TE UVS Tirol 2006/07/06 2006/23/1180-4

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 06.07.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Beschwerde von Herrn G. W., geb. XY, vertreten durch Mag. M. K., Rechtsanwalt in I., gegen die Bundespolizeidirektion Innsbruck als belangte Behörde nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 iVm §§ 67c Abs1 und 67d Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) sowie § 88 Sicherheitspolizeigesetz (SPG) BGBl Nr 566/1991 zuletzt geändert durch BGBl I Nr 151/2004 wird der Beschwerde teilweise Folge gegeben und festgestellt, dass der Beschwerdeführer durch seine Festnahme am 6.3.2006 gegen 15.10 Uhr, sowie durch die anschließende Verbringung in die Bundespolizeidirektion Innsbruck und dortige Anhaltung bis ca

15.35 Uhr in seinem Recht auf persönliche Freiheit nach Art 1 Abs 4 des Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl Nr 684/1988, verletzt wurde, im übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 79a Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit der Aufwandsersatzverordnung-UVS, Bundesgesetzblatt 855/1995, wird dem Antrag des Beschwerdeführers auf Ersatz der Aufwandsentschädigung Folge gegeben. Die belangte Behörde hat dem obsiegenden Beschwerdeführer Ersatz für den Schriftsatzaufwand in Höhe von Euro 660,80 und den Verhandlungsaufwand in Höhe von Euro 826,00 zu leisten. Der Gesamtbetrag von Euro 1.486,80 ist binnen 14 Tagen nach Zustellung der schriftlichen Ausfertigung dieses Bescheides zu Handen des Beschwerdeführers anzuweisen.

Text

Mit Schriftsatz vom 20.4.2006 erhob G. W. eine Maßnahmenbeschwerde an den Unabgängigen Verwaltungssenat in Tirol. In dieser Beschwerde wird vorgebracht, dass der Beschwerdeführer am 6.3.2006 an einer Kundgebung am Franziskanerplatz im Zusammenhang mit den Demonstrationen gegen das EU-Verteidigungsministertreffen teilgenommen habe. Ca gegen 15.00 Uhr habe er sich zu einer Gruppe von Polizisten gestellt, die gerade ein Gruppenfoto aufgenommen hätten. Daraufhin sei er von den Beamten aufgefordert worden, seine Personalien bekannt zu geben und sei er dieser Aufforderung nachgekommen. Danach sei ein weiterer Polizeibeamter dazu gekommen und hätten ihn festgenommen. In weiterer Folge sei er dann in die Bundespolizeidirektion Innsbruck verbracht worden und dort erkennungsdienstlich behandelt worden und seien von ihm Fotos aufgenommen worden. Da die handelnden Organe der Bundespolizeidirektion Innsbruck nicht zu den getroffenen Maßnahmen berechtigt gewesen seien, wurde beantragt, die Festnahme sowie die erkennungsdienstliche Behandlung in Beschwerde zu ziehen und festzustellen, dass der Beschwerdeführer dadurch in seinen Rechten verletzt worden sei.

 

Aufgrund dieses Sachverhaltes wurde die Bundespolizeidirektion Innsbruck zur Aktenvorlage und Stellungnahme aufgefordert und kam sie dieser Aufforderung nach und legte eine umfassende Stellungnahme vor.

 

Aufgrund des vorliegenden Sachverhaltes fand am 6.7.2006 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer der Beschwerdeführer der Verhandlung unentschuldigt fern blieb. In weiterer Folge wurde der den damaligen Einsatz leitende Polizeioffizier als Zeuge vernommen und machte dieser folgende Angaben:

?Ich kann mich an diese Veranstaltung noch erinnern. Ich war damals für die Stadtsicherung verantwortlich. Mir ist damals mitgeteilt worden, dass sich Demonstranten am Kapuzinerplatz befinden würden und dass dort auch Angehörige des Schwarzen Blockes dabei seien. Ich bin daher gemeinsam mit meinem Kollegen G. S. zum Franziskanerplatz gegangen und habe Beamte im Bereich des Franziskanerbogens aufgestellt. Ich bin dann mit dem Kollegen Stix weitergegangen in Richtung Museumstraße und ist mir dort der Beschwerdeführer dann das erste Mal aufgefallen.

 

Mit unsere Aufgabe war es damals im Bereich der Museumstraße die Teilnehmer der Versammlung von den unbeteiligten Passanten abzugrenzen und ein freies Passieren der Museumstraße zu ermöglichen. Bei diesem Überwachungsdienst sind wir immer wieder von den Angehörigen des Schwarzen Blockes gestört worden. Zum Einen haben sie immer wieder versucht, uns in Gespräche zu verwickeln und sind auch immer wieder zwischen unseren Einteilungen hin und her gesprungen. Bei der Veranstaltung am Franziskanerplatz hat es um eine angemeldete Demonstration nach dem Versammlungsgesetz gehandelt. Beim Schwarzen Block handelt es sich um eine Gruppe von Personen, die durch ihre einheitliche Kleidung erkennbar sind. Sie treten bei Demonstrationen auch vermummt auf. So sind sie etwa bei einer Demonstration am Vortag gegen die EU-Präsidentschaft vermummt aufgetreten.

 

Bei der Versammlung am Franziskanerplatz waren die selben Personen mit derselben Kleidung anwesend. Allerdings waren sie zu diesem Zeitpunkt nicht vermummt.

 

Als mir der Beschwerdeführer das erste Mal auffiel, stand ich mit meinen Leuten an der Ecke Museumstraße/Franziskanerplatz bei der Parfumarie Mariounnand. Wir haben damals zuvor bereits mehrere Personen aufgefordert, sich an der Veranstaltung zu beteiligen und uns in Ruhe zu lassen. Wir standen damals ca 20 m von der Versammlung entfernt. Der Beschwerdeführer selbst hat sich an diese Aufforderungen nicht gehalten und ist immer wieder zwischen uns herum gesprungen und auch mit den Händen vor unseren Gesichtern herumgefuchtelt. Auf Vorhalt der Angaben in der Beschwerde sowie in der Stellungnahme meines Kollegen GI S. gebe ich an, dass ich von einem Foto nichts mitbekommen habe. Ich bin dann auch nicht immer stationär bei meinen Leuten an der Ecke des Franziskanerplatzes. Als ich dann gekommen bin, sind auf meine Aufforderung hin eigentlich alle Jugendlichen mit Ausnahme des Beschwerdeführers gegangen und ist dieser dann auch vor mir hin und her gesprungen. Ich kann heute nicht mehr alles angeben, was der Beschwerdeführer damals alles sagte, aber er hat eindeutig mich beschumpfen. Es waren auch Worte wie ?Arschloch? dabei.

 

Ich habe den Beschwerdeführer mehrfach abgemahnt. Ich wurde auch von nebenstehenden Passanten darauf angeredet, was wir uns alles gefallen lassen müssten. Nachdem mir der Beschwerdeführer bei seinem Herumschreien und Herumfuchteln immer näher gekommen ist, habe ich ihm dann irgendwann angedroht, dass, wenn er das jetzt nicht lasse, dass ich ihn festnehmen lassen würde. Nachdem der Beschwerdeführer weiter machte, habe ich dann dem GI S. den Auftrag erteilt, den Beschwerdeführer festzunehmen und die Festnahme auszusprechen. Nachdem mein Kollege S. die Festnahme ausgesprochen hat, hat er ihn nach seinen Dokumenten gefragt. Daraufhin hat der Beschwerdeführer herumzuschreien begonnen. Ich habe dann über Funk den Arristantenwagen gerufen und ist jedoch vorher eine andere Gruppe bei uns eingetroffen. Letztendlich hat dann diese Streife den Beschwerdeführer mitgenommen und ist dies dann sehr rasch gegangen. Auf das Schreien des Beschwerdeführers hin, sind ihm ca 10 bis 12 andere Personen zu Hilfe gekommen und hatten wir dann ziemliche Arbeit, um eine Eskalation zu verhindern und wurde aus diesem Grund danach der Beschwerdeführer raschestmöglich mitgenommen. Die Beamten, die damals am Rand des Franziskanerplatzes waren, sind nach meiner Einschätzung als geschlossene Formation aufgetreten und war daher das zwischen ihnen Durchspringen der Versammlungsteilnehmer störend. Da die Beamten alle bewaffnet waren und mit Schlagstöcken ausgerüstet waren, habe ich darauf geachtet, dass zwischen den einzelnen Beamten niemand hin und her springt. Ich schätze, dass die Beamten damals ca 0,5 m bis 1 m voneinander entfernt standen.

 

Mit dem Beschwerdeführer selbst hatte ich eigentlich keine Kommunikation, sondern hat er uns nur beschimpft. Nach meiner Einschätzung erfolgte die Festnahme damals zum Einen, weil er sich trotz mehrerer Abmahnungen in seinem Verhalten beharrte und weil er nach Aufforderung seine Identität nicht bekannt gab. Letztendlich wurde er dann aber auch deshalb weggebracht, um eine weitere Eskalation der Situation zu verhindern. Im Zuge der damaligen Versammlung wurde im Bereich des Polizeigefangenenhauses eine Arristantensammelstelle eingerichtet. Nachdem ich GI S. den Auftrag zur Festnahme gab, bin ich davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer zu dieser Sammelstelle gebracht wird und dass er dann dort nachdem er sich beruhigt hat und seine Identität festgestellt wurde, wieder entlassen wird. Wenn ich gefragt werde, ob ich bei der unmittelbaren Festnahme und Verbringung des Beschwerdeführers in den Streifenwagen anwesend war, so gebe ich an, dass ich da nicht mehr dabei war. Hierzu kann ich keine Angaben machen.

 

Wenn ich gefragt werde, wann ich den Beschwerdeführer das erste Mal gesehen habe, so gebe ich an, als ich damals zum Versammlungsort kam, war er bereits anwesend. Er war einer jener Personen, die von Anfang an gestört haben.

 

Auf Nachfrage gebe ich an, dass mein Auftrag an den GI S. klar lautete, den Beschwerdeführer festzunehmen. Auf Vorhalt meiner Angaben im Bericht vom 7.6.2006 demzufolge der Grund für die Festnahme die Nichtbefolgung der Ausweisleistung gewesen sei, gebe ich an, dass dies damals Hand in Hand gegangen ist. Die Festnahme selbst wurde vom GI S. ausgesprochen. Zu dem, was beim Abtransport bzw beim Polizeianhaltezentrum passiert ist, kann ich keine Angaben machen, da war ich nicht dabei. Es gab damals die Anweisung, dass all jene, die bei dieser Veranstaltung störten oder strafbare Handlungen setzten oder Tatbestände nach dem StGB verwirklichten in das Anhaltezentrum in der Bundespolizeidirektion zu bringen und dort die Amtshandlung durchzuführen sei. Begründet war dies damals damit, dass, wenn man die Daten vor Ort nicht aufnehmen kann, man eine Person dahin bringen muss, wo man diese Daten dann aufnehmen kann. Auf Nachfrage gebe ich an, dass die Daten des Beschwerdeführers damals deshalb verlangt worden sind, weil er sein störendes Verhalten trotz Abmahnung nicht eingestellt hat, wobei die Abmahnungen mehrmalig erfolgten.

 

Betonen möchte ich noch, dass dieses Anhaltezentrum nur für jene Personen gedacht war, die rechtmäßig festgenommen worden sind und deren Daten vor Ort nicht feststellbar waren. Wenn ich gefragt werde, ob damals im Anhaltezentrum auch Fotos angefertigt wurden, so gebe ich an, dass eine erkennungsdienstliche Behandlung und auch ein Fotografieren im Zusammenhangt mit verwaltungsrechtlichen Übertretungen nicht vorgesehen ist und auch nicht gemacht wurde. Es wurde damals im Zuge der Amtshandlung an der Ecke Franziskanerplatz/Museumstraße auch allfällige anwesende Personen gefragt, ob jemand den Beschwerdeführer kennen würde. Dies wurde jedoch von niemandem bejaht.?

 

Weiters wurde jener Polizeibeamter, der die unmittelbare Festnahme durchführte als Zeuge vernommen und machte dieser folgende Angaben:

 

?Mir ist der Beschwerdeführer damals erstmals aufgefallen an der Ecke Franziskanerplatz/Museumstraße. Der Beschwerdeführer hat damals vor uns herumgeschrieen und sich gebärdet. Ich habe ihn daher aufgefordert, das einzustellen. Auf Vorhalt der Angaben in der Beschwerde sowie in meiner Stellungnahme gebe ich an, dass damals am Franziskanerplatz ums Eck in der Museumstraße gerade eine Gruppe Polizisten sich für ein Gruppenfoto zusammengestellt hatte, als der Beschwerdeführer zwischen diesen herum sprang. Ich habe den Beschwerdeführer dann abgemahnt und ist er daraufhin immer aggressiver geworden. Ich habe ihn dann aufgefordert, seine Personalien bekannt zu geben und kann ich heute nicht mehr angeben, ob er damals sagte, dass er keinen Ausweis habe oder er mir diesen nicht zeigen wolle. Jedenfalls leistete er der Identitätsfeststellung keine Folge. ich habe ihm dann mitgeteilt, dass wir ihn dann zur nächsten Dienststelle mitnehmen würden und dass dies die Bundespolizeidirektion sei. Nachdem ich dem Beschwerdeführer mitgeteilt habe, dass wir ihn mitnehmen würden, hat er angefangen um Hilfe zu schreien und ist dann eine Gruppe und ca 10 bis 12 Personen auf uns zugelaufen. Da zu diesem Zeitpunkt dann auch eine Streife eingetroffen ist, haben wir ihn in diese Streife verfrachtet und mitgenommen, um eine weitere Eskalation der Situation zu verhindern. Wie der Beschwerdeführer in den Streifenwagen verfrachtet wurde und abtransportiert wurde, war ich nicht dabei. Ich habe damals dem eintreffenden Streifenführer nur mitgeteilt, dass diese Person mitzunehmen und nach einer Identitätsfeststellung wieder auszulassen sei. Zu einer allfälligen Personsdurchsuchung kann ich keine Angaben machen.

 

Ich habe dem Beschwerdeführer damals mitgeteilt, dass er eine Verwaltungsübertretung begangen habe und dass wir seine Identitätsdaten bräuchten. Die Festnahme selbst habe ich nicht ausgesprochen. Wenn ich gefragt werde, ob ich etwas von einer Dienstanweisung weiß, dass im Zusammenhang mit dieser Veranstaltung allfällige auffällige Personen in das Polizeianhaltezentrum zu bringen seien, so gebe ich an, dass ich davon nichts weiß. Ich weiß auch nichts von einer Anordnung, dass von ins Polizeianhaltezentrum gebrachten Personen Lichtbilder anzufertigen seien. Wenn ich gefragt werde, ob ich etwas von einer Videoüberwachung des Franziskanerplatzes weiß, so gebe ich an, dass sich dies meiner Kenntnis entzieht, ich jedoch davon nichts weiß.?

 

Letztendlich wurde noch jener Polizeibeamte vernommen, der den Beschwerdeführer damals in die Bundespolizeidirektion Innsbruck verbrachte und dort die weitere Amtshandlung durchführte:

?Ich kann mich an jenen Vorfall noch erinnern. Ich war damals als Gruppenkommandant eingeteilt und befand mich mit meinen Leuten in der Nähe des Franziskanerplatzes. Ich hörte dann über Funk, dass dringend ein Arristantenwagen angefordert worden war und habe ich mich selbständig zur Unterstützung dorthin begeben. Die zuvor liegende Amtshandlung habe ich nicht mitbekommen und wusste ich nicht, um was es damals ging. Als wir am Franziskanerplatz eintrafen, befanden sich Obstlt. S. und mein Kollege RI S. gemeinsam mit dem Beschwerdeführer an der Ecke des Franziskanerplatzes zur Museumstraße bei der dortigen Parfumarie Mariounnand. Zum Zeitpunkt unseres Eintreffens fand am Franziskanerplatz eine Versammlung statt, an der nach meiner Schätzung ca 50 bis 100 Personen teilgenommen haben. Hinter ihnen befanden sich Angehörige des sogenannten ?Schwarzen Block?. Hiebei handelt es sich nach meiner Einschätzung um eine linke Organisation, die dadurch auffällt, dass sie bei Versammlungen immer vermummt und einheitlich schwarz gekleidet auftritt und immer für Unruhe sorgt.

 

Ich habe damals auch den Beschwerdeführer aufgrund seines Äußeren zum Schwarzen Block gerechnet. Ich weiß heute nicht mehr, was er genau anhatte, aber mit Sicherheit etwas mit einer schwarzen Kapuze. Der Beschwerdeführer war bei meinem Eintreffen jedoch nicht vermummt.

 

Um eine weitere Eskalation der Amtshandlung zu vermeiden, haben wir den Beschwerdführer dann einige Meter in die Museumstraße gebracht. Nachdem wir ihn ums Eck in die Museumstraße gebracht haben, hat er aber noch lauter geschrieen. Aus diesem Grund haben wir dann beschlossen, ihn ins Anhaltezentrum der Bundespolizeidirektion zu bringen und dort die Amtshandlung in Ruhe zu beenden. Mich hat damals nicht interessiert, ob der Beschwerdeführer eine Verwaltungsübertretung oder Gerichtsdelikt gesetzt hat, sondern wollte ich diese Situation nur deeskalieren.

Ich habe damals zu keinem Zeitpunkt die Festnahme ausgesprochen und habe dies auch nicht von anderen Kollegen mitbekommen. Es war eigentlich auch nicht so, dass man den Beschwerdeführer damals abgemahnt hat sondern man hat damals einfach mit ihm gemacht. Wir haben ihm jedoch von vorne herein gesagt, dass wir mit ihm in die Kaiserjägerstraße fahren und dass er dort dann nach Abschluss der Amtshandlung wieder ausgelassen würde.

 

Der Beschwerdeführer ist dann mit einem Fixiergriff in das Fahrzeug verfrachtet worden. Welcher Fixiergriff dies genau war, kann ich heute nicht mehr angeben.

 

Wir haben den Beschwerdeführer dann in die Bundespolizeidirektion Innsbruck gebracht. Nachdem wir den Beschwerdeführer in der Bundespolizeidirektion in das Anhaltezentrum gebracht hatten (wir waren zu diesem Zeitpunkt zu fünft), haben ihn zwei Beamte durchsucht und die restlichen drei Beamten haben inzwischen eine EKIS-Anfrage durchgeführt.

 

Wenn ich gefragt werde, warum wir ihn damals durchsucht haben, so gebe ich an, dass ich dies heute nicht mehr angeben kann. Auf Vorhalt der im Akt befindlichen Anhaltemeldung (Beilage A) des heutigen Protokolles) gebe ich an, dass es so war, dass bereits bei der Anhaltung in der Museumstraße der Beschwerdeführer von zwei Beamten festgehalten und von einem Anderen grob abgetastet wurde, ob er Gegenstände mit sich führte. Ich kann heute jedoch nicht mit Sicherheit angeben, ob wir bereits zu diesem Zeitpunkt oder erst bei der Durchsuchung in der Bundespolizeidirektion den auf der Beilage

A) erwähnten bürotechnischen Gegenstand gefunden haben. Bei diesem Gegenstand hat es sich um eine Rakete ohne Trägerstab gehandelt.

 

Ich weiß, dass es damals eine Anweisung gab, dass von uns angehaltene Personen zu fotografieren sind. Ich weiß jedoch nicht, ob das dann auch tatsächlich gemacht wurde. Ich kann jedoch ausschließen, dass der Beschwerdeführer erkennungsdienstlich behandelt worden ist bzw dass ihm Fingerabdrücke abgenommen worden sind. Ich schätze, dass die Gesamtdauer der Anhaltung des Beschwerdeführers ca 20 bis 25 Minuten gedauert hat. Gerechnet ab jener Zeit, wo wir ihn in der Museumstraße übernommen haben: Im Polizeigefangenenhaus ist er nach Durchführung einer Terminal- und Meldeanfrage sofort wieder enthaftet worden. Der Beschwerdeführer war damals der einzige Festgenommene. Die Personsdurchsuchung ist im Vorraum des Anhaltezentrums durchgeführt worden und die Terminalanfrage habe ich selbst gemacht. Es ist damals alles zügig vorangegangen, zumal wir weder eine Verfügung einholen mussten noch irgendwo Wartezeiten hatten.

 

Auf Nachfrage des Rechtsvertreters des Beschwerdeführers gebe ich an, dass ich von Videoaufzeichnungen am Franziskanerplatz nichts weiß. Ich kann heute nicht mehr angeben, wie sich der Beschwerdeführer damals legitimiert hat. Wenn er ein Dokument mit sich geführt hat, dann müsste ich das eigentlich festgehalten haben. Anderenfalls wird eine Meldeanfrage durchgeführt. Ich möchte nochmals darauf hinweisen, dass ich heute nicht mehr weiß, ob er damals einen Ausweis mit hatte oder nicht. Aber wenn er einen Ausweis mitgeführt hat, dann halte ich das bei der Identitätsfeststellung fest. Wenn ich gefragt werde, ob ich mich erinnern kann, dass es damals insofern einen Zwischenfall mit dem Dokument des Beschwerdeführers gegeben hat, dass er dies im Polizeianhaltezentrum vergessen habe und dies einige Zeit später von einer dritten Person abgeholt worden sei, so gebe ich an, dass ich mich daran nicht erinnern kann. Unser Ziel war es, die damalige Veranstaltung, das EU-Verteidigungsministertreffen, möglichst ruhig und diskret über die Bühne zu bringen. Wir hatten daher von der Polizei aus die Vorgabe, diese Versammlungen möglichst ohne Zwischenfälle und ohne mediales Aufsehen über die Bühne zu bringen. Es ist bei uns so üblich, es ist unsere Arbeitsweise, dass, wenn wir jemanden mitnehmen, dass wir zur nächstgelegenen Dienststelle fahren. Was aus dem erkennungsdienstlichen Foto wurde, das man im Anhaltezentrum angefertigt hat, kann ich nicht angeben. Ich weiß nur, dass wenn wir es dort machen, dass wir es mit der dortigen Kamera fotografieren. Ich weiß nur, dass damals als wir dazu gekommen sind, am Franziskanerplatz mit dem Beschwerdeführer bereits ein großer Wirbel war. Ich kann heute nicht mehr angeben, wie viel Beamte damals vor uns anwesend waren. Ich kann mich nur an meine zwei Kollegen S. und S. erinnern. Es war zwar am Franziskanerplatz zu diesem Zeitpunkt Polizei anwesend, allerdings war diese nicht mobil, sondern mit anderen Stationen gebunden. Ich kann heute nicht angeben, wer damals die Durchsuchung des Beschwer

deführers durchgeführt hat.

 

Ich habe keine Kenntnis davon, dass zum damaligen Zeitpunkt am Franziskanerplatz eine Schutzzone oder ein Platzverbot oder sonstige Verordnungen nach dem SPG gegolten hätten.?

 

Weiters wurde Beweis aufgenommen durch die Einsicht in interne Aufzeichnungen der Bundespolizeidirektion Innsbruck sowie in eine Verwaltungsanzeige gegen den Beschwerdeführer.

 

Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens ergibt sich folgender Sachverhalt:

Am 6.3.2006 fand am Nachmittag am Franziskanerplatz in 6020 Innsbruck eine angemeldete Versammlung im Zusammenhang mit dem Treffen der Verteidigungsminister der Europäischen Union statt. An dieser Versammlung nahm unter anderem auch der Beschwerdeführer teil. Im Zuge der Versammlung kam es ca gegen 15.00 Uhr im Bereich Ecke Franziskanerplatz/Museumstrasse 1 zu Störungen des bis dahin ruhigen Ablaufs der Versammlung durch Handlungen des Beschwerdeführers und weiterer Personen. Im Zuge dieser Störungen wurde der Beschwerdeführer vom Einsatzleiter der Polizeikräfte aufgefordert, sein Verhalten einzustellen und wieder an der Versammlung teilzunehmen und weiteren Fußgängerverkehr nicht zu behindern. Der Beschwerdeführer verharrte jedoch in seinen Störungen, die sich durch lautes Reden und Schreien bzw Rumgestikulieren und Herumspringen zwischen den Polizeibeamten äußerte. Der Beschwerdeführer wurde daraufhin abgemahnt und zur Ausweisleistung aufgefordert. Diesen beiden Aufforderungen kam der Beschwerdeführer jedoch nicht nach. In weiterer Folge wurde die Amtshandlung an einen anwesenden Polizeibeamten weiter gegeben und fasste dieser dies offensichtlich so auf, dass der Beschwerdeführer bereits festgenommen worden sei und veranlasste dieser Beamte den Abtransport des Beschwerdeführers in die Bundespolizeidirektion Innsbruck. Dieser Abtransport zum Teil mit physischer Gewalt wurde von einem dritten Polizeibeamten, der eine Gruppe von Einsatzkräften führte, durchgesetzt.

 

Tatsächlich wurde jedoch zu keinem Zeitpunkt explizit eine Festnahme gegenüber dem Beschwerdeführer ausgesprochen. Während der erste amtshandelnde Einsatzleiter der Polizei diesen nur ermahnte und zur Ausweisleistung aufforderte ging der zweite Beamte bereits von einer durchgeführten Festnahme aus und veranlasste nur mehr den Abtransport ohne weiters den Beschwerdeführer über die Sach- und Rechtslage in Kenntnis zu setzen. Der dritte Beamte, der dann die Festnahme selbst durchführte und den Beschwerdeführer in die Bundespolizeidirektion Innsbruck verbrachte und dort eine Personsfeststellung durchführte, nach deren Abschluss der Beschwerdeführer unverzüglich frei gelassen wurde, gab an, dass nach seinem Dafürhalten die Festnahme lediglich zur Identitätsfeststellung erfolgt sei und dass diese ohne weitere Probleme möglich gewesen sei.

 

Gemäß § 67a Abs 1 Z 2 AVG entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern über Beschwerden von Personen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein, ausgenommen in Finanzstrafsachen des Bundes.

Außerdem entscheiden die Unabhängigen Verwaltungssenate gemäß § 88 Abs 1 SPG über Beschwerden von Menschen, die behaupten, durch die Ausübung unmittelbarer sicherheitsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt worden zu sein. Die Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehlsgewalt und Zwangsgewalt liegt dann vor, wenn ein Verwaltungsorgan im Rahmen der Hoheitsverwaltung eindeutig einen Befehl erteilt oder Zwang ausübt und dieser Akt gegen individuell bestimmte Adressaten gerichtet ist (Hinweis Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechtes, 07te Aufl, Wien 1992, Randzahl 608).

 

Zum Recht auf persönliche Freiheit:

Gemäß Art 5 EMRK hat jeder Mensch ein Recht auf Freiheit und Sicherheit, wobei die Freiheit einem Menschen nur in den in diesem Artikel genannten Fällen entzogen werden darf. Die in Art 5 EMRK gewährleistete persönliche Freiheit schützt jedermann vor einem willkürlichen Freiheitsentzug durch den Staat. Als Freiheitsentziehung sind Maßnahmen der staatlichen Gewalt zu verstehen, durch die jemand gegen seinen Willen an einem bestimmten, begrenzten Ort für eine gewisse Dauer festgehalten wird. Bei der Beurteilung, ob eine Freiheitsentziehung im Sinn des Art 5 leg cit vorliegt, ist auf die konkrete Situation des Betroffenen abzustellen, wobei es dabei nicht auf die Dauer der Freiheitsentziehung ankommt (Vgl Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention, 2003, 177.).

Die Bestimmungen des Art 1 Bundesverfassungsgesetzes vom 29. November 1988 über den Schutz der persönlichen Freiheit, BGBl Nr 684/1988 lauten:

(1) Jedermann hat das Recht auf Freiheit und Sicherheit (persönliche Freiheit).

(2) Niemand darf aus anderen als den in diesem Bundesverfassungsgesetz genannten Gründen oder auf eine andere als die gesetzlich vorgeschriebene Weise festgenommen oder angehalten werden.

(3) Der Entzug der persönlichen Freiheit darf nur gesetzlich vorgesehen werden, wenn dies nach dem Zweck der Maßnahme notwendig ist; die persönliche Freiheit darf jeweils nur entzogen werden, wenn und soweit dies nicht zum Zweck der Maßnahme außer Verhältnis steht.

(4) Wer festgenommen oder angehalten wird, ist unter Achtung der Menschenwürde und mit möglichster Schonung der Person zu behandeln und darf nur solchen Beschränkungen unterworfen werden, die dem Zweck der Anhaltung angemessen oder zur Wahrung von Sicherheit und Ordnung am Ort seiner Anhaltung notwendig sind.

 

Gemäß § 35 VStG dürfen die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außer den gesetzlich besonders geregelten Fällen Personen, die auf frischer Tat betreten werden, zum Zweck ihrer Vorführung vor die Behörde festnehmen, wenn

1. der Betretene dem anhaltenden Organ unbekannt ist, sich nicht ausweist und seine Identität auch sonst nicht sofort feststellbar ist,

2. begründeter Verdacht besteht, dass er sich der Strafverfolgung zu entziehen suchen werde, oder

3. der Betretene trotz Abmahnung in der Fortsetzung der strafbaren Handlung verharrt oder sie zu wiederholen sucht.

 

Aufgrund der zum Teil widersprechenden Aussagen der einvernommenen Polizeibeamten konnte nicht festgestellt werden, aus welchem der drei Gründe des § 35 VStG die Festnahme des Beschwerdeführers erfolgte. Während sich die Aussagen des leitenden Offiziers auf einen Festnahmegrund nach § 35 Z 3 VStG beziehen, ist die weitere Amtshandlung auf einen Festnahmegrund nach § 35 Z 1 VStG aufgebaut. Dafür sprechen insbesondere auch die Angaben des dritten Polizeibeamten, der die Festnahme nach Feststellung der Identität in den Räumlichkeiten der Bundespolizeidirektion Innsbruck unverzüglich wieder aufhob. Weiters unbestritten blieb jedoch, dass der Beschwerdeführer zum damaligen Zeitpunkt seinen Reisepass mit sich führte und insofern eine Verbringung in die Bundespolizeidirektion Innsbruck rein zur Identitätsfeststellung nicht den Vorgaben des § 35 VStG entspricht.

 

Da es sich bei dem Grundrecht auf persönliche Freiheit um eines der fundamentalsten Rechte in einer Demokratie handelt, ist bei einem Eingriff in dieses Recht mit besonderer Sorgfalt vorzugehen und hat eine nachfolgende Prüfung dementsprechend strenge Maßstäbe anzulegen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass eine Festnahme neben einer ausreichenden Dokumentation auch einem klaren Festnahmegrund bedarf und dieser beim vorliegenden Sachverhalt nicht festgestellt werden konnte und war daher der Beschwerde in diesem Umfang Folge zu geben.

 

Aus den Aussagen des dritten Beamten ergibt sich jedoch zweifelsfrei, dass eine erkennungsdienstliche Behandlung, wie sie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerde vorbringt, nicht stattgefunden hat. Da der Beschwerdeführer trotz ausgewiesener Ladung der Verhandlung fern geblieben ist, steht für den Unabgängigen Verwaltungssenat in Tirol in Anlehnung an die glaubwürdige Zeugenaussage des einvernommenen Polizeibeamten fest, dass eine erkennungsdienstliche Behandlung nicht stattgefunden hat und war in diesem Umfang der Beschwerde nicht zu folgen.

 

Wie aus § 67c Abs 3 AVG unmissverständlich hervorgeht, ist einer Person, die behauptet, durch Ausübung verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt verletzt zu sein, kein subjektivöffentliches Recht dergestalt eingeräumt worden, dass sie Anspruch auf Feststellung erhalte, in welchen einzelnen Rechten sie verletzt wurde. Das subjektiv-öffentliche Recht besteht nur darin, dass der angefochtene Verwaltungsakt für rechtswidrig erklärt wird. Stellt der unabhängige Verwaltungssenat die Rechtswidrigkeit - gleichgültig aus welchem Grund auch immer - fest, so braucht er sich nicht mehr damit auseinander zu setzen, ob die Beschwerdeführerin allenfalls in weiteren Rechten verletzt wäre und der angefochtene Verwaltungsakt auch aus diesen Rechtsverletzungen rechtswidrig wäre. Die Beschwerdeführerin könnte durch den angefochtenen Bescheid nur dann in einem subjektiv-öffentlichen Recht verletzt sein, wenn es sich nicht um einen Verwaltungsakt, sondern um mehrere selbständige Akte handelte, und dann auch nur in dem Fall, wenn der Unabhängige Verwaltungssenat nicht alle selbständigen Akte für rechtswidrig erklärt hätte (vgl E VwGH 2. Juni 1998, Zl 97/01/0754).

 

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 79a AVG, wonach die im Verfahren nach § 67a AVG obsiegende Partei Anspruch auf Ersatz ihrer Aufwendungen durch die unterlegene Partei hat. Die Höhe der Beträge richtet sich nach der UVS-Aufwandsersatzverordnung.

Schlagworte
Da, es, sich, bei, dem, Grundrecht, auf, persönliche, Freiheit, um, eine, der, fundamentalsten, Rechte, der, Demokratie, handelt, ist, bei, einem, Eingriff, in, dieses, Recht, mit, besonderer, Sorgfalt, vorzugehen, Festnahmegrund
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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