Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Mag. Eva Schermann über die Berufung des Herrn Dr. J D als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der J P GmbH in Liqu (25 S 53/05 i, LG für ZRS Graz), W, A, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannes von Graz-Umgebung vom 27.02.2006, GZ: 4.1-304/05, wie folgt entschieden: Aus Anlass der Berufung wird der Bescheid behoben. Rechtsgrundlagen: § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl 51/1991 idgF (im Folgenden AVG); §§ 360 Abs 4, 41 Abs 1 Z 4 iVm Abs 5 Gewerbeordnung 1994, BGBl 194/1994 idgF (im Folgenden GewO 1994)
Mit dem Bescheid des Bezirkshauptmannes von Graz-Umgebung vom 27.02.2006, GZ: 4.1-304/05, wurden gem § 360 Abs 4 GewO 1994 in Bezug auf bestimmte Lagerungen (A) in der Betriebsanlage auf dem Standort W, A (GrstNr 38/27, 38/30 und 38/34, KG W) von Herrn RA Dr. Mag. D J, Masseverwalter über das Vermögen der J P GmbH in Liqu., bis zum 31.05.2006 zu treffende Vorkehrungen (B) verfügt:
Lagerungen (A): Grundstück. Nr.; Fläche in m2; Lagerhöhe in m;
Lagermenge in m3; Lagerart Teile von 38/27; -; -; ca. 1500; 170 t Recyclingmaterial aus der Teile von 38/30; ; ; Recyclingmaterial;
Gummiindustrie 38/34; 100; 7; ca. 420; Geschredderte Reifen 38/34;
250; 3; ca. 450; gesiebtes Deponiematerial (Erde, Kabelreste, Stahlfedern, Kunststoffteile) Vorkehrungen (B):
1. In Bezug auf die in unter Punkt A angeführten Lagerungen sind Einzellagerflächen von max. 400 m2 mit einer Lagerhöhe von max. 3 m herzustellen. 2. Zwischen den Lagerungen sind Sicherheitsstreifen mit mindestens 3 m sicherzustellen und einzuhalten. 3. Die Lagerungen haben so zu erfolgen, dass auch Grundgrenzabstände von 10 m und zu betriebsfremden Objekten und Gebäuden Abstände von 20 m Gewähr leistet sind bzw. eingehalten werden. Mit fristgerechter Berufung vom 21.03.2006 focht Dr. J D als Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen der J P GmbH in Liqu den betreffenden Bescheid insofern an, als er unter Verweis auf die per 30.06.2004 erfolgte Endigung des Pachtverhältnisses zwischen der J P GmbH in Liqu und Herrn P R, W, A, ausführt, der Grundstückseigentümer P R sei für die Entsorgung der Lagerungen bzw für die nunmehr mit Bescheid vorgeschriebenen zu treffenden Vorkehrungen verantwortlich. Nach der - wegen fehlender finanzieller Mittel - fruchtlos gebliebenen Aufforderung der Gemeinschuldnerin, die ordnungsgemäße Räumung des ehemaligen Bestandobjektes durchzuführen, habe Herr P R ebendiese Räumung selbst veranlasst und die Entsorgungskosten, die Kosten der Wiederherstellung des Zaunes und des Lagerplatzes sowie den aushaftenden Bestandzins als Forderung im Konkursverfahren angemeldet (Forderungsanmeldung ON 3/17 vom 30.06.2005 samt Einschränkung ON 13 vom 19.10.2005). Darüber hinaus bringt der Berufungswerber vor, die Konkursmasse verfüge ohnedies über keinerlei finanzielle Mittel, welche es dem Masseverwalter ermöglichen würden, die behördlicherseits angeordneten Vorkehrungen umzusetzen. Aus ebendiesen Erwägungen wurde vom Berufungswerber der Antrag gestellt, der eingebrachten Berufung zum Erfolg zu verhelfen und den bekämpften Bescheid ersatzlos zu beheben. Der Unabhängige Verwaltungssenat ist bei seiner Entscheidung, die bereits auf Grund der Aktenlage zu treffen war (§ 67d Abs 2 Z 1 AVG) von folgenden Feststellungen ausgegangen:
Die J P GmbH in Liqu betrieb auf dem Standort W, A, eine Betriebsanlage zur Zwischenlagerung von Altreifen aller Art, von aus Reifen gewonnenem Material (geschredderten Reifen), von Rohgummiabfällen aus der Neureifenindustrie, sowie von Karkassen und wiederverwertbaren Reifen. Überdies wurde auf diesem Standort eine Zwischenlagerung für gesiebtes, teilweise mit Abfällen versehenes Bodenaushubmaterial eingerichtet. Im Zuge einer am 11.04.2005 stichprobenartig durchgeführten gewerbebehördlichen Überprüfung durch die Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung, die aufgrund von an die Gemeinde W gerichteten Anregungen aus der Bevölkerung veranlasst worden ist, wurde von Seiten des bautechnischen Amtssachverständigen, des brandschutztechnischen Sachverständigen sowie des anlagentechnischen Amtssachverständigen Folgendes festgestellt: Aus anlagentechnischer Sicht sei festzuhalten, dass für die auf dem Betriebsareal verwendeten zwei Maschinen (ein Radlader und ein Bagger) keine Genehmigung existiere; auch lägen keine technischen Angaben wie beispielsweise Maschinenleistung oder Schallpegelleistung vor. Hinsichtlich der im Norden unmittelbar an das Betriebsareal angrenzenden Liegenschaft, könne eine durch den Einsatz dieser Maschinen hervorgerufene Beeinträchtigung nachbarlicher Schutzgüter nicht zur Gänze hintan gehalten werden. Unter bau- und brandschutztechnischen Gesichtspunkten müsse konstatiert werden, dass die auf dem Betriebsgelände vorgefundenen Ablagerungen nicht der TRVB C 141 in der Ausgabe 1981 Lagerungen von festen Stoffen im Freien entsprechen; somit könne im Brandfall eine Gefährdung der Nachbarn bzw fremden Eigentums nicht ausgeschlossen werden, wenngleich in Ermangelung von Zündquellen unmittelbare Gefahr im Verzug nicht vorliege. Die im angefochtenen Bescheid angeführten Vorkehrungen werden zur Hintanhaltung einer Personen- und Eigentumsgefährdung als erforderlich erachtet. Am 20.05.2005 wurde über die J P GmbH mit Beschluss des LG für ZRS Graz zu 25 S 53/05 i der Konkurs eröffnet, und Herr Dr. J D zum Masseverwalter bestellt. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Graz-Umgebung vom 29.06.2005, GZ: 4.1-304/ 05, wurde der J P GmbH in Liqu gem § 360 Abs 1 GewO 1994 die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes notwendige Verfahrensanordnung aufgetragen, die Lagerungen von Recyclingmaterial aus der Gummiindustrie, geschredderten Reifen, sowie Profilreifen und Karkassen bis zum 31.10.2005 zu entfernen; gemäß § 360 Abs 4 GewO 1994 wurde die Realisierung von - im hier gegenständlichen (angefochtenen) Bescheid identisch angeordneten - Vorkehrungen in Bezug auf entsprechende Lagerungen von Altreifen etc bis zum 31.08.2005 verfügt. Aufgrund der durch den Konkursantrag bedingten Postsperre über die J P GmbH in Liqu, erfolgte die Zustellung des Bescheides vom 29.06.2005 an den Masseverwalter im Konkurs über das Vermögen dieser GmbH, Herrn RA Dr. J D. Anlässlich der am 22.02.2006 durchgeführten behördlichen Nachschau musste festgestellt werden, dass die seinerzeit beanstandenden Lagerungen nach wie vor existieren, und die mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Graz-Umgebung vom 29.06.2005 angeordneten Vorkehrungen (Sicherheitsstreifen, entsprechende Abstände) in keiner Weise erfüllt wurden. Aufgrund dieser vorgefundenen Situation wurde vom brandschutztechnischen Sachverständigen in seiner Stellungnahme festgehalten, dass im Brandfall eine Gefährdung von Nachbarn bzw fremden Eigentums nicht auszuschließen sei, eine unmittelbare Gefahr im Verzug habe jedoch - in Ermangelung allfälliger Zündquellen - auch zu diesem Zeitpunkt nicht bestanden. Durch diese (erneut) angetroffenen Zustände, sah sich der Bezirkshauptmann von Graz-Umgebung veranlasst, mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom 27.02.2006, die entsprechenden Vorkehrungen in Bezug auf die beanstandeten Lagerungen (erneut) vorzuschreiben; der Bescheid verpflichtet Herrn RA Dr. Mag. D J, Masseverwalter über das Vermögen der J P GmbH in Liqu. Was die rechtliche Beurteilung anlangt, hat der Unabhängige Verwaltungssenat folgende Überlegungen angestellt: Die Behörde hat gem § 360 Abs 4 erster Satz GewO 1994 mit Bescheid entsprechende Vorkehrungen zu verfügen, um die durch eine der GewO unterliegende Tätigkeit verursachte Gefahr für das Leben oder die Gesundheit von Menschen oder für das Eigentum abzuwehren. Nach ständiger Judikatur des VwGH (VwGH 16.01.1981, 1259/80, VwSlg 10341 A/1981; 25.09.1990, 90/04/0055) kommt als Normadressat von Maßnahmen nach § 360 GewO 1994 (und somit auch von Vorkehrungsmaßnahmen nach Abs 4 leg cit) nur ein Gewerbetreibender iSd Abs 6 dieser Bestimmung in Frage, worunter jemand zu verstehen ist, der eine gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine Betriebsanlage betreibt. Als Gewerbeausübende sind gem § 38 Abs 2 GewO 1994 wiederum der Gewerbeinhaber sowie der Fortbetriebsberechtigte zu qualifizieren. Ab dem Zeitpunkt der Eröffnung des Konkurses über die J P GmbH (20.05.2005) stand das Recht, einen Gewerbebetrieb auf Grund der Gewerbeberechtigung einer anderen Person fortzuführen (Fortbetriebsrecht), gem § 41 Abs 1 Z 4 GewO 1994 idF der GewR-Novelle 2002 (BGBl I 111/2002) der Konkursmasse zu. Kam aufgrund dieser Bestimmung vor besagter Novelle das Fortbetriebsrecht dem Masseverwalter für Rechnung der Konkursmasse zu, so ist nunmehr allein die Konkursmasse, worunter man das gesamte einer Zwangsvollstreckung unterliegende Vermögen versteht, fortbetriebsberechtigt. Aufgrund der Anordnung des § 41 Abs 5 GewO 1994 idF der GewR-Novelle 2002 tritt allerdings der Masseverwalter hinsichtlich des Fortbetriebsrechts der Konkursmasse ex lege in die Funktion des Geschäftsführers derselben ein, was aber nichts daran ändert, dass die eigentlich Fortbetriebsberechtigte die Konkursmasse ist, welche damit wohl allein als Normadressat von Maßnahmen nach § 360 GewO 1994 in Frage kommen kann. Wenn sich nun die belangte Behörde im Spruch des bekämpften Bescheides auf die Vorschrift des § 360 Abs 4 GewO 1994 bezieht, und bestimmte, in Bezug auf näher bezeichnete Lagerungen (fristgerecht) zu erfüllende Vorkehrungen anordnet, die von Herrn RA Dr. Mag. D J, Masseverwalter über das Vermögen der J P GmbH in Liqu., zu treffen sind, so ergibt sich aus dieser Wortfolge unzweifelhaft, dass als Bescheidadressat Herr Dr. J D in personam, und nicht die Konkursmasse, zu gelten hat. Die Behörde hat es somit verabsäumt - wie sich unter Berücksichtigung der obigen Ausführungen ergibt - den rechtlich richtigen Normadressaten in Bezug auf Vorkehrungen nach § 360 Abs 4 GewO 1994 zu verpflichten, nämlich die Konkursmasse selbst. Aus ebendiesen Erwägungen war der Bescheid des Bezirkshauptmannes von Graz-Umgebung vom 27.02.2006, GZ: 4.1-304/05, zu beheben. Es erübrigte sich daher, auf das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers einzugehen.