TE UVS Steiermark 2006/07/04 30.1-19/2006

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Veröffentlicht am 04.07.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Peter Schurl über die Berufung der Frau A T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Bruck/Mur vom 23.05.2006, GZ: 15.1 8209/2005, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe zumindest bis zum 20.04.2006 das im Bescheid der angeführten Behörde vom 18.03.2003, GZ: 3.0 131-2000/22, geforderte Löschungsprojekt nicht vorgelegt. Sie habe dadurch § 137 Abs. 1 Z 5 WRG i.V.m. § 29 leg.cit. und dem angeführten Bescheid verletzt und wurde über sie gemäß ersterer Vorschrift eine Geldstrafe in Höhe von ? 365,00, im Uneinbringlichkeitsfall 1 Tag, 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt. In ihrer rechtzeitigen Berufung brachte A T vor, es sei ihr auf Grund der angespannten Finanzlage unmöglich, das Wasserkraftwerk zu sanieren. Sie ersuchte daher um neuerliche Prüfung. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark stellt hiezu Nachfolgendes fest: Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aus nachstehenden Gründen zu beheben ist, erübrigt sich ein Eingehen auf die Berufungsausführungen und konnte gemäß § 51 e Abs. 2 VStG auch von der Durchführung einer Verhandlung abgesehen werden. Gemäß § 1 Abs. 1 VStG kann als Verwaltungsübertretung eine Tat (Handlung oder Unterlassung) nur bestraft werden, wenn sie vor ihrer Begehung mit Strafe bedroht war. Sowohl dem gerichtlichen, als auch dem verwaltungsrechtlichen Strafrecht ist somit der Grundsatz nulla poena sine lege immanent. Dabei legt das Verwaltungsstrafrecht den Begriff lex weit aus, da darunter nicht nur Gesetze, sondern auch Verordnungen und behördliche Anordnungen (Bescheide) zu verstehen sind. Im Gegensatz zur Strafbehörde 1. Instanz, welcher es nicht zusteht zu prüfen, ob eine anzuwendende Norm rechtmäßig ist oder nicht, hat der Unabhängige Verwaltungssenat die Verpflichtung, eine solche Prüfung vorzunehmen. Kommt er dabei zum Ergebnis, dass eine Verordnung nicht dem zu Grunde liegenden Gesetz oder ein Gesetz nicht der Verfassung entspricht, hat er vor seiner Entscheidung diese Rechtsfrage dem Verfassungsgerichtshof zur Prüfung vorzulegen. Ebenso hat er dann, wenn seinem Erachten nach die anzuwendende Norm europarechtlichen Vorschriften widerspricht, beim Europäischen Gerichtshof eine Vorabentscheidung zu beantragen. Nicht ausdrücklich geregelt hat der Gesetzgeber, wie der Unabhängige Verwaltungssenat vorzugehen hat, wenn dieser zum Ergebnis kommt, dass der (rechtskräftige) Bescheid, auf den sich ein Straferkenntnis stützt, rechtswidrig ist. Um nicht die Grundsätze des Rechtsschutzgedankens zu verletzen, kann diese Gesetzeslücke nur dadurch gefüllt werden, dass der Unabhängige Verwaltungssenat die Rechtmäßigkeit des verwaltungsbehördlichen Auftrages, dessen Nichterfüllung bestraft wurde, prüft. Diese Interpretation wird durch die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gestützt, der die Nichterfüllung einer behördlichen Anordnung, etwa einer Auflage, nur dann für strafbar hält, wenn sie so klar und eindeutig formuliert ist, dass sie ohne Weiteres vollstreckt werden kann. Das heißt, dass auch in diesem Fall eine Prüfung des zugrunde liegenden Bescheides notwendig ist. Die erkennende Behörde hatte daher zunächst zu prüfen, inwieweit der Auftrag auf Vorlage eines Löschungsprojektes den Bestimmungen des Wasserrechtsgesetzes entspricht. Gemäß § 29 Abs. 1 WRG 1959 hat die zur Bewilligung zuständige Behörde den Fall des Erlöschens eines Wasserbenutzungsrechtes festzustellen und hierbei auszusprechen, ob und inwieweit der bisher Berechtigte aus öffentlichen Rücksichten, im Interesse anderer Wasserberechtigter oder in dem der Anrainer binnen einer von der Behörde festzusetzenden, angemessenen Frist seine Anlagen zu beseitigen, den früheren Wasserlauf wiederherzustellen oder in welcher anderen Art er die durch die Auflassung notwendig werdenden Vorkehrungen zu treffen hat. Die Behörde hat somit von sich aus Maßnahmen vorzuschreiben, welche sich an den Grundsätzen der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit zu orientieren haben. Der Gesetzgeber hat aber nicht vorgesehen, dass die Behörde den abtretenden Wasserberechtigten dazu verpflichten könnte, selbst in einem (zu genehmigenden?) Projekt darzulegen, welche letztmaligen Vorkehrungen er zu treffen beabsichtige. Ein derartiger Auftrag kann auch nicht als gelindestes Mittel angesehen werden. Der Verwaltungsgerichtshof hat etwa zu § 21a WRG, der bis zur Novelle 1995 ebenfalls keine Verpflichtung zur Vorlage eines Projektes für den Wasserberechtigten vorsah, in mehreren Judikaten ausgesprochen, dass ein diesbezüglicher behördlicher Auftrag rechtswidrig sei. Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Bruck an der Mur vom 18.03.2003, GZ: 3.0 131-2000/22, ist somit, wenn auch rechtskräftig, rechtswidrig, sodass dem angefochtenen Straferkenntnis die rechtliche Grundlage entzogen ist. Der Berufung war daher Folge zu geben, der Bescheid zu beheben und das Verfahren einzustellen.

Schlagworte
Wasserbenutzungsrecht Erlöschen Anordnung Löschungsprojekt letztmalige Vorkehrung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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