TE UVS Steiermark 2006/10/13 30.16-86/2006

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.10.2006
beobachten
merken
Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karl-Heinz Liebenwein über die Berufung des Herrn W M, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Leoben, vom 18.08.2006, GZ.: S 2978/05, wie folgt entschieden:

Gemäß § 44 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung  Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.

Text

Mit dem Spruch des angeführten Straferkenntnisses wurden dem nunmehrigen Berufungswerber in dessen Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlichen der Firma W M Transporte GmbH, etabliert in S am A, I Nr. 8, diese ist Beförderin von Gefahrgut, zwei im Einzelnen näher beschriebene Verstöße gegen das GGBG bzw. die Bestimmungen der ADR zur Last gelegt, welche im Zuge einer Kontrolle des am 23.05.2005 um 20.00 Uhr in L, S, von C L gelenkten Sattelkraftfahrzeuges festgestellt wurden, zur Last gelegt. Wegen der beiden, dem Berufungswerber angelasteten Verwaltungsübertretungen, wurde zu Punkt 1. eine Geldstrafe in der Höhe von ? 500,-- (10 Tage Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt und zu Punkt 2. gemäß § 21 VStG eine Ermahnung erteilt. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung, in der im Wesentlichen vorgebracht wird, dass der Lenker seit Dezember 2002 im Unternehmen als Berufskraftfahrer mit ADR-Ausbildung tätig sei und seit 2 Jahren im Einwegverkehr immer dasselbe Produkt im Auftrag der Firma D in B mit besagtem gummierten Tankfahrzeug eine Strecke hin leer, die Strecke retour voll transportiere. Es sei dem Berufungswerber daher unverständlich, warum Herr L am Tag der Kontrolle das dazugehörige Papier nicht vorweisen habe können und es wären noch bei keiner Kontrolle in der Vergangenheit Mängel dieser Art festgestellt worden. Als Beförderer und Verantwortlicher ersuche er nochmals von einer Bestrafung abzusehen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung hatte unter Hinweis auf § 51e Abs 2 Z 1 VStG zu entfallen. Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Danach ist es rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht. Hiezu sind entsprechende, in Beziehung zur vorgeworfenen Straftat stehende wörtliche Ausführungen erforderlich. Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG wird somit dann Rechnung getragen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmal zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 3.10.1985, Slg. NF 11894/A). Entscheidend dafür, welche Tathandlung die Behörde der Verwaltungsvorschrift unterstellt hat, ist daher die Bezeichnung im Spruch des Erkenntnisses. Die objektive Tatseite einer Verwaltungsübertretung ist das vom Tatbestand erfasste, äußere menschliche Verhalten. Dieses Verhalten kann in einem Tun oder in einem Unterlassen bestehen. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist es nach der zitierten Gesetzesstelle rechtlich geboten, die Tat hinsichtlich des Täters und der Umstände so genau zu umschreiben, dass 1.) die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2.)die Identität der Tat (z. B. nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 13.6.1984, Slg. NF 11.466/A). Der Vorschrift des § 44a Z 1 VStG ist dann entsprochen, wenn a.) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und b.) der Spruch geeignet ist, dem Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu beschützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (Erkenntnis eines verstärkten Senates vom 03.10.1985, Slg. NF 11.894/A). Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht aus nachstehenden Gründen nicht den obgenannten Erfordernissen des § 44a VStG: Das Gefahrgutbeförderungsgesetz, für dessen Verletzung der Berufungswerber in den beiden zuvor angeführten Punkten bestraft wurde, stellt auf die Beförderung gefährlicher Güter im Sinne des § 3 Abs 1 GGBG ab. Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses, wie aber auch dessen Begründung findet sich nicht der geringste Hinweis darauf, welches Gefahrengut vom Berufungswerber in seiner Verantwortlichkeit tatzeitlich und tatörtlich befördert wurde bzw. sich vor der Anhaltung des von C L gelenkten Sattelzugfahrzeuges in diesem befunden hat. Die belangte Behörde spricht in Punkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses lediglich von einem ungereinigten leeren Tankfahrzeug und lässt jeglichen Hinweis darauf, was sich denn tatsächlich vor Leerung dieses Tankfahrzeuges in diesem befunden hat, vermissen. Die Angabe des beförderten gefährlichen Gutes wäre jedoch zweifellos erforderlich gewesen, um daraus Rückschlüsse auf die im GGBG bzw. der ADR normierten, umfassenden Verhaltensmaßregeln respektive deren allfälliger Verletzung ziehen zu können. Deutlich sichtbar wird der zitierte Spruchmangel insbesonders auch beim Vorhalt in Spruch- Punkt 2 des angefochtenen Straferkenntnisses, der undifferenziert auf vom Lenker der angeführten Beförderungseinheit mitgeführten schriftlichen Weisungen mit den UN-Nummern Klasse 8: 1789, 2582 und 3264 hinweist. Aus der dem gegenständlichen Verwaltungsstrafakt zu Grunde liegenden Strafanzeige der Bundespolizeidirektion Leoben vom 22.6.2005 ergibt sich nämlich, dass sich diese schriftlichen Weisungen auf Chlorwasserstoffsäure, Polyaluminiumchlorid und Eisen (III) Chlorid-Lösung beziehen und mit dem von C L gelenkten Kraftfahrzeug vor der verfahrensgegenständlichen Anhaltung offensichtlich (nur) eine Eisenchloridlösung transportiert wurde, die bei der Kläranlage S gelöscht wurde. Nach Ansicht der erkennenden Behörde hätte es im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren der konkreten Angabe des tatsächlich beförderten Gefahrengutes im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses bedurft, um den Beschuldigten grundsätzlich in die Lage zu versetzen, allenfalls entsprechende Beweise zu seiner Entlastung anbieten zu können. Gerade ein dem Berufungswerber gegenüber erhobener Vorwurf, schriftliche, zur Verwechslung geeignete Weisungen, die auf die im Fahrzeug befindlichen Güter nicht zutreffen getrennt aufbewahren zu müssen, setzt wohl zwangsläufig die konkrete Nennung jenes Produktes voraus, dass mit der Beförderungseinheit tatörtlich und tatzeitlich in einen konkreten Zusammenhang zu bringen ist. So könnten nämlich alle angeführten schriftlichen Weisungen unter Angabe der entsprechenden UN-Nummern möglicherweise in gar keinem Zusammenhang mit dem gegenständlichen Transport gestanden und ein anderes Produkt als in den mitgeführten Weisungen ersichtlich, befördert worden sein. Aus den dargestellten rechtlichen Erwägungen erweist sich somit der dem Berufungswerber gegenüber erhobene Vorhalt im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses als mangelhaft. Da überdies hinsichtlich der fehlenden bzw. mangelhaften Umschreibung des Sachverhaltes jedoch bereits Verfolgungsverjährung im Sinne der §§ 31 und 32 VStG eingetreten ist, war der Berufungsbehörde eine Verbesserung des Spruches verwehrt. Nach ständiger Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH 23.03.1984, 83/02/0159; 22.02.1994, 91/07/0009, u.v.a.) darf dem Berufungswerber nämlich nach Ablauf der Verjährungsfrist kein anderer Sachverhalt zur Last gelegt werden, während Änderungen der rechtlichen Qualifikation auch außerhalb dieser Frist zulässig sind. Es war daher der Berufung Folge zu geben, das Straferkenntnis zu beheben und das gegen den Berufungswerber eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren bereits aus den dargestellten Überlegungen einzustellen, weshalb sich ein näheres Eingehen auf das eigentliche Berufungsvorbringen erübrigt. Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Gefahrgut Konkretisierung Tatbestandsmerkmal ungereinigt leer Tankfahrzeug
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten