TE UVS Tirol 2006/09/19 2006/22/0545-9

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 19.09.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung der Frau U. H., A., gegen den gewerbetechnischen Auftrag Punkt 2. ?Die Infrarot-Heizelemente sind zugriffssicher zu verkleiden?, des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 25.01.2006, Zl 2.1-994/05, betreffend die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung nach § 359b GewO 1994  für die Errichtung und den Betrieb eines Gastlokales in A. 483 gemäß § 67h iVm  § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wie folgt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, und die gewerbetechnische Auflage Punkt 2., die wie folgt lautet

?Die Infrarot-Heizelemente sind zugriffssicher zu verkleiden?, behoben.

Text

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 25.01.2006, Zl 2.1-994/05, wurde Frau U. H. die gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung gemäß § 359b GewO 1994 für einen Gastgewerbebetrieb in A. Nr 483  unter Vorschreibung diverser Aufträge erteilt. Der gewerbetechnische Auftrag Punkt 2. lautet dabei wie folgt:

?Die Infrarot-Heizelemente sind zugriffssicher zu verkleiden?.

 

Gegen die Vorschreibung dieses Auftrages hat Frau H. per 09.02.2006, sohin rechtzeitig, Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin auf die Norm EN 60335-2-30 (Sicherheit elektrischer Geräte für den Hausgebrauch und ähnliche Zwecke:

Besondere Anforderungen für Raumheizgeräte) sowie die Montageanleitung verwiesen.

 

Der gewerbetechnische Sachverständige der Bezirkshauptmannschaft Schwaz teilte in einer e-mail vom 24.02.2006 der Berufungsbehörde mit, man möge diese Frage im Berufungsverfahren von einem anderen Sachverständige beurteilen lassen. Nach einer fm. Kontaktaufnahme mit dem gewerbetechnischen Sachverständigen der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 24.02.2006 teilte dieser mit, dass seiner Einschätzung nach der gegenständliche Auftrag dann nicht erforderlich sei, wenn bei diesem elektrischen Heizelement gesichert ist, dass eine bestimmte Höchsttemperatur (so in etwa 60 C) nicht überschritten wird.

 

Die Berufungswerberin wurde am 24.04.2006 fm. über dieses Telefonat informiert. Sie erklärte, dass sie sich mit dem Anbieter der Heizelemente in Verbindung setzen und diese Frage abklären werde. Sie informierte die Berufungsbehörde dahingehend, dass sie die Temperatur mit Thermostat regeln könne. Sie werde sich nächste Woche bei der Berufungsbehörde melden.

 

Zumal eine Rückmeldung der Berufungswerberin nicht erfolgte, richtete die Berufungsbehörde folgendes, mit 24.04.2006 datierte, Schreiben an sie:

 

?Sehr geehrte Frau H.,

Sie haben gegen den Auftrag Nr 2 ?Die Infrarot-Heizelemente sind zugriffssicher zu verkleiden? des Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 25.01.2006, Zl 2.1-994/05, Berufung erhoben.

Leider haben Sie sich bzw ein von Ihnen beauftragter Vertreter jener Firma, die Ihnen die gegenständlichen Heizelemente verkauft hat, trotz Ihrer Ankündigung bis heute nicht bei der Berufungsbehörde gemeldet.

Nach dem Stand des bisherigen Ermittlungsverfahrens ist davon auszugehen, dass diese Auflage nur dann nicht erforderlich ist, wenn sichergestellt ist (zB durch einen eingebauten Schutz vor Übertemperatur), dass eine Höchsttemperatur von 60 C nicht überschritten werden kann. Dazu haben Sie bis heute keinerlei Informationen erteilt und werden Sie hiermit ausdrücklich auf Ihre Mitwirkungspflicht im Berufungsverfahren hingewiesen. Sollten Sie daher nicht längstens binnen zwei Wochen ab Erhalt dieser Zuschrift entsprechende nähere Angaben zu diesen Heizelementen beibringen, müssen Sie damit rechnen, dass Ihre Berufung als unbegründet abgewiesen werden wird.?

 

In weiterer Folge übermittelte die I. Infrarot Heizsysteme GmbH per e-mail vom 03.05.2006 folgendes Schreiben:

 

?Sehr geehrter Herr Dr. Triendl!

Stellungnahme zur Installation Heizelemente I. - Pizzeria H.:

Die IHS Heizelemente sind vom TÜV nach DIN-EN 60 335-1 und 60 335-2-30 komplett überprüft worden. Des Weiteren wird die Niederspannungsrichtlinie 73/23 EWG und das EMV-Gesetz Europäische Richtlinien EMV-Gesetz von der Produktionsfirma I. eingehalten. Jährliche Kontrollen und Zertifizierungszulassungen werden vom TÜV Essen durchgeführt.

Zu den Oberflächentemperaturen:

Die Niederspannungsrichtlinie sagt aus, dass metallisch, blanke Oberflächen nicht mehr als 60 C Temperatur erreichen dürfen, weil bei höheren Temperaturen eine Verbrennungsgefahr besteht. Die I. Heizelemente besitzen eine Glas- oder glasartige Oberfläche, wo Temperaturen von 90 C genehmigt sind. Warum? Aufgrund des hartglasemaillierten Materials haben die Heizkörper bei Berührung einen sehr schlechten Wärmeübergangswert, was bedeutet, dass die Wärmeübertragung mit sehr langsamer Geschwindigkeit zur Hand, oder zur berührenden Haut erfolgt, also keine Verbrennungsgefahr. Ein simples Beispiel ist der gute alte Kachelofen, welcher an den Kacheln Temperaturen von bis zu 100 C erreicht. Auch hier besteht bei Berührung keinerlei Verbrennungsgefahr, weil durch die glasartige Oberfläche der Kacheln der Wärmeübergangswert die Brandgefahr verhindert. Aufgrund dieser Faktoren schreiben auch TÜV oder andere elektrotechnische Zertifizierungsstellen keine zusätzliche Abdeckung der Wärmeabgabefläche vor. Sehr geehrter Herr Dr. Triendl wir hoffen, dass Ihnen dieses Schreiben bei der Abnahme der Heizungsanlage in der Pizzeria H. behilflich ist. Für eventuelle Fragen stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.?

 

Per e-mail vom 03.05.2006 wurde der gewerbetechnische Sachverständige ersucht, eine Stellungnahme abzugeben, ob diese Ausführungen nachvollziehbar und plausibel erscheinen und ob aus gewerbetechnischer Sicht von der gegenständlichen Auflagen in diesem Fall Abstand genommen werden könne.

 

Nunmehr liegt der Berufungsbehörde eine gutachterliche Stellungnahme des gewerbetechnischen Sachverständigen des Amtes der Tiroler Landesregierung, Abteilung Emissionen Sicherheitstechnik Anlagen, vom 13.09.2006 vor, der zusammenfassend zu entnehmen ist, dass von der Vorschreibung der gegenständlichen Auflage Abstand genommen werden kann. Im Einzelnen wird darin ausgeführt wie folgt:

 

?Grundsätzlich fallen Heizgeräte für den Hausgebrauch sowie Heizgeräte, die dennoch zu einer Gefahrenquelle für die Allgemeinheit werden können, wie zB Geräte, die von Laien in gewerblichen Betrieben verwendet werden, in den Anwendungsbereich der Niederspannungsrichtlinie 73/23/EWG bzw der Niederspannungsgeräteverordnung NSpgV 1995 (s. Anlage). In der Niederspannungsgeräteverordnung sind in § 2 die Sicherheitsanforderungen an die Geräte festgelegt. Demnach müssen elektrische Betriebsmittel die Erfordernisse des § 3 Abs 1 und 2 ETG 1992 hinsichtlich der Sicherheit von Menschen und Nutztieren und der Erhaltung von Sachwerten, wenn sie ? entsprechend dem Stand der Sicherheitstechnik im Europäischen Wirtschaftsraum ? so hergestellt sind, dass sie bei ordnungsgemäßer Installation und Wartung sowie nach vernünftigem Ermessen zu erwartenden Benutzung den in Anhang I der NSpGV 1995 genannten Bedingungen und Sicherheitsziele entsprechen, erfüllen. Im Anhang I ist angeführt, dass bei elektrischen Betriebsmitteln der Schutz vor Gefahren durch Temperaturen berücksichtigt ist. In § 3 der NSpGV ist angeführt, dass bei elektrischen Betriebsmitteln, die den Sicherheitsanforderungen der harmonisierten Normen genügen, davon auszugehen ist, dass sie den Anforderungen des § 2 erfüllen. Gemäß der Niederspannungsrichtlinie 73/23/EEC sind die Normen EN 60335-1:2002 und EN 60335-2-30:2003 harmonisierte Normen. Diese Normen werden in der Anlage übermittelt.

In Abschnitt 11 der erwähnten Normen werden die Gefahren durch Erwärmung der Geräte und ihrer Umgebung behandelt. In Tabelle 3 des Punktes 11.8 werden die maximalen Temperaturerhöhungen einzelner Teile von elektrischen Betriebsmitteln behandelt. Die Werte der Tabelle basieren auf einer Umgebungstemperatur die normalerweise 25 C nicht übersteigt. Gemäß dieser Tabelle dürfen Oberflächen von Handgriffen, Knöpfen, Griffen und dgl, die im sachgemäßen Gebrauch nur kurz gehalten werden (zB Schalter) aus Metall 35 Kelvin und aus Porzellan oder Glaswerkstoffen 45 Kelvin Temperaturerhöhung nicht übersteigen. In absoluten Werten beträgt die max Temperatur dieser Teile bei Metall 60 C, Porzellan oder Glaswerkstoffe 70 C. Die spezielle Norm für Raumheizgeräte EN 60335-2-30 enthält eine Ergänzung der maximalen Temperaturerhöhungen für Oberflächen. Oberflächen, die mit einem Prüfstab berührbar sind und aus Metall bestehen, dürfen eine Temperaturerhöhung von 85 Kelvin, wenn sie aus Glas, Keramik oder ähnlichem Material bestehen eine Temperaturerhöhung von 100 Kelvin nicht übersteigen. In absoluten Werten beträgt die max. Temperatur bei Oberflächen aus Metall 110 C und bei Glas, Keramik oder ähnlichem Material 125 C. Zusätzliche Schutzmaßnahmen sind in der Norm nicht angeführt.

Im Speziellen führt der Hersteller der I. -Heizelemente in dem Schreiben vom 03.05.2006 an, dass die Heizelemente für TÜV Essen nach DIN EN 60335-1 und 60335-2-30 überprüft worden sind. Weiters führt dieser an, dass die Niederspannungsrichtlinie 73/23 EWG eingehalten wurde. Die maximale Oberflächentemperatur der IHS-Heizelemente soll 90 C nicht übersteigen, wobei eine Glas- oder glasartige Oberfläche vorhanden ist. Unter diesen Voraussetzungen ist auszugehen, dass die Sicherheit von Menschen und Nutztieren gewahrt ist. In der Stellungnahme ist auch zu entnehmen, dass keine zusätzlichen Maßnahmen, wie Abdeckungen der Wärmeabgabefläche vom Hersteller bzw der Zertifizierungsstellen gefordert wurden. Dies ist im Hinblick auf die Eingangs geschilderten Ausführungen auch plausibel.?

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol hat wie folgt erwogen:

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol zur Entscheidung über Berufungen in Verfahren betreffend Betriebsanlagen ergibt sich aus § 359a GewO 1994.

 

Nach § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.

 

Gemäß § 359b Abs 1 Z 2 Gewerbeordnung 1994 hat die Behörde, wenn sich aus dem Genehmigungsansuchen und dessen Beilagen ergibt, dass das Ausmaß der der Betriebsanlage zur Verfügung stehenden Räumlichkeiten und sonstigen Betriebsflächen insgesamt nicht mehr als 800 m2 beträgt, die elektrische Anschlussleistung der zur Verwendung gelangenden Maschinen und Geräte 300 kW nicht übersteigt und auf Grund der geplanten Ausführung der Anlage zu erwarten ist, dass Gefährdungen, Belästigungen, Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs 2 oder Belastungen der Umwelt (§ 69a) vermieden werden, das Projekt durch Anschlag in der Gemeinde und durch Anschlag in den der Anlage unmittelbar benachbarten Häusern mit dem Hinweis bekannt zu geben, dass die Projektsunterlagen innerhalb eines bestimmten, vier Wochen nicht überschreitenden Zeitraumes bei der Behörde zur Einsichtnahme aufliegen und dass die Nachbarn innerhalb dieses Zeitraumes von ihrem Anhörungsrecht Gebrauch machen können; die Eigentümer der betroffenen Häuser haben derartige Anschläge in ihren Häusern zu dulden; nach Ablauf der im Anschlag angeführten Frist hat die Behörde unter Bedachtnahme auf die eingelangten Äußerungen der Nachbarn die die Anwendung des vereinfachten Verfahrens begründende Beschaffenheit der Anlage mit Bescheid festzustellen und erforderlichenfalls Aufträge zum Schutz der gemäß § 74 Abs 2 sowie der gemäß § 77 Abs 3 und 4 wahrzunehmenden Interessen zu erteilen; dieser Bescheid gilt als Genehmigungsbescheid für die Anlage. Die Behörde hat diesen Bescheid binnen drei Monaten nach Einlangen des Genehmigungsansuchens und der erforderlichen Unterlagen zum Genehmigungsansuchen (§ 353) zu erlassen. § 356 gilt sinngemäß. Nachbarn (§ 75 Abs 2) haben keine Parteistellung. In der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführte Betriebsanlagen sind nicht dem vereinfachten Genehmigungsverfahren zu unterziehen.

 

Nach dieser Gesetzesbestimmung hat die Behörde sohin ?erforderlichenfalls? Aufträge vorzuschreiben. Das ergänzend durchgeführte Ermittlungsverfahren hat nun gezeigt, dass der angefochtene Auftrag im konkreten Einzelfall nicht erforderlich ist und war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Hinweis

Für die Vergebührung des Berufungsantrages ist vom Berufungswerber nach den Bestimmungen des Gebührengesetzes 1957 ein Betrag von Euro 13,00 zu entrichten. Dieser Betrag ist binnen zwei Wochen nach Erhalt des Zahlscheines an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol einzuzahlen.

Schlagworte
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Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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