TE UVS Tirol 2006/08/16 2005/15/1924-5

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Veröffentlicht am 16.08.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Margit Pomaroli über die Berufung des Herrn M. P., XY-Straße, I., vertreten durch Rechtsanwalt Dr. T. P., XY-Strasse, I., gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Innsbruck vom 17.06.2005, Zl S-21.873/04, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der gegenständlichen Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber vorgeworfen, er habe am 22.10.2004 um ca 11.20 Uhr in Innsbruck, die Leopoldstraße knapp nördlich der Kreuzung mit der Heiliggeiststraße, von der Heiliggeiststraße kommend, mit dem Gelenkbus XY befahren, wobei es zu einem Verkehrsunfall gekommen sei, mit dem er in ursächlichem Zusammenhang gestanden habe und trotzdem habe er es unterlassen 1) das Fahrzeug sofort anzuhalten, und 2) davon ohne unnötigen Aufschub die nächste Polizeidienststelle zu verständigen und habe hiedurch zu 1) eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs 1 lit a StVO 1960 und zu 2) nach § 4 Abs 5 StVO 1960 begangen und wurde zu 1) gemäß § 99 Abs 2 lit a StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 300,00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 6 Tagen) und zu 2) gemäß § 99 Abs 3 lit b StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 100,00 (Ersatzfreiheitsstrafe von 2 Tagen) verhängt und ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens I. Instanz vorgeschrieben.

 

Dagegen wurde durch den rechtsfreundlichen Vertreter fristgerecht Berufung eingebracht und in dieser ausgeführt, dass das Straferkenntnis zur Gänze aus den Gründen der unrichtigen Tatsachenfeststellung und unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache angefochten werde. Die Feststellungen seien unrichtig und würden am Sachverhalt völlig vorbei gehen. Auf die Stellungnahme bezüglich der Aufforderung zur Rechtfertigung habe die Behörde in keiner Weise reagiert. Es liege sohin Mangelhaftigkeit des Verfahrens vor. In Folge dieser Mangelhaftigkeit seien unrichtige Feststellungen getroffen worden. In weiterer Folge sei der rechtlichen Beurteilung ein Sachverhalt zugrunde gelegt worden, der nicht zutreffe. Die Behörde habe die örtlichen Verhältnisse und das Verkehrsaufkommen samt entsprechenden Geräuschpegel völlig außer Betracht gelassen. Beim Verschulden könnten lediglich Unfälle und Vorkommnisse, die wahrnehmbar seien, zugerechnet werden. Dies sei hier nicht der Fall. Sohin hätte das Verfahren eingestellt werden müssen.

Es wurde der Antrag gestellt der Berufung Folge zu geben und das eingeleitete Verwaltungstrafverfahren zur Gänze einzustellen. In eventu, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Durchführung der Verhandlung und Entscheidung an die Behörde I. Instanz zurückzuverweisen.

 

In der Folge wurde von der Berufungsbehörde ein entsprechendes Gutachten eingeholt, in welchem Folgendes ausgeführt wurde:

 

?Mit gegenständlichen Schreiben werde ich ersucht ein kraftfahrtechnisches Gutachten zu erstellen, ob der Beschuldigte bei gehöriger Aufmerksamkeit den Unfall hätte wahrnehmen müssen.

 

Befund

Der Beschuldigte habe am 22.10.04 gegen 11:20 Uhr mit dem von ihm gelenkten Bus laut Anzeige und der Zeugen, den Verkehrsunfall mit Streifung in Innsbruck auf der Leopoldstraße verursacht. Die Lichtbilder von der Polizei liegen dem Akt bei. Bei den Lichtbildern ist anzumerken, dass diese zum Zwecke der Vermessung nicht geeignet sind, da der Abstand des Meterstabes zum Fahrzeug auf Lichtbild drei zu groß ist.

Der Bodenabstand vom Einstieg des Busses beträgt nach eigener Vermessung eines Vergleichfahrzeuges etwa 30 cm.

An den Fahrzeugen wurden die Beschädigungsspuren wie auf den Lichtbildern erkennbar festgestellt.

Der Bus ist an der stehenden Kolonne in der gleichen Fahrtrichtung links vorbeigefahren.

 

Gutachten

Die korrelierenden Beschädigungsstellen befinden sich für den Berufungswerber im unmittelbaren Sichtbereich seines rechten Außenspiegels. Dieser Bereich des Fahrzeuges ist über den rechten Außenspiegel ohne Veränderung der Sitzposition erkennbar. Die Steifung erfolgte in einem sehr flachen Winkel. Die Bemerkbarkeit im Fahrzeug des Berufungswerbers war anhand einer Schwingung oder Stoßbelastung nicht möglich.

Akustisch war die Bemerkbarkeit für die Insassen des Beschuldigtenfahrzeuges nur im unmittelbaren Bereich der Schadensstelle bemerkbar (Fahrgäste).

Die gut erkennbaren Streifspuren am Aufbau des Fahrzeuges korrelieren mit der abgebrochenen Stoßstange des Zeugen. Die Streifspuren am Bus beginnen bereits vor der Mitte der Einstiegstür.

Durch den Einstiegsschweller kann es zu einer Anhebung des zweitbeteiligten Fahrzeuges kommen.

Es ist auf dem LB 2 die Klodoide an der Radblende erkennbar, welche die Streifung während der Fahrt beweist.

Durch die Form und Abstände der Streifspuren der abgebrochenen Stoßstange, wird die Streifung mit dem Fahrzeug von L. bestätigt.

Die eigene Messung am Gelenksbus der IKB ergab:

Steifbereich am Bus zwischen 40 und 50 cm.

Die Bemerkbarkeit für den Beschuldigten war nur über den rechten

Außenspiegel möglich.

Dies aber nur, wenn das Fahrzeug in gerader Bewegung war. Bereits bei einem leichten Einschlag nach links, ist der Anstoßbereich nicht mehr im Sichtbereich des Lenkers. Die Steifung erfolgte zwar in einem flachen Winkel, es ist aber nicht auszuschließen, dass der Bus bereits einen leichten Einschlag nach links hatte und somit die Streifstelle nicht mehr erkennbar. Es obliegt daher der rechtlichen Beweiswürdigung, ob das Fahrzeug des Geschädigten noch im rechten Außenspiegel erkennbar war und ob sich der Beschuldigte bei einem knappen Fahrmanöver nicht entsprechend absichern und langsam fahren hätte müssen.?

 

In diesem Gutachten wird ausgeführt, dass die Bemerkbarkeit im Fahrzeug des Berufungswerbers anhand einer Schwingung oder einer Stoßbelastung nicht möglich war. Die akustische Bemerkbarkeit der Kollision war nur für die Insassen im unmittelbaren Bereich der Schadensstelle des Beschuldigtenfahrzeuges bemerkbar. Die Bemerkbarkeit des Beschuldigten war nur über den rechten Außenspiegel möglich und dies aber nur, wenn das gegenständliche Fahrzeug in gerader Bewegung war. Die Streifung erfolgte in einem flachen Winkel.

Es kann daher nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit davon ausgegangen werden, dass der Berufungswerber diese Kollision bemerken musste.

 

Nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Im Gegenstandsfalle ist davon auszugehen, dass dem Beschuldigten nicht mit der für ein Strafverfahren erforderlichen Sicherheit die gegenständliche Übertretung nachgewiesen werden kann, wobei es zu einer Kollision gekommen sein mag, jedoch nicht mehr nachvollziehbar ist, ob der Berufungswerber diese bemerkt hat.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden und der Berufung Folge zu geben.

Schlagworte
Die, Bemerkbarkeit, für, Beschuldigten, war, nur, über, den, rechten, Außenspiegel, möglich, aber, nur, wenn, das, Fahrzeug, in, gerader, Bewegung, war
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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