TE UVS Burgenland 2006/08/29 134/11/06002

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Veröffentlicht am 29.08.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland erkennt durch sein Mitglied Mag Latzenhofer über die Berufung vom 05 04 2006 der Frau ***, vertreten durch Herrn ***, Rechtsanwalt in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 16 03 2006, Zl MA-07-08-572/6, betreffend Versagung der Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte ***, wie folgt:

 

Der Berufung wird insoweit stattgegeben, als der angefochtene Bescheid behoben und die Angelegenheit gemäß § 66 Abs 2 AVG zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die Bezirkshauptmannschaft Mattersburg zurückverwiesen wird.

Text

Mit dem angefochtenen, an die rechtsfreundliche Vertretung der Konzessionswerberin *** (in der Folge Berufungswerberin) am 23 03 2006 zugestellten Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg wurde das Ansuchen der Berufungswerberin um Erteilung einer Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke mit der Betriebsstätte ?***?, mit dem Standort ?Gemeindegebiet von ***?, gemäß § 47 Abs 2 Apothekengesetz ohne weiteres Verfahren abgewiesen, weil vor weniger als zwei Jahren, nämlich am 17 06 2004, ein anderes Apothekenkonzessionsansuchen betreffend denselben Standort, nämlich jenes der Frau *** vom 28 10 2002, mangels Bedarf abgewiesen wurde und seitdem keine wesentliche Veränderung der für diese Entscheidung maßgebenden lokalen Verhältnisse eingetreten sei. In der dagegen am 05 04 2006 eingebrachten Berufung wurde die Anwendbarkeit des § 47 Abs 2 Apothekengesetz bestritten und die Verleihung der Konzession beantragt.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat wie folgt festgestellt und erwogen:

 

Gemäß § 47 Abs 2 Apothekengesetz ist ein Konzessionsantrag ohne weiteres Verfahren abzuweisen, wenn ein früherer Antrag eines anderen Bewerbers um die Errichtung einer neuen Apotheke an dem selben Standort wegen des Fehlens der in § 10 Apothekengesetz bezeichneten sachlichen Voraussetzungen (= Vorliegen des Bedarfs) abgewiesen worden ist, von dem Datum der Zustellung des abweisenden Bescheides gerechnet nicht mehr als zwei Jahre vergangen sind und eine wesentliche Veränderung der maßgebenden lokalen Verhältnisse nicht eingetreten ist. Ist das Konzessionsansuchen hingegen nicht ohne weiteres abzuweisen, hat die Bezirksverwaltungsbehörde das Vorverfahren über das Konzessionsansuchen einschließlich dessen öffentlicher Bekanntgabe einzuleiten und insbesondere auch betroffenen Konkurrenten gemäß § 48 Abs 2 Apothekengesetz Gelegenheit zum Einspruch gegen das Ansuchen zu geben. Im Zuge des Verfahrens ist vor allem zu ermitteln, ob ein Bedarf nach der neu zu errichtenden öffentlichen Apotheke besteht (vgl § 10 Abs 1 Z 2 und § 10 Abs 2 bis 8 Apothekengesetz). Zur Frage des Bedarfs ist gemäß § 10 Abs 7 Apothekengesetz ein Gutachten der Österreichischen Apothekerkammer einzuholen.

 

Nach § 66 Abs 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordneten Behörde zurückverweisen, wenn der der Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt so mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Zunächst ist festzuhalten, dass mangels anderer gesetzlicher Regelung auch der UVS als Berufungsbehörde im Apothekenkonzessionsverfahren die im Zeitpunkt seiner Entscheidung geltende Rechts- und Sachlage anzuwenden hat. Daraus folgt, dass der von der Bezirksverwaltungsbehörde herangezogene § 47 Abs 2 Apothekengesetz im vorliegenden Fall nicht mehr anzuwenden ist, weil mittlerweile seit dem Zeitpunkt der Zustellung des abweisenden Bescheides über das frühere Ansuchen der *** mehr als zwei Jahre vergangen sind. Demnach ist nunmehr für das Konzessionsansuchen der Berufungswerberin das ordentliche Verfahren durchzuführen. Die für die Durchführung des ordentlichen Konzessionsprüfungsverfahrens erforderlichen Erhebungen, insbesondere die Feststellungen des Bedarfs im Sinne der obigen Darlegungen, sind aber bisher unterblieben, sodass der dem Unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde vorliegende Sachverhalt mangelhaft im Sinne des § 66 Abs 2 AVG ist.

 

Da nach § 39 Abs 2 AVG mangels anderer gesetzlicher Regelung die Durchführung einer Verhandlung im Verwaltungsverfahren in das Ermessen der Verwaltungsbehörde gestellt ist, ist die von § 66 Abs 2 AVG gestellte Frage, ob zur Ermittlung des Sachverhalts die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich ist, nach dem Ermessen des Unabhängigen Verwaltungssenats zu entscheiden. Dieses Ermessen ist an den Verfahrensgrundsätzen des Verwaltungsverfahrens auszurichten.

 

Die im vorliegenden Fall erforderliche Ermittlung des Sachverhaltes durch Heranziehung von Sachverständigen unter Einbeziehung einspruchsberechtigter dritter Parteien samt der in diesem Zusammenhang erforderlichen Erörterung der Sachverständigengutachten mit den anderen Parteien geschieht am zweckmäßigsten und raschesten im Rahmen einer mündlichen Verhandlung. Deshalb ist nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates auch im vorliegenden Fall die Durchführung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich im Sinne des § 66 Abs 2 AVG.

 

Da die weitere Fortführung des Verfahrens die Kundmachung des Konzessionsansuchens beinhalten muss und überdies zur Beurteilung der Bedarfsfrage besondere Kenntnisse der regionalen Gegebenheiten zweckmäßig sind, ist es zweckmäßig die mündliche Verhandlung und weitere Fortführung des Verfahrens durch die Behörde erster Instanz vornehmen zu lassen.

 

Überdies ist bei der Entscheidung der Ermessensfrage, ob die mündliche Verhandlung und das weitere Verfahren unmittelbar durch die Berufungsbehörde oder durch eine andere Behörde fortgesetzt werden soll, im konkreten Fall des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in verfassungskonformer Interpretation des § 66 Abs 2 AVG auch auf die verfassungsrechtlichen Wertungen über die Funktion des Unabhängigen Verwaltungssenats nach der Bundesverfassung Rücksicht zu nehmen. Nach Art 129 a B-VG ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Verwaltung berufen. Aus dieser Bestimmung folgt, dass der Unabhängige Verwaltungssenat grundsätzlich nicht selbst Verwaltungsentscheidungen ? wie etwa die Überprüfung eines Konzessionsansuchens ? in erster Instanz zu treffen hat, also nicht selbst unmittelbar die Geschäfte der Verwaltung führen soll, sondern die von der Verwaltung gesetzten Akte (im Nachhinein) zu überprüfen hat (siehe VfSlg 14891, 16192: ?Der Verfassungsgesetzgeber ist bei der Ausgestaltung der Kompetenzen der unabhängigen Verwaltungssenate durch Art129a B-VG ersichtlich von der Zielsetzung ausgegangen, die unabhängigen Verwaltungssenate nicht als Verwaltungsorgane einzurichten, die die Verwaltung in erster Instanz führen, sondern als solche, die die Verwaltung kontrollieren.?). Demnach entspricht es der verfassungsrechtlichen Funktion des Unabhängigen Verwaltungssenates das im Rahmen des § 66 Abs 2 AVG handzuhabende Ermessen möglichst so auszuüben, dass tunlichst nicht der Unabhängige Verwaltungssenat anstelle der ersten Instanz das Verwaltungsverfahren von Grund auf führt. Ist daher der maßgebliche Sachverhalt des Verfahrens im Wesentlichen erst festzustellen, wird die verfassungskonforme Ausübung des Ermessens nach § 66 Abs 2 AVG regelmäßig ergeben, dass die weitere Fortführung des Verfahrens durch die erste Instanz zu erfolgen hat.

 

Die dargelegten Erwägungen gelten auch im vorliegenden Fall, weshalb über die Angelegenheit spruchgemäß zu entscheiden war.

Schlagworte
Zurückverweisung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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