TE UVS Tirol 2006/09/26 2006/26/1052-14

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Veröffentlicht am 26.09.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung der Frau U. M., XY, vertreten durch Herrn H. M? p.A. XY, XY, XY, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17.03.2006, Zl VK-29950-2005, betreffend eine Übertretung nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG), nach öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51 e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 17.03.2006, Zl VK-29950-2005, wurde Frau U. M., XY, im Wesentlichen zur Last gelegt, sie habe es als handelsrechtliche Geschäftsführerin der T. GmbH, XY, XY, welche Zulassungsbesitzerin des PKWs mit dem Kennzeichen XY ist, unterlassen, der Bezirkshautmannschaft Innsbruck auf deren schriftliches Verlangen vom 19.01.2006 binnen zwei Wochen bekannt zu geben, wer das betreffende Kraftfahrzeug am 19.08.2005 um 08.14 Uhr auf der Tiroler Straße B 171 bei Strkm. 117,099 in Fahrtrichtung Mötz gelenkt hat, weil die bekannt gegebenen Lenkerdaten falsch gewesen seien.

Dadurch habe die Beschuldigte gegen § 103 Abs 2 KFG verstoßen. Über diese wurde daher gemäß § 134 Abs 1 leg cit eine Geldstrafe in Höhe von Euro 250,00, Ersatzfreiheitsstraße 60 Stunden, verhängt. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden gemäß § 64 VStG mit 10 vH der verhängten Geldstrafe festgesetzt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat Frau U. M. fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin ausgeführt wie folgt:

?Die in der Strafverfügung erhobene Beschuldigungen entsprechen nicht den Tatsachen. Die vom Sachbearbeiter P. behauptete Punkte sind falsch. Wir haben diesbezüglich beim Landeshauptmann um einen Termin gebeten, damit die Schikane die Herr P. gegen unsere Firma betreibt ein Ende gesetzt wird. Unter anderem sind wir nicht verpflichtet den Fahrer zu fragen wo und wann er nach Italien zurückfährt oder in Österreich übernachten werden usw. Unrichtig ist dass es in I-Arluno diese Strasse Via Castigloni 9 nicht gibt wie im Straferkenntnis behauptet wird. Aus dem ist schon ersichtlich, dass es dem Sachbearbeiter nur um Erlässe von Straferkenntisse geht."

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

A) Sachverhalt:

Zur Klärung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes wurde Beweis aufgenommen durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Strafakt sowie durch Befragung des Vertreters der Berufungswerberin und Einvernahme des Zeugen E. C. in den öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlungen am 26.04.2006 bzw am 22.06.2006. Weiters wurde eine schriftliche Auskunft des Herrn A. P. eingeholt und wurde in das Firmenbuch Einsicht genommen.

 

Sachverhaltsfeststellungen:

Mit Anzeige der Landesverkehrsabteilung Tirol vom 07.10.2005, GZ 026951/2005-0532526, wurde gegen den Lenker des Kombinationskraftwagens mit dem Kennzeichen XY der Vorwurf erhoben, dass dieser am 19.08.2005 um 08.14 Uhr auf der B 171 Tiroler Straße, bei Strkm. 117,099, in Richtung Mötz fahrend, die im Ortsgebiet zulässige Geschwindigkeit um 11 km/h überschritten habe.

 

Dieses Verwaltungsstrafverfahren wurde von der Bezirkshauptmannschaft Imst gemäß § 29a VStG an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck abgetreten.

 

Im daraufhin durch die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck eingeleiteten Strafverfahren hat sich ergeben, dass ein Ablesefehler hinsichtlich des Kennzeichens des Tatfahrzeuges vorliegt und wurde das Verwaltungsstrafverfahren gegen die als Täterin verdächtigte Zulassungsbesitzerin des Kombinationskraftwagens mit dem Kennzeichen XY offenkundig nicht weiter geführt.

 

In der Folge hat die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck an die T. Handels GmbH, welche Zulassungsbesitzerin des bei der Geschwindigkeitsüberschreitung tatsächlich verwendeten Kombinationskraftwagens mit dem Kennzeichen XY ist, mit Schreiben vom 19.01.2006, Zl VK-29950-2005, eine Anfrage folgenden Inhalts gerichtet:

 

?Betreff: Verwaltungsübertretung im Straßenverkehr

AUFFORDERUNG ZUR LENKERBEKANNTGABE

Sehr geehrte Damen und Herren!

Sie werden gemäß (X) § 103 Abs 2 KFG, ( ) § 103a Abs 1 Z 3 KFG iVm § 103 Abs 2 KFG, ( ) § 2 Abs 2 Tiroler Parkabgabegesetz 1997 (X) als (Verantwortlicher) Zulassungsbesitzer ( ) als eine zur Vertretung nach außen berufene Person gem. § 9 VStG ( ) als vom Zulassungsbesitzer namhaft gemachter Auskunftspflichtige(r) ( ) als namhaft gemachter Mieter des Kombinationskraftwagen mit dem Kennzeichen XY aufgefordert, der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck Land binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Schreibens die Auskunft zu erteilen, wer Ihr Fahrzeug (Kombinationskraftwagen) am 19.08.2005 um 08.14 Uhr in Silz, auf der B171, bei km 117.099 in Fahrtrichtung Mötz

(X) gelenkt hat.( ) zuletzt vor dem oben genannten Zeitpunkt dort abgestellt hat.

 

Hinweis:

Sie machen sich im Sinne obiger Bestimmungen strafbar, wenn Sie die verlangte Auskunft nicht, unrichtig oder nicht binnen 2 Wochen nach Zustellung dieses Schreibens geben.

 

Für den Bezirkshauptmann:

L."

 

Der Anfrage beigeschlossen war ein Formblatt zur Erteilung der Lenkerauskunft. Die Lenkeranfrage wurde der Zulassungsbesitzerin am 23.01.2006 zugestellt.

 

Mit Antwortschreiben vom 31.01.2006 hat die T. Handels GmbH mitgeteilt, dass es sich bei der angefragten Person um Herrn R. A., XY, XY, handelt.

 

In der Folge hat die Erstinstanz die Zustellung einer Strafverfügung an Herr A. unter der mitgeteilten Adresse versucht. Diese Strafverfügung wurde mit dem Vermerk ?sconosciuto" an die Behörde retourniert.

 

Im Berufungsverfahren wurde neuerlich ein Zustellversuch an Herrn R. A. unter dieser Anschrift unternommen. Auch dieses Schreiben wurde mit dem Vermerk ?sconosciuto? rückgemittelt.

 

Frau U. M., geb. XY, ist seit 18.08.1997 handelsrechtliche Geschäftsführerin der T. Handels GmbH.

 

Beweiswürdigung:

Die vorstehenden Sachverhaltsfeststellungen ergeben sich in unzweifelhafter Weise aus den im erstinstanzlichen Strafakt bzw Berufungsakt einliegenden Schriftstücken sowie aus dem Firmenbuch.

 

B) Rechtsgrundlagen:

Im gegenständlichen Fall haben folgende Bestimmungen Relevanz:

?1. Kraftfahrgesetz 1967, BGBl Nr 267/1967, in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBI I Nr 117/2005:

 

§ 103

(2) Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

....

 

§ 123

(4) Die im § 103 Abs 2 und § 103a Abs 2 angeführten Erhebungen sind im Sinne des § 39 Abs 2 letzter Satz AVG, außer bei Gefahr im Verzug, schriftlich oder telefonisch durchzuführen. Liegt einer Erhebung gemäß § 103 Abs 2 die Begehung einer Verwaltungsübertretung zugrunde, ist die Erhebung von der für die Ausübung des Verwaltungsstrafrechtes zuständigen Behörde, sofern diese eine Bezirksverwaltungs- oder Bundespolizeibehörde ist, zu führen. In diesen Fällen ist diese Behörde auch sachlich und örtlich für die Durchführung eines Strafverfahrens wegen Übertretung des § 103 Abs 2 zuständig.

....

 

§ 134

(1) Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen, Bescheiden oder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr 3820/85 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr, ABI Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 1, sowie der Verordnung (EWG) Nr 3821/85 über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, ABI Nr L 370 vom 31. Dezember 1985, S 8, geändert durch Verordnung (EWG) Nr 3572/90, ABI Nr L 353 vom 17. Dezember 1990, S 12, zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5 000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. ?

....

 

2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBI I Nr 117/2002:

 

§ 45

(1) Die Behörde hat von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn

1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet;

2. der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen;

3. Umstände vorliegen, die die Verfolgung ausschließen. ....?

 

C) Rechtliche Beurteilung:

Die Bezirkshauptmannschaft Imst als Tatortbehörde hat hinsichtlich der in Rede stehenden Geschwindigkeitsüberschreitung ihre Zuständigkeit zur Durchführung des Verwaltungstrafverfahrens an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck abgetreten. Diese Abtretung konnte sich aber nur auf die im Abtretungszeitpunkt offenkundig als Tatverdächtige angesehene Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen XY beziehen (vgl VwGH 25.09.1990, Zl 90/02/0050). In diesem Zusammenhang ist auch die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu berücksichtigen, wonach dann, wenn die Abtretung eines Verwaltungsstrafverfahrens an eine Anzeige knüpft, das Verwaltungsstrafverfahren nur hinsichtlich der den entsprechenden Sachverhaltselementen nach in der Anzeige ausdrücklich angeführten Verwaltungsübertretung übertragen wird (vgl VwGH 03.10.1984, Slg N.F. Nr. 11536/A).

Im daraufhin eingeleiteten Strafverfahren hat sich allerdings zweifelsfrei ergeben, dass die Zulassungsbesitzerin dieses Kraftfahrzeuges als Täterin ausscheidet. Das Verwaltungsstrafverfahren gegen diese wurde daher offenkundig nicht mehr weiter geführt.

Für das nachfolgende Strafverfahren gegen den Lenker des PKWs mit dem Kennzeichen XY war nun aber wiederum die Bezirkshauptmannschaft Imst als Tatortbehörde zuständig. Diese hätte zwar allenfalls neuerlich eine Abtretung des Verwaltungsstrafverfahrens an die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck, von welcher auch das Kennzeichen des bei der Tathandlung tatsächlich verwendeten Kraftfahrzeugen ausgegeben wurde, vornehmen können, eine solche Abtretung ist aber dem Akteninhalt nach nicht erfolgt. Ohne Übertragung der Zuständigkeit gemäß § 29a VStG war die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck aber zur Durchführung des (weiteren) Verwaltungsstrafverfahrens wegen Übertretung nach § 20 Abs 2 StVO nicht zuständig.

 

Dies ist im gegenständlichen Fall nun insofern von Relevanz, als nach § 123 Abs 4 KFG dann, wenn einer Erhebung nach § 103 Abs 2 KFG die Begehung einer Verwaltungsübertretung zugrunde liegt, diese Erhebung von der für die Ausübung des Verwaltungsstrafrechtes zuständigen Behörde, sofern diese eine Bezirksverwaltungs- oder Bundespolizeibehörde ist, zu führen ist.

Da die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck ? wie zuvor ausgeführt ? mangels neuerlicher Übertragung der Zuständigkeit zur Durchführung des Verwaltungsstrafverfahrens wegen Überschreitung der im Ortsgebiet zulässigen Geschwindigkeit durch den Lenker des PKWs mit dem Kennzeichen XY nicht zuständig war, hat ihr auch die Zuständigkeit für eine Lenkeranfrage gemäß § 103 Abs 2 KFG gefehlt.

 

Nach Ansicht der Berufungsbehörde kann sich eine Zulassungsbesitzer bzw der für diesen verwaltungsstrafrechtlich Verantwortliche aber nur dann wegen Verletzung der sich aus § 103 Abs 2 KFG ergebenden Auskunftspflichten strafbar machen, wenn die Lenkeranfrage von der zuständigen Behörde stammt.

 

Da dies vorliegend nicht der Fall war, war der Berufung bereits aus diesem Grund Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Nach, Ansicht, der, Berufungsbehörde, kann, sich, ein, Zulassungsbesitzer, bzw, der, verwaltungsstrafrechtlich, Verantswortliche, nur, dann, der, Verletzung, der, sich, aus, § 103, Abs 2 KFG, ergebenden, Auskunftspflichtigen, strafbar, machen, wenn, die, Lenkeranfrage, von, der zuständigen, Behörde, stammt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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