Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch seine Kammer 13, bestehend aus dem Kammervorsitzenden Dr. Alexander Hohenhorst, der Berichterstatterin Mag. Barbara Glieber und dem weiteren Mitglied Mag. Franz Schett, über die Berufung von Herrn DI O. K., XY, XY, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Dr. Ch. G., XY, XY, vom 11.05.2006, gegen das Straferkenntnis der Tiroler Landesregierung vom 16.03.2006, Zahl U-5121BVst/7, betreffend eine Übertretung des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000, nach Durchführung zweier öffentlicher mündlicher Berufungsverhandlungen, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde DI O. K. zur Last gelegt, er habe es als nach außen hin vertretungsbefugtes Organ der Skiliftgesellschaft H. GmbH gemäß § 9 Abs 1 VStG im Rahmen der Errichtung der Skigebietsverbindung H. ? K. zu verantworten, dass die K.-abfahrt durch die Skiliftgesellschaft H. GmbH im Zeitraum von 07.04.2004 bis zum 21.06.2005 entgegen des vom Projektwerber eingeschränkten Projektantrages vom 24.11.2003 errichtet wurde. Entgegen der auf Seite 7.3.2.2 ? Pistenbau ? angeführten Projektmodifikation sei die K.-abfahrt bis km 1,8 verlängert und sei im im Zuge dieser Baumaßnahmen auch Verbauungen am Viertelbach und seinen zwei rechtsufrigen Zubringern durchgeführt worden.
Der Beschuldigte habe dadurch gegen § 45 Z 1 und § 45 Z 2 lit a UVP-Gesetz 2000 iVm § 9 Abs 1 VStG 1991 verstoßen, weshalb gemäß § 45 Z 2 lit a UVP-Gesetz über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 4.250,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 2 Wochen Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Seine Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 425,00 bestimmt.
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der DI K. durch seinen Rechtsvertreter im Wesentlichen vorbringt, dass es stimme, dass die geplante K.-abfahrt im Zuge des UVP-Projektes teilweise von ca. km 0,5 bis ca. km 1,8 zurückgezogen wurde. In weiterer Folge sei dann im Jahr 2004 das gesamte UVP-genehmigte Projekt errichtet worden. Die Skiliftgesellschaft H. GmbH habe sich dafür eines Planungs- und Bauleitungsbüros und zusätzlich der von der Behörde vorgeschriebenen Aufsichten bedient. Im Zuge der Bauausführung sei es offenbar dazu gekommen, dass die Karabfahrt auf einer Länge von ca. 100 m verlängert wurde, weil sich dies im Zuge der Bauarbeiten zwangsläufig ergeben habe, weil die Piste sonst im Nichts geendet hätte und ein ?Einschleifen? der Skifahrer aus dem freien Skiraum nicht möglich gewesen wäre. Aufgrund dieser Umstände seien geringfügige Verbauungen am Viertelbach und im Bereich Wasserboden erfolgt. All diese Maßnahmen seien im Jahr 2004 durchgeführt worden und hätten dagegen weder ein Sachverständiger noch die ökologische Bauaufsicht irgendwelche Einwände erhoben. Der Grund dafür könne nur der gewesen sein, dass die Maßnahmen so geringfügig waren, dass alle davon ausgingen, dass die Änderungen nicht genehmigungspflichtig sind. Die in Anspruch genommene Fläche betrage ca. 2.000 m2 und somit nicht einmal 1 Prozent des Gesamtprojektes. In weiterer Folge seien am 09.01.2006 die durchgeführten Arbeiten mit geringen Abänderungen nachträglich von der UVP-Behörde genehmigt worden. Die nunmehr vorgeworfenen Maßnahmen seien - im Gesamtkontext des UVP-Verfahrens gesehen ? geringfügig und hätten keiner weiteren Genehmigung bedurft. Selbst wenn man davon ausginge, dass diese Maßnahmen genehmigungspflichtig sind, sei das Verschulden des DI K. als gering anzusehen, da er im gegenständlichen Projekt ein Planungsbüro mit der Planung und Abwicklung des Baues betraut habe. Weiters sei eine ökologische Bauaufsicht an Ort und Stelle gewesen. Die Maßnahmen seien derart geringfügig gewesen, dass selbst
die ökologische Bauaufsicht diese Maßnahmen nicht sofort erkannt habe. Es sei einem Geschäftsführer nicht zuzumuten, dass er jede Baustelle auf jeden Meter genau kontrolliert, wenn er befugte Gewerbsleute beschäftigt. Der erhobene Vorwurf, dass der Beschuldigte gegen rechtlich geschützte Werte eine gleichgültige bis ablehnende Haltung einnehme, sei ebenso unzutreffend wie die Schlussfolgerung, daraus einen bedingten Vorsatz anzulasten. Hätte er einen solchen tatsächlich gehabt, hätte er alles getan, um seine Tat zu vertuschen. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. Er sei subjektiv der Meinung gewesen, dass diese Maßnahmen geringfügige sind, die keiner zusätzlichen Genehmigung bedürfen. Die Maßnahmen hätten auch zu keinem Schaden geführt, sonst wären diese nicht nachträglich genehmigt worden. Abgesehen davon, sei die vorgeworfene Tat gemäß § 31 VStG verjährt. Die Durchführung der Arbeiten und somit der Abschluss der strafbaren Tätigkeit sei spätestens im November 2004 erfolgt. Die erste Verfolgungshandlung wäre jedoch außerhalb der 6-Monatsfrist erfolgt, weshalb das Verfahren jedenfalls einzustellen sei. Zum Beweis werde ein Ortsaugenschein und die Einvernahme des Zeugen Ing. W. H. angeboten. Abschließend werde Bescheidbehebung beantragt.
Beweis aufgenommen wurde durch die Einsichtnahme in den Genehmigungsbescheid der Tiroler Landesregierung vom 20.01.2004, Zl U-5121/276 - betreffend Genehmigung nach dem UVP-Gesetz 2000, Genehmigungs- sowie 2. Teilabnahme ? Prüfungsbescheid der Tiroler Landesregierung als UVP-Behörde vom 09.01.2006, Zl U-5121/552, Lieferschein Nummer 2772 der Firma H. Bau aus XY sowie der Arbeitsberichte ? Wochenblätter von Hans P. G. und G. H.; durch die Einvernahme des Berufungswerbers und des Zeugen Ing. W. H. sowie durch die Verlesung des erstinstanzlichen Aktes.
Der Beschuldigte gab dabei an, dass mit dem Bau der K.-abfahrt im Bereich zwischen km 1,8 und 1,7 seiner Erinnerung nach im Spätsommer 2004 begonnen wurde. Die Fertigstellung erfolgte in diesem Bereich noch im Spätherbst (Ende Oktober, Anfang November) 2004. Er selbst war zu dieser Zeit nicht in diesem Bereich und konnte somit keine persönlichen Wahrnehmungen machen. Mit dem ersten Absatz seiner Aussage vor der Erstbehörde vom 25.08.2005 konfrontiert, erklärte DI K. diesen Widerspruch damit, dass ihm ein Baggerfahrer bei einer Besprechung mitgeteilt hat, dass man dort droben mit dem Humusieren nicht fertig werden würde aufgrund des Schlechtwetters. Tatsächlich wurde die Piste aber schon im Herbst fertig gestellt und eingesät. Dies ergebe sich zwingend daraus, dass bei der Begehung am 21.06.2005 ein Rekultivierungserfolg bereits gegeben war, der bei einer Fertigstellung im Frühjahr 2005 nicht erreicht werden hätte können. Im Winter 2004/2005 war in diesem Bereich die Piste bereits in Betrieb. Im Jahr 2005 hat es dort nur insoweit Bauarbeiten gegeben, als die verlangten Sanierungsarbeiten durchgeführt wurden. Diese erfolgten aufgrund der Bemängelungen bei der Begehung am 21.06.2005, bei der er nicht anwesend war. Seine Aussage vom 25.08.2005 erfolgte nicht bedacht und beruhte nicht auf entsprechenden Nachforschungen in seinen Unterlagen.
Der Zeuge Ing. W. H. gab an, dass hinsichtlich der Errichtung der K.-abfahrt durch die Skiliftgesellschaft H. GmbH er die ökologische Gesamtkoordination innehatte. Diese bestand im Wesentlichen in der Koordinierung der einzelnen Fachaufsichten sowie der Wahrnehmung eigener Aufsichts- und Überprüfungstätigkeiten. Bezüglich des Baubeginns der K.-abfahrt im Bereich zwischen km 1,8 und 1,7 konnte der Zeuge anhand seiner Dokumentation kein genaues Datum angeben. Befragt nach dem Datum 07.04.2004, welches im Schuldspruch als Beginn des Tatzeitraumes angeführt ist, gab der Zeuge an, dass an diesem Tag der generelle Baubeginn für dieses Projekt war. Er konnte jedoch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen, dass bereits an diesem Tag zwischen km 1,8 und 1,7 schon mit dem Bau begonnen wurde. Bezüglich der Fertigstellung in diesem Bereich legte der Zeuge der Behörde drei Farbbilder vor, die die Situation bei der Begehung am 21.06.2005 darstellen. Saisonschluss in Hochfügen ist regelmäßig am 01. Mai. Gegenständlicher Bereich befindet sich in einer Seehöhe von ca. 1.850 m. Da er die von ihm betreuten Pisten im Winter auch selbst befährt, um den Erfolg der Maßnahmen selbst auszuprobieren, konnte der Zeuge mit Sicherheit angeben, dass die K.-abfahrt im Bereich von km 1,8 bis 1,7 in der Saison 2004/2005 in Betrieb war. Zum Zeitpunkt des Baubeginns am 07.04.2004 musste im Bereich der Talstation zuerst dort der Schnee weggeräumt werden, damit mit den Baumaßnahmen begonnen werden konnte. Die Talstation liegt auf ca. 1.480 m Seehöhe. Nach seiner Erfahrung kann man im Bereich von 1.800 m vor Mai keine Baumaßnahmen umsetzen, weil sonst mit wirtschaftlich unvertretbarem Aufwand zuerst der Schnee weggeräumt werden müsste. Damit wären auch ökologisch nicht vertretbare Nachteile verbunden. Die Vegetationsperiode beginnt in dieser Höhe Ende Mai und endet Mitte September. Aufgrund dieser kurzen Vegetationsperiode wird im Pistenbau unbedingt angeraten, unmittelbar nach Profilierung eines Geländes, dieses wieder zu rehum usieren und zu bepflanzen, sodass in kurzer Zeit eine Gründeckung erfolgen kann. Die Rekultivierung erfolgt so, dass der vorhandene Humus seitlich abgelagert wird und die vorhandenen Stauden ausgepflanzt werden. Die Gehölze werden in Ziegelform abgehoben, damit die Oberbodenstruktur vorhanden bleibt und werden sie sodann wieder zurückversetzt. Je länger diese Gehölze ausgegraben sind, desto geringer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sie wieder anwachsen. Aufgrund der von ihm vorgelegten und am 21.06.2005 aufgenommenen Lichtbilder war es für den Zeugen Ing. H. nicht vorstellbar, dass sich dieser Vegetationserfolg bereits hätte sich einstellen können, wenn die Humusierungs- und Bepflanzungsmaßnahmen erst im Jahr 2005 gesetzt worden wären. Die Rekultivierungsmaßnahmen hätten im Jahr 2005 erst kurz vor der Begehung durchgeführt werden können; dann hätte man aber nach Ansicht des Zeugen noch am 21.06. Bauspuren (Baggerspuren etc.) sehen müssen. Konfrontiert mit dem ersten Absatz der Niederschrift mit DI K. vom 25.08.2005 gab der Zeuge an, dass ihm diese Aussage - bezogen auf den Bereich zwischen km 1,7 und 1,8 - nicht nachvollziehbar ist. Die Sanierungsarbeiten wurden erst nach dem 21.06.2005 durchgeführt, wo die Mängel festgestellt und von der Behörde gerügt wurden. Ursprünglich war im Bereich zwischen km 1,7 und 1,8 ein Graben im Pistenbereich, aufgrund dessen die Schifahrer nicht von allen Bereichen in die Piste aufgenommen werden konnten. Dieser Graben war auch so geformt, dass er nicht dauerhaft mit Schnee aufgefüllt werden konnte. Das war der Grund, warum in diesem Bereich dieser Graben aufgeschüttet wurde. Die Adaptierungsmaßnahmen, die im Jahr 2005 durchgeführt wurden, bestanden im Wesentlichen in der Umgestaltung des ursprünglich hart verbauten Geländes sowie in der Errichtung eines zusätzlichen Schutzdammes zur Ableitung der Oberflächenschmelzwässer. Der Zeuge hat am 23.09.2005 wiederum Fotos aufgenommen, auf denen der Begrünungserfolg bei einem Baubeginn am 22.06.2005 zu sehen ist. Dort ist nur eine spärlic
he Gründecke zu erkennen. Auch darauf stützte der Zeuge seine Schlussfolgerung, dass die auf den von ihm vorgelegten Bildern vom 21.06.2005 zu erkennende Gründecke bereits auf der Humusierung und Einsaat vom Jahr 2004 beruhen muss. Der Zeuge vermutete aufgrund des Orthofotos, dass bei einer Piste, die bei km 1,8 endet, der südsüdöstlich gelegene Graben (Eintiefung) möglicherweise nicht mehr umfasst ist. Ing. H. wies darauf hin, dass einmal die Stelle mit km 1,8, dann wieder mit ca. km 1,8 und dann wieder mit Gerinnebenennungen beschrieben wurde, die sich nachträglich als falsch herausgestellt haben. Das auf den von ihm vorgelegten Fotos zu sehende Gerinne wurde als ?Viertelbach? benannt, was sich nachträglich als falsch herausgestellt hat. Diesbezüglich gibt es heute noch unterschiedliche Ansichten. Unter den im Spruch erwähnten rechtsufrigen Zubringern sind Kleinstgerinne zu verstehen, bei denen maßgeblich ist, dass sie in die Vorflut zugeleitet werden. Es handelt sich dabei um Hangdruckwässer von Kleinstquellen, welches an diesen Stellen an die Oberfläche treten.
Der Beschuldigte belegte seine Ausführungen hinsichtlich Fertigstellung der K.-abfahrt im Bereich zwischen km 1,8 und 1,7 durch die Vorlage des Lieferscheins Nr 2772 vom 21.10.2004 durch die Firma H. Bau in XY, aus der sich ergibt, dass für den Pistenbau K.-abfahrt und die Humusierung (Viertelbachbereich) von 18.10.2004 bis 21.10.2004 täglich jeweils 10 Baggerstunden geltend gemacht wurden. Vorgelegt wurden auch Kopien aus dem Bautagebuch (Arbeitsbericht ? Wochenblatt) von H. P. G. und G. H. über den Zeitraum vom 01.11.2004 bis 06.11.2004. Beide habe in ihren Arbeitsberichten für den 05.11.2004 für den Arbeitsbereich K.-abfahrt 9 Arbeitsstunden für die Einsaat im Bereich Viertelbach abwärts eingetragen.
Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:
Aufgrund der vorliegenden Beweise ist die Berufungsbehörde davon ausgegangen, dass die Errichtung der K.-abfahrt im Bereich zwischen km 1,8 und 1,7 im November 2004 abgeschlossen wurde. Die Einsaat ist bei einer Pistenerrichtung als der letzte Arbeitsschritt anzusehen. Wenn sich aus dem Bautagebuch ergibt, dass am 05.11.2004 auf der K.-abfahrt im Bereich Viertelbach eingesät wurde, so ist es nicht vorstellbar, dass danach in diesem verfahrensgegenständlichen Bereich noch andere Arbeiten erledigt wurden, weil sonst die bisherige Arbeit wieder zerstört worden wäre.
Das UVP-G 2000 enthält keine von § 31 Abs 1 VStG abweichende Regelung. Dies bedeutet, dass die Verfolgungsverjährung 6 Monate beträgt. Bei der Begehung am 21.06.2005 wurde festgestellt, dass die Piste in diesem Bereich errichtet wurde. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12.08.2005 wurde dieser Sachverhalt dem Beschuldigten erstmals vorgehalten. Da davon auszugehen ist, dass die Errichtung bereits 2004 abgeschlossen wurde, ist hinsichtlich des gesamten Tatvorwurfes der Vorhalt verspätet erfolgt. Aus diesem Grund war der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen DI K. einzustellen.