Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Alexander Hohenhorst über die Berufung von Frau E. W., XY-Straße 20b, L., vom 21.09.2006, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 06.09.2006, Zl SG-37-2006, betreffend Übertretung nach der Gewerbeordnung, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung insoferne Folge gegeben, als die Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.100,00 auf Euro 900,00, bei Uneinbringlichkeit 8 Ersatzfreiheitsstrafe, herabgesetzt wird.
Dementsprechend wird der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß § 64 Abs 2 VStG mit Euro 90,00 neu festgesetzt.
Mit dem bekämpften Straferkenntnis wurde Frau W. zur Last gelegt, sie habe am 29.07.2006 gegen 02.00 Uhr die mit Bescheiden der Bezirkshauptmannschaft Lienz vom 13.08.2002, Zl 2.1 A-196/02-5, vom 14.01.2004, Zl 2.1. A-196/02-44, und vom 01.07.2005, Zl 2.1 A-196/02-67, und vom 29.05.2006, Zl 2.1 A-196/02-90, genehmigte Betriebsanlage nämlich einen Gastgewerbebetrieb in der Betriebsart Stehcafe in L., XY-Gasse 1, durch die Erhöhung der Verabreichungsplätze von 8 auf 16 in geänderter Form betrieben, obwohl sie nicht im Besitz der hiefür erforderlichen Betriebsanlagengenehmigung war und die Änderung der Betriebsanlage geeignet ist, das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden und der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, zu gefährden. Sie habe dadurch gegen § 366 Abs 1 Z 3 in Verbindung mit § 74 Abs 2 Z 1 Gewerbeordnung verstoßen, weshalb gemäß § 366 Abs 1 Z 3 GewO über sie eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 1.100,00 (im Uneinbringlichkeitsfall 9 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Ihre Beitragspflicht zu den Kosten des erstinstanzlichen Verwaltungsstrafverfahrens wurde mit Euro 110,00 bestimmt.
Dagegen richtet sich die fristgerechte und zulässige Berufung, in der Frau W. ausdrücklich nur die Strafhöhe bekämpft. Sie begründet dies im Wesentlichen damit, dass bezüglich des Vorwurfes, dass die Musikanlage viel zu laut gespielt worden sei, einige Tage später die Polizei eine Überprüfung vorgenommen und dabei festgestellt habe, dass ihr Gerät plombiert und auf eine Lautstärke von maximal 65 dB gedrosselt sei. Der Lärm sei wohl durch die Gäste selbst verursacht worden, die mit eigenen ?Instrumenten? (Löffeln, Rasseln) Musik erzeugt hätten. Ihre Einkommensverhältnisse stellten sich so dar, dass sie aufgrund der bereits erfolgten Strafen und der geringen Einnahmen in ihrem Cafe mit Bankkredit arbeiten müsse, um überhaupt ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Sie habe ca Euro 120.000,00 Kreditverpflichtungen für ihre Wohnung; außerdem wohne ihr Sohn bei ihr, der derzeit seinen Präsenzdienst ableiste. Sie habe noch einige Strafen von der Bezirkshauptmannschaft offen, die in monatlichen Raten zu tilgen seien. Um die behördlichen Auflagen vollständig zu erfüllen, habe sie eine spezielle schalldichte Eingangstür in Auftrag gegeben, um in Hinkunft Lärmbelästigungen entgegen zu wirken. Die Kosten dafür betragen ca Euro 10.900,00 welche sie ausschließlich über Kredit finanzieren muss. Sollte sich die wirtschaftliche Situation nicht verbessern, sei sie sowieso gezwungen, ihren Betrieb zu schließen. Sie stelle deshalb den Antrag, die Höhe der Strafe erheblich herabzusetzen und allenfalls einen Zahlungsaufschub zu gewähren.
Die Berufungsbehörde hat hiezu wie folgt erwogen:
Aufgrund des Umstandes, dass die Berufung sich gegen die Höhe der Geldstrafe richtet und der Schuldspruch unangefochten blieb, ist dieser in Rechtskraft erwachsen und unterliegt nicht mehr der Kontrolle und allfälligen Änderung durch die Rechtsmittelbehörde.
Nach § 19 Abs 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Nach § 19 Abs 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Gemäß § 366 Abs 1 Z 3 GewO begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu Euro 3.600,00 zu bestrafen ist, wer eine genehmigte Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§§ 81f).
Frau W. ist einschlägig verwaltungsstrafvorgemerkt; im Zusammenhang mit Betriebsanlagen sind sieben Vormerkungen innerhalb der letzten fünf Jahre vorhanden und somit anzurechnen, wobei davon vier Vormerkungen sich auf die gleiche Übertretung beziehen, wie gegenständliche Bestrafung. Dabei wurden Strafhöhen zwischen Euro 180,00 und Euro 700,00 ausgesprochen.
Obwohl bereits in jüngerer Vergangenheit durchaus erhebliche Strafen wegen derartiger Übertretungen über Frau E. W. ausgesprochen wurden, habe diese offenbar nicht verhindern können, dass diese neuerlich die Betriebsanlage nicht entsprechend der Genehmigung betreibt. Es ist deshalb die geradezu unausweichliche Folge, dass bei der Bemessung der Strafhöhe für die nunmehrige Übertretung ein Strafsatz zu wählen ist, der über den bisher dafür ausgesprochenen Strafen liegt.
Als Schuldform ist Frau W. zumindest grobe Fahrlässigkeit anzulasten, da sie als Gewerbeinhaberin genau wissen muss, wie sie ihr Lokal betreiben darf und wie nicht. Der Unrechtsgehalt gegenständlicher Übertretung ist auch keinesfalls unerheblich, da sich aus der Polizeianzeige ergibt, dass das Lokal dermaßen überfüllt war, dass es den Polizeibeamten nicht einmal möglich war, weiter als bis hinter die Eingangstür zu gelangen. In einem Notfall könnte eine Person so das Lokal nicht einmal verlassen, was eine potenzielle Gefährdung von Leben und Gesundheit des Gewerbetreibenden oder von Kunden darstellt.
Einzig und allein aufgrund des Umstandes, dass Frau W. sogar ihren Lebensunterhalt mehr oder weniger über Bankkredit finanzieren muss, konnte die Höhe der Geldstrafe um Euro 200,00 herabgesetzt werden. Eine weitere Herabsetzung der Strafhöhe war aus spezialpräventiven Gründen nicht möglich, da schon die bisherigen erheblichen Strafen nicht die gewünschte Wirkung erzielen konnten.
Unabhängig davon steht es der Berufungswerberin frei, bei der Erstbehörde um die Bewilligung von Strafaufschub und/oder Teilzahlung anzusuchen.