TE UVS Tirol 2006/09/14 2006/K6/1194-7

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.09.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch die Kammer 6, bestehend aus dem Kammervorsitzenden Dr. Alfred Stöbich sowie die weiteren Mitglieder Dr. Martina Strele und Dr. Hermann Riedler, über die Berufung des Herrn M. D., N., vertreten durch die Rechtsanwälte Dr. M. E. und Dr. G. E., K., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 22.03.2006, Zahl VA-723-2005, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in der Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind im gegenständlichen Fall Euro 420,00, zu bezahlen.

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses wird insoweit verbessert, als nach der Wortfolge ?oder bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabender Arzt? die Wortfolge eingefügt wird ?oder im Sinne des § 5 Abs 4 ausgebildeten und von der Landesregierung hiezu ermächtigten Arzt??

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber

Folgendes vorgeworfen:

 

?Tatzeit: 16.12.2005, 04.00 Uhr

Tatort: Gemeinde Erl, L 209, km 0001.600

Fahrzeug: Personenkraftwagen, XY

 

Sie haben sich, obwohl Sie im Verdacht gestanden sind, zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort, das angeführte Fahrzeug in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben, nach Aufforderung eines besonders geschulten und von der Behörde hiezu ermächtigten Organ der Straßenaufsicht geweigert, sich einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen oder bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden Arzt zur Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung der Blutalkoholkonzentration vorführen zu lassen. Eine Untersuchung der Atemluft war aus in Ihrer Person gelegenen Gründen nicht möglich.

 

Verwaltungsübertretungen nach § § 99 Abs 1 lit b iVm § 5 Abs 4a StVO?

 

Aufgrund dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 99 Abs 1 lit b StVO eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 2.100,00 unter gleichzeitiger Festsetzung einer Ersatzfreiheitsstrafe sowie eines Verfahrenskostenbeitrages verhängt.

 

Dagegen wurde innerhalb offener Frist Berufung erhoben. In dieser wurde zunächst geltend gemacht, dass die Erstbehörde das Ermittlungsverfahren mangelhaft geführt habe und etwa die Polizeibeamten nicht unter Beiziehung des Rechtsvertreters des Berufungswerbers einvernommen worden seien. Die von den Polizeibeamten festgestellten und in die Anzeige seien aufgenommenen Symptome wie schwankender Gang, lallende Sprache und Bindehautrötung auch Folge einer Gehirnerschütterung und nicht nur einer Alkoholisierung, sodass diese Umstände entsprechend zu erheben gewesen wären.

 

Der Berufungswerber habe auch ein neurologisches Sachverständigengutachten zur Frage seiner Zurechnungs(un)fähigkeit zum Zeitpunkt der angeblichen Aufforderung zur Ablegung der Blutabnahme im Krankenhaus Kufstein unter Zugrundelegung der diagnostizierten Verletzungen des Beschuldigten laut der im Akt erliegenden Verletzungsanzeige in Auftrag gegeben. Dem Berufungswerber seien zunächst nicht ausreichende Krankenunterlagen vorgelegen. Sobald das neurologische Gutachten erstellt sei, würde dies vorgelegt werden.

 

Die Erstbehörde habe auch die diagnostizierten Verletzungen laut vorliegender Verletzungsanzeige kommentarlos übergangen. Gerade die diagnostizierte Gehirnerschütterung sei ein deutliches Indiz für die Unzurechnungsfähigkeit zum Zeitpunkt der angeblichen Aufforderung zur Blutabnahme.

 

Die Erstbehörde wäre natürlich auch verpflichtet gewesen, eine neurologische Abklärung des vorliegenden Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens vorzunehmen, dies im Hinblick auf berechtigte Zweifel an der Zurechnungsfähigkeit des Beschuldigten zum Tatzeitpunkt.

 

Der Berufungswerber habe sich auch intensiv um die Ausforschung des Lenkers bemüht, was jedoch bislang erfolglos geblieben sei. Besondere Schwierigkeiten bereite auch der Umstand, dass dem Berufungswerber der Führerschein entzogen worden sei und daher die Nachforschungen infolge Immobilität erheblich erschwert seien. Die Identität des tatsächlichen Lenkers hätte der Berufungswerber bisher nicht klären können. Die Erstbehörde sei zu Unrecht von einer Verletzung der Mitwirkungspflicht ausgegangen.

 

Die Darstellung, insbesondere die Angaben der einschreitenden Polizeibeamten, sei keineswegs so zweifelsfrei, dass auf sie die bekämpfte Feststellung gestützt werden könnte. Die diagnostizierten erheblichen Verletzungen laut Verletzungsanzeige in Verbindung mit dem festgestellten schwankenden Gang, der lallenden Sprache und deutliche Bindehautrötungen seien eindeutige Beweise für das Vorliegen der Zurechnungsfähigkeit beim Berufungswerber zum Tatzeitpunkt.

 

Im Übrigen ergebe es auch keinen Sinn und sei lebensfremd, wenn der Berufungswerber zunächst einem Alkotest mittels Alkomaten zustimme und anschließend eine Blutabnahme im Krankenhaus verweigere, dies im Wissen, dass er ohnedies mit der Rettung ins Krankenhaus Kufstein eingeliefert werde. Im übrigen sei es gängige Praxis, dass Exekutivbeamte in gleich gelagerten Fällen ins Krankenhaus fahren und dort die Blutabnahme veranlassen bzw die jeweilige Person zur Blutabnahme auffordern würden, dies allenfalls im Beisein eines Arztes, der unter anderem auch die Zurechnungsfähigkeit des zu Untersuchenden gegebenenfalls kurzfristig abklären könne.

 

Bei der herangezogenen Beweiswürdigung handle es sich um eine Scheinbegründung. Ein Exekutivbeamter könne sicherlich nicht medizinisch diagnostizieren und verlässlich fundiert einschätzen, ob die Zurechnungsfähigkeit einer Person gegeben sei. Die Erstbehörde habe auch einseitig zu Lasten des Berufungswerbers Teile aus der Verletzungsanzeige ihrer Beweiswürdigung zugrunde gelegt. Auch die Verletzungsanzeige, wonach der Berufungswerber angegeben habe, dass der Unfall auf einer Bergstraße passiert sei und die genauen Umstände des Unfallherganges und des Unfallgeschehens mit dem Patienten zum Aufnahmezeitpunkt nicht erhebbar gewesen seien, spreche für die Zurechnungsunfähigkeit.

 

Eine rechtswirksame Verweigerung der Blutabnahme zum Zwecke der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes im Sinne des § 5 Abs 4a StVO liege nur dann vor, wenn der Berufungswerber eine Aufforderung überhaupt wahrgenommen haben konnte bzw dem Berufungswerber der Erklärungsinhalt einer möglichen Aufforderung überhaupt bewusst gewesen sei. Da Unzurechnungsfähigkeit vorgelegen gewesen wäre, sei auch keine Strafbarkeit gegeben.

Weitere Ausführungen betreffen die Strafhöhe.

 

Aufgrund dieser Berufung wurde zunächst am 08.06.2006 eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt. In dieser wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme des Berufungswerbers sowie der Zeugen A. Z. T., RI N. S. und GI G. G.. Vom Berufungswerber wurde in dieser Verhandlung ein neurologisches Fachgutachten des Prim.-Univ. Doz. Dr. K. B. vorgelegt. Zur Einholung einer gutachterlichen Stellungnahme durch den Amtsarzt der Landessanitätsdirektion für Tirol wurde die Verhandlung auf vorerst unbestimmte Zeit vertagt.

 

Am 28.07.2006 langte schließlich die schriftliche amtsärztliche Stellungnahme des Amtsarztes Dr. F. K. bei der Berufungsbehörde ein. In weiterer Folge wurde für den 14.09.2006 eine fortgesetzte mündliche Verhandlung durchgeführt, wobei es in Anwesenheit des Berufungswerbers und seines Rechtsvertreters zur mündlichen Erörterung des vorgenannten Gutachtens kam.

 

Seitens der Berufungsbehörde wurde im Übrigen auch noch beim Amtsgericht Rosenheim ein von diesem Gericht stammender gegen den Berufungswerber gerichteten Strafbefehl vom 09.01.2003 eingeholt.

 

Aufgrund des durchgeführten Beweisverfahrens steht der von der Erstbehörde angenommene und dem angefochtenen Straferkenntnis zugrunde gelegte Sachverhalt als erwiesen fest.

 

Ergänzend ist Folgendes festzuhalten:

Der Berufungswerber lenkte am 16.12.2005 knapp vor 03.25 Uhr den auf ihn zugelassenen PKW der Marke VW Golf mit dem Kennzeichen XY in Erl auf der Erler Straße L 209 aus Richtung Erl kommend in Richtung Niederndorf. Unmittelbar nach einer leichten Linkskurve kam das vom Berufungswerber gelenkte Kraftfahrzeug aus seinem Verschulden rechts von der Fahrbahn ab, stieß gegen einen Leitpflock sowie eine Schneestange und prallte in der Folge gegen einen Baum. Der Berufungswerber hatte zu diesem Zeitpunkt eine Alkohol-Intoxikation. Durch den Unfall erlitt er eine Contusio capitis, eine Rissquetschwunde am Kinn und im Bereich der Mundhöhle sowie Hautverletzungen an der Innenseite der Unterlippe. A. T. und D. S. kamen wenige Minuten nach dem Unfall mit einem PKW an der Unfallstelle vorbei, wobei der Berufungswerber auf dem Beifahrersitz des verunfallten PKWs saß, mit dem Rücken gegen die Beifahrertüre gelehnt und die Füße am Fahrersitz abgelegt. Nach der Verständigung der Rettung erlangte auch die Polizei Kenntnis vom Vorfall und traf um 03.33 Uhr an der Unfallstelle ein. Im Zuge der Amtshandlung wurden beim Berufungswerber Alkoholisierungssymptome festgestellt und wurde er daher zum Alkotest aufgefordert. Diesem stimmte er zunächst zu. In weiterer Folge wurde der Berufungswerber durch die Rettungskräfte erstversorgt. In der Folge erklärte der Berufungswerber, dass er nicht blasen könne, weil er eine Mundverletzung habe. Eine solche war auch erkennbar und wurde der Berufungswerber daraufhin von RI N. S. zur Blutabnahme aufgefordert, wobei der Berufungswerber erklärte, dass er das nicht will. In der Folge wurde er belehrt, dass die Verweigerung nicht geschickt sei und wurde er auf die rechtlichen Konsequenzen hingewiesen. Der Berufungswerber blieb jedoch dabei, indem er äußerte, dass er das nicht will. Zu diesem Zeitpunkt befand sich der Berufungswerber in keinem die Diskretions- und Dispositionsfähigkeit ausschließenden Zustand.

 

Diese Feststellungen gründen sich auf nachfolgende Beweiswürdigung:

Die Berufungsbehörde schenkt den Angaben des Berufungswerbers, wonach zum Unfallszeitpunkt ein ?Bayer?, den er noch nie vorher gesehen habe (und den er vor dem Unfall im Gasthof P. kennen gelernt habe), das Fahrzeug gelenkt habe, keinen Glauben. Der Zeuge T. gab an, dass er wenige Minuten vor dem Unfallszeitpunkt die Unfallstelle in Richtung Erl passiert habe, um einen Freund nach Hause zu bringen, und am Rückweg hätte man den verunfallten PKW wahrgenommen. Dieser Zeuge erklärte auch, dass zwischen dem Unfallort und jenem Ort, an dem man den Freund aussteigen lassen habe, ca 1 km liege und dass man sich nur kurz in Erl aufgehalten habe. Vor der Berufungsbehörde führte dieser Zeuge auch aus, dass zwischen Hin- und Retourfahrt vielleicht 15 oder 20 Minuten vergangen sein könnten. Der Verkehrsunfallsanzeige der Polizeiinspektion Niederndorf ist in diesem Zusammenhang zu entnehmen, dass der Zeuge T. gegenüber der Polizei angegeben hat, dass zwischen dem Passieren der Unfallstelle vor dem Unfall und der Rückkehr lediglich ein Zeitraum von 5 Minuten gelegen sei. Aufgrund dessen sowie unter Bedachtnahme auf die geringe Entfernung zwischen Unfallort und dem in Erl gelegenen Fahrtziel geht die Berufungsbehörde davon aus, dass zwischen dem Unfallzeitpunkt und dem Eintreffen des Zeugen T. (mit dem Beifahrer D. S.) lediglich wenige Minuten verstrichen sind.

 

Der Zeuge T. führte auch aus, dass er die Fahrertüre am Unfallauto zunächst nicht ?aufgekriegt? habe und dann habe sein Kollege ?bei der Tür gerissen?. RI S. gab an, dass aufgrund der Unfallendlage ein Aussteigen aus dem verunfallten Fahrzeug auf der Beifahrerseite gar nicht möglich gewesen wäre. Anhand der im erstinstanzlichen Akt befindlichen Lichtbilder ist auch erkennbar, dass das Unfallfahrzeug in seiner Endlage auf der Beifahrerseite an einem Baum stand. Der Zeuge T. erklärte auch, dass er an der Unfallsstelle niemanden (gemeint einen allfälligen Mitfahrer) gesehen habe. In der Verkehrsunfallsanzeige ist ausgeführt, dass der Zeuge T. angegeben habe, dass er auf der leicht schneebedeckten Straße auch keine weiteren Fußspuren gesehen habe. Vor der Berufungsbehörde gab er an, dass man auf Fußspuren in einer solchen Situation nicht aufgepasst habe. Diesem Widerspruch misst die Berufungsbehörde keine große Bedeutung zu, zumal es sich bei diesem Punkt lediglich um ein Detail handelt und sich der Zeuge möglicherweise aufgrund des Zeitablaufes zwischen dem Unfall und der Einvernahme vor der Berufungsbehörde daran nicht mehr erinnern konnte. Dass dies am Unfallort im Zuge der Befragung des Zeugen T. ein Thema war, gründet sich auf die glaubwürdigen Angaben des Zeugen RI S. Er erklärte, dass er Herrn T. dezidiert gefragt habe, ob er und sein Beifahrer etwas im Bezug auf Fußspuren im Schnee gesehen hätten und dass er ihn sogar noch einige Tage später angerufen habe und nochmals dazu befragt habe, woraufhin T. ihm mitgeteilt habe, dass er ?nichts gesehen? habe, womit allfällige Fußspuren im Schnee gemeint gewesen wären.

 

Der Zeuge T. sagte vor der Berufungsbehörde auch aus, dass er den Berufungswerber ca 3 oder 4 Wochen vor der Einvernahme vor der Berufungsbehörde auf einem Fußballplatz getroffen und sich mit ihm kurz über den Fall unterhalten habe. Dabei habe der Berufungswerber keine Äußerung gemacht, dass damals nicht er, sondern ein Dritter das Fahrzeug gelenkt habe. In diesem Gespräch sei es darum gegangen, dass ihm der Berufungswerber damals (noch im Fahrzeug sitzend) den Mittelfinger gezeigt habe. Der Umstand, dass der Berufungswerber gegenüber dem Zeugen T. anlässlich dieses Gesprächs auch nicht ansatzweise erwähnt hat, dass er das Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt nicht gelenkt habe, spricht gegen die Version des Berufungswerbers, wäre es doch nahe liegend gewesen, im Hinblick auf die anhängigen Verwaltungsverfahren und der Beweislage, den Zeugen T. zu befragen, inwieweit er eine dritte Person gesehen habe oder sonstige Umstände wahrgenommen habe, die die Version des Berufungswerbers bestätigen könnten.

 

Als belastend stellen sich in diesem Zusammenhang insbesondere die Angaben des RI S. dar. Dieser gab gegenüber der Berufungsbehörde an, dass er den Berufungswerber am Unfallort mehrmals gefragt habe, wer das Fahrzeug gelenkt habe und ihm der Berufungswerber mitgeteilt habe, dass er dies nicht sage. Der Zeuge RI S. versicherte auch, dass es damals ganz leicht geschneit habe und eine ganz kleine Schneeauflage von wenigen Zentimetern vorhanden war. Im unmittelbaren Bereich der Unfallstelle seien Fußspuren gewesen, nicht jedoch in einem Bereich von 10 oder 15 m hinausgehend. Es sei eigentlich klar gewesen, dass außer dem Berufungswerber niemand am Unfall beteiligt gewesen sei. Er habe am nächsten oder übernächsten Tag auch noch den Berufungswerber angerufen und gefragt, wer gefahren sei. Dieser habe diesbezüglich nichts gesagt und sei auch trotz Aufforderung in weiterer Folge nicht zum Posten gekommen. Der Umstand, dass der Berufungswerber weder an der Unfallstelle noch im Zuge des Telefonats mit RI S. oder einer allfälligen Vorsprache bei der Polizei erklärte, dass nicht er, sondern eine dritte Person das Unfallfahrzeug gelenkt habe, spricht eindeutig gegen die Version des Berufungswerbers. Selbst wenn es ihm tatsächlich, wie er gegenüber der Berufungsbehörde behauptete, nicht gelungen wäre, die Identität des Lenkers ? trotz der von ihm behaupteten Ermittlungen ? zu klären, ist nicht einsichtig, weshalb der Berufungswerber nicht bereits zum Unfallzeitpunkt bzw. kurz danach nähere Angaben zum angeblichen Lenker machte. Immerhin ist der angebliche Lenker in der Vorstellung vom 18.01.2006 mit Vornamen C. bezeichnet. Auch wusste der Berufungswerber im Zuge seiner Einvernahme vor der Berufungsbehörde anzugeben, dass es sich dabei um einen Bayern gehandelt habe, welcher in etwa sein Alter gehabt habe, dunkle kurze Haare und ein bisschen größer als er selbst gewesen sei. Dass der Berufungswerber diese ?Täterbeschreibung? angesichts der gravierenden Unfallsfolgen (massive Beschädigungen am PKW und nicht unerhebliche Verlet

zungen beim Berufungswerber) sowie der schwer wiegenden verwaltungs(straf-)rechtlichen Folgen erst ca ein halbes Jahr nach dem Unfall vor der Berufungsbehörde abgab, lässt die Version des Berufungswerbers als unglaubwürdig erscheinen.

 

Schließlich ist im Ambulanzbericht der Abteilung für Unfallchirurgie des Bezirkskrankenhauses Kufstein anamnestisch festgehalten, dass der ?Patient in alkoholisiertem Zustand mit seinem Auto in einem Graben gefahren sei?. Demnach hat der Berufungswerber im Zuge seiner ärztlichen Versorgung im Krankenhaus Kufstein auf Befragen hin geäußert, dass er der Unfallslenker gewesen sei.

 

Angesichts dieser Umstände steht für die Berufungsbehörde als erwiesen fest, dass der Berufungswerber zum Unfallszeitpunkt das Fahrzeug selbst gelenkt hat.

 

Im Bezug auf die Frage der Dispositions- und Diskretionsfähigkeit des Berufungswerbers zum Tatzeitpunkt stützt sich die Berufungsbehörde insbesondere auf die schlüssigen und nachvollziehbaren Angaben des Amtssachverständigen Dr. F. K.. Dieser führte in seinem Gutachten aus, dass sich mit Ausnahme der nachträglichen Angaben einer sowohl retrograden als auch anterograden Amnesie beim Berufungswerber keinerlei Hinweise auf eine tatsächlich erlittene Commotio cerebri, von der in den gutachterlichen Ausführungen des Facharztes für Neurologie und Psychiatrie sowie des Facharztes für Innere Medizin, Prim. Univ.-Doz. Dr. K. B. ausgegangen sei, gefunden hätten. Weder habe Übelkeit noch Erbrechen oder eine Kopfschmerzsymptomatik bestanden. Auch eine Schwindelsymptomatik sei nicht angegeben worden. Der Patient habe sich bei der grob neurologischen Untersuchung stets unauffällig gezeigt, sodass eine ergänzende neurologische Konsiliaruntersuchung für nicht erforderlich angesehen worden sei. Dr. K. räumte ein, dass der neuen Literatur folgend auch bereits eine vorübergehende Verwirrtheit (also nicht nur ein Bewusstseinsverlust kleiner als 1 Stunde, Amnesie kleiner als 8 Stunden oder ein eventuell postcommotioneller Verwirrtheitszustand unter 24 Stunden) bereits ausreichen würde, eine Commotio cerebri zu begründen. Die insbesondere vom Zeugen Türkdogan geschilderten Auffälligkeiten könnten jedoch auch ein Hinweis auf eine Alkoholisierung sein, sie seien also nicht commotiospezifisch. Nach Einschätzung des Amtssachverständigen sei das Vorliegen einer Commotio cerebri eher unwahrscheinlich. Wäre sie vorgelegen, so der Amtssachverständige weiter, so wäre dies auch in den Unterlagen des Bezirkskrankenhauses Kufstein angeführt worden. Es sei Standard, dass Untersuchungen in diese Richtung durchgeführt würden, wenn sich Hinweise auf das Vorliegen einer Commotio cerebri ergeben würden. Dies betreffe vor allem die vegetative Symptomatik, die Angaben des Notarztes oder auch die anamnestischen Angaben, wonach jemand kurzfristig bewusstl

os gewesen sei. Es sei auch eine Standardfrage, ob sich jemand an den Unfall erinnern könne.

 

Dass der Berufungswerber nach dem Unfallhergang befragt wurde, ergibt sich aus dem Ambulanzbericht des Bezirkskrankenhauses Kufstein. Demnach hatte der Berufungswerber im Zuge der Anamnese angegeben, im alkoholisierten Zustand mit seinem Auto in den Graben gefahren zu sein. Gerade dieser Umstand spricht eindeutig gegen die vom Berufungswerber behauptete Amnesie. Im neurologischen Fachgutachten des Prim. Univ.-Doz. Dr. K. B. ist festgehalten, dass der Berufungswerber im Zuge einer Anamneseerhebung am 29.05.2006 beim Privatgutachter Dr. K. B. berichtet habe, ?sich an den Unfallhergang in keiner Weise erinnern zu können, wobei auch die Erinnerungen an die letzten Stunden vor dem Unfallereignis praktisch nicht mehr vorhanden seien?. Gegenüber der Berufungsbehörde gab der Berufungswerber am 08.06.2006, somit lediglich ca 2 Wochen nach der Anamneseerhebung beim Privatgutachter im Gegensatz dazu an, dass damals ein Bayer in das Auto eingestiegen sei und dieses gelenkt habe, wobei er auch das Aussehen dieser Person grob beschreiben konnte und den Vornamen (der sich im übrigen auch bereits in der Vorstellung vom 18.01.2006 findet) angab. Auch wusste er anzugeben, dass er und der angebliche Fahrer vor dem Gasthof P. gesehen worden seien, ohne dass er jemanden namentlich angeben könne.

 

Unter Bezugnahme auf die Schilderungen der Zeugen über das Verhalten des Berufungswerbers unmittelbar nach dem Unfall führte der Amtssachverständige aus, dass der Berufungswerber stets den Eindruck vermittelt habe, genau zu wissen, was er möchte und was nicht. RI S. gab in diesem Zusammenhang etwa an, dass der Berufungswerber der Aufforderung zur Durchführung eines Alkotests zunächst zugestimmt habe. Nach der Erstversorgung durch die Rettung habe der Berufungswerber von sich aus erklärt, dass er nicht blasen könne, weil er eine Mundverletzung habe. Die Blutabnahme im Krankenhaus Kufstein habe er mit den Worten abgelehnt, ?nein, das will ich nicht?. Nach dem Hinweis auf die Rechtsfolgen sei der Berufungswerber dabei geblieben. RI S. führte in diesem Zusammenhang auch an, dass die Antworten so gewesen seien, dass er dezidiert auf Fragen geantwortet habe. Sinn und Konsequenzen seiner Fragestellungen habe der Berufungswerber verstanden. Auch GI G. G. äußerte, dass der Berufungswerber klare Antworten gegeben und dass ihm vorgekommen sei, dass er die Fragen verstanden habe.

 

Der Zeuge T. sprach zwar davon, dass der Berufungswerber auf sein Ansprechen hin ?fast überhaupt nicht reagiert? habe und ?total benommen? gewesen sei. Dazu ist aber festzuhalten, dass diese Reaktionen des Berufungswerbers offensichtlich unmittelbar nach dem Eintreffen von T. am Unfallort, also noch vor Verständigung der Sektorstreife Niederndorf (um 03.25 Uhr) erfolgte, während die Verweigerung der Durchführung der Blutabnahme um 04.00 Uhr stattfand.

 

Unter Bedachtnahme auf diese Umstände geht die Berufungsbehörde davon aus, dass der Berufungswerber die Aufforderung zur Blutabnahme verstanden hat und sich auch über Zweck und Sinn dieser Aufforderung im Klaren war und sich des weiteren auch im klaren darüber sein musste, dass die von ihm ausgesprochene Verweigerung rechtliche Konsequenzen haben würde. Eine etwaige Beeinträchtigung der Dispositions- und Diskretionsfähigkeit ist auf die zum Tatzeitpunkt bestehende und im Ambulanzbericht auch diagnostisch festgehaltene Alkohol-Intoxikation zurückzuführen.

 

Nach § 5 Abs 4a StVO sind die Organe der Straßenaufsicht weiters berechtigt, Personen, bei denen eine Untersuchung gemäß Abs 2 aus Gründen, die in der Person des Probanden gelegen sind, nicht möglich war und die verdächtig sind, sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand zu befinden, zu einem im öffentlichen Sanitätsdienst stehenden, bei einer Bundespolizeibehörde tätigen, bei einer öffentlichen Krankenanstalt diensthabenden oder im Sinne des § 5a Abs 4 ausgebildeten und von der Landesregierung hiezu ermächtigten Arzt zur Blutabnahme zum Zweck der Bestimmung des Blutalkoholgehaltes zu bringen.

 

Gemäß § 99 Abs 1 StVO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe von Euro 1.162,00 bis Euro 5.813,00, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von zwei bis sechs Wochen, zu bestrafen,

a) wer ein Fahrzeug lenkt oder in Betrieb nimmt, obwohl der Alkoholgehalt seines Blutes 1,6 g/l (1,6 Promille) oder mehr oder der Alkoholgehalt seiner Atemluft 0,8 mg/l oder mehr beträgt,

b) wer sich bei Vorliegen der in § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, seine Atemluft auf Alkoholgehalt untersuchen oder sich vorführen zu lassen, oder sich bei Vorliegen der bezeichneten Voraussetzungen nicht der ärztlichen Untersuchung unterzieht,

c) (Verfassungsbestimmung) wer sich bei Vorliegen der im § 5 bezeichneten Voraussetzungen weigert, sich Blut abnehmen zu lassen.

 

Ist eine Person einer Verwaltungsübertretung nach § 99 schuldig, derentwegen sie bereits einmal bestraft worden ist, so kann gemäß § 100 Abs 1 StVO anstelle der Geldstrafe eine Arreststrafe im Ausmaß der für die betreffende Tat angedrohten Ersatzfreiheitsstrafe verhängt werden; ist eine solche Person bereits zweimal bestraft worden, so können Geld- und Arreststrafe auch nebeneinander verhängt werden.

 

Im gegenständlichen Fall wurde der Berufungswerber von RI S. aufgefordert, sein Blut im Hinblick auf die Feststellung des Alkoholisierungsgrades im Krankenhaus Kufstein untersuchen zu lassen. Dazu war RI S. jedenfalls berechtigt, zumal der Berufungswerber jedenfalls im Verdacht stand, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Kraftfahrzeug gelenkt zu haben. Indem der Berufungswerber erklärte, dass er dies nicht wolle, hat er diese Aufforderung verweigert. Der Berufungswerber musste sich nicht zuletzt im Hinblick auf diesbezügliche Erklärungen von RI S. im Klaren darüber sein, dass er sich damit strafbar macht. Der Berufungswerber befand sich zu diesem Zeitpunkt auch nicht in einem die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustand. Eine allfällige Beeinträchtigung der Zurechnungsfähigkeit gründet sich auf die im Krankenhaus festgestellte Alkohol-Intoxikation.

 

In diesem Zusammenhang sei auch darauf hingewiesen, dass einem dispositionsfähig gebliebenen Unfallbeteiligten trotz eines sogenannten ?Unfallschocks? in Verbindung mit einer begreiflichen affektiven Erschütterung pflichtgemäßes Verhalten zumutbar ist, weil von einem Kraftfahrer, welcher die Risken einer Teilnahme am Straßenverkehr auf sich nimmt, ein solches Maß an Charakter- und Willensstärke zu verlangen ist, dass er den Schreck über den Unfall und die etwa drohenden Folgen zu überwinden vermag (vgl VwGH 28.01.2000, 99/02/0042).

 

Im Hinblick auf die deutlichen Alkoholisierungssymptome sowie die vorangegangene Aufforderung zur Durchführung eines Alkomattests, welcher sich aus in der Person des Berufungswerbers gelegenen Gründen als unmöglich erwies, musste sich der Berufungswerber im Klaren sein, dass das Nichtbefolgen der mehr als 35 Minuten nach dem Unfall ausgesprochenen Aufforderung zur Blutabnahme einen Verstoß gegen die StVO darstellt. Es ist daher von vorsätzlichem Verhalten auszugehen.

 

Lediglich ergänzend sei angeführt, dass für die Rechtmäßigkeit der Aufforderung (und somit für die Bestrafung im Falle der Verweigerung) nicht entscheidend ist, ob der Aufgeforderte tatsächlich ein Kraftfahrzeug gelenkt hat. Diesbezüglich reichen bloße Verdachtsmomente aus.

 

Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Der Unrechtsgehalt der angelasteten Übertretung ist als erheblich anzusehen, zumal nicht zuletzt aufgrund des Unfallgeschehens ein massives Interesse bestand, die Frage des Vorliegens einer Alkoholbeeinträchtigung beim Berufungswerber genau abzuklären. In subjektiver Hinsicht ist, wie bereits erwähnt, von vorsätzlicher Begehungsweise auszugehen. Als erschwerend war zu berücksichtigen, dass der Berufungswerber bereits zweimal wegen gleich gelagerter Übertretungen bestraft wurde. Mit Strafbefehl des Amtsgerichtes Rosenheim wurde der Berufungswerber wegen eines Vorfalls vom 11.11.2002 bestraft. Damals lenkte er einen PKW, wobei er infolge vorangegangenen Alkoholgenusses fahruntüchtig war. Eine 50 Minuten nach dem Lenkzeitpunkt entnommene Blutprobe habe eine Blutalkoholkonzentration von 2,24 Promille ergeben. Das Amtsgericht Rosenheim sprach mit dem Strafbefehl auch einen Entzug der Fahrerlaubnis für die Dauer von 14 Monaten aus. Eine weitere Bestrafung wegen eines Alkodeliktes (eines Verstoßes gegen § 5 Abs 1 StVO) datiert vom 22.06.2004. Damit im Zusammenhang steht eine Entziehung der Lenkberechtigung vom 12.03.2004 bis zum 12.09.2004. Mildernd war nichts.

 

Gemäß § 3 Abs 2 VStG ist zwar eine verminderte Zurechnungsfähigkeit zum Tatzeitpunkt als mildernder Umstand bei der Bemessung der Strafe zu berücksichtigen. Dies gilt aber nach der genannten Gesetzesstelle nicht für Bewusstseinsstörungen, die auf selbst verschuldeter Trunkenheit beruhen. Im gegenständlichen Fall ist, wenn überhaupt, von einer verminderten Zurechnungsfähigkeit aufgrund des vorangegangen Alkoholkonsums auszugehen. Unter Bedachtnahme auf den aufgrund der Vorstrafen nach oben hin erweiterten Strafrahmen, der die Verhängung von Geld- und Arreststrafen nebeneinander vorsieht, erscheint die ohnedies noch im unteren Bereich des Geldstrafenrahmens festgesetzte Geldstrafe nicht unangemessen hoch. Sie lässt sich auch mit den vom Berufungswerber bekannt gegebenen ungünstigen wirtschaftlichen Verhältnissen (monatliches Einkommen von ca Euro 620,00, kein Vermögen, Schulden in der Höhe von ca Euro 4.000,00, keine Sorgepflichten) in Einklang bringen. Es war daher wie im Spruch ausgeführt zu entscheiden.

Schlagworte
Unter, Bedachtnahme, auf, diese, Umstände, geht, die, Berufungsbehörde, davon, aus, dass, der, Berufungswerber, die, Aufforderung, zur, Blutabnahme, verstanden, hat
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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