Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl, über die Berufung von
J. B., M. B., M. B. und B. B., alle wohnhaft XY-Straße 16, M., R. E., XY-Straße 36, M.,
gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, vom 20.07.2006, Zl 3.1-2526/06-A-9, betreffend die Änderung der bestehenden Betriebsanlage ?Handelshaus W.?, in der L. W. Straße 1, M., gemäß § 67h iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wie folgt:
Der Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20.07.2006, Zl 3.1-2526/06-A-9, wird behoben.
Mit Eingabe vom 07.03.2006, eingelangt am 08.03.2006, suchte die L. W. KG bei der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck um die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der Betriebsstätte in M., L. W. Str 1, - zwecks Erweiterung der bestehenden Konzerzentrale ? bestehend aus Zentrallager und Verwaltung ? mit neuem Tiefkühllager, vergrößerter Bereitstellung Auslieferung, Büroräumlichkeiten und Tiefgarage ? an.
Den technischen Einreichunterlagen zu diesem Antrag ist zusammenfassend zu entnehmen, dass an der Ostseite des bestehenden Gebäudes eine Halle im Ausmaß von ca 70m x 57m errichtet werden soll. Diese wird im nördlichen Bereich im Kellergeschoss als Garage mit 79 Stellplätzen genutzt. Die Zufahrt erfolgt über eine Rampe an der Ostseite, mittels eines Verbindungsganges an der Südwestseite wird die Garage mit dem Bestand verbunden. Die Lüftung der Garage wird gemäß ÖNORM H 6003 ausgeführt (vgl die technische Beschreibung Ingenieurbüro P. Haustechnik S 5). Demzufolge werden in der Tiefgarage CO-Messfühler montiert. Die Fortluft wird an der Ostseite Achse T16 ausgeblasen. Die Tiefgarage wird ausschließlich durch Betriebsangehörige genutzt.
Im Erdgeschoss wird im nördlichen Bereich ein Tiefkühllager über zwei Geschoße situiert. Südlich anschließend wird ein Auslieferungsbereich bestehend aus zwölf Boxen adaptiert. Daran anschließend werden die Andockrampen situiert.
Im Obergeschoß werden im südlichen Bereich Büro- und Verwaltungsräumlichkeiten untergebracht. Im Bereich des Anbaues zum Bestand wird die Kaffee-Verpackung ausgeweitet. Eine Änderung bei der Rösterei tritt nicht ein.
Südlich des Tiefkühllagers, welches den Verwaltungsbereich überragt, wird auf der Dachfläche des Verwaltungsbereiches ein Technikbereich untergebracht, in welchem die erforderlichen Aggregate situiert werden.
Im Zuge dieser Erweiterung wird die bestehende Heizungszentrale (ölbefeuert) erneuert und auf einen anderen Energieträger (Erdgas) umgestellt. Weiters wird die Betriebstankstelle aufgelassen, der Lagerbehälter entsprechend entfernt.
Nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung, in deren Rahmen Nachbarn Einwendungen erhoben haben, erließ die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck den mit 20.07.2006 datierten und nunmehr angefochtenen gewerbebehördlichen Genehmigungsbescheid.
Gegen diesen Bescheid haben Herr J. B., Frau M. B., Herr M. B., sowie Frau B. B., alle wohnhaft XY-Straße 16, M., rechtzeitig und zulässig Berufung erhoben und darin, das gegenständliche Verfahren betreffend, ua vorgebracht, ?dass die gegenständliche Erweiterung, insbesondere die beantragten Änderungen, zu einer Belästigung für sie führen. Speziell die Änderungen bei der Tiefgarage, welche zwar von ursprüngliche 79 auf ca 40 Stellplätze verkleinert wurde, führen durch eine wesentlich näher zum Haus der Berufungswerber situierte Fortluft, zu vermehrten Schadstoffimmissionen. Des Weiteren würde der Technikraum, in welchen die Kühlaggregate untergebracht sind, das Tiefkühllager entgegen der technischen Beschreibung überragen und es damit zu erhöhten Lärmbelästigungen kommen.? Frau R. E. brachte in ihrer Berufung zusammenfassend vor, ihre Forderung, dass das Fahrverbot auf der L. W. Straße aufrecht bleiben müsse, sei im Bescheid als unbegründet abgewiesen worden.
Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:
Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zur Entscheidung über Berufungen in Verfahren betreffend Betriebsanlagen ergibt sich aus § 359a GewO 1994.
Nach § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
Bei der mündlichen Verhandlung vom 21.03.2006 bemängelte der brandschutztechnische Sachverständige, dass aus den vorliegenden Plänen nicht beurteilt werden könne, ob die Fluchtwege aus dem Bestand durch den Zubau verlängert werden. Weiters würden die aus dem Schulungsraum mit ca 45 Sitzplätzen führenden Türen entgegen der Fluchtrichtung aufschlagen. Die lichte Weite sei aufgrund des Maßstabes 1:200 nicht lesbar. Weiters wäre die Fluchtweglänge aus der Tiefgarage bis ins Freie einzuzeichnen. Der Zugang zur Tiefgarage habe über eine Schleuse zu erfolgen. Für die Abgabe einer Stellungnahme sei es erforderlich, die an den Zubau angrenzenden Brandabschnitte darzustellen und die tatsächlichen Fluchtweglängen auch aus dem Bestand einzuzeichnen. Türen in Fluchtwegen, auf welche über 10 Personen angewiesen sind, sind dabei in Fluchtrichtung aufschlagend einzuzeichnen.
In einer e-mail der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 23.05.2006 wurde das Planungsbüro M. und H. aufgefordert, die seitens des brandschutztechnischen Sachverständigen geforderten Pläne nachzureichen. Der gewerbebehördliche Genehmigungsbescheid könne vor Einreichung dieser Unterlagen nicht ergehen.
Seitens des Architekturbüros M. und H. wurde die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck mit Schreiben vom 23.05.2006 ua dahingehend informiert, dass die Übermittlung der ausständigen Pläne an die Landesstelle für Brandverhütung am 27.04.2006 erfolgt sei. Diese Angaben finden ihre Bestätigung in einer im Akt einliegenden e-mail vom 27.04.2006.
Mit e-mail vom 09.06.2006 übermittelten die planenden Architekten M. und H. sowohl dem brandschutztechnischen Sachverständigen als auch der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, ?nochmals die bereits am 27.04.2006 übermittelten ergänzenden Unterlagen ? mit Aktualisierung der Erd- und Untergeschoßerweiterung ? entsprechend mittlerweile geändertem Planstand.
Änderungen wie folgt:
UG-Erweiterung: verkleinerte Tiefgarage, Abschluss von einspuriger Ein-/Ausfahrt mit Rollgittertor, geänderter Aufgang ins Erdgeschoß
EG-Erweiterung: Planänderung im Bereich Achse 9-10, geringfügig geänderte Brandabschnittsgrenze (Brandabschnitt Lager 1) und Fluchtwegführung, Aufgang Tiefgarage.
Bitte um Berücksichtigung bei ihrer Stellungnahme und entsprechende Übermittlung an Gewerbereferat.?
Die diesem e-mail beigefügten aktualisierten Planunterlagen (datiert mit 26.04.2006) liegen im erstinstanzlichen Akt als Plankopien ein.
In weiterer Folge gab der brandschutztechnische Sachverständige der Landesstelle für Brandverhütung eine mit 12.06.2006 datierte Stellungnahme ab, in der er die Vorschreibung zweier Auflagen vorschlug. Bei Einhaltung dieser Auflagen bestehe aus Sicht des vorbeugenden Brandschutzes (nunmehr) kein Einwand.
Bezeichnend ist nun, dass in der e-mail des Architekturbüros Moritz & Haselsberger vom 27.04.2006 an die Landesstelle für Brandverhütung darauf hingewiesen wurde, dass ?Originalpläne per Post übermittelt werden.? In der Stellungnahme der Landesstelle für Brandverhütung vom 12.06.2006 sind unter ?Beilagen? ausdrücklich Pläne angeführt. Diese Pläne, datiert mit 26.04.2006, wenngleich ohne Eingangsvermerk der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, finden sich bei den mit einem Genehmigungsvermerk versehenen Planunterlagen.
Diese Pläne unterscheiden sich nun von jenen in der e-mail vom 09.06.2006 übermittelten ?aktualisierten? Plänen. In den aktualisierten Plänen wurde im Bereich des Untergeschoßes ua die Tiefgarage auf ca 40 Stellplätze verkleinert und hat sich die Ausgangssituation geändert (siehe die Beschreibung in der e-mail vom 09.06.2006).
Wie nun die seitens der unmittelbar angrenzenden Nachbarn Brandstätter bereits anlässlich der mündlichen Verhandlung monierte Be- und Entlüftung der Tiefgarage im Detail erfolgt, ist weder diesen Planunterlagen noch einer allfälligen ergänzenden technischen Beschreibung zu entnehmen. Dass die Entlüftung der Tiefgarage nicht mehr im Bereich der Achse T/16, sondern weiter nördlich, also näher zu den Nachbarn B., erfolgt, muss aufgrund der Verkleinerung der Tiefgarage vermutet werden.
Unzweifelhaft stellen die in der e-mail vom 09.06.2006 angeführten Aktualisierungen der Einreichpläne eine weitere Änderung des Genehmigungsantrages dar. Die Behörde I. Instanz hätte daher, in Kenntnis der Einwendungen der unmittelbar in diesem Bereich angrenzenden Nachbarn B. in Bezug auf die Entlüftung der Tiefgarage, nach allfälliger Ergänzung der technischen Beschreibung und Nachreichung der erforderlichen Einreichparien durch den Antragsteller, diese geänderten Einreichunterlagen ihrer Entscheidung zugrunde legen müssen. Dafür hätte sie, zumal die in der Berufung geäußerten Bedenken der Nachbarn B. nicht von vornherein als nicht nachvollziehbar angesehen werden können, den gewerbetechnischen Sachverständigen zur Beantwortung der Frage beiziehen müssen, ob sich durch die Änderungen im Bereich der Tiefgarage und die damit verbundene geänderte Ausführung der Be- und Entlüftung eine allfällige Änderung seiner gutachterlichen Aussagen (vgl Verhandlungsniederschrift vom 21.03.2006) ergibt.
Diese, gerade für die unmittelbar angrenzenden Nachbarn Brandstätter, keineswegs unwesentliche Änderung des Antrages hat die Behörde I. Instanz jedoch völlig ignoriert und der Entscheidung den ursprünglichen Antrag, lediglich abgeändert durch die Planänderungen vom 26.04.2006, zu Grunde gelegt. So ist zB in der ?Technischen Beschreibung? nach wie vor von 79 Stellplätzen die Rede. Der Argumentation der Nachbarn Brandstätter in ihrer Berufung ist jedenfalls dahingehend beizupflichten, dass aufgrund der geänderten Pläne zumindest nicht ausgeschlossen werden kann, dass damit, selbst wenn die Tiefgarage reduziert wurde, infolge der Änderung der Entlüftungssituation eine Schlechterstellung der Nachbarn eingetreten ist.
Aus § 353 Gewerbeordnung 1994 ergibt sich die Qualifikation der Genehmigung einer gewerblichen Betriebsanlage als antragsbedürftiger Verwaltungsakt. Gegenstand und Umfang dieses Verfahrens werden folglich durch den Antrag des Genehmigungswerbers bestimmt. Das Verfahren zur Genehmigung einer Betriebsanlage ist also ein Projektverfahren, in dem der Beurteilung die im § 353 genannten Einreichunterlagen zugrunde zu legen sind (vgl etwa VwGH 3.9.1996, 95/04/0189). Der Behörde ist es verwehrt, mehr oder etwas anderes zu genehmigen, als vom Genehmigungswerber beantragt wurde (VwGH 28.10.1997, 95/04/0247).
Durch die Änderungen im Bereich der Tiefgarage wurde der Antrag, va in Bezug auf die unmittelbar angrenzenden Nachbarn, entscheidend geändert. Es liegt sohin ein neuer, im vergleich zur ursprünglichen Einreichung bzw den planmäßigen Änderungen vom 26.04.2006 (e-mail 27.04.2006) geänderter Antrag vor, über den die Behörde zu entscheiden gehabt hätte. Aus Sicht der Berufungsbehörde liegt sohin ein Fall vor, in dem eine Sachentscheidung in Form einer bloßen Kassation des angefochtenen Bescheides zu treffen war, um den von der Rechtsordnung gewünschten Zustand herstellen zu können. Auf die erhobenen Berufungen war diesfalls nicht näher einzugehen und spruchgemäß zu entscheiden.
In der Folge wird es Aufgabe der Behörde I. Instanz sein, den noch offenen Antrag (mit den entsprechenden Änderungen) einer Erledigung zuzuführen. Dabei besteht auch die Möglichkeit, auf die Einwendungen der Nachbarn in den vorliegenden Berufungen einzugehen. Dazu wird die neuerliche Beiziehung eines gewerbetechnischen Sachverständigen unumgänglich sein.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.