TE UVS Burgenland 2006/10/18 003/11/06060

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 18.10.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Mag. Latzenhofer über die Berufung vom 05.07.2006 des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 24.04.2006, betreffend Ablehnung des Ansuchens um Teilzahlungen, zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), § 51 Abs. 1, § 54 b Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) wird der Berufung stattgegeben und werden dem Berufungswerber hinsichtlich der Geldstrafen, die mit den zu den Zahlen 300-7178-2005, 300-7624-2005 und 300-7625-2005 erlassenen Strafverfügungen der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl im Gesamtausmaß von 170 Euro festgesetzt wurden, folgende Teilzahlungen und Zahlungstermine bewilligt:

 

01.12.2006: 60 Euro,

01.01.2007: 60 Euro,

01.02.2007: 50 Euro.

Text

Über Herrn *** (in der Folge Berufungswerber) wurden von der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See mit Strafverfügung vom 27.07.2005, Zl. 300-7178-2005, eine Geldstrafe von 50 Euro, mit Strafverfügung vom 04.08.2005, Zl. 300-7624-2005, eine Geldstrafe von 60 Euro sowie mit Strafverfügung vom 04.08.2005, Zl. 300-7625-2005, eine weitere Geldstrafe von 60 Euro verhängt. Sämtliche Strafverfügungen erwuchsen in Rechtskraft. Mit Eingabe vom 22.09.2005 ersuchte der Berufungswerber um Bewilligung einer Ratenzahlung hinsichtlich des Gesamtbetrages von 170 Euro, nämlich monatliche Ratenzahlungen von 30 Euro. Begründend führte er aus, er habe ein monatliches Einkommen von bloß 1.200 Euro netto, sei stark verschuldet, der Privatkonkurs habe gerade noch abgewendet werden können. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde das Ansuchen um Ratenzahlung abgewiesen. Begründend führte die Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See aus, dass der Berufungswerber in seinem Ratenzahlungsansuchen monatliche Zahlungsverpflichtungen von 500 Euro sowie ein Nettoeinkommen von 1.200 Euro angegeben habe. Bei dieser Relation sei dem Berufungswerber die unverzügliche Zahlung zumutbar. Gegen diesen am 28.04.2006 zugestellten Bescheid erhob der Berufungswerber mit Eingabe vom 10.05.2006 Berufung in der er ausführte, dass ihm die sofortige Zahlung von 170 Euro nicht zumutbar sei. Zu den monatlichen 500 Euro Zahlungsverpflichtungen träten nun noch Fahrtkosten von 180 Euro (mit öffentlichem Verkehr). Dies ergebe einen Rest von 580 Euro monatlich. Dies liege unter dem Existenzminimum. Zudem würde der Berufungswerber diesen Monat nur 911 Euro Nettogehalt sowie 225 Euro Krankengeld erhalten. Er ersuche um Bewilligung einer Ratenzahlung von ein oder zwei Aktenzahlen (gemeint wohl: mit jeweils einer Strafverfügung erlassenen Geldstrafe). Dies sei ihm möglich, da er bis August noch Ratenzahlungen an die Bewag leisten müsse.

 

Über Aufforderung des Unabhängigen Verwaltungssenates legte der Berufungswerber im Berufungsverfahren Kontoauszüge vor, aus denen sich ein monatliches Nettoeinkommen (aus unselbständiger Erwerbstätigkeit) von 1.079,02 Euro für den Januar 2006, 1.249,28 Euro für den Februar 2006, 1.207,98 Euro für den März 2006, 911,20 Euro für den April 2006, 1.241,99 Euro für den Mai 2006 sowie 2.224,97 Euro für den Juni 2006 (inklusive Urlaubsgeld) ergibt. Ferner legte der Berufungswerber Unterlagen über bestehende Umschuldungsvereinbarungen bzw. gegen ihn gerichtete Forderungen vor, aus denen sich ergibt, dass er im Rahmen eines über die Privatschuldnerberatung vermittelten ?Privatausgleichs? derzeit monatliche 228,04 Euro zu entrichten hat, ferner an die *** eine monatliche Rate von 36,34 Euro zu entrichten hat, weiters an die Firma *** eine monatliche Rate von 100 Euro zu entrichten hat, zusätzlich an das Land Burgenland wegen Wohnbauförderungsdarlehen monatlich 100 Euro sowie eine Stromrechnung von monatlich ca. 130 Euro zu bezahlen hat. Mit Eingabe vom Juli 2006 machte der Berufungswerber ferner noch geltend, er sei mittlerweile für seine Gattin und für einen minderjährigen Enkel (geb. 09.07.2005) sorgepflichtig.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat wie folgt festgestellt und erwogen:

 

Gemäß § 54 b Abs. 3 Verwaltungsstrafgesetz (VStG) hat die Behörde auf Antrag einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen.

 

Die Behörde erster Instanz hat zu Unrecht und ohne jegliche Nachweise ein Einkommen von monatlich 1.200 Euro für den Berufungswerber angenommen. Aus den vom Unabhängigen Verwaltungssenat angeforderten Unterlagen ergibt sich vielmehr unter der vorzunehmenden Berücksichtigung des steuerlich begünstigten ?Jahressechstels? ein monatliches, durchschnittliches Nettoeinkommen von etwa 1.450 Euro (12 x jährlich). Dennoch ist die Behörde erster Instanz angestellte Überlegung über die Zumutbarkeit der sofortigen Entrichtung der Geldstrafen in rechtlicher Hinsicht fehlerhaft gewesen. Denn maßgebend ist nicht, wie viel dem Berufungswerber nach Abzug seiner Verbindlichkeiten verbleibt, maßgeblich ist vielmehr, wie viel dem Berufungswerber nach Abzug seiner Verbindlichkeiten und sofortiger Leistung der Geldstrafe an monatlichem Einkommen verbleibt. Für die Frage der wirtschaftlichen Zumutbarkeit der Zahlung ist auf Grund des offenkundigen Zwecks dieser Bestimmung (Vermeidung von Härten durch die Bezahlung von Geldstrafen) auf das Gesamtergebnis nach der zu prüfenden, allfälligen Zahlung der Geldstrafe im Monat der Zahlung abzustellen.

 

Danach ergibt sich im Fall des Berufungswerbers, dass diesem nach Abzug seiner monatlichen Schuldenzahlungen und der Energiekosten (noch ohne mit der Lebensführung verbundene Ausgaben wie Fahrtspesen zu berücksichtigen) etwa 850 Euro netto monatlich verbleiben. Zieht man von diesem Betrag die Geldstrafe von 170 Euro ab, würden dem Berufungswerber lediglich 680 Euro netto verbleiben.

 

Als Richtwert für die gerade noch wirtschaftlich mögliche Existenz, ist nach den Wertungen der österreichischen Rechtsordnung das Existenzminimum nach § 291a Abs. 1, 3 EO (Ausgleichszulagenrichtsatz ? hier für Alleinstehende, da die Unterhaltspflichten nicht nachgewiesen wurden - in der Höhe von 690 Euro monatlich zuzüglich 30 % des Differenzbetrages zwischen 690,- Euro und dem Nettoeinkommen, bis zur Höhe des vierfachen Ausgleichszulagenrichtsatzes von 2760,- Euro) heranzuziehen. Danach müssten dem Berufungswerber 918,- Euro monatlich (bereits inklusive Sonderzahlungen) verbleiben. Dem Berufungswerber verbleiben jedoch bereits nach Abzug seiner laufenden Verbindlichkeiten weniger, nämlich 850,- Euro. Würde er nunmehr die Geldstrafe sofort leisten müssen, würde er im betroffenen Monat erheblich weniger, nämlich 680,- Euro an verbleibendem Einkommen haben, als das Existenzminimum beträgt.

 

Dies bedeutet, dass der Berufungswerber bei sofortiger und ungeteilter Leistung der Geldstrafe im betroffenen Monat erheblich unter das wirtschaftliche Existenzminimum gebracht würde. Solches ist im gegebenen Zusammenhang vor dem verfassungsrechtlichen Hintergrund, der Verhältnismäßigkeit jeder staatlichen Maßnahme (wie hier die Verpflichtung zur Bezahlung der Geldstrafe), die in das Grundrecht auf Schutz des Eigentums nach Artikel 5 Staatsgrundgesetz eingreift, nicht hinzunehmen. Demnach wäre eine sofortige und ungeteilte Bezahlung der 170 Euro Geldstrafe eine unzumutbare wirtschaftliche Beeinträchtigung.

 

Es war daher eine Ratenzahlung zu bewilligen. Entsprechend dem Antrag des Berufungswerbers war dabei von einer ungefähren Drittelung auszugehen.

Schlagworte
wirtschaftliche Zumutbarkeit, Ratenzahlung, Existenzminimum
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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