TE UVS Tirol 2006/10/02 2006/26/2634-1

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Veröffentlicht am 02.10.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn A. F., T., vertreten durch Frau Rechtsanwältin Dr. M. Th. U., XY-Gasse, R., gegen die Straf- und Kostenaussprüche im Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 17.08.2006, Zl IV-ST-7173/9, betreffend Übertretungen nach dem Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) und dem Forstgesetz 1975 (ForstG), gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) iVm §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wie folgt:

 

I. Der Berufung gegen den Straf- und Kostenausspruch zu Spruchpunkt 1. wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis in diesem Umfang behoben.

 

II. Die Berufung gegen den Straf- und Kostenausspruch zu Spruchpunkt 2. wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass es bei der Strafsanktionsnorm (§ 44a Z 3 VStG) nunmehr ?§ 174 Abs 1 lit a Z 3 und Abs 1 letzter Satz Z 1 FG 1975? zu lauten hat.

 

Nach § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber insofern einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 20,00, zu bezahlen.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 17.08.2006, Zl IV-ST-7173/9, wurde Herrn A. F., XY Nr 1, T., folgender Sachverhalt zur Last gelegt:

 

?Der Beschuldigte, Herr F. A., hat zumindest am 15.09.2004 auf dem GSt Nr XY, Gemeinde T. (Eigentümerin: Agrargemeischaft G.), Abfälle im Ausmaß von ca 10 bis 15 LKW-Ladungen Brandschutt, stammend von den Aufräumarbeiten nach einem Großbrand, bei dem in der Nacht vom 21.08. auf den 22.08.2004 Ihr Bauernhaus bis auf die Grundmauern niedergebrannt war, abgelagert, obwohl Abfälle außerhalb hiefür genehmigter Anlagen insbesondere nicht gelagert werden dürfen bzw ohne die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten so rechtzeitig zu übergeben, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen vermieden werden, bzw soweit Waldflächen im Sinne des Forstgesetzes 1975 betroffen sind, entgegen dem Waldverwüstungsverbot des § 16 Abs 2 lit d Forstgesetz 1975.?

 

Dadurch habe der Beschuldigte Verwaltungsübertretungen nach §§ 79 Abs 2 Z 3 bzw Z 5 iVm 15 Abs 3 AWG 2002 (Punkt 1.) und § 174 Abs 1 lit a Z 3 iVm § 16 Abs 1 ForstG (Punkt 2.) begangen. Über diesen wurde daher zu Spruchpunkt 1. gemäß § 79 Abs 2 AWG 2002 eine Geldstrafe von Euro 360,00, Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden, und zu Spruchpunkt 2. gemäß § 174 Abs 1 lit a ForstG eine Geldstrafe von Euro 100,00, Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden, verhängt. Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens wurden gemäß § 64 VStG mit 10 Prozent der verhängten Geldstrafen bestimmt.

 

Gegen diesen Strafbescheid hat Herr A. F., nunmehr rechtsfreundlich vertreten durch Frau Dr. M. Th. U., Rechtsanwältin in R., fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin ausgeführt wie folgt:

 

?Bekämpft wird ausschließlich der Ausspruch über die Strafe sowie die Nichtanwendung des § 21 VStG.

 

Laut Feststellungen der Behörde hat der Beschuldigte am 15.09.2004 auf dem im Eigentum der Agrargemeinschaft G. stehenden Grundstück Nr XY KG T. Brandschutt, bestehend aus Altholz, Altheu und alten Mauerbruch abgelagert. Dieser stammt von den Aufräumarbeiten nach einem Großbrand, bei welchem in der Nacht vom 21.08. auf den 22.08.2004 das Bauernhaus des Beschuldigten bis auf die Grundmauern niedergebrannt war. Laut weiteren Feststellungen der Behörde handelte es sich bei diesen Materialien um nicht gefährliche Abfälle im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes.

 

Der Beschuldigte hat die ihm angelasteten Verstöße gegen das Abfallwirtschaftsgesetz und Forstgesetz sofort eingestanden, die ordnungsgemäße Entsorgung zugesagt und beantragt, im Hinblick auf die bestehenden Verhältnisse von der Verhängung einer Geldstrafe Abstand zu nehmen. Ihm wurde aufgetragen, den Brandschutt bis 30.05.2005 einer ordnungsgemäßen Entsorgung zuzuführen. Da dies bisher nicht bzw nicht vollständig geschehen ist, wurde das Strafverfahren durch Erlassung des angefochtenen Straferkenntnisses fortgeführt.

 

Die erstinstanzliche Behörde hat zu Unrecht den § 21 VStG nicht angewendet.

Im Gegensatz zur Auffassung der erstinstanzlichen Behörde ist das Verschulden des Beschuldigten geringfügig. Die Behörde hat ja selbst erkannt, dass er sich nach der vollständigen Zerstörung seines Wohnhauses in einer Notlage befand. Diese Notlage, die dadurch hervorgerufene Verzweiflung und wohl auch seine der erstinstanzlichen Behörde anlässlich der Vorsprachen des Beschuldigten erkennbare ?Unbeholfenheit? haben ihn dazu veranlasst, nach dem Unglücksfall zunächst eine ?Zwischenlagerung? vorzunehmen. Es waren wohl auch diese Umstände, die die erstinstanzliche Behörde veranlasst haben, das Verwaltungsstrafverfahren zunächst zu unterbrechen.

 

Die Behörde wertet nun aber den Umstand, dass der Brandschutt bisher nicht vollständig entfernt worden ist, zu Unrecht als ?Uneinsichtigkeit? des Beschuldigten, weshalb nicht mehr von einem geringfügigen Verschulden ausgegangen werden könne. Uneinsichtigkeit liegt aber gewiss nicht vor. Der Beschuldigte ist ein sehr einfacher Mensch, der nach wie vor seelisch unter dem Unglücksfall vom August 2004 leidet. Wie der erstinstanzlichen Behörde auf Grund seiner Vorsprachen auch erkennbar gewesen sein muss, zeichnet er sich nicht durch geistige Beweglichkeit aus, sondern vielmehr durch eine gewisse Unbeholfenheit bzw Hilflosigkeit. Er ist alleinstehend und findet offenbar auch im Verwandtenkreis nicht die Hilfe, Unterstützung. oder Anleitung, die er auf Grund seiner persönlichen Verfassung im konkreten Fall benötigt hätte.

 

Der Beschuldigte war in dieser speziellen Situation mit der termingerechten Erfüllung des Entfernungsauftrages schlicht überfordert und erkannte er auch nicht die Möglichkeit, allenfalls eine Fristerstreckung zu beantragen. Nicht Nachlässigkeit oder Unbekümmertheit um gesetzliche bzw behördliche Vorschriften haben den Beschuldigten zu seiner Handlung bewogen, sondern die durch einen Unglücksfall hervorgerufene Notlage, die er auf Grund seiner persönlichen Verfassung nicht bewältigen konnte.

 

Das tatbildmäßige Verhalten des Beschuldigten bleibt hinter dem typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurück, sodass § 21 VStG angewendet werden kann.

 

Auch die Folgen der Übertretung können noch als geringfügig beurteilt werden. Es handelte sich bei den Ablagerungen, wie die Behörde festgestellt hat, nicht um gefährliche Abfälle. Selbstverständlich ist unbestritten, dass auch nicht gefährliche Abfälle nicht einfach gelagert bzw zwischengelagert werden dürfen, sondern ordnungsgemäß entsorgt werden müssen. Die erstinstanzliche Behörde hat ?im Hinblick auf die Beispielsfolgen? die Übertretungsfolgen als nicht geringfügig beurteilt. Derartige negative Beispielsfolgen können aber nicht nur durch Verhängung von Geldstrafen vermieden werden, sondern werden sie durch die Androhung solcher Strafen vermieden, worin die generalpräventive Funktion liegt.

 

Die spezialpräventive Funktion kann aber auch durch ein Absehen von der Strafe im Einzelfall bzw durch Ausspruch einer Ermahnung erfüllt werden. Nachdem durch die Ablagerung ungefährlicher Abfälle keinerlei Umweltgefährdung eingetreten ist, auch keine Gefährdung anderer Personen oder fremden Eigentums und der Beschuldigte die Abfälle nun ohnehin bis Ende September 2006 entfernen muss, um die Ersatzvornahme zu vermeiden, können die Folgen seiner Handlung noch als geringfügig gewertet werden.

 

Bei richtiger Anwendung des Gesetzes hätte die erstinstanzliche Behörde daher unter Anwendung des § 21 Abs 1 VStG von der Verhängung einer Geldstrafe absehen und allenfalls per Bescheid ermahnen müssen.?

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

Bei der Berufung handelt es sich um eine Prozesshandlung. Für ihre Auslegung ist daher der objektive Erklärungswert maßgeblich, dh es kommt lediglich auf die Erklärung des Willens an (VwGH 30.9.1981, Zl 81/03/0077 ua).

 

Das Berufungsvorbringen richtet sich seinem Inhalt nach unzweifelhaft nur gegen den Strafausspruch. Die Richtigkeit des Schuldspruches wird vom Berufungswerber ausdrücklich nicht in Zweifel gezogen. Damit ist der Schuldspruch des betreffenden Straferkenntnisses in Rechtskraft erwachsen (vgl VwGH 16.9.1971, Zl 1268 ua). Seitens der Berufungsbehörde war daher nur mehr die Angemessenheit der verhängten Geld- und Ersatzfreiheitsstrafen zu prüfen.

 

A) Rechtsgrundlagen:

Folgende gesetzliche Bestimmungen sind beachtlich:

?1. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:

 

Schuld

§ 5

(1) Wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

(2) Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der der Täter zuwidergehandelt hat, entschuldigt nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und der Täter das Unerlaubte seines Verhaltens ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Strafbemessung

§ 19

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Außerordentliche Milderung der Strafe

§ 20

Überwiegen die Milderungsgründe die Erschwerungsgründe beträchtlich oder ist der Beschuldigte ein Jugendlicher, so kann die Mindeststrafe bis zur Hälfte unterschritten werden.

 

Absehen von der Strafe

§ 21

(1) Die Behörde kann ohne weiteres Verfahren von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Sie kann den Beschuldigten jedoch gleichzeitig unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnen, sofern dies erforderlich ist, um den Beschuldigten von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

....

 

2. Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl I Nr 102/2002, in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 43/2004:

 

Allgemeine Behandlungspflichten für

Abfallbesitzer

§ 15

....

(3) Abfälle dürfen außerhalb von

1.

hiefür genehmigten Anlagen oder

2.

für die Sammlung oder Behandlung vorgesehenen geeigneten Orten nicht gesammelt, gelagert oder behandelt werden.

....

(5) Ist der Abfallbesitzer zu einer entsprechenden Behandlung nicht berechtigt oder imstande, hat er die Abfälle einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten so rechtzeitig zu übergeben, dass Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen (§ 1 Abs 3) vermieden werden; Abfälle zur Beseitigung sind regelmäßig, mindestens einmal im Jahr, Abfälle zur Verwertung sind regelmäßig, mindestens einmal in drei Jahren, einem zur Sammlung oder Behandlung Berechtigten zu übergeben.

 

Strafhöhe

§ 79

....

(2) Wer

....

3. nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs 1, 3 oder 4 sammelt, befördert, lagert oder behandelt oder entgegen § 15 Abs 2 vermischt oder vermengt,

4. nicht gefährliche Abfälle entgegen § 15 Abs 5 nicht rechtzeitig einem entsprechend Berechtigten übergibt,

....

begeht - sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von Euro 360,00 bis Euro 7.270,00 zu bestrafen ist; wer jedoch gewerbsmäßig im Bereich der Abfallwirtschaft tätig ist, ist mit einer Mindeststrafe von Euro 1.800,00 bedroht.

....

 

3. Forstgesetz 1975, BGBl Nr 440/1975, in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 83/2004:

 

Waldverwüstung

§ 16

(1) Jede Waldverwüstung ist verboten. Dieses Verbot richtet sich gegen jedermann.

(2) Eine Waldverwüstung liegt vor, wenn durch Handlungen oder Unterlassungen

....

d) der Bewuchs offenbar einer flächenhaften Gefährdung, insbesondere durch Wind, Schnee, wildlebende Tiere mit Ausnahme der jagdbaren, unsachgemäße Düngung, Immissionen aller Art, ausgenommen solche gemäß § 47, ausgesetzt wird oder Abfall (wie Müll, Gerümpel, Klärschlamm) abgelagert wird.

....

 

Strafbestimmungen

§ 174

(1) Wer

a)

....

3. das Waldverwüstungsverbot des § 16 Abs 1 nicht befolgt;

....

begeht eine Verwaltungsübertretung.

Diese Übertretungen sind in den Fällen

1. der lit a, der lit b Z 2 und der lit c mit einer Geldstrafe bis zu Euro 150,00,

2. der lit b Z 1, 3 und 4 und der lit d und e mit einer Geldstrafe bis zu Euro 730,00 oder mit Arrest bis zu einer Woche,

3. der lit b Z 5 bis 7 mit einer Geldstrafe bis zu Euro 3.630,00 oder mit Arrest bis zu zwei Wochen

zu ahnden.

....?

 

B) Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses:

Wie sich aus der Strafbestimmung in § 79 Abs 2 AWG 2002 ergibt, wurde die Geldstrafe zu Punkt 1. nur in dem für Übertretungen nach dieser Norm festgelegten gesetzlichen Mindestmaß verhängt.

 

Die Unterschreitung einer Mindeststrafe kommt nur dann in Frage, wenn die Voraussetzungen des § 20 oder des § 21 Abs 1 VStG vorliegen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde trifft dies gegenständlich nicht zu.

 

Beim Berufungswerber handelt es sich um keinen Jugendlichen. Ebenfalls kann nicht von einem erheblichen Überwiegen der Milderungs- gegenüber den Erschwerungsgründen gesprochen werden, zumal abgesehen von der bisherigen Unbescholtenheit im Verfahren keine Strafmilderungsgründe hervorgekommen sind. Wenn der Berufungswerber in diesem Zusammenhang ausführt, dass er die strafbare Handlung sofort eingestanden habe, kann er damit keinen Milderungsgrund dartun. Mildernd ist ein Geständnis nur dann zu werten, wenn es wesentlich zur Wahrheitsfindung beitragen hat. Das Nichtbestreiten der Tatanlastung reicht dafür jedenfalls nicht aus (vgl VwGH 25.02.1993, Zl 92/18/0344 ua). Im bloßen Zugeben des Tatsächlichen liegt also kein als mildernder Umstand anzusehendes qualifiziertes Geständnis (vgl VwGH VwGH 06.05.1974, Zl 1370/73). Im gegenständlichen Fall hat nun aber das Geständnis des Berufungswerbers, wie dem Akteninhalt zu entnehmen ist, nicht relevant zur Wahrheitsfindung beigetragen. Bereits die ersten Erhebungen durch Beamte des Gendarmeriepostens Grän haben den Sachverhalt soweit klargestellt, dass eine Strafverfolgung des Berufungswerbers möglich war. Ebenfalls nicht mildernd konnte berücksichtigt werden, dass sich der Berufungswerber bei seiner Einvernahme am 20.12.2004 bereit erklärt hat, die Ablagerung zu beseitigen. Obwohl die Erstinstanz im Beseitigungsauftrag vom 22.12.2004, Zl IV-ST-7173/4, eine mehrmonatige, in der Folge nochmals erstreckte Frist für die Entfernung und ordnungsgemäße Entsorgung der Abfälle gesetzt hat, ist der Berufungswerber dem Auftrag bis jedenfalls Juni 2006 nicht nachgekommen. Es ist daher ? wie erwähnt ? von keinem Milderungsgrund, wohl aber von einem Erschwerungsgrund deshalb auszugehen, weil der Berufungswerber nach Hinweis auf die Verbotswidrigkeit der Ablagerung diese mehr als 2 Jahre am betreffenden Ort belassen hat, also im strafbaren Verhalten verharrt ist (vgl VwGH 05.12.1977, Zl 1733/77 ua). § 20 VStG war daher nicht anwendbar.

 

Es liegt aber auch kein in § 21 VStG vorgesehenes geringfügiges Verschulden vor. Von einem solchen ist nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dann auszugehen, wenn das tatbildmäßige Verhalten erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt (vgl VwGH 12.09.1986, Zl 86/18/0059 uva). Vorliegend ist für die Berufungsbehörde nicht erkennbar, weshalb der Unrechts- bzw Schuldgehalt wesentlich geringer sein sollte als bei anderen Übertretungen der betreffenden Verhaltensnorm. Im Gegenteil ist zunächst von einem erheblichen Unrechtsgehalt der dem Berufungswerber angelasteten Übertretung auszugehen. Durch die von ihm übertretene Norm sollen nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt vermieden, sohin höchstrangige Rechtsgüter geschützt werden. Durch sein Verhalten, also die Lagerung von Abfällen außerhalb einer genehmigten Anlage bzw eines dafür vorgesehenen geeigneten Ortes, hat der Berufungswerber diesem Schutzzweck in beträchtlicher Weise zuwider gehandelt. Wie nämlich die im erstinstanzlichen Akt einliegenden Lichtbilder zeigen, haben die gegenständlichen Ablagerungen im Wald zweifelsfrei eine beträchtliche Störung des Landschaftsbildes bewirkt. Bei der jahrelangen Lagerung von unsortiertem Brandschutt auf unbefestigtem Untergrund besteht außerdem zumindest die potentielle Möglichkeit eines Schadstoffeintrages in den Untergrund.

Es gehört heute außerdem zum allgemeinen Wissensstand, dass die Lagerung von Abfällen außerhalb genehmigter Anlagen oder eines dafür vorgesehenen geeigneten Ortes unzulässig ist. Wenn der Berufungswerber die Verbotswidrigkeit seines Verhaltens zunächst nicht erkannt hat, liegt ihm daher jedenfalls ein erheblicher Sorgfaltsverstoß zur Last.

Auch mit dem Hinweis in der Berufung auf die Notlage des Berufungswerbers nach dem Brandfall bzw eine gewisse Hilflosigkeit desselben und eine Überforderung durch die Situation, kann ein geringes Verschulden nicht dargetan werden. Es ist nämlich keinesfalls nachvollziehbar, weshalb die von der Brandstelle wegtransportierten Abfälle nicht sofort zu einer genehmigten Abfallbehandlungsanlage verbracht worden sind. Mit Notstand lässt sich dies keinesfalls erklären. Es mag außerdem zwar zutreffen, dass der Brandfall den Berufungswerber psychisch belastet hat, von einem mit den rechtlich geschützten Werten verbundenen Menschen ist aber zu erwarten, dass er sich auch in solchen Situationen rechtskonform verhält und nicht Malnahmen setzt, die für jedermann einsichtig unzulässig sind. Das bisherige Verfahren lässt auch nicht auf eine Hilflosigkeit des Berufungswerbers schließen. Bei seiner Einvernahme durch die Bezirkshauptmannschaft Reutte war er nämlich sehr wohl dazu in der Lage, seine Interessen nachhaltig zu vertreten, indem er erfolgreich auf die Einräumung einer mehrmonatigen Frist für die Beseitigung der Abfälle gedrängt hat. Nach ergebnislosem Verstreichen dieser Frist ist es ihm gelungen, eine Fristverlängerung zu erreichen. Schlussendlich hat er ? wie dem Akt zu entnehmen ist ? offenbar den Entschluss gefasst, zumindest Teile dieser Abfälle entgegen den gesetzlichen Bestimmungen an Ort und Stelle zu verbrennen. Wie im Hinblick auf diese Fakten mit einer Unbeholfenheit des Berufungswerbers argumentiert werden kann, ist für die Berufungsbehörde unverständlich.

 

Dennoch kommt der Berufung gegen den Strafausspruch zu Punkt 1. aus nachstehenden Erwägungen Berechtigung zu.

Die Erstinstanz hat dem Berufungswerber im unangefochten gebliebenen Schuldspruch zwei Übertretungen der abfallrechtlichen Vorschriften angelastet, nämlich einerseits die Lagerung nicht gefährlicher Abfälle außerhalb einer genehmigten Anlage oder eines für die Sammlung vorgesehenen geeigneten Ortes, also einen Verstoß gegen § 15 Abs 3 AWG 2002, und andererseits die nicht rechtzeitige Übergabe der Abfälle an einen zur Sammlung derselben Berechtigten, also einen Verstoß gegen § 15 Abs 5 leg cit. Für diese zwei Übertretungen wurde aber rechtlich verfehlt lediglich eine Gesamtstrafe verhängt. Nun ist es der Berufungsbehörde zwar grundsätzlich gestattet, eine Aufteilung der Gesamtstrafe auf die mehreren Einzelübertretungen vorzunehmen, im gegenständlichen Fall wurde aber insgesamt nur die für jede einzelne der in § 79 Abs 2 AWG 2002 aufgelisteten Übertretungen vorgesehene Mindeststrafe, nämlich ein Betrag von Euro 360,00, verhängt. Da aber ? wie zuvor ausgeführt - die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 20 bzw 21 Abs 1 VStG gegenständlich nicht vorgelegen haben, würde jede Aufteilung dieser Gesamtstrafe auf die zwei dem Berufungswerber im Spruch angelasteten Übertretungen des AWG 2002 gegen die für die Strafbemessung geltenden Bestimmungen verstoßen.

 

Da sohin der Berufungsbehörde eine gesetzmäßige Strafbemessung nicht möglich war, war der Berufung gegen den Straf und Kostenausspruch zu Punkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge zu geben und der Bescheid in diesem Umfang ersatzlos zu beheben.

 

Zu Spruchpunkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses:

Der Unrechtsgehalt der dem Berufungswerber in Spruchpunkt 2. angelasteten Verwaltungsübertretung ist ebenfalls beträchtlich. Die betreffende Bestimmung hat insbesondere den Zweck, die Waldwirkungen zu erhalten. Indem nun Abfälle in nicht unbeträchtlicher Menge und über einen längeren Zeitraum auf Waldboden gelagert worden sind, wurden diese forstlichen Schutzinteressen in durchaus erheblichem Maße beeinträchtigt. Zu erwähnen ist hier insbesondere die Erholungswirkung des Waldes. Wie die angefertigten Lichtbilder deutlich zeigen, wurden durch die verbotene Lagerung das Landschaftsbild erheblich gestört und damit der Wald als Erholungsraum beeinträchtigt.

Bezüglich des Verschuldens war von Vorsatz auszugehen. Die Lagerung der betreffenden Abfälle im Wald ist zweifelsfrei mit Wissen und Wollen des Berufungswerbers erfolgt. Wenn ihm die Verbotswidrigkeit seines Verhaltens nicht bekannt war, hat ihm lediglich das Unrechtsbewusstsein gefehlt, ein Schuldelement welches von jenem des Vorsatzes zu unterscheiden ist (vgl VwGH 11.9.1997, Zl 96/07/0223). Dass die Lagerung von Abfällen im Wald unzulässig ist, gehört außerdem zum allgemeinen Wissenstand. Sofern dies dem Berufungswerber nicht bekannt war, ist jedenfalls von einem erheblichen Sorgfaltsverstoß auszugehen.

Mildernd war lediglich die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers zu werten, erschwerend hingegen wiederum, dass er nach Hinweis auf die Verbotswidrigkeit seines Vorgehens über ca 2 Jahre im strafbaren Verhalten verharrt ist. Dass die Ausführungen in der Berufung keine weiteren Strafmilderungsgründe dartun können, wurde bereits zu Punkt 1. dargelegt und wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechende Begründung verwiesen. Zu seinen Einkommens- und Vermögensverhältnissen hat der Berufungswerber im erstinstanzlichen Verfahren Angaben verweigert. Deshalb war insofern eine Schätzung vorzunehmen (vgl VwGH 21.10.1992, Zl 92/02/0145 ua) und ist die Berufungsbehörde zur Ansicht gelangt, dass das monatliche Einkommen des Berufungswerbers zumindest Euro 1.000,00 beträgt.

 

Im Zusammenhalt dieser Strafzumessungskriterien haben sich gegen die zu Punkt 2. verhängte Geldstrafe keine Bedenken ergeben. Damit wurde der gesetzliche Strafrahmen zu weniger als 1,4 Prozent ausgeschöpft. Eine Geldstrafe in dieser Höhe wäre selbst im Falle unterdurchschnittlicher Einkommens- und Vermögensverhältnisse jedenfalls gerechtfertigt, um dem erheblichen Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung Rechnung zu tragen. Vor allem haben auch spezialpräventive Erwägungen eine Strafe in der durch die Erstinstanz bestimmten Höhe erfordert. Das gesamte Verhalten des Berufungswerbers zeigt eine gewisse Gleichgültigkeit gegenüber den forstrechtlichen Bestimmungen. Eine geringere Strafe würde daher das Ziel, den Berufungswerber künftighin zu einer genauen Beachtung der gesetzlichen Bestimmungen zu verhalten, nicht erreichen lassen.

 

Auch zu diesem Punkt haben die Voraussetzungen für ein Vorgehen nach § 21 Abs 1 VStG nicht vorgelegen. Weder kann von einem geringen Unrechtsgehalt noch von einem geringfügigen Verschulden gesprochen werden, wobei auf die vorstehenden Ausführungen verwiesen wird. Dass auch der Hinweis auf die angebliche Notlage bzw. die psychische Belastung des Berufungswerbers und dessen angebliche Überforderung durch die Situation nicht zielführend ist, wurde bereits zu Punkt 1. dargetan und wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die entsprechenden Ausführungen verwiesen.

 

Die Berufung gegen den Straf- und Kostenausspruch in Spruchpunkt 2. war daher als unbegründet abzuweisen.

Dabei hatte allerdings eine Präzisierung der Strafsanktionsnorm zu erfolgen. Die Befugnis der Berufungsbehörde dazu hat sich aus dem gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 66 Abs 4 AVG ergeben. Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auch auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach der Berufungsbehörde eine Richtigstellung der Strafsanktionsnorm jederzeit, also auch nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist, gestattet ist (vgl VwGH 23.03.1984, Zl 83/02/0159 ua).

 

Die Festlegung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu diesem Faktum stützt sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesbestimmungen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Wenn, der, Berufungswerber, ausführt, dass, er, die, strafbare, Handlung, sofort, eingestanden, habe, kann, er darin, keinen, Milderungsgrund, dartun, Mildernd, ist, ein, Geständnis, nur, dann, zu, werten, wenn, es, wesentlich, zur, Wahrheitsfindung, beigetragen, hat
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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