TE UVS Tirol 2006/07/31 2006/25/1972-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 31.07.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Herrn J. H., XY-Straße, D-E., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. K. S., XY, I., vom 27.06.2006, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 29.05.2006, Zl KS-7561-2005, betreffend Übertretung der Straßenverkehrsordnung nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 43,60, zu bezahlen.

Text

Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde Herrn H. zur Last gelegt, am 27.11.2005 um 20.35 Uhr auf der A 12 Inntalautobahn bei km 24,3 in der Gemeinde Kundl in Fahrtrichtung Westen das Sattelkraftfahrzeug mit den deutschen Kennzeichen XY und XY später als zwei Stunden nach Beginn des zitierten Verbotes gelenkt zu haben, obwohl an Samstagen von 15.00 Uhr bis 24.00 Uhr sowie an Sonntagen und gesetzlichen Feiertagen von 00.00 Uhr bis 22.00 Uhr das Befahren von Straßen mit Lastkraftwagen, Sattelkraftfahrzeugen und selbstfahrenden Arbeitsmaschinen mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 7,5 t verboten ist. Es sei auch keine gesetzliche Ausnahme vorgelegen. Der Beschuldigte habe dadurch gegen § 42 Abs 2 StVO verstoßen, weshalb gemäß § 99 Abs 2a StVO über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 218,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 60 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 21,80 bestimmt.

 

Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Herr H. durch seine Rechtsvertreter den vorgehaltenen Sachverhalt bestreitet. Er habe nicht gegen das Sonntagsfahrverbot verstoßen, da eine Ausnahme nach § 42 Abs 2 StVO vorgelegen wäre und er deshalb nicht bis 22.00 Uhr warten habe müssen, um seine Fahrt fortzusetzen. Als Zeuge werde der Disponent N. N., zu laden über den Arbeitgeber ladungsfähige Anschrift werde nachgereicht, dafür benannt, dass der Beschuldigte am Sonntag, den 27.11.2005, bereits um 20.35 Uhr fahren habe dürfen. Darüber hinaus sei die Geldstrafe unangemessen hoch. Der Beschuldigte lebe in bescheidenen finanziellen Verhältnissen und sei einer Ehefrau zum Unterhalt verpflichtet. Angesichts der eingeschränkten finanziellen Situation des Beschuldigten ? er habe noch größere Schulden zu bedienen ? und seines monatlichen Nettoverdienstes von lediglich Euro 1.100,00 sei die Geldstrafe von Euro 218,00 zu hoch ausgefallen. Es werde die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung sowie Bescheidbehebung und Verfahrenseinstellung, in eventu Herabsetzung der Strafhöhe beantragt.

 

In der Stellungnahme vom 18.07.2006 wird noch vorgebracht, dass der Beschuldigte verderbliche Milchprodukte transportiert habe, sodass er unter die Bestimmung des § 42 Abs 1 StVO gefallen wäre und damit zur Tatzeit die Inntalautobahn benützen habe dürfen. Als Beweis wurde der Lieferschein beigelegt. Weiters wird nochmals auf das geringe Einkommen, die Schulden und die Unterhaltspflicht des Beschuldigten verwiesen und die Höhe der Geldstrafe angefochten.

 

Beweis aufgenommen wurde in der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 31.07.2006 durch die Verlesung der Akten der Bezirkshauptmannschaft Kufstein und des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol.

 

Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:

 

Herr H. hat unbestrittenermaßen am Sonntag, den 27.11.2005 um 20.35 Uhr ein Sattelkraftfahrzeug mit mehr als 7,5 t höchstzulässiges Gesamtgewicht auf der A12 gelenkt. Die Ladung bestand aus vakuumverpacktem Käse mit einer Mindesthaltbarkeit bis Mai 2006. Leicht verderbliche Lebensmittel sind solche, deren Genießbarkeit nur kurzfristig erhalten bleibt (VwGH 17.12.2004, Zl 2004/02/0271-6). Bei einem Lebensmittel mit einer Haltbarkeit von ca einem halben Jahr trifft dies nicht zu.

 

Auch ein Vergleich mit der Anlage 3 des Übereinkommens über internationale Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel, BGBl Nr 144/1978, führt zum Ergebnis, dass Käse mit einem Haltbarkeitsdatum von mehreren Wochen nicht zu den leicht verderblichen Lebensmitteln zählt. Das Bundesgesetz zur Durchführung des Übereinkommens vom 01. September 1970 über internationale Beförderungen leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderungen verwendet sind (ATP), samt Anlagen (ATP-Durchführungsgesetz) bestimmt in § 1 Abs 1, dass für die Beförderung leicht verderblicher Lebensmittel im grenzüberschreitenden Verkehr aus der und in die Republik Österreich die Bestimmungen des Übereinkommens über internationale Beförderungen leicht verderblicher Lebensmittel und über die besonderen Beförderungsmittel, die für diese Beförderungen zu verwenden sind, samt Anlagen, BGBl 144/1978, in der jeweils geltenden Fassung, gelten. In der Anlage 3 des BGBl Nr 144/1978 ist ausdrücklich nur ?Frischkäse? angeführt.

 

Dem Berufungswerber liegt auch ein Verschulden zur Last. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der dem Berufungswerber im nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfenen Verwaltungsübertretung um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handelt, wobei Fahrlässigkeit als Verschuldensform ausreicht. Für derartige Delikte sieht § 5 Abs 1 zweiter Satz VStG vor, dass Fahrlässigkeit anzunehmen ist, wenn der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. ?Glaubhaftmachung? bedeutet dabei, dass die Richtigkeit einer Tatsache wahrscheinlich gemacht wird. Der Beschuldigte hat initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Er hat also ein geeignetes Tatsachenvorbringen zu erstatten und entsprechende Beweismittel vorzulegen oder konkrete Beweisanträge zu stellen (VwGH 24.05.1989, Zl 89/02/0017 ua). Die Glaubhaftmachung fehlenden Verschuldens ist dem Berufungswerber aber nicht gelungen.

 

Nach § 5 Abs 2 VStG ist die Unkenntnis der übertretenen Verwaltungsvorschrift nur dann beachtlich, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte. Wie nun aber der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, muss sich ein ausländischer Fahrzeuglenker über die Vorschriften, die er bei der Teilnahme am Straßenverkehr in Österreich zu beachten hat, ausreichend, etwa durch eine Rückfrage bei den zuständigen österreichischen Behörden, informieren (VwGH vom 30.10.1990, Zl 90/02/0149 uva). Von einem im Güterverkehr tätigen Kraftfahrer ist bei Zugrundelegung eines allgemein gültigen Sorgfaltmaßstabes im besonderen Maße zu erwarten, dass er sich vor Durchführung einer Transportfahrt über die einschlägigen Vorschriften Kenntnis verschafft. Dass er entsprechende Auskünfte der zuständigen Behörden eingeholt bzw sich vor Durchführung der betreffenden Fahrt über die maßgeblichen Vorschriften informiert hat, bringt der Berufungswerber selbst nicht vor.

 

Zusammenfassend kann daher gegenständlich nicht von einer unverschuldeten Unkenntnis der maßgeblichen Rechtsnorm ausgegangen werden, weshalb das Vorliegen eines entschuldigenden Rechtsirrtums zu verneinen ist. Die Bestrafung ist somit dem Grunde nach zu Recht erfolgt.

 

Schutzzweck der Norm ist, an den ohnehin stark befahrenen Tagen der Wochenenden eine Verkehrsberuhigung um den Schwerverkehr zu erreichen, damit der Personenverkehr auf den Straßen nicht noch weiter behindert und die Verkehrssicherheit weiter eingeschränkt wird.

 

Dem Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des gar nicht namhaft gemachten Disponenten des Arbeitgebers des Beschuldigten war nicht nachzukommen, da nicht angegeben wurde, was dieser zum Vorliegen oder Nichtvorliegen des Nachtfahrverbotes aussagen könnte. Die Ladung des Lkws wurde von der Polizei festgestellt, die Frage, ob dafür das Verbot gilt oder nicht, unterliegt nicht einer Beweisführung, sondern der rechtlichen Beurteilung durch die Behörde.

 

§ 99 Abs 2a StVO sieht für eine derartige Übertretung einen Strafrahmen von Euro 218,00 bis Euro 2.180,00 vor. Da die Erstbehörde bereits die gesetzliche Mindeststrafe zur Anwendung gebracht hat, erübrigen sich weitere Ausführungen zu deren Angemessenheit.

 

Auch die Voraussetzungen des § 20 VStG liegen nicht vor, da auf Grund von vier anrechenbaren Strafvormerkungen aus dem Bereich des Straßenverkehrs gar keine Milderungsgründe bekannt sind. Die Berufung war deshalb als unbegründet abzuweisen.

Schlagworte
Auch, ein, Vergleich, mit, Anlage3, des, Übereinkommens, über, die, Beförderung, leicht, verderblicher, Lebensmittel, führt, zu, dem, Ergebnis, dass, Käse, mit, einem, Haltbarkeitsdatum, von, mehreren, Wochen, nicht, zu, den, leicht, verderblichen, Lebensmitteln, zählt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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