Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Erich Kundegraber über die Berufung des H F, vertreten durch Dr. H T, Rechtsanwalt in L, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 23. März 2006, GZ.:
11.1-897-2003, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid sowohl im Spruchteil I (für die Klassen A, B und F) als auch im Spruchteil II behoben.
Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Berufungswerber im Spruchteil I gemäß § 24 iVm § 7 und 8 Führerscheingesetz 1997 (FSG) die mit Führerschein der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 03. November 2000, Zl. 11.2 2663/2000, erteilte Lenkberechtigung für die Gruppe(n) ABCFG, auf die Dauer von 4 Monaten, hinsichtlich der Gruppe(n) CG jedoch für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung, gerechnet vom Tage der Rechtskraft dieses Bescheides an, entzogen und gemäß § 29 Abs 3 FSG dem Berufungswerber aufgetragen den Führerschein unverzüglich nach Rechtskraft der Entscheidung bei der belangten Behörde abzuliefern. Im Spruchteil II wurde ebenfalls angeordnet, dass der Berufungswerber gemäß § 24 Abs 3 leg cit als begleitende Maßnahme ein Einstellungs- und Verhaltenstraining für alkoholauffällige Kraftfahrer zu absolvieren habe. Begründet wurde die Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Berufungswerber mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 14. Jänner 2004, GZ.: 15.1 11383/2003, wegen Übertretung nach § 99 Abs 1 a iVm § 5 Abs 1 Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO) wegen eines Alkoholisierungsgrades von 0,83 mg/l Atemluft rechtskräftig bestraft wurde, nachdem er am 18. Dezember 2003, um 21.05 Uhr, den PKW mit dem amtlichen Kennzeichen, auf der B, auf Höhe StrKm, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand lenkte. Es wurde daher hiebei eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs 3 Z 1 Führerscheingesetz 1997 (FSG) angenommen und eine Prognose im Hinblick auf die Verkehrsunzuverlässigkeit von vier Monaten ab Rechtskraft des Bescheides gestellt. Hiebei wurde berücksichtigt, dass der Berufungswerber erstmalig mit Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem alkoholisierten Zustand in Erscheinung trat, jedoch der Hohe Alkoholisierungsgrad von 1,35 mg/l bei der Tatbegehung am 18.12.2003 (wohl gemeint 0,83 mg/l) als erschwerend berücksichtigt. Des Weiteren wurde ausgeführt, dass der Berufungswerber im Zuge des Ermittlungsverfahrens sich einer amtsärztlichen Untersuchung unterzog und der Amtsarzt aufgrund des verkehrspsychologischen Untersuchungsbefundes vom 13. Februar 2004, am 04. Jänner 2006 eine Eignung für die Klassen A, B und F gegeben sah, nicht jedoch für die Klassen C und G. Eine Befristung der Lenkberechtigung war von amtsärztlicher Seite nicht erforderlich. Die Nichteignung der Klasse C und G wurde vom Amtsarzt aufgrund der mangelnden unterdurchschnittlichen quantitativen Werte im Bereich der Konzentration sowie gerade noch im Normbereich liegende Werte bei der Überblicksgewinnung sowie der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit angenommen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt Nachfolgendes fest: Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 14. Jänner 2004 wurde der Berufungswerber rechtskräftig gemäß § 99 Abs 1 lit a iVm § 5 Abs 1 StVO bestraft, da er am 18. Dezember 2003 den PKW in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (0,83 mg/l) lenkte. Unzweifelhaft hat der Berufungswerber damit eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs 3 Z 1 FSG gesetzt und war zum damaligen Zeitpunkt wahrscheinlich, dass er die Verkehrssicherheit durch Trunkenheit gefährden wird. Gemäß § 7 Abs 4 FSG sind für die Wertung der in Abs 1 genannten und in Abs 3 beispielsweise angeführten Tatsachen, deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei in den in Abs 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist. Bei der Wertung der bestimmten Tatsache im Sinne des Abs 4 iVm Abs 1, hat die belangte Behörde jedenfalls den Wertungskriterien nicht ausreichend Beachtung geschenkt. Es wurde zwar die Erstmaligkeit der Begehung eines Alkoholdeliktes festgestellt, jedoch von einem falschen Alkoholisierungsgrad, nämlich 1, 35 mg/l zum Tatzeitpunkt und nicht wie im Straferkenntnis festgestellt von 0,82 mg/l, ausgegangen. Letztendlich wurde auch das bisherige Wohlverhalten des Berufungswerbers gewertet, jedoch hat die belangte Behörde dem nunmehr doch 2 1/2 jährigen Wohlverhalten des Berufungswerbers zu wenig Beachtung geschenkt. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht zum Zeitpunkt der Entscheidung (Berufungsvorlage war am 15. Mai 2006), also 31 Monate nach der Tat, davon aus, dass der Berufungswerber keinesfalls die nächsten vier Monate verkehrsunzuverlässig ist. Der Berufungswerber hat durch sein Verhalten während der letzen 31 Monate im Verkehr - er ist beim Lenken von Kraftfahrzeugen nicht negativ in Erscheinung getreten - manifestiert, dass zum jetzigen Zeitpunkt keinesfalls mehr eine Verkehrsunzuverlässigkeit anzunehmen ist. Bis Oktober 2005 hat der Berufungswerber aus beruflichen Gründen des Öfteren ein Fahrzeug gelenkt, nunmehr befinde er sich in Pension und lenkt ebenfalls aus privaten Gründen ein Fahrzeug. Zur Frage der gesundheitlichen Nichteignung der Klassen C und G stützt sich das ärztliche Gutachten vom 04. Jänner 2006 auf eine verkehrspsychologische Stellungnahme vom 13. Februar 2004, wonach der Berufungswerber zum Lenken von Kraftfahrzeugen der Klassen A, B und F geeignet ist und für die Klassen C und G nicht geeignet sei. Somit stützt sich das ärztliche Gutachten auf eine 23 Monate alte verkehrspsychologische Stellungnahme und steht somit im eklatanten Widerspruch zu § 2 Abs 4 FSG-Gesundheitsverordnung. Nach § 2 Abs 4 leg cit darf bei der Erstellung des ärztlichen Gutachtens keine fachärztliche oder verkehrspsychologische Stellungnahme miteinbezogen werden, die älter als sechs Monate ist. Aktenkundige Vorbefunde sind jedoch heranzuziehen, um einen etwaigen Krankheitsverlauf beurteilen zu können. Zu diesem Zweck hat die Behörde dem Sachverständigen bei Nachuntersuchungen in diese Vorbefunde Einsicht zu gewähren. Der Zeitraum von sechs Monaten ist hiebei wohl bei weitem überschritten und kann zum jetzigen Zeitpunkt keinesfalls als Begründung, und zwar als ausschließliche Begründung, für die gesundheitliche Nichteignung des Berufungswerbers herangezogen werden. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass der Umstand allein, dass der Lenker bei einem einzigen ihm zur Last liegenden Alkoholdelikt einen hohen Alkoholisierungsgrad aufgewiesen hat, nicht automatisch rechtfertigt, dass in Hinsicht der gesundheitlichen Eignung Bedenken bestehen. Die Begehung einer strafbaren Handlung, die eine die Verkehrsunzuverlässigkeit indizierende bestimmte Tatsache gemäß § 7 darstellt, kann für sich alleine nicht die Annahme rechtfertigen, der Betreffende - der nach Ablauf der Entziehungsdauer wieder als verkehrszuverlässig anzusehen ist - sei gesundheitlich pro futuro nicht mehr geeignet. Im Hinblick auf den Berufungsantrag war somit dem Berufungswerber hinsichtlich der Klassen A, B und F vollinhaltlich stattzugeben, betreffend der Klassen C und G ist der Bescheid mangels Anfechtung in Rechtskraft erwachsen. Bemerkt wird, dass es dem Berufungswerber frei steht, jederzeit neuerlich um die Erteilung der Lenkberechtigung der entsprechenden Klassen anzusuchen. Die Behebung des Spruchteiles II war deshalb vorzunehmen, da es letztendlich bei den Klassen A, B und C zu keinem Entzug der Lenkberechtigung gekommen ist und zum anderen, da zum jetzigen Zeitpunkt eine derartige Anordnung verfehlt ist. Dies deshalb, da der Berufungswerber durch die vergangene Zeit bereits seine Einstellung bezüglich des Lenkens von Kraftfahrzeugen mit Alkohol dokumentiert hat (keine weiteren Vorfälle) und selbst die verkehrspsychologische Stellungnahme vom 13. Februar 2004 die Rückfallsgefahr aufgrund dieser Internalisierungsprozesse diesbezüglich minimiert. Dem Berufungsantrag konnte daher vollinhaltlich stattgegeben werden.