Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Rudolf Rieser über die Berufungen der Frau Mag. C. S.-D., geb am XY, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Ferdinand Kalchschmid, XY-Str 2-4, I., einerseits gegen die Abweisung des Antrages vom 27.12.2005 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand durch Bescheid der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 20.02.2006, Zl S-7662/05, und andererseits gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion vom 14.10.2005, Zl S-7662/05, nach Durchführung von öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 20.04.2006, 13.06.2006 und 10.07.2006, wie folgt:
I.)
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben und die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 AVG bewilligt.
II.)
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm den §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird zu Spruchpunkt 1. des erstinstanzlichen Straferkenntnisses der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis in diesem Punkt behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Im Übrigen (zu Spruchpunkt 2.) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat die Berufungswerberin daher einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 20,00 zu bezahlen.
zu Spruchpunkt I.) ? Wiedereinsetzung in den vorigen Stand:
Die Erstbehörde wies mit ihrem eingangs zitierten Bescheid den Antrag der Beschuldigten vom 27.12.2005 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand im Zusammenhang mit der Versäumung der Berufungsfrist zum vorher ergangenen und ebenso eingangs zitierten Straferkenntnis ab.
Die Berufungsbehörde hat darüber wie folgt erwogen:
Gemäß § 71 AVG ist ua gegen die Versäumung einer Frist auf Antrag der Partei, die durch die Versäumung einen Rechtsnachteil erleidet, die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen, wenn ua (Z 1) die Partei glaubhaft macht, dass sie durch ein unvorhergesehenes oder unabwendbares Ereignis verhindert war, die Frist einzuhalten und sie kein Verschulden oder nur ein minderer Grad des Versehens trifft.
Zur Begründung der Fristversäumnis führte der Wiedereinsetzungswerber (Rechtsvertreter) in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom 20.04.2006 folgendes aus:
?Ich habe in der XY -Straße 2-4 im dritten Stock eine Rechtsanwaltskanzlei. Die Kanzlei ist ohne Mitarbeiter besetzt. Ich komme für gewöhnlich jeden Tag um ca 08.10 Uhr ins Büro. Beim Haupteingang befindet sich eine Hauspostfachanlage. In dieser Hauspostfachanlage habe ich ein Fach für die Rechtsanwaltskanzlei. Dieses Fach wird immer von mir persönlich geleert. Wenn Rückscheinbriefe zuzustellen sind, erkundigt sich der Briefträger über die Sprechanlage, ob ich im Büro bin, wenn ja, dann werden die Rückscheine zu mir ins Büro gebracht, wo ich die Übernahme bestätige. Wenn ich nicht im Büro bin, werden Hinterlegungsanzeigen in meinem Postfach hinterlegt. Ich nehme am Morgen als erstes immer die Post von meinem Postfach mit ins Büro. Dort werden Verständigungen, wie Hinterlegung von mir gewissenhaft aussortiert. Diese werden in ein eigenes Fach gegeben. Dieses Fach ist für meinen Postboten Herrn M. W. bestimmt. Dieser kommt jeden Tag gegen 09.15 Uhr zu mir ins Büro, nimmt den Postauslauf und die Hinterlegungsanzeigen mit, geht dann zur Hauptpost, dort gibt er den Postausgang auf und übernimmt in meinem Auftrag die Rückscheinbriefe. Dies geschieht an jeden Werktag. Herr M. ist Pensionist und macht diese Postbotendienste nicht nur für mich, sondern für mehrere Rechtsanwaltskanzleien in der näheren Umgebung. Es handelt sich hierbei um den Vater des Herrn Rechtsanwalt E. M. Herr M. macht diese Tätigkeit für mich seit mehr als zwei Jahren. Festhalten möchte ich, dass die Entleerung des Postfaches und die Mitnahme der Post in meine Kanzlei immer von mir selbst durchgeführt wird. Im gegenständlichen Falle ist es mir nicht erklärbar, wo der Rückschein verloren gegangen ist. Dieser kann entweder gar nicht im Postfach gewesen sein, er kann beim herauf tragen verloren gegangen sein. Dies kann zwar fast ausgeschlossen werden, da ich sehr aufpasse, dass nichts heraus fällt. Es könnte auch sein, dass sich die Verständigung in der restlichen Post verflüchtigt hat. Weiters wäre es möglich, dass Herr M. den Rückschein verloren hätt e, was ich mir aber auch nicht vorstellen kann, da dies noch nie der Fall war. Herr M. hat mir auch berichtet, dass es schon ab und zu vorkommt, dass bei der Post auf Grund einer Hinterlegungsanzeige mehrere Tage der dazugehörige Rückscheinbrief gesucht wird. Für diesen Zweck wird der Hinterlegungszettel beim Postamt belassen. Dies kommt dann häufig vor, wenn oberhalb meines Namens, wie im gegenständlichen Falle der Name des Betroffenen, im gegenständlichen Fall Mag. C. S. ?D. geschrieben ist und die Hinterlegungsanzeige auf meinen Namen ausgestellt wird, da der Postbeamte dann in meinem Fach diesen Brief nicht finden kann und die restlichen Rückscheinbriefe durchschauen muss. Ich bin mir keiner Schuld bewusst. Ich habe eine ordnungsgemäße Organisation. Es ist bislang nie zu Schwierigkeiten gekommen. Es hätte auch deshalb keine andere Organisation bedurft.
Ich bin sehr ordentlich, ich bin sehr bemüht, dass alles ordnungsgemäß abläuft. Mit Herrn M. habe ich an und für sich einen sehr verlässlichen und präzisen Mitarbeiter für meine Postangelegenheiten. Mir ist es in den letzten Jahren in zwei Fällen bekannt geworden, dass Herr M. zu mir gekommen ist, dass sie beim Hauptpostamt einen Rückscheinbrief nicht mehr gefunden haben. In diesen Fällen habe ich mich immer unverzüglich auf Grund der Angaben auf der Hinterlegungsanzeige mit den zuständigen Behörden in Verbindung gesetzt. Im gegenständlichen Falle habe ich von Herrn M. nichts gehört und auch die Hinterlegungsanzeige nicht zurückbekommen, ansonsten hätte ich mich sofort mit der zuständigen Behörde in Verbindung gesetzt.?
Der Zeuge, W. M., gab als beauftragter Postbote zum Sachverhalt anlässlich derselben Verhandlung über Befragung zum Sachverhalt an:
?Ich bin seit ca 9 Jahren nach meiner Pensionierung als Postbote tätig. Ich bin bei meinem Sohn, Herrn Rechtsanwalt Dr. E. M. halbtägig als Postbote beschäftigt. Ich mache diese Tätigkeit auch noch für Herrn Rechtsanwalt Dr. B. und für Herrn Rechtsanwalt Mag. K.. Für Herrn Mag. K. bin ich seit ca 2 Jahren tätig. Ich bin mit der Postabholung, Übernahme von Rückscheinbriefen usw bestens vertraut. Die Mitarbeiter am Hauptpostamt kennen mich. Es läuft bei Herrn Mag. K. so ab, dass ich um ca 09.00 Uhr in die Kanzlei komme und dort in meinem Postauslauffach die Post abhole. Da befinden sich auch die gelben Hinterlegungsanzeigen der Post. Mit diesen Hinterlegungsanzeigen kann ich für Herrn Mag. K. die für ihn bestimmten Rückscheinbriefe abholen. 2 bis 3x in der Woche sind auch Rückscheine abzuholen. RSb-Briefe für Herrn Mag. K. werden mir nur gegen Vorlage der Hinterlegungsanzeige ausgehändigt. Ich gehe davon aus, dass mir die Postbeamten sagen würden, wenn ein Rückscheinbrief mehrere Tage trotz meines Erscheinens nicht von mir übernommen werden könnte, weil ich den Hinterlegungsnachweis nicht mit habe. Im gegenständlichen Falle wurde ein RSa-Brief der Bundespolizeidirektion Innsbruck am 21.10.2005 hinterlegt. Ich bin mir sicher, dass ich die Tage danach immer zum Hauptpostamt gekommen bin und auch RSa, RSb und sonstige Rückscheinbriefe abgeholt habe. Im gegenständlichen Falle wurde mir die Tage, bzw zwei Wochen nach der Hinterlegung nicht mitgeteilt, dass ein Rückscheinbrief zum Abholen wäre. Dies kann ich mir nur so erklären, dass der Postbote nicht die vollständige Adresse an der Hinterlegungsanzeige aufgeschrieben hat, sondern nur Mag. K. Der RSa-Brief selbst wurde jedoch unter den erstgenannten Namen Mag. C. D. S. ?D. abgelegt. Dieser kann dann nur durch Suchen Herrn K. zugeordnet werden. Dort am Hauptpostamt sind unzählige Rückscheinbriefe lagernd. Es kommt daher schon vor, dass sie bei solchen ungenauen Angaben 1, 2 oder 3 Tage lang suchen. In solchen Fällen wird von mir die Hinterlegungsanzeige beim Postamt bel
assen, 1, 2, 3 Tage später bekomme ich entweder den Rückscheinbrief oder die Hinterlegungsanzeige mit der Mitteilung, dass der Brief nicht auffindbar ist zurück. In diesem Fall, glaube ich, hat man mir die Hinterlegungsanzeige nicht mehr zurückgegeben. Ich kann mir das nur so erklären. Es kommt schon öfters vor, auch bei meinen anderen Arbeitgebern, dass ich nach einigen Tagen Hinterlegungsanzeigen zurückbringen muss und den Rechtsanwälten mitteilen muss, dass der dazugehörige Rückscheinbrief nicht auffindbar war. Dies genügt dann meinerseits, was der Rechtsanwalt dann weiter macht, ist nicht meine Angelegenheit. Dass, wie im gegenständlichen Falle keine Hinterlegungsanzeige vorhanden ist, eine Hinterlegung durchgeführt wird und nach Ablauf der Hinterlegungsfrist der Rückschein wieder in Unwissenheit der Rechtsanwaltskanzlei zurückgeschickt wird, ist mir bisher noch nicht bekannt. Ich kann mit Sicherheit behaupten, dass das in den letzten 9 Jahren nie passiert ist. Zusammenfassend möchte ich noch mal festhalten, dass ich fest davon überzeugt bin, dass der gegenständliche Vorfall auf eine nicht richtig ausgefüllte Hinterlegungsanzeige zurückzuführen ist. Meiner Meinung nach ist die Postorganisation bei Herrn Rechtsanwalt Mag. K. ordnungsgemäß. Sie entspricht von der Verlässlichkeit und Sicherheit her genau den entsprechenden Organisationsabläufen wie bei Herrn Dr. B. oder bei meinem Sohn.?
Die Ausführungen des Rechtsvertreters sowie des Zeugen stimmen in allen Punkten überein. An der Glaubwürdigkeit des Zeugen bestand kein Zweifel. Im Sinne der Rechtsprechung (siehe VwSlg 9024 A) ist ein Ereignis ?unabwendbar? dann, wenn sein Eintritt objektiv von einem Durchschnittsmenschen nicht verhindert werden kann. ?Unvorhergesehen? ist es hingegen, wenn die Partei es tatsächlich nicht miteinberechnet hat und seinen Eintritt auch unter Bedachtnahme auf zumutbare Aufmerksamkeit und Voraussicht nicht erwarten konnte. Die vom Wiedereinsetzungswerber ins Treffen geführten Umstände sprechen nach Ansicht der Berufungsbehörde insgesamt dafür, dass er durch ein unvorhergesehenes und unabwendbares Ereignis verhindert war, die Berufungsfrist einzuhalten. Nachdem der Wiedereinsetzungswerber auch nicht auffallend sorglos gehandelt hat, trifft ihn nur ein (entschuldbarer) minderer Grad des Versehens an der Fristversäumnis. In Anbetracht dieser rechtlichen Beurteilung und angesichts des Vorliegens der sonstigen Voraussetzung für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß den §§ 71, 72 AVG konnte der Berufung Folge gegeben und die Wiedereinsetzung bewilligt werden.
zu Spruchpunkt II.) ? Straferkenntnis:
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde der Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Sie haben am 24.03.2005, um ca 14.15 Uhr in Innsbruck, Weiherburggasse auf Höhe Spielplatz Alpenzoo, den PKW XY gelenkt, wobei es zu einem Verkehrsunfall mit Sachschaden kam, mit dem Sie in ursächlichem Zusammenhang standen und trotzdem unterließen Sie es, das Fahrzeug sofort anzuhalten,
davon ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeiinspektion zu verständigen.?
Die Beschuldigte habe dadurch die Rechtsvorschriften zu 1) nach § 4 Abs 1 lit a StVO und zu 2) nach § 4 Abs 5 StVO verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über die Beschuldigte eine Geldstrafe in der Höhe von zu 1) Euro 300,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen) gemäß § 99 Abs 2 lit a StVO und zu 2.) Euro 100,00 (im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 2Tagen) gemäß § 99 Abs 3 lit b StVO verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde zusammen mit dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Berufung erhoben. Infolge der Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach Spruchpunkt I.) dieses Berufungserkenntnisses gilt das Rechtsmittel als rechtzeitig eingebracht (§ 72 Abs 1 AVG).
Die Berufungsbehörde nahm Beweis auf durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Akt sowie durch die öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen zu dieser Strafsache am 13.06. und 10.07.2006.
Aufgrund dessen steht folgender, entscheidungswesentlicher Sachverhalt als erwiesen fest:
Am 24.03.2005, um ca 14.15 Uhr hat Frau Mag. C. D. S. ?D. in Innsbruck, Weiherburggasse auf Höhe Spielplatz Alpenzoo, den PKW XY gelenkt. Dabei streifte sie den parallel zum Straßenrand parkend abgestellten PKW XY (A) des S. S. Dadurch entstand an beiden Fahrzeugen leichter Sachschaden. Der Berufungswerberin ist in weiter Folge talwärts in der unmittelbar folgenden Linkskurve stehen geblieben. Es sind dort 2 Häuser. Es war der erste Ort, an dem sie sicher stehen bleiben und das Auto verlasen konnte. Sie ging sodann zum kollidierten Fahrzeug zurück. Ein Nachweis der Identität erfolgte zwischen den Unfallbeteiligten nicht. Ebenso hat Frau Mag. S. ?D. nicht die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle von diesem Verkehrsunfall mit Sachschaden informiert. Die Polizeidienstelle der Bundespolizeidirektion Innsbruck, Verkehrsunfallkommando, 6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 8, erfuhr erst durch den Unfallgegner am 24.03.2005, um 15.40 Uhr, vom Verkehrsunfall.
Die Sachverhaltsfeststellungen stützen sich auf nachfolgende Beweiswürdigung:
Einerseits basieren die Sachverhaltsfeststellungen auf dem erstinstanzlichen Akt sowie auf dem Beweisverfahren im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlungen am 20.4.2006 sowie am 13.06.2006 mit Ortsaugenschein, weiters auf dem im Berufungsakt befindlichen Orthofoto vom 13.06.2006, den Lichtbildern (Anlage A und B), die anlässlich des Ortsaugenscheines angefertigt wurden, und schließlich auf der Fotodokumentation (6 Lichtbilder) in der Unfallanzeige des Verkehrsunfallkommandos der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 05.04.2005, Zl VUK-301/05. Danach lässt sich in nachvollziehbarer Weise der festgestellte Sachverhalt ermitteln. Die Aussagen der Berufungswerberin stimmen im Übrigen überwiegend mit denen des vernommenen Zeugen, P. S., überein. Die Beschädigungen an den Fahrzeugen lassen sich weiters anhand der erwähnten Lichtbilder in Art, Verlauf und Höhe schlüssig mit dem vorhin näher bezeichneten Vorfall in Beziehung bringen.
In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
Zum Schuldspruch zu Spruchpunkt 1.) des Straferkenntnisses:
Gemäß § 4 Abs 1 StVO haben alle Personen, deren Verhalten am Unfallort mit einem Verkehrsunfall in ursächlichem Zusammenhange stehen, (nach lit a) wenn sie ein Fahrzeug lenken, sofort anzuhalten.
Gibt es am Unfallort (ohne Behinderung des Fließverkehrs) allerdings keine Abstellmöglichkeit, so fällt es nicht zur Last, wenn die Anhaltepflicht zur Suche eines geeigneten Abstellplatzes kurzfristig verzögert wird (siehe ZVR 1992/110). Infolge des Zutreffens dieses Umstandes im vorliegenden Fall hat die Berufungswerberin die Anhaltpflicht nicht verletzt und war daher spruchgemäß vorzugehen.
Zum Schuldspruch zu Spruchpunkt 2.) des Straferkenntnisses:
Gemäß § 4 Abs. 5 StVO haben die im Abs 1 genannten Personen (vgl vorhin), wenn bei einem Verkehrsunfall nur Sachschaden entsteht, ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Eine solche Verständigung darf jedoch unterbleiben, wenn die im Abs 1 genannten Personen oder jene, in deren Vermögen der Schaden eingetreten ist, einander ihren Namen und ihre Anschrift nachgewiesen haben.
Im vorliegenden Fall kam es zum beschriebenen Verkehrsunfall mit Sachschaden, mit dem die Berufungswerberin durch ihr Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand. Sie hat es trotzdem unterlassen, sofort die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle zu verständigen. Voraussetzung für die Meldepflicht des § 4 Abs 5 leg cit ist als objektives Tatbildmerkmal der Eintritt wenigstens eines Sachschadens, insofern hat die Berufungswerberin den objektiven Tatbestand der Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs 5 StVO verwirklicht.
Die subjektive Tatseite dieser Verwaltungsübertretung erachtet der Unabhängige Verwaltungssenat für Tirol aus folgenden Erwägungen ebenso für verwirklicht:
Nach § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Bei der hier anzuwendenden Verwaltungsübertretung reicht zur Strafbarkeit Fahrlässigkeit. Fahrlässig handelt, wer Fahrlässig handelt, wer die Sorgfalt außer acht lässt, zu der er nach den Umständen verpflichtet und nach seinen geistigen und körperlichen Verhältnissen befähigt ist und die ihm zuzumuten ist, und deshalb nicht erkennt, dass er einen Sachverhalt verwirklichen könne, der einem gesetzlichen Tatbild entspricht.
Das Maß der Sorgfalt bestimmt sich objektiv nach der Anwendung jener Sorgfalt, zu der der Täter nach den Umständen des einzelnen Falles verpflichtet ist und subjektiv a) nach der Befähigung des Täters und
b) der Zumutbarkeit zur Sorgfaltsübung
In subjektiver Hinsicht ist für die Verwirklichung des Tatbildes nach § 4 Abs 5 StVO weiters das Wissen von dem Eintritt eines derartigen Schadens Voraussetzung, wobei der Tatbestand schon dann gegeben ist, wenn dem Täter objektive Umstände zu Bewusstsein gekommen sind oder bei gehöriger Aufmerksamkeit zu Bewusstsein hätten kommen müssen, aus denen er die Möglichkeit eines Verkehrsunfalls mit einer Sachbeschädigung zu erkennen vermochte (Hinweis: VwGH vom 29.6.1994, Zl 92/03/0269).
Der Berufungswerberin ist vorzuwerfen, dass sie bei gehöriger Aufmerksamkeit den Sachschaden beim Fahrzeug des Unfallgegners hätte erkennen müssen. Im Berufungsverfahren ist auch nicht hervorgekommen, weshalb ihr diese Sorgfaltsübung nicht zumutbar gewesen wäre. Die Schwangerschaft im 8. Monat fällt dabei nicht ins Gewicht.
Aus dem Gesagten folgt, dass die Berufungswerberin auch die subjektive Tatseite (Verschulden) der ihr angelasteten Verwaltungsübertretung erfüllt hat.
Die Bestrafung zu diesem Spruchpunkt ist dementsprechend im Ergebnis dem Grunde nach zu Recht erfolgt.
Auch gegen die Strafhöhe (die Strafbemessung) ergeben sich keine Bedenken:
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen.
Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Als mildernd wertet die Berufungsbehörde die bisherige Unbescholtenheit der Berufungswerberin in diesem einschlägigen Verwaltungsstrafbereich. Erschwerend trat kein Umstand zutage. Als Schuldform wird ihr Fahrlässigkeit angelastet. Sie ist verheiratet, derzeit in Elternkarenzurlaub, sorgepflichtig für 2 mj Kinder. An Einkommen hat die Beschuldigte lediglich Kindergeld und Familienbeihilfe. Sie besitzt eine Eigentumswohnung zusammen mit der Mutter sowie einen PKW im Werte von ca Euro 10.000 ? Euro 15.000. Schulden sind in der Höhe von ca Euro 80.000 vorhanden. Bei einem gesetzlichen Strafrahmen von bis Euro 726,00 (§ 99 Abs 3 lit b StVO) bewegt sich die verhängte Geldstrafe von Euro 100,00 im untersten Bereich. Sie ist daher insbesondere schuld- und tatangemessen. Ist selbst bei ungünstigen Einkommens- und Vermögensverhältnissen noch zu rechtfertigen.
Der Berufung kam daher zum Spruchpunkt 2) des erstinstanzlichen Straferkenntnisses keine Berechtigung zu, weshalb sie spruchgemäß als unbegründet abzuweisen war.
Der Kostenspruch stützt sich auf die dort angeführten Gesetzesbestimmungen.