Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Christoph Lehne über die Berufung von Herrn M. G., vertreten durch RA Dr. C. K., 1010 Wien, gegen das Straferkenntnis des Stadtmagistrat Innsbruck vom 26.07.2006, Zl II-STR-00295e/2006, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben und wird das Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten als nach außen berufenes Organ der B. AG folgendes zur Last gelegt:
(Verstoß gegen eine Auflage eines Betriebsanlagenbescheides, Missachtung einer betriebsanlagenrechtlichen Vorschreibung) Mittel des unter Zahl VI-590/29/1983-RR ergangenen Bescheides des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck (als Bezirksverwaltungsbehörde) vom 4.6.1985 ist der B. AG mit Sitz in 2355 Wiener Neudorf, Obj. 16, die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für deren Betriebsanlage (Handelsgeschäft) in Innsbruck, unter Vorschreibung von Auflagen erteilt worden.
Unter Position I/1 des Spruches dieses Bescheides ist folgende Auflage vorgeschrieben worden: ?Alle anfallenden Abfälle sowie verschmutzten Behälter sind in verschließbaren Containern zu lagern. Diese sind verschlossen zu halten. Für eine ausreichende Entleerung der Müllcontainer ist zu sorgen.?
Im Zuge des durch die B. AG in der Zeit von 1.12.2005 bis 2.2.2006 zum Zwecke der Ausübung des Handelsgewerbes unternommenen Betreibens der vom vorhin zitierten gewerbebehördlichen Betriebsanlagenbescheid erfassten Betriebsanlage in Innsbruck, wurde die Erfüllung der oben (zu diesem Faktum) zitierten Vorschreibung bzw eine Folgeleistung im Sinne dieser Vorschreibung insofern unterlassen, als durch die B. AG in der Zeit vom 1.12.2005 bis 2.2.2006 für eine ausreichende (mehrmalige) Entleerung der (auch) durch die angeführte Unternehmung in Innsbruck, - zur Entsorgung des die dortigen Betriebsanlage angefallenen Abfalls ? im Rahmen der öffentlichen Müllabfuhr in Anspruch genommenen Müllbehälter nicht Sorge getragen wurde, sodass in der Zeit vom 1.12.2005 bis 2.2.2006 jeweils nach der am Montag erfolgten wöchentlich einmaligen Abholung des Abfalls (Entleerung der Müllcontainer) seitens der städtischen Müllabfuhr bereits jeweils (zumindest) ab Donnerstag wieder (hauptsächlich) durch den aus der dortigen Betriebsanlage stammenden Abfall derart überfüllt waren, dass jeweils wöchentlich ab Donnerstag ein ordnungsgemäßes Lagern weiteren Abfalls in diesen für das Haus Innsbruck, bestimmten Abfallbehältern nicht (mehr) möglich war. Seitens der B. AG ist es daher unterlassen worden, in der Zeit vom 1.12.2005 bis 2.2.2006 für eine wöchentliche mehrmalige Abholung durch die städtische Müllabfuhr Sorge zu tragen.
Sie haben dadurch als seitens der B. AG für die Ausübung des Handelsgewerbes in Innsbruck, bestellter verantwortlicher gewerberechtlicher Geschäftführer eine Verwaltungsübertretung nach § 367 Z 25 iV mit § 370 Abs 1 Gewerbeordnung, (GewO), sowie iV mit Punkt I/1 des Bescheides des Bürgermeisters der Stadt Innsbruck vom 4.6.1985, Zahl VI-590/29/1983-RR, begangen.
Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Euro 360,-- (Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen) gemäß § 367 (Einleitungssatz) Gewerbeordnung 1994.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) Euro 36,-- als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu zahlen.
Dagegen wurde vom rechtsfreundlich vertretenen Berufungswerber fristgerecht Berufung erhoben und wie folgt ausgeführt:
?Im Vollmachtsnamen von Herrn M. G. (Vollmacht erteilt) erhebe ich Berufung gegen das am 31.07.2006 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis vom 26.7.2006, II-STR-00295e/2006.
Die Berufung wird wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und Verletzung von Verfahrensvorschriften erhoben und wie folgt ausgeführt:
Zur inhaltlichen Rechtswidrigkeit:
Die Behörde ist im Irrtum, wenn sie in der Berufung ausführt, dass der im Spruch näher ausgeführte und dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt allein aufgrund der Anzeige de Hausverwaltung als erwiesen anzusehen ist. Eine Bestimmung, wonach aufgrund der Anzeige einer Hausverwaltung eine Behörde ohne weiteres den Sachverhalt als erwiesen anzusehen hat, ist der österreichischen Rechtsordnung fremd. Tatsächlich ist im vorliegenden Straferkenntnis der dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt nicht ausreichend konkretisiert. Der dem Beschuldigten zur Last gelegte Sachverhalt wird bestritten.
Nach dem Tiroler Abfallwirtschaftsgesetz obliegt die Müllabfuhr den Gemeinden, die insbesondere die Müllabfuhr zu besorgen haben. Den Verpflichtungen des Grundeigentümers bzw Verfügungsberechtigten gemäß § 11 Abs 1 Tiroler AWG ist der Beschuldigte nachgekommen. Die Frequenz der Abholung obliegt aber gemäß § 14 Tiroler AWG nicht ihm. Diese zudem neueren gesetzlichen Regelungen setzt die Regelung des Betriebsanlagengenehmigungsbescheides außer Kraft.
Das Verschulden des Beschuldigten wäre selbst dann, wenn der ihm zur Last gelegte Sachverhalt zutreffen würde, gering. Der Beschuldigte hat stets alles in seiner Macht stehende unternommen, Verwaltungsübertretungen hintanzustellen. Er hat insbesondere die ihm unterstehenden Mitarbeiter entsprechend geschult und laufend (zumeist täglich) kontrolliert. Das es dennoch bisweilen zu Unzulässigkeiten kommen kann, liegt in der auch vom Beschuldigten nicht beseitigbaren Unvollkommenheit seiner Mitarbeiter. Darüber hinaus entspricht die über den Beschuldigten verhängte Strafe ? selbst wenn der Sachverhalt vorliegen würde und strafbar wäre ? nicht den Strafzumessungsregeln des VStG und ist daher rechtswidrig. Der Beschuldigte hat keine einschlägigen Vorstrafen und die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen haben keine nachteiligen Folgen nach sich gezogen. Der Beschuldigte hat ein durchschnittliches monatliches Einkommen von Euro 1.900,-- und kein Vermögen. Angesichts seines allfälligen geringen Verschuldens wäre gemäß
§ 21 VStG von einer Strafe abzusehen. Äußerst hilfsweise wird gerügt, dass die Strafzumessungsregeln des VStG nicht befolgt und die Strafe zu hoch gemessen wurde. Aus all den angeführten Gründen erweist sich das angefochtene Straferkenntnis als rechtswidrig.
Zur Verletzung von Verfahrensvorschriften:
Der Beschuldigte hat in seiner Rechtfertigung Beweisanträge gestellt, da sich nur durch die Aufnahme der beantragten Beweise die einzelnen dem Beschuldigten zur Last gelegten Sachverhalte konkretisieren lassen und der Beschuldigte sich von den Vorwürfen entlasten kann. Da die Behörde diesem begründeten Antrag des Beschuldigten nicht gefolgt ist, hat sie gegen die Bestimmung des § 39 AVG verstoßen, die normieren, dass die Behörde den Sachverhalt amtswegig zu erforschen hat, zumal dann, wenn der Beschuldigte sachdienliche Angaben macht.
Im Gegensatz zu den Bestimmungen des AVG und VStG hat die Behörde vielmehr überhaupt kein Verfahren geführt, sondern sich damit begnügt, die Anzeige wörtlich zu übernehmen. Eine Bestimmung, wonach ein von der Behörde angezeigter Sachverhalt ohne Verfahren als bewiesen zu gelten hat, ist der österreichischen Rechtsordnung fremd. Auch aus diesem Grund hat die Behörde das Straferkenntnis mit Rechtswidrigkeit belastet.
Es wird daher beantragt, eine mündliche Berufungsverhandlung anzuberaumen, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Straferkenntnis einzustellen. Hilfsweise wird beantragt, die über den Beschuldigten verhängte Strafe herabzusetzen.?
Beweis wurde durch den Unabhängigen Verwaltungssenat aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verwaltungsstrafakt.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
Im Bescheid des Stadtmagistrat Innsbruck vom 04.06.1985, Zl VI-590/29/1983-RR, wird der B. AG die gewerberechtliche Bewilligung für die Errichtung und den Betrieb einer Verkauffiliale in Innsbruck, erteilt. Unter Spruchpunkt I1 wird folgende Auflage erteilt: ?Alle anfallende Abfälle sowie verschmutzten Behälter sind in verschließbaren Containern zu lagern. Diese sind verschlossen zu halten. Für eine ausreichende Entleerung der Müllcontainer ist zu sorgen.?
Von Seiten der Hausbesitzergemeinschaft wurde wiederholt die mangelnde Mülltrennung bzw die übergroße Menge des Restmülles durch die B. AG urgiert. Im konkreten Fall im Zeitraum vom 1.12.2005 bis 2.2.2006. Als Beweis wurde ein Lichtbild vorgelegt. Der Berufungswerber beteuert, in seiner Funktion als gewerberechtlicher Geschäftsführer, seine Mitarbeiter immer zum korrekten Mülltrennen angehalten zu haben, um dadurch die Restmüllmenge gering zu halten. Außerdem sei es Sache der städtischen Müllabfuhr, führ eine ausreichende Entleerung der Müllcontainer zu sorgen. Am 22.02.2006 wurde von Seiten der Kommunalbetriebe GmbH durch Aufstellung eines weiteren 1000l ? Müllcontainers ein ordnungsgemäßer Zustand hergestellt.
In rechtlicher Hinsicht ergibt sich daraus Folgendes:
Nach Ansicht der Berufungsbehörde bildet die oben angeführte Auflage des Bescheides vom 04.06.1985 eine zu wenig konkretisierte Bestimmung, um im vorliegenden Fall von einer Verwaltungsübertretung durch den Berufungswerber nach § 367 Z 25 GewO 1994 auszugehen. Wie aus dem Strafakt ersichtlich, normiert die Auflage nur eine pauschale Pflicht, für eine ?ausreichende? Entleerung der Müllcontainer zu sorgen. Welche Maßnahme als ausreichend angesehen wird (mehrmalige wöchentliche Entsorgung, dh kürzeres Entleerungsintervall, Aufstellung weiterer Müllcontainer, usw), führt die Auflage I1 im Bescheid nicht an.
Zufolge ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu den vom Straftatbestandes des § 367 Z 25 GewO 1994 erfassten Fallkonstruktionen im Zusammenhang mit bescheidförmigen Auflagen wird das jeweilige, in einem solchen Bescheid enthaltene Gebot oder Verbot Teil des Strafbestandes, was jedoch voraussetzt, dass derartige Auflagen so klar gefasst sein müssen, dass sie dem Verpflichteten jederzeit die Grenzen seines Verhaltens und damit die Einhaltung der Auflagen zweifelsfrei erkennen lassen (vgl VwGH 25.2.1993, 92/04/0164 mwN). Dem entspricht die Auflage dann nicht, wenn die Erfüllung des Gebotes durch keinerlei Bestimmungen über Art und Weise der ausreichenden Entleerung determiniert ist. Einer so formulierten Auflage fehlt die für ihren normativen Gehalt erforderliche Klarheit.
Da eine konkretere Ausführung zu der Auflage I1 des Bescheides vom 04.06.1985 nicht vorliegt, bedeutete dies für die Berufungsbehörde, dass der zur Prüfung vorgelegte Schuldspruch dadurch, dass ihm hinsichtlich seines normativen Gehalts eine unbestimmte Auflage zugrunde gelegt wurde, als Ganzes nicht mehr mit dem Bestimmtheitsgebot des § 44a Z 1 VStG vereinbar ist. Das angefochtene Straferkenntnis war daher aufzuheben; gleichzeitig war gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen.
Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.