtlinie 96/71/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 1996 über die Entsendung von Arbeitnehmern im Rahmen der Erbringung von Dienstleistungen lautet:

 

"Die in Artikel 3 Absatz 1 zweiter Gedankenstrich genannten Tätigkeiten umfassen alle Bauarbeiten, die der Errichtung, der Instandsetzung, der Instandhaltung, dem Umbau oder dem Abriß von Bauwerken dienen, insbesondere

1.

Aushub

2.

Erdarbeiten

3.

Bauarbeiten im engeren Sinne

4.

Errichtung und Abbau von Fertigbauelementen

5.

Errichtung oder Ausstattung

6.

Umbau

7.

Renovierung

8.

Reparatur

9.

Abbauarbeiten

10.

Abbrucharbeiten

11.

Wartung

12.

Instandhaltung (Maler- und Reinigungsarbeiten)

13.

Sanierung."

 

Die österreichische Wirtschaftszweigsystematik "ÖNACE" wurde in Umsetzung der NACE Rev. 1 der VO (EWG) Nr. 3037/90 erstellt. Abschnitt D handelt von der "Sachgütererzeugung". Der Unterabschnitt DI behandelt die "Herstellung und Bearbeitung von Glas, Herstellung von Waren aus Steinen und Erden". Auch die Klasse 26.21 folgt der Systematik des NACE Rev. 1: Sie wird mit der "Herstellung von Erzeugnissen aus Beton und aus Kalksandstein für den Bau" betitelt. Die Unterklasse 26.61.00 umfasst ausdrücklich die Herstellung von Waren aus Betonfertigteilen, Zement oder Kunststein für Bauzwecke wie Platten, Mauersteine, Tafeln, Dielen, Rohre, Pfosten, Treppen und Treppenstufen usw, sowie die Herstellung von vorgefertigten Bauelementen aus Beton, Zement oder Kunststein. Die Unterklasse 26.66-00 ("Herstellung von Erzeugnissen aus Beton, Zement und Gips a. n.g.") umfasst die Herstellung von sonstigen Erzeugnissen aus Beton, Gips, Zement oder Kunststein, wie Figuren, Möbel, Flach- und Hochreliefs, Vasen, Blumentöpfe usw.

 

Abschnitt F handelt vom "Bauwesen". Nach dem ÖNACE wird vom Bauwesen etwa nicht umfasst, die Errichtung von vollständig vorgefertigten Gebäuden oder Bauwerken aus selbst hergestellten Teilen. Diese Tätigkeit soll, je nach dem vorwiegend verwendeten Material, der entsprechenden Kategorie des Abschnitts D zugeordnet werden. Auch der Einbau von selbst hergestellten Konstruktionsteilen, Fertigbauteilen und Ausbauelementen soll gemäß dem verwendeten Material der entsprechenden Kategorie des Abschnittes D zugeordnet werden.

 

 

Rechtlich ergibt sich daraus:

 

Die Bestimmung des § 18 AuslBG, welche die Überschrift "Betriebsentsandte Ausländer" trägt, soll die unter diesem Begriff zusammengefasste Sonderform der Beschäftigung von Ausländern im Bundesgebiet regeln. Charakteristisch für diese Art der Beschäftigung ist, dass es sich um solche Ausländer handelt, deren Arbeitgeber im Bundesgebiet keinen Betriebssitz und auch sonst keinen inländischen Anknüpfungspunkt aufzuweisen vermag. Es besteht im Regelfall kein direktes rechtliches Verhältnis zwischen dem im Bundesgebiet beschäftigten Ausländer und jener Person, die den Ausländer verwendet. Eine Unterstellung dieser Ausländer im Falle einer Verwendung im Bundesgebiet unter die Bewilligungspflicht, sofern nicht für bestimmte Arten von Arbeiten oder für besondere Personengruppen Ausnahmen vorgesehen sind, ist nach den Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage (1451 BlgNR XIII. GP) vom arbeitsmarktpolitischen Standpunkt unumgänglich, damit einerseits ein unkontrolliertes Einströmen solcher Ausländer auf den inländischen Arbeitsmarkt auf der Basis von zwischen inländischen und ausländischen Unternehmen abgeschlossenen Werkverträgen oder sonstigen privatrechtlichen Vereinbarungen verhindert und anderseits eine Benachteiligung inländischer Arbeitskräfte vermieden werden kann (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. Oktober 1991, Zl. 91/09/0111).

 

In den vorliegenden Fällen wird den Berufungswerbern nicht das Beschäftigen nach § 3 Abs. 1 AuslBG in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 AuslBG, sondern schon die bloße Inanspruchnahme  von Ausländern vorgeworfen. Eine Inanspruchnahme liegt aber bereits dann vor, wenn - wie hier - ein Privater mit einem ausländischen Unternehmen, das keinen Betriebssitz im Inland aufweist, einen Werkvertrag abschließt, und der Werkunternehmer ausländische Arbeitnehmer zur Herstellung des Werkes ins Inland entsendet. Das ist hier unzweifelhaft der Fall, sodass - weil eine ungarische Firma beauftragt wurde - hier die Übergangsbestimmung des § 32a Abs. 6 AuslBG mit ihren dargestellten Verweisungen auf den Beitrittsvertrag vom 1.5.2004 zur Anwendung kommt.

 

Der UVS Burgenland geht nun in Übereinstimmung mit der Klassifizierung der hier vorliegenden Wirtschaftstätigkeit durch den ÖNACE entweder unter den Code 26.61.-00 oder die Auffangkategorie des 26.66-00 auch davon aus, das der Aufstellen der von der in Rede stehenden ungarischen Firma vorgefertigten Balustrade nicht unter das Baugewerbe, einschließlich verwandter Wirtschaftszweige iS der NACE-Codes 45.1 bis 45.4, sowie unter die im Anhang zur Richtlinie 96/71/EG aufgeführten Tätigkeiten fällt, sondern unter den NACE-Code

26.6. der Herstellung von Erzeugnissen aus Beton, Zement und Gips. Diese wirtschaftliche Tätigkeit ist daher von den Einschränkungen der EG-Dienstleistungsfreiheit im Übergangsarrangement nicht umfasst, sodass die Inanspruchnahme der ausländischen Staatsangehörigen durch die Beschuldigten nicht dem AuslBG unterliegt. Es liegt daher keine nach dem AuslBG strafbare Handlung vor.

 

Jede andere Auslegung, die eine Subsumtion der Tätigkeiten der ungarischen Arbeiter unter das Baugewerbe beinhalten und demzufolge eine Bestrafung der Berufungswerber nach § 28 Abs. 1 Z 1 lit. b in Verbindung mit § 18 Abs. 1 AuslBG nach sich ziehen würde, verbietet sich hier schon deswegen, weil sie im offenen Konflikt zur nicht vom Übergangsarrangement des Beitrittsvertrages vom 1. Mai 2004 umfassten EG-Warenverkehrsfreiheit (Art 28 ff EG), von der der grenzüberschreitende Verkehr alle jener Waren betroffen ist, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt und in Verkehr gebracht werden, stünde. Im Vordergrund des hier vorliegenden Rechtsgeschäfts steht der (über eine EG-Binnengrenze) grenzüberschreitende Bezug der von der ungarischen Firma selbst vorgefertigten Betonbalustrade, der durch eine Pönalisierung der Berufungswerber nach dem AuslBG - ohne ersichtliche gemeinschaftsrechtliche Rechtfertigung - wesentlich beschränkt wäre.

 

Bei diesem Ergebnis käme gemäß § 32a Abs. 6 AuslBG letzter Satz AuslBG nur eine Bestrafung nach § 18 Abs. 12-16 AuslBG idF BGBl. I Nr. 136/2004 in Verbindung mit § 28 Abs. 1 Z 5 lit. b AuslBG in Betracht, weil die für die Inanspruchnahme der Ausländer erforderliche Entsendebestätigung vom zuständigen Arbeitsmarktservice nicht eingeholt worden ist. Eine Bestrafung der Berufungswerber durch den UVS nach diesen Vorschriften ist aber - abgesehen von der (auch) nach Ansicht des UVS bestehenden Gemeinschaftsrechtswidrigkeit des § 18 Abs. 12-16 AuslBG idF BGBl. I Nr. 136/2004 (vgl. mit eingehender Begründung zur Gemeinschaftswidrigkeit die Schlussanträge des Generalanwaltes Leger vom 23.2.2006 im Vertragsverletzungsverfahren der Kommission der Europäischen Gemeinschaften gegen die Republik Österreich zur Rs C-168/04) - schon deshalb ausgeschlossen, weil dies eine - nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes unzulässige - Auswechslung der Tat zur Folge haben würde.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Dies konnte gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG ohne mündliche Verhandlung beschlossen werden.

Schlagworte
Entsendebewilligung, EU-Entsendebewillung, kein Betriebssitz im Inland, Übergangsbestimmung, Dienstleistungen, ÖNACE
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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