Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alois Huber über die Berufung des M. S., geb am XY, K., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Landeck vom 09.08.2006, Zl SI-304-2006, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das erstinstanzliche Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.
Mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten spruchgemäß nachstehender Sachverhalt zur Last gelegt:
?Sie haben am 02.04.2006 um 03.00 Uhr in 6561 Ischgl vor dem Lokal ?XY? an einer vorerst verbalen Auseinandersetzung mit anderen Beteiligten teilgenommen, sich dabei gegenseitig beschimpft und mit Bier bespritzt und haben so durch dieses Verhalten in besonders rücksichtsloser Weise die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört.?
Dem Beschuldigten wurde eine Verwaltungsübertretung nach § 81 Abs 1 des Sicherheitspolizeigesetzes zur Last gelegt und wurde über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 70,00, 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe, verhängt.
Gegen dieses Straferkenntnis wurde Berufung erhoben. Dabei führte der Beschuldigte an, dass er am 02.04.2006 (zur Rauferei) erst später hinzugekommen sei. Erst als er bemerkt habe, dass sein Freund H. R. schwere Verletzungen bei der Rauferei erlitten habe, habe er in das Geschehen eingegriffen. Er sehe nicht ein, dass er dafür eine Strafe bezahlen solle, da er für die Schlägerei nicht verantwortlich sei.
Der Berufung kam aus folgendem Grund Berechtigung zu:
In der gegen den Beschuldigten von der Polizeiinspektion Ischgl zu Zl A/6544/01/2006 erstatteten Anzeige ist ausgeführt, dass der Berufungswerber am 02.04.2006 von 03.00 Uhr bis 03.30 Uhr in Ischgl, Gemeindestraße vor dem Lokal ?XY? in besonders rücksichtsloser Weise die öffentliche Ordnung ungerechtfertigt gestört habe. Der Beschuldigte habe mit H. W., S. H. Z. und A. W. gerauft. Unter ?Tatbeschreibung? ist angeführt, dass sieben Personen gerauft hätten, sich einander mit Bier beschüttet und sich gegenseitig beschimpft hätten. In dieser Anzeige ist auch ausgeführt, dass die sieben an der Rauferei Beteiligten (mithin auch der Beschuldigte) beim Bezirksanwalt des Bezirksgerichtes Landeck unter GZ B1/5913/06 wegen Raufhandels angezeigt worden sind.
Diese Anzeige an den Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Landeck wurde der Berufungsbehörde von der Polizeiinspektion Ischgl übermittelt. Unter ?Darstellung der Tat? ist dazu angegeben, dass bei den angeführten Personen der Verdacht bestehe, am 02.04.2006 zwischen 03.30 Uhr und 03.40 Uhr an einer Schlägerei vor dem Apre Lokal ?XY? in Ischgl teilgenommen zu haben. Bei dieser Auseinandersetzung ist laut Anzeige R. H. schwer verletzt worden, wobei in der Verletzungsanzeige unter anderem eine Nasenbeinfraktur diagnostiziert worden ist.
§ 91 Abs 1 StGB ? Raufhandel ? lautet wie folgt:
?Wer an einer Schlägerei tätlich teilnimmt, ist schon wegen dieser Teilnahme mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen zu bestrafen, wenn die Schlägerei eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1) eines anderen verursacht, wenn sie aber den Tod eines anderen verursacht, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren.?
Nach der einschlägigen Rechtsprechung zu § 91 Abs 1 StGB genügt jede tätliche Teilnahme an einem Raufhandel, wobei ein ?Handanlegen? im engeren Sinn nicht verlangt wird. Eine Schlägerei ist ein Streit von mindestens drei Personen mit gegenseitigen Tätlichkeiten (EvBl 1976/277).
Als Täter ist jeder Teilnehmer strafbar, wobei das Wort Teilnahme im gewöhnlichen Sprachgebrauch zu verstehen ist. Danach ist Teilnehmer jeder, der ? ohne Täter nach den §§ 12, 83 ff zu sein ? am Tatort anwesend ist und gegen einen anderen tätlich wird (EvBl 1976/56).
Für die Strafbarkeit nach § 91 Abs 1 StGB ist es ohne Belang, ob die schwere Verletzung vor, während oder nach der Teilnahme des Täters am Raufhandel eintrat, sofern sie nur im Verlauf desselben Raufhandels geschehen ist (EvBl 1987/61).
Zur Tatbestandsvoraussetzung des Eintrittes einer schweren Körperverletzung nach § 84 Abs 1 StGB ist auszuführen, dass nach der einschlägigen Rechtsprechung Brüche von Knochen, außer von kleinen geringerer Bedeutung, stets eine an sich schwere Körperverletzung im Sinne des § 84 Abs 1 StGB sind (LSK 1975/215). Somit stellt insbesondere eine Nasenbeinfraktur zweifelsfrei eine an sich schwere Körperverletzung im Sinne des § 84 Abs 1 StGB dar und hat der Beschuldigte damit mit seinem Verhalten objektiv den Tatbestand des § 91 Abs 1 StGB verwirklicht.
Dem Beschuldigten wurde mit dem erstinstanzlichen Straferkenntnis eine Übertretung nach § 81 Abs 1 des Sicherheitspolizeigesetzes zur Last gelegt.
Nach § 85 des Sicherheitspolizeigesetzes liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor, wenn eine Tat nach den §§ 81 bis 84 den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet.
Da im gegenständlichen Fall, wie schon dargestellt, der Tatbestand des § 91 Abs 1 StGB ? Raufhandel ? vorliegt und deshalb nach § 85 SPG eine Verwaltungsübertretung nicht vorliegt, hat der Beschuldigte nicht tatbestandsmäßig gehandelt, sodass spruchgemäß zu entscheiden war.