Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alfred Stöbich über die Berufung des Herrn A. S., I., vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. P. G., XY-Gasse, L., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 11.07.2006, Zl FSE-156/2006, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm § 35 Abs 1 Führerscheingesetz (FSG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.
Mit einem Mandatsbescheid vom 17.05.2006 wurde dem Berufungswerber die Lenkberechtigung für die Klassen A und B für einen Zeitraum von sechs Monaten, gerechnet ab dem 14.05.2006, entzogen.
Weiters wurde ein Lenkverbot in Bezug auf das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invalidenkraftfahrzeugen für die Dauer des Entzuges ausgesprochen. Auch wurde das Recht aberkannt, von einer allfällig erteilten ausländischen Lenkberechtigung für die Dauer des Entzugs der Lenkberechtigung in Österreich Gebrauch zu machen.
Als begleitende Maßnahme wurde eine Nachschulung angeordnet.
In der Begründung verwies die Erstbehörde darauf, dass der Berufungswerber am 14.05.2006 um 04.45 Uhr in Sillian auf dem öffentlichen Parkplatz bei der Talstation der Hochpustertaler Bergbahnen ein näher bezeichnetes Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt habe, wobei bei der Untersuchung der Atemluft ein Alkoholgehalt von 0,61 mg/l festgestellt worden sei. Deshalb sei die Verkehrszuverlässigkeit nach § 7 FSG nicht mehr gegeben.
Dagegen wurde zunächst Vorstellung erhoben. In dieser führte der Berufungswerber aus, dass er das Fahrzeug lediglich auf einem Parkplatz ca 30 m zu einem abgelegeneren Platz bewegt hätte, wobei er sich dort den Autositz zum Schlafen hergerichtet hätte. Dabei sei er unglücklicherweise von den Anzeigern beobachtet worden. In der folgenden Amtshandlung habe er ohne weitere Beanstandung mitgewirkt und sei dem Berufungswerber von den Beamten nach Abnahme des Fahrzeugschlüssels gestattet worden, im Fahrzeug zu schlafen. Es sei keinesfalls seine Absicht gewesen, in alkoholisiertem Zustand auf öffentlichen Verkehrswegen zu fahren. Er sei sich nicht dessen bewusst gewesen, dass sein Verhalten deshalb unzulässig gewesen sei, weil der Privatparkplatz über keine Abschrankung verfügt habe.
In Bezug auf eine Vorstrafe aus dem Jahre 2004 führte der Berufungswerber aus, dass das genaue Ausmaß der Alkoholbeeinträchtigung damals nicht festgestellt worden sei. Es sei die Strafe aber nicht bekämpft worden, weil er zugegeben hätte, mit dem Pkw ohne Lenkberechtigung gefahren zu sein. Es hätte sich um einen unnotwendigen Lausbubenstreich gehandelt, aus dem er viel gelernt habe. Er bestreite jedoch, beim Delikt 2004 in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gewesen zu sein.
Der Berufungswerber verwies auch darauf, dass er bereits in der Zeit vom 18.05. bis 14.06.2006 an einer Nachschulung für alkoholauffällige Kraftfahrer gemäß § 2 FSG-NV teilgenommen habe.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Vorstellung keine Folge gegeben. In der Begründung wurde ua darauf verwiesen, dass aufgrund der Bindungswirkung des Straferkenntnisses vom 02.09.2004 davon ausgegangen werden müsse, dass der Berufungswerber beim Delikt 2004 sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden habe, was sehr wohl erschwerend für die Bemessung der Entzugsdauer gewesen sei. Der Berufungswerber habe die ?gegenständliche Übertretung? in der Probezeit gesetzt und habe den für die Probezeit maßgeblichen Wert (0,05 mg/l bzw 0,1 Promille) um das 12-fache überschritten.
Mit der nunmehr eingebrachten Berufung wendet sich der Berufungswerber neuerlich gegen die seiner Meinung nach ?ungerechtfertigt lange Entzugsdauer von sechs Monaten?.
Der Alkoholwert von mindestens 1,68 Promille beim Vordelikt aus dem Jahr 2004 sei lediglich aufgrund der Konsumationsangaben des Berufungswerbers von der Behörde rückgerechnet worden. Er hätte damals ohne gültige Lenkberechtigung ein Fahrzeug gelenkt und dabei einen Straßenpflock niedergestoßen. Er hätte den Schaden nicht gemeldet und sei die Gendarmerie aufgrund von Erhebungen draufgekommen, dass er mit seinem Fahrzeug den Schaden verursacht hätte. Erst am nächsten Tag hätte er den Gendarmeriebeamten die vor der Fahrt konsumierten alkoholischen Getränke bekannt gegeben, soweit sie ihm erinnerlich gewesen wären. Jedoch seien einige Getränke doppelt gewertet worden, sodass der zugrunde gelegte Promillewert bei weitem überhöht gewesen sei. Er habe aber gegen den Bescheid nichts unternommen, weil er grundsätzlich das Unrecht seiner Tat eingesehen und die Strafe angenommen hätte. Es sollte nicht zu seinem Nachteil ausgelegt werden, dass er gegenüber den Beamten freiwillig seinen Alkoholkonsum zugegeben hätte.
Im Übrigen sei er im Jahre 2004 noch nicht als Kraftfahrer ausgebildet gewesen und sei ihm die große Verantwortlichkeit, insbesondere hinsichtlich des Alkoholkonsums, nicht bewusst gewesen. Er sei damals erst knapp 18 Jahre alt gewesen und hätte noch keine Lenkberechtigung besessen.
Beim Vorfall vom 02.09.2004 hätte es sich um einen dummen Lausbubenstreich gehandelt. Darüber habe er eine Strafe erhalten und auch angenommen. Das Nichtanfechten des Strafbescheides könne ihm unter den gegebenen Umständen nicht zum Vorwurf gemacht werden.
Gerade aufgrund des Vorfalls vom 14.05.2006 hätte er die Absicht gehabt, den Pkw nicht auf öffentlichen Straßen zu lenken. Sein Rechtsirrtum müsse positiv bewertet werden. Durch sein Verhalten habe er auch niemanden gefährdet oder geschädigt. Er hätte auch die vorgeschriebene Nachschulung innerhalb kürzester Frist absolviert und sei der Meinung, dass die ausgesprochene Entzugsdauer wesentlich überhöht sei.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat über die gegenständliche Berufung wie folgt erwogen:
Gemäß § 7 Abs 1 FSG gilt als verkehrszuverlässig eine Person, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs 3) und ihrer Wertung (Abs 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen
1. die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird, oder
2. sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.
Gemäß § 7 Abs.3 FSG hat als bestimmte Tatsache im Sinn des Abs 1 insbesondere zu gelten, wenn jemand:
1. ein Kraftfahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hiebei eine Übertretung gemäß § 99 Abs 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat, auch wenn die Tat nach § 83 Sicherheitspolizeigesetz - SPG, BGBl Nr 566/1991, zu beurteilen ist;
2. beim Lenken eines Kraftfahrzeuges in einem durch Alkohol oder Suchtmittel beeinträchtigten Zustand auch einen Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung verwirklicht hat und diese Tat daher auf Grund des § 99 Abs 6 lit c StVO 1960 nicht als Verwaltungsübertretung zu ahnden ist;
?
Nach § 7 Abs 4 FSG sind für die Wertung der in Abs 1 genannten und in Abs 3 beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse, unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend, wobei bei den in Abs 3 Z 14 und 15 genannten bestimmten Tatsachen die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit nicht zu berücksichtigen ist.
Gemäß § 5 Abs 1 StVO darf weder ein Fahrzeug lenken noch in Betrieb nehmen, wer sich in einem durch Alkohol oder Suchtgift beeinträchtigten Zustand befindet. Bei einem Alkoholgehalt des Blutes von 0,8 g/l (0,8 Promille) oder darüber oder bei einem Alkoholgehalt der Atemluft von 0,4 mg/l oder darüber gilt der Zustand einer Person jedenfalls als von Alkohol beeinträchtigt.
Gemäß § 25 Abs 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird. Dieser ist auf Grund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen. Endet die Gültigkeit der Lenkberechtigung vor dem Ende der von der Behörde prognostizierten Entziehungsdauer, so hat die Behörde auch auszusprechen, für welche Zeit nach Ablauf der Gültigkeit der Lenkberechtigung keine neue Lenkberechtigung erteilt werden darf.
Nach § 25 Abs 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens 3 Monaten festzusetzen. Sind für die Person, der die Lenkberechtigung wegen mangelnder Verkehrszuverlässigkeit zu entziehen ist, zum Zeitpunkt der Entziehung im Vormerksystem (§ 30a) Delikte vorgemerkt, so ist für jede dieser im Zeitpunkt der Entziehung bereits eingetragenen Vormerkungen die Entziehungsdauer um zwei Wochen zu verlängern; davon ausgenommen sind Entziehungen auf Grund des § 7 Abs 3 Z 14 und 15.
Im Hinblick auf den im Gegenstandsfall ermittelten Alkoholisierungsgrad (0,61 mg/l) beträgt die vom Gesetzgeber vorgesehene Mindestentzugsdauer drei Monate. Im gegenständlichen Fall war für die Entzugsdauer auch zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber bereits einmal wegen eines gleichgelagerten Delikts (Vorfall vom 02.09.2004) bestraft wurde. Abgesehen davon, dass ? wie die Erstbehörde zutreffend ausgeführt hat ? im Hinblick auf die Bindungswirkung des (Vor-)Straferkenntnisses von einer Bestrafung gemäß § 5 Abs 1 iVm § 99 Abs 1 lit a StVO auszugehen war, fällt insbesondere der relativ kurze Zeitraum ins Gewicht, der zwischen den beiden Übertretungen nach § 5 Abs 1 StVO verstrichen ist. Zu Lasten des Berufungswerbers war auch zu berücksichtigen, dass für ihn als Probeführerscheinbesitzer die 0,1 Promille-Grenze galt und diese bei weitem überschritten wurde.
Unter Bedachtnahme auf diese Kriterien erweist sich die von der Erstbehörde festgesetzte Entziehungsdauer keinesfalls als unangemessen hoch, auch wenn man zugunsten des Berufungswerbers zugrunde legt, dass die Lenktätigkeit lediglich über wenige Meter auf einem Privatparkplatz ausgeübt wurde, sich der Berufungswerber bereits kurze Zeit nach dem Vorfall einer Nachschulung unterzogen hat und die Ausführungen in der Berufung grundsätzlich auf eine Einsichtsfähigkeit des Berufungswerbers schließen lassen. Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.
Hinweis:
Für die Vergebührung des Berufungsantrages (samt Beilagen) sind Euro 13,00 bei der Bezirkshauptmannschaft Lienz zu entrichten. Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen nach Erhalt des Zahlscheines einzuzahlen.