Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn T. T., XY-Siedlung, J., vd Rechtsanwalt Mag. C. K., XY-Platz, I., gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 22.05.2006, Zl III-4068/2005/RR/E betreffend die Schließung des Gastgewerbebetriebes Cafe ?S.?, XY-Straße, I., nach § 360 Abs 1 GewO 1994 gemäß § 67h iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wie folgt:
Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
Die gegenständliche Betriebsanlage wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 11.9.1996, Zl VI-7156-III/RR/1993, unter Vorschreibung diverser Auflagen, gewerbebehördlich genehmigt.
Der Betriebsbeschreibung dieser Genehmigung ist zu entnehmen, dass Bestandteil dieser Betriebsanlage ua eine Musikanlage der Marke Sony mit 2 Lautsprechern á 60 Watt mit eingebautem Limiter (auf 70 dB eingestellt) ist.
Zu Zwecken des Lärmschutzes wurden folgenden Auflagen vorgeschrieben:
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20. Die Umfassungsbauteile der gastronomisch genutzten Betriebsräume sind, sofern sie direkt an Wohnräume angrenzen, lärmtechnisch so zu gestalten, daß sie in Richtung Wohnraum ein bewertetes Schalldämmaß (nach ÖNORM S 5100) von mindestens 60 dB aufweisen, wobei der Frequenzbereich von 50 - 250 Hz im Terzabstand eine Schallpegeldifferenz von 40 dB keinesfalls unterschreiten darf.
21. Die Musikanlage ist mit einem Lautstärkenbegrenzer auszustatten, der auf einen Wert von 70 dB (A-bewerteter Dauerschallpegel) einzustellen und durch einen Zivilingenieur zu verplomben ist. Der Einbau des Begrenzers hat so zu erfolgen, dass eine Veränderung der maximalen Lautstärke ohne Beschädigung der Plombierung nicht möglich ist. Die Plomben dürfen nur im Einvernehmen mit der Behörde geöffnet oder entfernt werden. Beschädigungen der Plombierung sind unverzüglich der Behörde zu melden. Über die Einstellung und Plombierung ist der Behörde unaufgefordert eine Bestätigung des Ausführenden vorzulegen.
22. An den Füßen des verschiebbaren Mobiliars (Stühle, Tische etc.) sind, sofern sie nicht ohnedies auf Teppichböden aufgestellt sind, Filzauflagen oder andere geeignete Materialien dauerhaft anzubringen, um Lärmbelästigungen durch Verrücken des oben angeführten Mobiliars sicher hintanzuhalten. Abgenützte Auflagen sind umgehend zu erneuern.
23. Ladetätigkeiten, Verräumen von Leergut etc. sind nur werktags in der Zeit von 6.00 Uhr - 12.00 Uhr und von 14.00 Uhr - 20.00 Uhr zulässig und auf das unbedingt erforderliche Maß zu beschränken. Der Betreiber der Anlage hat dafür Sorge zu tragen, dass diese Zeiten auch von den Zulieferfirmen eingehalten werden. Weiters sind die Lieferanten anzuhalten, während der Ladetätigkeit die Motoren und Rundfunkgeräte ihrer Fahrzeuge abzustellen.
24. Die Gäste sind in den Abend- und Nachtstunden bei Verlassen des Lokals anzuhalten, Lärmbelästigungen zu vermeiden (zB durch Anschläge, Ermahnungen etc).
25. Das Gastlokal muss um spätestens 1.00 Uhr geschlossen sein und es muss dafür Sorge getragen werden, dass zu diesem Zeitpunkt alle Gäste den Betrieb verlassen haben.
26. Fenster und Türen des Lokals sind, außer zum Zweck des Zu- und Abgehens, während der Betriebszeit geschlossen zu halten und gegen das Öffnen durch Unbefugte wirksam zu sichern bzw Türen mit automatischen Türschließern, die stets funktionstüchtig zu halten sind, zu versehen.
27. Das Laufenlassen der Motoren am Stand von firmeneigenen Kraftfahrzeugen sowie von für die Firma tätigen Subunternehmen und Lieferanten, ausgenommen zum Betrieb von über den Kfz-Motor angetriebenen Nebeneinrichtungen (zB Ladebordwand), ist verboten.
28. Die Reinigungsarbeiten in den Gasträumen dürfen nur zwischen 6.00 Uhr und 22.00 Uhr durchgeführt werden.
29. Im Gastlokal darf keine lebende Musik spielen.
30. Die Boxen der Musikanlage sind, zur Vermeidung von Körperschallübertragung, schallmäßig von der Bausubstanz zu entkoppeln.
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Im Berufungsbescheid des Landeshauptmannes von Tirol als Gewerbebehörde II. Instanz vom 06.12.1996, Zahl IIa 60019/8-94, wurden ua auch Auflagenpunkte des bekämpften Bescheides geändert, sodass die Auflage Punkt 21 nunmehr wie folgt lautet:
?21. Die Musikanlage ist mit einem Schalldruckpegelbegrenzer auszustatten, der gewährleistet, dass A bewertete Schalldruckpegelspitzen von maximal 65 dB im Bereich der Verabreichungsplätze nicht überschritten werden; die Einstellung hat durch einen Ziviltechniker oder einen befugten Gewerbetreibenden (zB Elektroniker, Radio- und Videoelektroniker) zu erfolgen, der auch diese Einstellung verplombt. Der Einbau des Begrenzers hat so zu erfolgen, dass eine Veränderung der maximalen Lautstärke ohne Beschädigung der Plombierung nicht möglich ist. Die Plomben dürfen nur im Einvernehmen mit der Behörde geöffnet und entfernt werden. Beschädigungen der Plombierung sind unverzüglich der Behörde zu melden. Über die Einstellung und Plombierung ist der Behörde unaufgefordert eine Bestätigung des Ausführenden vorzulegen.?
Aufgrund zahlreicher Anrainerbeschwerden und entsprechender behördlicher Ermittlungen wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 16.02.2006, Zl III-4068/2005/RR/E die Stilllegung der Betriebsanlagenteile Silvia Type DVD Micro System SM 525 (Anlage steht im Barbereich) sowie PC Anlage (MP III) durch Trennung von der Stromversorgung und Verplombung der Anschlüsse im Anwesen Innstraße 81a in Innsbruck gemäß § 360 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 verfügt. Dieser Bescheid ist infolge des Berufungserkenntnisses des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 10.05.2006, Zln uvs-2006/16/1267, 1268, 1269-1, losgelöst von der Bestimmung des § 360 Abs 5 GewO 1994, auch formell in Rechtskraft erwachsen.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 16.03.2006, Zl III-4068/2005/RR/E wurde über den Berufungswerber die (mittlerweilen) dritte Zwangsstrafe gemäß § 5 VVG wegen Nichteinhaltung der Bescheidauflage Punkt 21 des Genehmigungsbescheides verhängt. In diesem Bescheid wurde der Berufungswerber im Sinne einer Verfahrensanordnung gemäß § 360 Abs 1 GewO 1994 aufgefordert, innerhalb einer Frist von 3 Tagen ab Zustellung dieses Bescheides den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand herzustellen (Einhaltung der Sperrstunde, keine lebende Musik im Betrieb, Limitierung der Musikanlage auf 70 dB), widrigenfalls die Schließung der gesamten Betriebsanlage verfügt werden müsste. Dieser Bescheid wurde am 16.03.2006 zugestellt. Er ist im übrigen infolge des Bescheides des Landeshauptmannes von Tirol vom 01.06.2006, Zl IIa-93001/2-06, in Rechtskraft erwachsen.
Ungeachtet dieser behördlichen Anordnungen bzw Androhungen kam es auch in weiterer Folge zu offenkundigen Belästigungen der Nachbarschaft durch Lärm. Den Berichten der Polizeiinspektion Hötting und des städtischen Erhebungsamtes sind zahlreiche Überschreitungen der genehmigten Betriebszeit zu entnehmen.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 22.05.2006 wurde zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes die Schließung der gegenständlichen Betriebsanlage im Anwesen XY-Straße in I. durch Austausch und Versperren der Schlösser an den Zugängen gemäß § 360 Abs 1 Gewerbeordnung 1994 verfügt.
Gegen diesen Bescheid hat der rechtsfreundlich vertretene Betreiber rechtzeitig Berufung erhoben und darin ausgeführt wie folgt:
?Mit dem angefochtenen Bescheid wird gemäß § 360 Abs 1 GewO 1994 zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes die Schließung der gegenständlichen Betriebsanlage im Anwesen XY-Straße in I. durch Austausch und Versperren der Schlösser an deren Zugängen verfügt.
Die Verfügung der Schließung des gesamten Betriebes des Beschuldigten ist im Hinblick auf die dem Beschuldigten vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen jedenfalls überschießend. In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass derzeit noch nicht rechtskräftig entschieden wurde, ob die dem Beschuldigten vorgeworfenen Verwaltungsübertretungen, insbesondere Überschreitungen der Sperrstunde, auch tatsächlich vom Beschuldigten begangen wurden bzw von diesem zu verantworten sind.
Selbst wenn man davon ausginge, dass im Betrieb des Beschuldigten teilweise die Sperrstunde nicht eingehalten würde bzw Musik zu laut abgespielt würde, welche Umstände bestritten werden, so hätten jedenfalls gelindere Maßnahmen gesetzt werden müssen. Die Behörde hätte gemäß § 360 Abs 1 GewO beispielsweise die Stilllegung der Musikanlage verfügen können, weiters hätte allenfalls die Möglichkeit bestanden, bei allfälligen Überschreitungen der Sperrstunde seitens der Behörde einzuschreiten und die unverzügliche Schließung des Lokales bei Erreichen der Sperrstunde durchzusetzen.
Eine Schließung des gesamten Gewerbebetriebes ist jedenfalls weder erforderlich, noch geboten, um einen gesetzmäßigen Zustand wiederherzustellen.
Es wird nochmals betont, dass die Tatsache, dass die Musikanlage die Möglichkeit bietet allenfalls geringfügig lautere Musikdarbietungen abzuspielen, als dies im Betriebsanlagengenehmigungsbescheid vorgesehen ist, die Schließung des gesamten Betriebes sicherlich nicht rechtfertigt. Auch allfällige Überschreitungen der Sperrstunde rechtfertigen einen derartigen Schritt in keiner Weise und werden die Anrainer auch nicht über die Maßen belästigt bzw in ihrer Gesundheit beeinträchtigt.
Aus all diesen Gründen wird daher gestellt der Antrag,
den angefochtenen Bescheid allenfalls nach Einvernahme des Beschuldigten ersatzlos aufzuheben.?
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:
Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zur Entscheidung über Berufungen in Verfahren betreffend Betriebsanlagen ergibt sich aus § 359a GewO 1994 (zu den Verwaltungsverfahren nach § 360 GewO 1994 siehe VwGH 23.04.2003, 2002/04/0112)
Nach § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Einem Überprüfungsbericht des gewerbetechnischen Sachverständigen vom 23.06.2006 ist zu entnehmen, dass das gegenständliche Cafe offenkundig nicht mehr betrieben wird. Es stellt sich daher einleitend die Frage, welche Prüfbefugnis der Berufungsbehörde aufgrund dieser Änderung des Sachverhaltes zukommt. Dazu ist auszuführen, dass die wesentliche Funktion der Berufungsbehörde darin besteht, den vorinstanzlichen Bescheid auf seine Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Grundsätzlich hat die Berufungsbehörde dabei die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung anzuwenden. Würde nun die Berufungsinstanz auch in jenen Fällen, in denen die vermeintliche Änderung des Sachverhaltes nur auf die Herstellung des dem Bescheid der Unterbehörde entsprechenden Zustandes zurückzuführen ist, diesen Grundsatz anwenden, hätte dies zu Folge, dass die Berufungsbehörde gar nicht in die Lage kommen könnte, ihre Funktion als rechtliche Kontrollinstanz auszuüben. Im Falle eines behördlichen Schließungsbescheides, der dem Betroffenen ein bestimmtes Verhalten, nämlich seinen Betrieb zu schließen, auferlegt, ist daher eine Änderung des Sachverhaltes während des Berufungsverfahrens, indem der Betroffene zB die Schließung der Betriebsanlage (selbst) vornimmt, unbeachtlich (vgl zu alledem zB VwGH 19.09.1985, 82/06/0074; 26.09.1085, 83/06/0262; 13.12.1994, 91/07/0098 uva). Es ist daher gegenständlich irrelevant, wenn der Berufungswerber, und davon ist aufgrund der Überprüfungsberichtes des gewerbetechnischen Sachverständigen vom 23.06.2006 auszugehen, zwischenzeitlich seinen Betrieb geschlossen hat.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des § 360 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) lauten wie folgt:
?(1) Besteht der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs 1 Z 1, 2 oder 3, so hat die Behörde unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens den Gewerbeausübenden bzw den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessenen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 367 Z 25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs 2, § 79c oder § 82 Abs 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes zu verfügen.
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(4) Um die durch eine diesem Bundesgesetz unterliegende Tätigkeit oder durch Nichtbeachtung von Anforderungen an Maschinen, Geräte und Ausrüstungen (§ 71) verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren oder um die durch eine nicht genehmigte Betriebsanlage verursachte unzumutbare Belästigung der Nachbarn abzustellen, hat die Behörde, entsprechend dem Ausmaß der Gefährdung oder Belästigung, mit Bescheid die gänzliche oder teilweise Schließung des Betriebes, die Stilllegung von Maschinen, Geräten oder Ausrüstungen oder deren Nichtverwendung oder sonstige die Anlage betreffende Sicherheitsmaßnahmen oder Vorkehrungen zu verfügen. Hat die Behörde Grund zur Annahme, dass zur Gefahrenabwehr Sofortmaßnahmen an Ort und Stelle erforderlich sind, so darf sie nach Verständigung des Betriebsinhabers, seines Stellvertreters oder des Eigentümers der Anlage oder, wenn eine Verständigung dieser Person nicht möglich ist, einer Person, die tatsächlich die Betriebsführung wahrnimmt, solche Maßnahmen auch ohne vorausgegangenes Verfahren und vor Erlassung eines Bescheides an Ort und Stelle treffen; hierüber ist jedoch binnen eines Monats ein schriftlicher Bescheid zu erlassen, widrigenfalls die getroffene Maßnahme als aufgehoben gilt. Der Bescheid gilt auch dann als erlassen, wenn er gemäß § 19 des Zustellgesetzes wegen Unzustellbarkeit an die Behörde zurückgestellt worden ist.
(5) Die Bescheide gemäß Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 sind sofort vollstreckbar; wenn sie nicht kürzer befristet sind, treten sie mit Ablauf eines Jahres, vom Beginn der Vollstreckbarkeit an gerechnet, außer Wirksamkeit. Durch einen Wechsel in der Person des Inhabers der von den einstweiligen Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen betroffenen Anlagen, Anlagenteile oder Gegenstände wird die Wirksamkeit dieser Bescheide nicht berührt.
(6) Liegen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Bescheides gemäß Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 nicht mehr vor und ist zu erwarten, dass in Hinkunft jene gewerberechtlichen Vorschriften, deren Nichteinhaltung für die Maßnahmen nach Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 bestimmend war, von der Person eingehalten werden, die die gewerbliche Tätigkeit ausüben oder die Betriebsanlage betreiben will, so hat die Behörde auf Antrag dieser Person die mit Bescheid gemäß Abs 1 zweiter Satz, 2, 3 oder 4 getroffenen Maßnahmen ehestens zu widerrufen.?
§ 360 Abs 1 GewO 1994 sieht bei Verdacht einer Übertretung nach § 366 Abs 1 Z 1, 2 oder 3 bzw nach § 376 Z 25 GewO 1994 ein zweistufiges Verfahren vor. Dieses Verfahren wird durch eine Verfahrensanordnung nach Abs 1 erster Satz eingeleitet und mündet erforderlichenfalls in einem Bescheid nach Abs 1 zweiter Satz.
In der das gegenständliche Verfahren betreffenden Verfahrensanordnung gemäß § 360 Abs 1 GewO 1994 (siehe Seite 3 des Bescheides des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 16.03.2006, Zl III-4068/2005/RR/E) sah die Behörde I. Instanz einen gesetzwidrigen Betrieb der Betriebsanlage in der Nichteinhaltung der genehmigten Betriebszeit, im Spielen ?lebender? Musik im Gastlokal und in der Nichtlimitierung der Musikanlage auf 70 (richtig 65) dB.
Im angefochtenen Bescheid nimmt sie ausdrücklich nur mehr auf die nicht eingehaltene Betriebszeit und Beschwerden seitens der Nachbarn über Lärmbelästigung durch Musik und Gäste des Lokales Bezug. Von ?lebender? Musik im Gastlokal ist in diesem Bescheid, offenkundig unter Bezugnahme auf die verschiedenen Erhebungsberichte, denen eine Belästigung der Nachbarn durch ?lebende? Musik nicht (mehr) entnommen werden kann, keine Rede mehr.
Entsprechende Feststellungen, dass es allein durch die Gäste im Lokal zu einer Belästigung der Nachbarn kommen kann, fehlen in diesem Bescheid. Sie stünden auch in Widerspruch zu den aufwendigen Ermittlungen im Genehmigungsverfahren. Auch in der Begründung im angefochtenen Bescheid auf Seite 3 ist ?lediglich? davon die Rede, dass ?die vorgeschriebene Auflage nicht eingehalten wird, was den Tatbestand des § 367 Z 25 GewO 1994 verwirklicht?. Sollte es jedoch tatsächlich zu derartigen Belästigungen der Nachbarn kommen, wäre damit grundsätzlich (außer für den Zeitraum über die genehmigte Betriebszeit hinaus) kein strafbares Verhalten des Betreibers verbunden (es liegt keine konsenslose Änderung der Betriebsanlage bzw. kein Verstoß gegen eine Auflagenvorschreibung vor). Für diesen Fall ist daher für ein Verfahren nach § 360 Abs 1 GewO 1994 kein Platz. Vielmehr wäre diesfalls an ein Verfahren nach § 360 Abs 4 GewO 1994 zu denken.
Der Problemkreis ?Lärmbelästigung der Nachbarn durch die Musikanlage? wurde bereits mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Innsbruck vom 22.05.2006, Zl III-4068/2005/RR/E einer Lösung zugeführt, indem die Schließung der Musikanlage verfügt wurde. Die faktische Durchsetzung dieser Maßnahme hat sich offenkundig aufgrund der mittlerweilen erfolgten Schließung des Cafes durch den Betreiber erübrigt.
Die Problematik der Nichteinhaltung der Betriebszeit kann in der gegenständlichen Fallkonstellation (konsenslose Änderung der genehmigten Betriebsanlage) durch Maßnahmen nach § 360 Abs 1 GewO 1994 keiner Lösung zugeführt werden. Der gegenständliche Fall unterscheidet sich nämlich vom (gänzlich) konsenslosen Betreiben einer Betriebsanlage dadurch, dass an und für sich eine genehmigte Betriebsanlage vorliegt, deren Betriebszeit durch eine Auflage im Genehmigungsbescheid eingeschränkt ist und diese Auflage vom Betreiber nicht eingehalten wird.
Im ersteren Fall kann durch eine Schließung des Betriebes der der Rechtsordnung entsprechenden Zustand hergestellt werden (vgl etwa VwGH 13.12.2000, 2000/04/0189). Im zweiten Fall würde eine Schließung des gesamten Betriebes aufgrund einer (allenfalls ständigen) Betriebszeitenüberschreitung jedoch bewirken, dass der Betrieb auch für jenen Zeitraum, in dem unstrittig eine Genehmigung vorliegt, geschlossen wäre. Eine derartige Maßnahme wäre jedenfalls als überschießend und daher als unzulässig anzusehen. Hier gilt nämlich zu beachten, das die ?Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes? die Wiederherstellung jener Sollordnung bedeutet, die sich aus den in Betracht kommenden gewerberechtlichen Bestimmungen ergibt (vgl. etwa VwGH 24.08.1995, 95/04/0069).
Auch eine Maßnahme, die die Schließung etwa ab dem Zeitpunkt des konsenslosen Betriebes, hier ab 01.00 Uhr, bis zum erlaubten Öffnungszeitpunkt vorschreiben würde, wäre nicht umsetzbar, da auch damit in der Praxis, zumal ja Schlösser ausgetauscht und die neuen Schlösser versperrt werden müssten, eine faktische Schließung des Betriebes über den konsenlosen Betriebzeitraum hinaus, verbunden wäre.
Die Schließung der Betriebsanlage aufgrund einer konsenslosen Betriebszeitenüberschreitung stellt in der gegenständlichen Fallkonstellation zusammenfassend keinesfalls ein adäquates Mittel zur Herstellung des gesetzmäßigen Zustandes dar. Um dies zu erreichen, hat sich die Behörde I. Instanz, wie dies ja bereits erfolgt ist, der Möglichkeiten des VVG wegen Nichteinhaltung einer Auflage (insbesondere die Verhängung von Zwangsstrafen) und der Bestimmungen der §§ 366ff GewO 1994 (Strafbestimmungen), allenfalls auch der §§ 87ff GewO 1994 (Entzug der Gewerbeberechtigung), zu bedienen.
Es war daher der Berufung Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben.
Hinweis
Für die Vergebührung des Berufungsantrages ist vom Berufungswerber nach den Bestimmungen des Gebührengesetzes 1957 ein Betrag von Euro 13.00 zu entrichten. Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen nach Erhalt des Zahlscheines an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol einzuzahlen.