TE UVS Burgenland 2006/10/19 095/12/06003

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Veröffentlicht am 19.10.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch  sein Mitglied Dr. Giefing über die Berufung des Herrn ***, geboren am ***, wohnhaft in ***, vertreten durch Herrn ***, Rechtsanwalt in ***, vom 18.8.2006, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 8.8.2006, Zl. 300-2126-2006, wegen Bestrafung nach dem BundesstatistikG 2000 zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.

Text

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Mattersburg vom 8.8.2006, Zl. 300-2126-2006 wurde der Berufungswerber schuldig erkannt, er habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der *** GesmbH zu verantworten, dass diese Gesellschaft ihrer Mitwirkungspflicht gemäß § 9 BundesstatistikG 2000 während der Tatzeit von 16.4.2006 bis zumindest 14.6.2006 insoferne nicht nachgekommen sei, als sie der Statistik Austria nicht die Daten betreffend die Konjunkturstatistik im "Produzierenden Bereich" für den Berichtsmonat März 2006 übermittelt habe. Wegen Verletzung des § 9 Z 1 BundesstatistikG 2000 wurde der Berufungswerber gemäß § 66 Abs. 1 BundesstatistikG 2000 zu einer Geldstrafe von Euro 100,- (im Fall der Uneinbringlichkeit zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden) verurteilt.

 

Dagegen erhob der Beschuldigte rechtzeitig Berufung. Ohne auf das Berufungsvorbringen im Einzelnen einzugehen, ist die Berufung aus folgenden Gründen im Recht:

 

Die §§ 9 und 66 BundesstatistikG 2000 lauten:

 

"§ 9. Bei einer Befragung gemäß § 6 Abs. 1 Z 5 oder einer Ermittlung von Daten gemäß § 6 Abs. 1 Z 4 sind die Auskunftspflichtigen zu folgendem verpflichtet:

1. Zur rechtzeitigen, vollständigen und dem besten Wissen entsprechenden Auskunftserteilung über jene Daten, die Erhebungsmerkmal der angeordneten statistischen Erhebung sind. Der Auskunftspflichtige kann jedoch auch einen Dritten mit der Wahrnehmung dieser Verpflichtung betrauen.

2. Nur wenn dies in der Anordnung gemäß § 4 Abs. 1 Z 1 oder 2 vorgesehen ist, ist den mit der Durchführung der Erhebung betrauten Organen auf deren Verlangen in dem für die Erhebung erforderlichen Umfang das Betreten von Räumlichkeiten, Anlagen und Grundstücken, die Entnahme von Proben und anderem Untersuchungsmaterial, die Vornahme von Zählungen und Messungen und die Einsichtnahme in die für die Erhebung bedeutsamen Aufzeichnungen zu gestatten."

 

"§ 66. (1) Wer den Mitwirkungspflichten gemäß §§ 9 und 10 sowie § 25 Abs. 4 nicht nachkommt oder im Rahmen einer Befragung gemäß § 9 oder § 25 Abs. 4 wissentlich unvollständige oder nicht dem besten Wissen entsprechende Angaben macht, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 2 180 Euro zu bestrafen.

(2) Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Zuwiderhandlung vom Organ einer Gebietskörperschaft begangen worden ist. Besteht der Verdacht einer Zuwiderhandlung durch ein solches Organ, so ist, wenn es sich um ein Organ des Bundes oder eines Landes handelt, eine Anzeige an das oberste Organ, dem das der Zuwiderhandlung verdächtigte Organ untersteht (Art. 20 erster Satz B-VG) zu erstatten, in allen anderen Fällen an die Aufsichtsbehörde."

 

Die hier maßgeblichen Bestimmungen der Verordnung des Bundesministers für Wirtschaft und Arbeit und des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über die Konjunkturstatistik im Produzierenden Bereich, BGBl. II Nr. 210/2003 (im Folgenden: Statistikverordnung) lauten:

 

"Anordnung zur Erstellung der Statistik

 

§ 1. Die Bundesanstalt Statistik Österreich hat zur Erfüllung der Verpflichtungen Österreichs auf Grund

1. der Verordnung (EWG) Nr. 3924/91 zur Einführung einer Gemeinschaftserhebung über die Produktion von Gütern,

2.

der Verordnung (EG) Nr. 1165/98 über Konjunkturstatistiken und

3.

der Verordnung (EG) Nr. 2223/96 zum Europäischen System Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen auf nationaler und regionaler Ebene in der Europäischen Gemeinschaft gemäß dieser Verordnung Konjunkturerhebungen durchzuführen und die entsprechenden Konjunkturstatistiken im "Produzierenden Bereich" zu erstellen.

 

Periodizität, Kontinuität

 

§ 2. Die Konjunkturerhebungen und -statistiken sind monatlich über das jeweils vorangegangene Kalendermonat (Berichtsperiode) durchzuführen.

 

 

Mitwirkungspflicht der Auskunftspflichtigen

 

§ 8. (1) Die Auskunftspflichtigen gemäß § 6 Abs. 4 sind verpflichtet, die von der Bundesanstalt Statistik Österreich aufgelegten Erhebungsformulare vollständig und nach bestem Wissen auszufüllen und diese bis zum 15. des dem Berichtsmonat folgenden Monats der Bundesanstalt Statistik Österreich an die in der Erhebungsunterlage angegebene Adresse zu übermitteln.

(2) Die Bundesanstalt Statistik Österreich hat Vorsorge zu treffen, dass die Auskunftserteilung und die Übermittlung der Erhebungsformulare auf elektronischem Wege erfolgen kann.

 

Information über Auskunfts- und Mitwirkungspflichten

 

§ 10. Die Bundesanstalt Statistik Österreich hat die Auskunfts- und Mitwirkungspflichtigen über die Rechtsfolgen gemäß § 66 des Bundesstatistikgesetzes 2000 bei Verweigerung der Mitwirkung oder Auskunft und bei wissentlich unvollständigen oder nicht dem besten Wissen entsprechenden Angaben zu belehren."

 

Laut Anzeige der Statistik Austria wäre die Firma *** GmbH verpflichtet gewesen, die Daten gemäß § 2 der oben angeführten Statistikverordnung über dem Berichtsmonat März 2006 bis zum 15. des dem Berichtsmonat folgenden Monats (§ 8 der Statistikverordnung), das wäre der 15.4.2006 zu übermitteln.

 

Aus dem Verwaltungsakt der belangten Behörde ergibt sich, dass der Berufungswerber mit Strafverfügung vom 22.6.2006 aus dem gleichen Grund bestraft wurde, wie im Straferkenntnis. Als Tathandlung ist dort das Nichtübermitteln der benötigten Daten vom 16.4.2006 bis ("mindestens") zum 14.06.2006 angeführt.

 

Die Erstbehörde geht bei dieser Umschreibung der Tatzeit offensichtlich von einem Unterlassungsdelikt in Form eines Dauerdeliktes aus. Demnach würde eine Strafbarkeit so lange bestehen, als der Berufungswerber die Daten nicht übermittelt hat.

 

Dabei verkennt die belangte Behörde die Rechtslage.

 

Bei Zustandsdelikten reicht zur Strafbarkeit die Setzung eines bestimmten Verhaltens oder die Herbeiführung eines bestimmten Erfolges. Ein Dauerdelikt liegt dann vor, wenn zur Verwirklichung des Tatbestandes die Herbeiführung und Aufrechterhaltung eines bestimmten Zustandes oder ein bestimmtes andauerndes Verhalten erforderlich ist. Die deliktische Tätigkeit geht im Fall eines Dauerdeliktes so lange weiter, wie der Zustand erhalten wird. Das Dauerdelikt endet aber nach der Rechtsprechung des VwGH jedenfalls spätestens mit der Zustellung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses (vgl. etwa VwGH 14.10.1983, 83/04/0090; 28.1.1997, 96/04/0131). Späteres strafbares Verhalten kann neuerlich verfolgt werden. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu Melde- und Auskunftspflichten soll es für die Abgrenzung darauf ankommen, ob es für die Verwirklichung des deliktischen Verhaltens auf die Rechtzeitigkeit der Erfüllung dieser Auskunftspflichten innerhalb einer bestimmten Frist ankommt (so etwa nach dem Berufungsausbildungsgesetz - VwGH 19.10.1993, 93/04/0176). Wird in diesen Fällen vom Gesetzgeber auf die Rechtzeitigkeit abgestellt, liegt ein Zustandsdelikt vor. Eine über die die Frist hinaus fortdauernde erfolgende Nichterstattung einer Meldung oder Auskunft fällt nicht unter die Strafsanktion dieser Bestimmungen. Bei einer Verwaltungsübertretung nach dem Meldegesetz hingegen, das lediglich in der Nichtbeachtung der fristgerechten Meldung besteht, geht der Verwaltungsgerichtshof davon aus, dass dabei nicht nur die Herbeiführung eines rechtswidrigen Zustands, sondern auch dessen Aufrechterhaltung pönalisiert wird (VwGH 27.4.2004, 2003/05/0204 mwH auf die Rechtsprechung).

 

Vor dem Hintergrund dieser Abgrenzung hat der Verwaltungsgerichtshof zum BundesstatistikG 1965 erkannt, dass es sich bei der nicht fristgerechten Erstattung der Auskünfte um Zustandsdelikte handelt:

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BundesstatistikG 1965 sind natürliche und juristische Personen sowie die Personengesellschaften des Handelsrechts verpflichtet, über die bei statistischen Erhebungen gestellten Fragen Auskünfte zu erteilen. Die Auskünfte müssen rechtzeitig, vollständig und wahrheitsgetreu erteilt werden. Zu dieser (alten) Rechtslage hat der Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung vom 15.12.1965, Zl. 1022/65, ausgesprochen, dass die zeitgerechte Erfüllung der Auskunftspflicht nur dann möglich ist, wenn eine Frist gesetzt worden war. Die Forderung des Gesetzes auf Rechtzeitigkeit, dh. Erfüllung der Auskunftspflicht binnen einer bestimmten Frist, schließt es aus, dass Zuwiderhandeln gegen die Bestimmung des § 8 BundesstatistikG 1965 als Dauerdelikt zu behandeln ist.

 

Auch die Nachfolgebestimmung des § 8 BundesstatistikG 1965, § 9 BundesstatistikG 2000 sieht vor, dass die Auskunftspflichtigen zur rechtzeitigen, vollständigen und dem besten Wissen entsprechenden Auskunftserteilung über jene Daten, die Erhebungsmerkmal der angeordneten statistischen Erhebungen sind, verpflichtet ist. Der nicht vollkommen idente Wortlaut des § 9 BundesstatistikG 2000 vermag an der rechtlichen Beurteilung des Deliktes - wie sie der Verwaltungsgerichtshof im Jahre 1965 zur alten Rechtslage vorgenommen hat - nichts zu ändern. Demzufolge ist die belangte Behörde zu Unrecht von einem Unterlassungsdelikt als Dauerdelikt ausgegangen.

 

Die zu übermittelnden Daten haben den Monat März 2006 betroffen. Es ist unbestritten, dass diese Daten nicht bis zum in § 8 der Verordnung vorgesehenen 15.4.2006 übermittelt wurden.

 

Der Berufungswerber hätte demnach (allenfalls) wegen Nichtübermittlung der Daten bis einschließlich 15.4.2006 belangt werden müssen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Rechtszeitigkeit, Auskunftspflicht, Unterlassungspflicht, Dauerdelikt
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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