TE UVS Steiermark 2006/07/05 30.16-88/2005

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Veröffentlicht am 05.07.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl Heinz Liebenwein über die Berufung der Frau H M, vertreten durch Herrn H N, wohnhaft in L, M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Leoben vom 20.07.2005, Zl. S 964/05, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird die Berufung dem Grunde nach abgewiesen. Gemäß § 21 Abs 1 erster Fall VStG wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen.

Text

Mit dem Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der Berufungswerberin zur Last gelegt, sie habe am 22.02.2005 um 10.59 Uhr in L, S gegenüber Hausnummer 15 den PKW, BMW, grau lackiert, auf einer öffentlichen Verkehrsfläche abgestellt gehabt, obwohl an dem Fahrzeug das behördliche Kennzeichen nicht angebracht war, da beide Kennzeichentafeln fehlten. Wegen Verletzung des § 36 lit. b KFG wurde über sie daher gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von ? 72,00, für den Fall deren Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden verhängt. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der unter Hinweis auf die bisherigen Angaben die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt wurde. Nach der Rechtfertigung der Berufungswerberin handle es sich nämlich bei der Tatörtlichkeit um keine öffentliche Verkehrsfläche, was insbesonders durch die an der Einfahrt zum Grundstück angebrachte Tafel dokumentiert werde. Sie habe auf die Rechtswirksamkeit der durch diese Tafel zum Ausdruck gebrachten Benützungsbeschränkung durch Privateigentum vertrauen müssen, weshalb sie auch kein Verschulden treffe. Zufolge dieses Vorbringens fand am 05.07.2006 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark in Graz statt, bei der neben der Berufungswerberin als Partei auch der Zeuge GI A R gehört wurde. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Auf Grundlage des der Berufungsbehörde vorliegenden Verfahrensaktes der Strafbehörde I. Instanz, insbesondere jedoch des Ergebnisses der Berufungsverhandlung vom 05.07.2006 werden zunächst nachstehende Feststellungen getroffen: Der Meldungsleger RI K und der Zeuge GI A R stellten am 22.02.2005 um 10.59 Uhr im Zuge eines Streifendienstes fest, dass in L, S gegenüber dem Objekt Hausnummer 15 ein PKW der Marke BMW ohne behördliche Kennzeichentafeln abgestellt war. Im Zuge einer folgenden, laut der am Fahrzeug angebrachten Begutachtungsplakette durchgeführten Zulassungsfeststellung stellte sich heraus, dass es sich dabei um ein Fahrzeug der nunmehrigen Berufungswerberin handelte, für welches ein Wechselkennzeichen zugelassen war und das von der Berufungswerberin in diesem Bereich abgestellt worden war. Bei der Tatörtlichkeit handelt es sich um eine Zufahrtsstraße zu den Objekten S 13, 15, 17 und 17b in L. Um zur verfahrensgegenständlichen Abstellfläche zu gelangen, welche vom Straßenzug S im Wesentlichen durch einen Maschendrahtzaun abgegrenzt ist, passiert man nach einer kurzen Strecke ein Einfahrtsschild mit der Aufschrift: Privatgrund Zufahrt, Halten und Parken mit Fahrzeugen aller Art verboten! Ausgenommen Bewohner S 13, 15, 17, 17b und Arztbesucher. Bei Zuwiderhandlungen erfolgt Besitzstörungsklage. Dieses Schild steht gleichsam an einer Straßengabelung von der aus man in beiden Richtungen um die besagten Objekte (Wohnsiedlung) herumfahren kann. Im Bereich des großflächigen Häuserblocks befinden sich Flächen zum Abstellen von Kraftfahrzeugen, die nicht markiert oder nummeriert sind und auch keine bestimmte Zuordnung für die Bewohner bzw. Wohnungseigentümer aufweisen. Der gesamte verfahrensgegenständliche Bereich ist aus Sicht der erwähnten Tafel für den Fußgängerverkehr uneingeschränkt benützbar, es besteht für Fußgänger sogar eine Möglichkeit den besagten Häuserblockbereich über die vorhandenen Verkehrsflächen zu überqueren und in Richtung P zu verlassen. Nur aus Sicht der Zugangsmöglichkeit von der P her, existiert laut Angaben des Vertreters der Berufungswerberin ein weiteres Schild, welches unter Hinweis auf einen Privatgrund das Verbot des Begehens dieses Areals von der P aus ausdrückt. Diese Feststellungen ergeben sich aufgrund der durchgeführten Ermittlungsergebnisse, insbesondere des Ergebnisses der Berufungsverhandlung vom 05.07.2006, in deren Rahmen auch Lichtbilder und ein Grundbuchsauszug zur näheren Darstellung der Tatörtlichkeiten in Vorlage gebracht wurden. Der Zeuge Rieger hinterließ einen durchaus glaubwürdigen Eindruck, seine Beobachtungen bezüglich des von der Berufungswerberin tatörtlich abgestellten Kraftfahrzeuges wurden von dieser nicht in Abrede gestellt. Rechtliche Beurteilung Gemäß § 36 lit. b KFG dürfen Kraftfahrzeuge auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur verwendet werden, wenn sie das behördliche Kennzeichen (§ 48) führen. Unter Verwenden ist auch das Abstellen eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr zu verstehen. Das auf die Berufungswerberin zugelassene Kraftfahrzeug war ohne Anbringung der beiden Kennzeichentafeln (Wechselkennzeichen) im Bereich S gegenüber Hausnummer 15 tatzeitlich abgestellt. Gemäß § 1 Abs 1 KFG sind die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes, soferne in Abs 2 nichts anderes festgesetzt ist, von Kraftfahrzeugen und Anhängern, die auf Straßen mit öffentlichem Verkehr (§ 1 Abs 1 StVO) verwendet werden und auf den Verkehr mit solchen Fahrzeugen anzuwenden. Nach ständiger Rechtsprechung gelten als Straßen mit öffentlichem Verkehr solche, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können. Es kommt hiebei auf die tatsächliche Benützbarkeit und die Benützung der betreffenden Flächen an (VwGH 08.04.1987, 85/03/0173; 09.05.1990, 89/03/0197). Der Umstand, dass eine Verkehrsfläche nur von einer bestimmten Gruppe von Verkehrsteilnehmern befahren werden darf, nimmt ihr nicht das Merkmal der Öffentlichkeit. Entscheidend sind für den Verkehrsteilnehmer die äußerlich wahrnehmbaren Verkehrsverhältnisse (UVS für die Steiermark 28.05.1998, GZ: 30.14-172/97). Im Anlassfall muss ein Fahrzeuglenker, um zur Tatörtlichkeit zufahren zu können, zwar an einem Hinweisschild vorbeifahren, welches neben dem Hinweis auf Privatgrund die Zufahrt, das Halten und Parken mit Fahrzeugen aller Art verbietet. Von diesem Verbot ausgenommen sind jedoch die Bewohner der S 13, 15, 17 und 17b sowie vor allem Arztbesucher. Im Ermittlungsverfahren ist hervorgekommen, dass im Objekt S 15 die Ordination eines praktischen Arztes untergebracht ist. Während die Bewohner der angeführten Objekte im Ergebnis individuell bestimmt bzw. bestimmbar sind, ist mit dem Hinweis auf Arztbesucher der solcher Art zur Zufahrt berechtigte Personenkreis von vorne herein gänzlich unbestimmt; es kann an sich jedermann Patient des dort ansässigen Arztes werden. Damit ist aber in rechtlicher Hinsicht von der Existenz einer öffentlichen Straße auszugehen (vgl. VwGH 03.10.1990, Zl. 90/02/0094). Dazu kommt, dass - zumindest - vom Straßenzug S aus, jedenfalls bis zum Abstellplatz des Fahrzeuges der Berufungswerberin aber auch darüber hinaus ein uneingeschränkter und unbehinderter Fußgängerverkehr möglich ist. Auch eine derartige Nutzung spricht für die Existenz einer öffentlichen Straße im Sinne des § 1 KFG bzw. § 1 Abs 1 StVO 1960 (vgl. UVS Vorarlberg 08.02.2006, Zl. 1-008/06). Für die erkennende Behörde steht demnach fest, dass es sich bei der von der Berufungswerberin zum Zwecke des Abstellens ihres Kraftfahrzeuges benützten Stellfläche um eine Straße mit öffentlichem Verkehr gehandelt hat. Hinsichtlich des Verschuldens der Berufungswerberin ist auszuführen, dass für eine Verwaltungsübertretung wie die gegenständliche Fahrlässigkeit genügt. In der Gesamtschau ist der Berufungswerberin zu Gute zu halten, dass angesichts der ihr bekannten Umstände, insbesonders des Hinweises auf der mehrfach erwähnten Tafel bei der Zufahrt zur Tatörtlichkeit, nämlich dass bei Zuwiderhandlungen eine Besitzstörungsklage erfolgen würde, bei ihr durchaus der begründete Eindruck entstehen konnte, dass es sich beim Abstellplatz um eine private Verkehrsfläche handelt. Dieser Eindruck wurde offenbar auch insbesonders dadurch bestärkt, da es sich bei der Tatörtlichkeit dem äußeren Anschein nach um eine vom Straßenzug S baulich (Zaun) abgegrenzte Fläche handelt. Der Berufungswerberin wäre es jedoch offen gestanden, entsprechende Erkundigungen bei den für den Vollzug straßenverkehrsrechtlicher Vorschriften zuständigen Behörden einzuholen, zumal aus ihrem Vorbringen ersichtlich ist, dass es hinsichtlich der Benützungsbeschränkungen jener Liegenschaften, auf der sich das Haus befindet, in welcher die Berufungswerberin wohnt und auf der auch der Abstellplatz liegt Diskussionen bzw. Regelungen über Benützungsbeschränkungen gibt. Solche Erkundigungen hat sie offensichtlich unterlassen, weshalb die erkennende Behörde von einem geringfügigen Verschulden an der ihr zur Last gelegten Verwaltungsübertretung ausgeht. Gemäß § 21 Abs 1 erster Fall VStG kann die Behörde ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. In Anbetracht der Verhandlungsergebnisse, insbesondere des bei der Berufungsverhandlung gewonnenen persönlichen Eindrucks der rechtsunkundigen, verwaltungsstrafrechtlich unbescholtenen Berufungswerberin steht für die erkennende Behörde fest, dass im Anlassfall von einem äußerst geringfügigen Verschulden auszugehen war und auch die Folgen der Übertretung insoferne unbedeutend sind, als es sich um einen, wie glaubhaft versichert wurde, einmaligen Abstellvorgang des betroffenen Kraftfahrzeuges ohne Kennzeichentafeln gehandelt hat und auch der weiteren Rechtfertigung der Berufungswerberin, dass sie ohnedies im Fahrzeug einen Hinweis auf die Zuteilung eines Wechselkennzeichens, respektive dessen Angabe hinterlassen hatte, Glauben geschenkt werden konnte. Es war daher zufolge der Ausführungen zur rechtlichen Beurteilung die Berufung dem Grunde nach abzuweisen, im Sinne des § 21 Abs 1 erster Fall VStG von der Verhängung einer Strafe jedoch abzusehen, zumal es nicht erforderlich ist angesichts der näheren Tatumstände eine Ermahnung auszusprechen.

Schlagworte
Straße öffentlich Ausnahme Arztbesucher
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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