TE UVS Tirol 2006/10/12 2006/26/2715-2

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Veröffentlicht am 12.10.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung des Herrn B. H., XY 186 a, S. a.Br., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 06.09.2006, Zl VK-19460-2006, betreffend eine Übertretung nach dem Immissionsschutzgesetz-Luft (IG-L), wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Nach § 64 Abs 1 und 2 VStG hat der Berufungswerber einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 20 Prozent der verhängten Strafe, das sind Euro 14,00, zu bezahlen.

Text

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 18.08.2006, Zl VK-19460-2006, wurde Herrn B. H., S. a.Br., angelastet, er habe am 03.05.2006 um 17.41 Uhr auf der A 12 Inntalautobahn, bei Strkm 133,580, als Lenker des Personenkraftwagens mit dem amtlichen Kennzeichen XY die gemäß § 3 der Verordnung des Landeshauptmannes von Tirol, LGBl Nr 72/2005, für diesen Bereich festgelegte Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h um 25 km/h (nach Abzug der Messtoleranz) überschritten.

 

Gegen diese Strafverfügung, und zwar nur gegen das Strafmaß, hat der Beschuldigte fristgerecht Einspruch erhoben.

 

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde der Einspruch als unbegründet abgewiesen und wurde Herr B. H. gemäß § 64 VStG außerdem zur Tragung von Verfahrenskosten in Höhe von 10 Prozent der verhängten Geldstrafe verpflichtet.

 

Dagegen hat der Beschuldigte Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin begründend ausgeführt wie folgt:

?Hiermit erhebe ich nochmals Einspruch ausschließlich gegenüber der Höhe der obigen Straferkenntnisse aus folgenden Gründen:

 

1) die Höhe der Geldstrafe stark überzogen ist, da auf diesem Autobahnabschnitt normalerweise ein Tempolimit von 130 km/h gilt und diese Geschwindigkeit von mir gar nicht erreicht worden ist. Auch kam es zu keiner Verkehrsgefährdung und auch zu keiner Gefährdung von Personen. Die Geschwindigkeitsbegrenzung auf Tempo 100 bezieht sich ausschließlich auf ein Gesetz des Landes Tirol zum Umweltschutz, welches nur zeitlich begrenzt gilt und dessen Nutzen mehr als nur fraglich ist. Als Familienvater mit einem Wohnort im Wipptal frage ich mich, warum man es nur im Tiroler Oberland mit dem Umweltschutz so genau nimmt. Für mich bedeutet die Höhe der Strafe, dass ein Vergehen gegen den Umweltschutz eine höhere Strafe nach sich zieht, als die Gefährdung von Menschenleben.

Beispiel: Geschwindigkeitsübertretung im Ortsgebiet in gleicher

Höhe: ca Euro 35,00

2) da ich eine Familie mit 4 schulpflichtigen Kindern zu erhalten habe, welche ohne die Unterstützung durch die öffentliche Hand auskommen müssen, ist es mir trotz gegenteiliger Feststellung im Straferkenntnis aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich, eine so hohe Geldstrafe zu bezahlen, ohne das dies zu Einschränkungen bei den Kindern führt. Durch den Schulbeginn in diesem Monat sind meine finanziellen Möglichkeiten mehr als nur eingeschränkt. Auch sind meine monatlichen Verpflichtungen sehr hoch und deshalb mein Einkommen nicht pfändbar.

Es wäre für mich wünschenswert, wenn die Höhe der Strafe nochmals überprüft und auf ein erträgliches Maß gesenkt werden könnte.?

 

Die betreffende Berufung ist am 27.09.2006 offenkundig im Postweg beim Unabhängigen Verwaltungssenat eingelangt. Es ist daher anzunehmen, dass die Berufung spätestens am 26.09.2006 zur Post gegeben wurde, womit sich diese als rechtzeitig erweist.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

A) Rechtsgrundlagen:

Im gegenständlichen Fall sind folgende Bestimmungen beachtlich:

 

?1. Immissionsschutzgesetz-Luft, BGBl I Nr 115/1997, in der Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 34/2003:

 

Strafbestimmungen

§ 30

(1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen

....

4. mit Geldstrafe bis zu Euro 2.180,00, wer einer gemäß §§ 14 und 16 Abs 1 Z 4 erlassenen und entsprechend kundgemachten Anordnung des Maßnahmenkatalogs gemäß § 10 zuwiderhandelt.

....

 

2. Verordnung des Landeshauptmannes vom 10. November 2005, mit der auf der A 12 Inntal Autobahn im Gemeindegebiet von Karrösten, Imst, Mils bei Imst, Schönwies, Zams und Stanz bei Landeck eine Geschwindigkeitsbeschränkung von 100 km/h festgesetzt wird, LGBl Nr 72/2005:

 

§ 1

Zielbestimmung

Das Ziel dieser Verordnung ist, die durch den Menschen beeinflussten Emissionen, die zu einer Immissions-Grenzwertüberschreitung geführt haben, zu verringern und somit die Luftqualität zu verbessern. Diese Verbesserung dient dem dauerhaften Schutz der Gesundheit des Menschen, des Tier- und Pflanzenbestands, ihrer Lebensgemeinschaften, Lebensräume und deren Wechselbeziehungen sowie der Kultur- und Sachgüter vor schädlichen Luftschadstoffen sowie dem Schutz der Menschen vor unzumutbar belästigenden Luftschadstoffen.

 

3. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 117/2002:

 

Strafbemessung

§ 19

(1) Grundlage für die Bemessung der Strafe ist stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

(2) Im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) sind überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

B) Rechtliche Beurteilung:

Der Unrechtsgehalt der dem Berufungswerber angelasteten Verwaltungsübertretung ist nicht unerheblich. Wenn er in diesem Zusammenhang ausführt, durch die Geschwindigkeitsüberschreitung sei keine Verkehrsgefährdung entstanden, erweist sich dieses Vorbringen als nicht zielführend. Bei der Bemessung der Strafe ist nämlich gemäß § 19 Abs 1 VStG auf die durch die jeweilige Strafsanktionsnorm geschützten Interessen abzustellen. Die vom Berufungswerber verletzte Norm hat aber nicht die Vermeidung von Verkehrsgefahren, sondern die Verminderung der für Menschen, Tier- und Pflanzengesellschaften usw nachteiligen Luftschadstoffemissionen bezweckt. Dabei handelt es sich unzweifelhaft um höchstrangige Rechtsgüter. Der Berufungswerber hat durch das ihm angelasteten Verhalten diesen gewichtigen Schutzzielen zuwidergehandelt. Wenn er in diesem Zusammenhang ausführt, der Nutzen von Geschwindigkeitsbeschränkungen zur Erreichung einer Schadstoffreduktion sei mehr als fraglich, ist nicht nachvollziehbar, worauf sich diese im Widerspruch zum wissenschaftlichen Erkenntnisstand stehende Behauptung gründet (vgl etwa die veröffentlichte Studie des Umweltbundesamtes ?Schwebestaub in Österreich, Fachgrundlagen für eine kohärente österreichische Strategie zur Verminderung der Schwebestaubbelastung, Bericht BE-277, Wien 2006?, worin es Bezug nehmend auf H. (Entwicklung von Luftschadstoffemissionen aus dem Verkehr bis 2010 und Abschätzung von Maßnahmenwirkungen, 2003) heißt, dass bei Tempo 80/100 verglichen mit Tempo 100/130 sich bei Personenkraftwagen und leichten Nutzfahrzeugen (LNF) abgasbedingte PM-Reduktionen auf Autobahnen um 17 Prozent und auf Freilandstraßen um 16 Prozent und und der NOx Ausstoß sogar um 36 Prozent auf Autobahnen bzw 18 Prozent auf Freilandstraßen reduziert würde, oder den ebenfalls veröffentlichten Evaluierungsbericht ?Veränderung der Luftschadstoffbelastung in Imst während der 100 km/h-Beschränkung auf der A12 zwischen Imst und Landeck in der Periode Jänner-Feber 2006?, der Abteilung Forstplanung des Amtes der Tirol er Landesregierung vom April 2006, worin im Ergebnis die Wirksamkeit dieser Maßnahme bestätigt wird).

Als Verschuldensform war Fahrlässigkeit anzunehmen. Aufgrund des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung war dabei von einem durchaus erheblichen Sorgfaltsverstoß auszugehen.

Mildernd konnte die bisherige Unbescholtenheit des Berufungswerbers berücksichtigt werden. Die wirtschaftlichen Verhältnisse eines Beschuldigten stellen hingegen entgegen der Annahme der Erstinstanz keinen Milderungsgrund dar, sondern handelt es sich dabei um ein eigenes Strafzumessungskriterium, auf welches nachfolgend noch eingegangen wird. Erschwerungsgründe sind im Verfahren nicht hervorgekommen.

Zu seinen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen hat der Berufungswerber ausgeführt, dass er als Angestellter ein monatliches Nettoeinkommen von Euro 1.953,29 bezieht. Die Sonderzahlungen (?13. und 14. Monatsgehalt?) sind darin offenkundig nicht berücksichtigt. Er ist Eigentümer eines Eigenheimes. Seine Ersparnisse (Bausparvertrag) belaufen sich auf Euro 830,00. An sonstigem Vermögen besitzt er laut eigenen Angaben einen PKW der Marke Suzuki Swift, Bj 1997. Seine Rückzahlungen aus diversen Verbindlichkeiten im Gesamtbetrag von Euro 179.000,00 belaufen sich auf Euro 1104,00 monatlich. Der Berufungswerber ist unterhaltspflichtig für vier minderjährige Kinder. Das Vorbringen, es bestehe auch eine Unterhaltsverpflichtung gegenüber der Ehegattin ist indes nicht gänzlich nachvollziehbar, zumal diese, wie dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol aus einem anderen Verfahren bekannt ist, eine Tätigkeit als Diplom-Krankenschwester ausübt, also offenkundig über ein eigenes Einkommen verfügt.

 

Unter Berücksichtigung all dieser Strafzumessungskriterien haben sich gegen die durch die Erstinstanz verhängte Geldstrafe keine Bedenken ergeben. Nach Ansicht der Berufungsbehörde hat die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck damit den ihr gesetzlich eingeräumten Ermessensspielraum keinesfalls überschritten. Das IG-L sieht bei Zuwiderhandlungen gegen die auf Grundlage dieses Gesetzes angeordneten Maßnahmen für den Verkehr die Verhängung von Geldstrafen bis zu einem Betrag von Euro 2.180,00 vor. Demgegenüber ist in der vom Berufungswerber mit seinem Vorbringen zur Bestrafung einer Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet offenkundig bezogenen Strafsanktionsnorm, nämlich § 99 Abs 3 lit a StVO, lediglich eine Höchststrafe von Euro 726,00 vorgesehen. Innerhalb des im IG-L enthaltenen, deutlich höheren Strafrahmens hatte die Bezirkshauptmannschaft Innsbruck nach den Kriterien des § 19 VStG die Strafe zu bemessen. Mit der gegenständlich verhängten Geldstrafe von Euro 70,00 wurde dieser Strafrahmen nun aber lediglich zu ca 3 Prozent ausgeschöpft. Dies erweist sich im Hinblick darauf, dass mit der betreffenden Verordnung ? wie zuvor ausgeführt ? höchstrangige Rechtsgüter geschützt werden sollten und mit Bedacht auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung, welches insbesondere auch ein durchaus erhebliches Verschulden indiziert, keinesfalls als überhöht. Selbst im Falle unterdurchschnittlicher wirtschaftlicher Verhältnisse, von welchen die Erstinstanz offenbar ausgegangen ist, wäre eine Strafe in diesem Betrag geboten, um dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung Rechnung zu tragen. Im Übrigen kann nach Ansicht der Berufungsbehörde beim Berufungswerber nicht von unterdurchschnittlichen wirtschaftlichen Verhältnissen ausgegangen werden. Sein Einkommen liegt deutlich über dem Tiroler Durchschnitt. Der Berufungswerber hat zwar Rückzahlungen aus diversen Verbindlichkeiten in nicht unbeträchtlicher Höhe zu leisten, und zwar offenkundig insbesondere im Zusammenhang mit der erfolgten Schaffung von Wohnraum, diesem verbleibt aber auch nach Abzug derselben noch ein monatlicher Betrag von ca Euro 850,00. Wenn der Berufungswerber auf die Sorgepflichten für vier Kinder hinweist, ist abgesehen vom Familienbeihilfenbezug auch zu berücksichtigen, dass seine Ehegattin offenbar berufstätig ist und damit ebenfalls zum Familiene

inkommen bzw zur finanziellen Versorgung der Kinder beiträgt. Insgesamt ist das Familieneinkommen laut eigenen Angaben des Berufungswerbers so hoch, dass eine Förderungswürdigkeit für öffentliche Unterstützungsleistungen nicht besteht. Schlussendlich ist zu bedenken, dass der Berufungswerber Eigentümer eines Eigenheimes ist. Auch derartige Vermögenswerte haben bei der Strafbemessung Berücksichtigung zu finden.

Die Berufung war sohin spruchgemäß abzuweisen.

 

Die Vorschreibung des Beitrages zu den Kosten des Berufungsverfahrens stützt sich auf die im Spruch angeführten Gesetzesbestimmungen.

Schlagworte
Im, Übrigen, kann, nach, Ansicht, der, Berufungsbehörde, nicht, von, unterdurchschnittlichen, wirtschaftlichen, Verhältnissen, ausgegangen, werden, Sein, Einkommen, liegt, deutlich, über, dem, Tiroler, Durchschnitt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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