TE UVS Salzburg 2006/10/20 6/10179/18-2006nu

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Veröffentlicht am 20.10.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Peter Nußbaumer über die Beschwerde des Herrn V. Laziz, Siezenheimerstraße 3/3, S., vertreten durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft M. & S. OEG, Wolf-Dietrich-Str. 19, S., wegen Festnahme und Anhaltung durch Organe der Bundespolizeidirektion Salzburg am 23.12.2005 folgendes

 

Erkenntnis:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Beschwerde teilweise Folge gegeben und

1. die am 23.12.2005 um 15:10 Uhr am Bahnhofsvorplatz in Salzburg erfolgte Festnahme des Beschwerdeführers und weitere Anhaltung in der Polizeiinspektion Itzling bzw. im Polizeianhaltezentrum Salzburg, Alpenstraße 90, bis 21:30 Uhr des 23.12.2005

2. die Personsdurchsuchungen des Beschwerdeführers nach der Verbringung in die Polizeiinspektion Itzling und nach der Überstellung an das Polizeianhaltezentrum Salzburg, Alpenstraße 90, an diesem Tag, samt dem damit verbundenen körperlichen Anfassen

3. die Beschlagnahme von einem Paar neuwerte Socken nach der Festnahme

4. die Verwahrung des Konventionsreisepasses, des Mobiltelefones

des Beschwerdeführers und seiner Lebensmittel in einem Plastiksack ab Vorbereitung der Zellenverwahrung im Polizeianhaltezentrum Salzburg bis zur Enthaftung um 21:30 Uhr

für rechtmäßig erklärt und

 

5. das Abtasten des Beschwerdeführers nach Waffen vor der Festnahme am 23.12.2005 um 15:05 Uhr am Bahnhofsvorplatz in Salzburg,

6.

das Anlegen von Handfesseln nach der Festnahme sowie

7.

die Abnahme des Konventionsreisepasses (soweit es die Notwendigkeit der Prüfung der Identität und der Aufenthaltsberechtigung überschritt), des Mobiltelefones des Beschwerdeführers und seiner Lebensmittel in einem Plastiksack nach der Verhaftung bis zur Aufnahme im Polizeianhaltezentrum Salzburg

 8. das Nichtausfolgen der sichergestellten Lebensmittel bei der Entlassung aus der Haft am 23.12.2005 um 21:30 Uhr

für rechtswidrig erklärt.

 

Gemäß § 79a Abs 1 AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl II 334/2003, hat der Bund (belangte Verfahrenspartei Bundespolizeidirektion Salzburg) dem Beschwerdeführer (obsiegende Partei in den Spruchteilen 5. ? 8. Kosten im Ausmaß von ? 673,80 (Schriftsatzaufwand ? 660,80, Eingabengebühr ? 13,00) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Gemäß § 79a Abs 1 AVG iVm der UVS-Aufwandersatzverordnung 2003 hat der Beschwerdeführer der belangte Behörde (obsiegende Partei in den Spruchteilen 1. ? 4.) Kosten im Ausmaß von ? 547,10 (Vorlageaufwand ? 51,50, Schriftsatzaufwand ? 220,30, Verhandlungsaufwand ? 275,30) binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Der Beschwerdeführer hat gemäß § 76 Abs 1 AVG die entstandenen Barauslagen (Kosten der nichtamtlichen Dolmetscherin) anteilig ? und zwar mit einem Betrag von ? 76,30 - zu ersetzen.

Text

Begründung:

Mit Schriftsatz vom 3.2.2006 hat der Beschwerdeführer Maßnahmen- und Richtlinienbeschwerde eingebracht wie folgt:

 

"Herr Laziz V., Flüchtling und Asylberechtigter aus Tschetschenien, erhebt hiermit durch die Rechtsanwaltsgemeinschaft M. & S. OEG (Sachbearbeiter RA Dr. Gerhard M.) nachstehende

 

BESCHWERDE

gem. § 67 c Abs.1 AVG

(Art 129a Abs 1 Z2 B-VG sowie gem. § 88 Abs 1, Abs 2 sowie allenfalls auch § 89 Abs 1 SPG)

 

an den Unabhängigen Verwaltungssenat für das Bundesland Salzburg:

A) SACHVERHALT:

 

Am 23. Dezember 2005 hat sich folgendes ereignet:

 

1.

Der Beschwerdeführer (Bf.) kam um ca. 17.00 Uhr am Hauptbahnhof Salzburg mit einem Zug von Linz an. Zufällig traf er am Bahnhofsgelände zwei ihm bekannte tschetschenische Frauen. Der Bf., der ein gebildeter und intellektueller Tschetschene ist, der in seiner Heimat Universitätslehrer war und ein geisteswissenschaftliches Doktoratsstudium absolviert hat (der Bf. ist Sprachwissenschafter und unterrichtete in seiner Heimat Tschetschenisch, Russisch und Englisch), war einer dieser beiden tschetschenischen Landsfrauen bei der Suche nach einer neuen Wohnung behilflich und musste dafür den Wohnungseigentümer anrufen.

 

Die Genannten begaben sich in das links des Bahnhofshaupteingangs (aus der Sicht zum Hauptbahnhof betrachtet) gelegene ?Internet-Cafe" und gingen dann zurück in Richtung des an der Front befindlichen Haupteingangs.

 

Im Zeitpunkt des nachfolgenden Geschehens befanden sie sich - in Richtung Bahnhofsgebäude geblickt - links des Haupteingangs an der Front des Gebäudes direkt vor dem großen Bahnhofsvorplatz, also im freien Blickfeld aller dort befindlichen Passanten.

 

Als nun der Bf. und seine beiden tschetschenischen Landsfrauen am Abend eines ganz normalen Tages - sich völlig unauffällig verhaltend, wie jede andere Zivilperson - so ahnungslos im Bereich des Haupteingangs des Bahnhofsgebäudes-außerhalb desselben-waren, erblickte der Bf. plötzlich mehrere Polizeifahrzeuge und sah Polizisten auf ihn und seine Landsfrauen zulaufen. Dabei wurde lautstark geschrieen, die ganze Situation war äußerst hektisch.

Ein Polizeibeamter, der nachstehend als ?Polizeibeamter Nr. 1 " (?PB 1 ") bezeichnet wird, kam als erster und wandte sich dem Bf. zu. (Nachfolgend werden die Geschehnisse nur mehr aus dem Blickfeld des Bf. berichtet, weil dieser völlig auf sich und die ihn betreffenden Geschehnisse konzentriert war und daher nicht mehr wahrnehmen konnte, was mit seinen beiden Landsfrauen passiert. Diese traf er erst nach seiner Enthaftung in der Alpenstraße wieder.)

 

Der PB 1 wirkte äußerst hektisch, nervös und aufgeregt. Der Bf. dachte gleich, dass etwas Schlimmes passiert sein muss. Der PB 1 sprach auf Deutsch. Der Bf. konnte ihn nicht wirklich verstehen, er hörte nur das Wort ?Geschäft" oder so ähnlich. Außerdem wurde eine Aufforderung ausgesprochen (in lautstarkem Ton), die der Bf. nicht verstehen konnte.

Der Bf. versuchte nunmehr auf Deutsch, sich verständlich zu machen und zu fragen, was los sei. Er erklärte sinngemäß: ?Da ist mein Passport, ich wohne in der Siezenheimerstraße. Was ist los?"

 

Das sprach der Bf. auf Deutsch. Dabei zog er seinen Konventionspass (der Bf. ist anerkannter Flüchtling) heraus und gab ihn dem PB 1. Dieser blätterte in großer Hektik den Pass durch, fast gleichzeitig führte er am Funk Gespräche und sprach auch mit den anderen Polizeiorganen. Es herrschte eine große Hektik. Der PB 1 wirkte so, als sei er in Panik.

 

In der Folge forderte er den Bf. mit Gesten, durch Handbewegungen und wohl auch durch Anfassen des Körpers auf, sich an die Mauer des Bahnhofsgebäudes zu stellen, mit dem Gesicht zum Bohnhofsgebäude, und die Hände nach oben zu geben.

 

Wiederum in großer Hektik durchsuchte der PB 1 den Bf. nach Waffen.

 

Als er feststellen konnte, dass der Bf. keinerlei Waffe bei sich hat, entstand fü-r den Bf. der Eindruck, dass der PB 1 für einen Moment etwas ruhiger wurde.

 

Dem Bf. erschien es so, dass der PB 1 nunmehr unsicher war, wie er weiter verfahren sollte.

Der PB 1 dürfte sich auch mit den anderen abgesprochen haben, man hörte, wie sie sich gegenseitig etwas zuriefen bzw. untereinander Kontakt hielten.

 

Dem Bf. fiel jedoch auf, dass der PB 1 auch nach dieser ?Leibesvisitation" noch immer nervös, aufgeregt und auch irgendwie ?zornig", also mit negativer Aggression aufgeladen, war. Er verhielt sich jedenfalls ausnehmend unhöflich, rüde und panikartig erregt.

Es gelang dem Bf. jedenfalls nicht, klarzumachen, dass er eine ganz normale Zivilperson ist, die nichts angestellt hat und vor der auch ein Polizeibeamter keine Angst zu haben braucht.

 

Zurück zum Geschehen: Der Bf. hatte für einen Moment den Eindruck, dass der PB 1 überlegte, ob er seine Aktion abbrechen und den Bf. laufen lassen soll. Es kann durchaus sein, dass der PB 1 bei dieser Entscheidung von den anderen Polizeiorganen negativ beeinflusst wurde. Er entschied jedenfalls - nach einem kurzen

Innehalten - anders und legte nunmehr dem Bf. die Handfesseln an:

 

Dazu musste der Bf. seine Hände rückwärts geben und wurden diese hinter dem Körper - also hinten - mit den Handfesseln ?geschlossen".

 

Nach dieser Aktion beendete der PB 1 sein Einschreiten und überließ nunmehr den Bf. anderen Polizeiorganen.

 

Nachzutragen ist, dass der Konventionspass dem Bf. nicht zurück gegeben wurde, sondern erst anlässlich der Freilassung wiederum ausgefolgt worden ist.

 

Der PB r hatte dem Bf. die Handfesseln so eng angelegt, dass diese erhebliche Schmerzen verursachten. Wie noch weiter auszuführen ist, wurden dem Bf. auch in der Folge die Handfesseln nicht abgenommen, dies von kurzen Momenten während des Kleiderausziehens abgesehen. Auch wiederholte Ersuchen des Bf., man möge doch die Handfesseln lockern, da sie Schmerzen verursachen, wurden nicht beachtet.

 

Noch drei bis vier Tage nach dem Vorfall waren auf einer der beiden Hände des Bf.-der Bf. weiß nicht mehr, ob es die rechte oder linke war - Spuren und Schwellungen sowie Rötungen von diesen Handschellen sichtbar. Der Bf. wollte sich auch wegen dieser Verletzungsfolgen in ärztliche Behandlung begeben, doch wurde ihm davon von Freunden dringend abgeraten.

 

Zurück zum Geschehen:

 

Es hat sich im Zuge der Aktion eine erhebliche Menschenansammlung vor dem Bahnhofsgebäude gebildet. Die ganze Aktion erregte erhebliches Aufsehen. Der Bf. war aufgrund der Massivität des polizeilichen Einschreitens im Glauben, es müsse etwas ganz Schlimmes wie ein Mord, ein Terroranschlag oder ähnliches passiert sein.

 

Nachdem der PB 1 dem Bf. die Handschellen angelegt hatte, ließ er vom Bf. ab. In der Folge kamen mindestens drei andere Polizeibeamte, davon eine Frau und mindestens zwei Männer, auf den Bf. zu und ?übernahmen" den handgefesselten Bf.

 

Der Bf. wurde aufgefordert, mit den Polizisten mitzugehen zu einem Kleinbus, der sich rechts vom Bahnhofsgebäude befand.

 

Sodann musste sich der Bf. in das Fahrzeug setzen. Die Situation, die nunmehr - nach der Handfesselung des Bf. und dessen Verbringung ins Auto (während des Verbringens dorthin sowie im Auto selbst) - bestanden hat, kann der Bf. aus seiner Erinnerung heraus wie folgt beschreiben:

 

Der Bf. sah, dass einer dieser Beamten eine Frau ist. Der Bf. war sehr schockiert und eingeschüchtert, er hatte große Angst, er wusste nicht, was wirklich passieren wird. Der Bf. leistete keinen wie immer gearteten Widerstand. Bedingt durch seine Lebensgeschichte hat der Bf. genug Erfahrung im Umgang mit ?schlecht gelaunten Polizeiorganen".

 

Aus Russland und Tschetschenien weiß er, dass es in diesen Situationen am besten ist, sich völlig passiv und ruhig zu verhalten. Genau das tat der Bf. Mehr noch: Er versuchte erneut ein Gespräch mit den Polizeiorganen, dies in der Hoffnung, dass nunmehr eine Frau dabei ist, die vielleicht mehr Verständnis haben wird.

 

Er sprach auf Englisch, wollte wissen, was los sei, warum er festgenommen wurde und was er denn angestellt habe.

 

Allein: Diese verbalen Bemühungen des Bf. um Kommunikation blieben völlig ungehört und wurden ignoriert. Im Gegenteil: Die Beamten waren derart unhöflich, abweisend und ?hart", dass es der Bf. nicht mehr wagte, noch einmal zu fragen. Es erschien ihm besser zu sein, zu schweigen und alles über sich ergehen zu lassen.

 

Die Polizistinnen vermittelten dem Bf. den Eindruck, dass er auch geschlagen werden könnte, wenn er weitere Fragen stellt.

 

Außerdem hatte der Bf. Angst, dass er Tätlichkeiten der Polizeiorgane provozieren könnte, wenn er die - ohnehin äußerst erregten - Polizeiorgane durch irgendeine Verhaltensweise zusätzlich gegen ihn aufbringt.

(?They expressed for me so much aggression. I thought it´s better to keep silent than to try do speak wich them. They could say, this man provocated us [...]. I decided to keep silent completely."

 

2.

Nach kurzer Autofahrt musste der Bf. das Polizeifahrzeug verlassen und wurde auf eine Polizeistation gebracht, möglicherweise hat es sich dabei um das Wachzimmer Itzling gehandelt, genau kann dies jedoch der Bf. nicht sagen.

 

In diesem Polizeigebäude befanden sich mehrere Polizistinnen, die hin und hergingen und lautstark sprachen. (?There were a lot of other policemen; there was a lot of noise and shouting.")

 

Nunmehr wurde der Bf. wiederum von jenem Polizeibeamten Nr. 1 ?beamtshandelt", der den Bf. arrestiert hat und ihm die Handfesseln angelegt hatte.

 

Der Bf. wurde im Erdgeschoss nahe des Eingangs in einer Art Korridor/ Gang von dieser Person aufgefordert, sich zu entkleiden. Dazu wurden ihm vom PB 1 die Handfesseln abgenommen. Der Bf. musste sich bis auf die Unterhose entkleiden. Er musste alle seine Sachen aus den Hosentaschen heraus geben. Bemerkenswert war, dass der PB 1 vom Bf. verlangte, diese Sachen auf den Boden zu legen. Ebenso musste der Bf. seine Bekleidungsstücke auf den schmutzigen Boden geben. Der Bf. versuchte, dagegen zu protestieren und zu erklären, dass der Boden schmutzig sei, er sprach Englisch. Dem Bf. wurde jedoch deutlich gezeigt, dass er hier nichts zi sagen hat und als Person von minderem Wert betrachtet wird (in dem Sinne, dass der Bf. und seine persönlichen Habseligkeiten ohnehin keinerlei Wert - für die Polizei - hätten).

 

Dem Bf. wurden auch frisch gekaufte Socken sowie einige Lebensmittel, die sich in einem Plastiksack befanden, abgenommen. Weiters wurde dem Bf. sein Handy abgenommen. Der Bf. hatte eine Reihe von Zetteln und Papieren bei sich, die alle auf den Boden geworfen wurden.

 

Während dem Bf. das Handy, die Zettel und andere Sachen anlässlich seiner Enthaftung wiederum ausgefolgt wurden, erhielt der Bf. die Socken und die Lebensmittel nicht mehr zurück.

 

Nach dieser ?Entkleidungsaktion" durfte sich der Bf. zwar wieder anziehen, jedoch nicht komplett. Nur Hemd und Pullover sowie Unterhose und Hose wurden ihm gestattet wieder anzulegen, nicht hingegen die Jacke (obwohl es draußen sehr kalt war), und auch die Kappe wurde ihm abgenommen. Erneut wurden dem Bf. die Handfesseln angelegt (hinter dem Rücken).

 

3.

Nunmehr wurde der Bf. vom PB 1 aus dem Gang in einen Raum gebracht, welcher sich nahe des Eingangs befand. In diesem Raum wurde der Bf. nunmehr von drei anderen Polizeiorganen ?beamtshandelt", eines davon war eine Polizistin, die am Schreibgerät (Computer) in einer Ecke des Raums saß, neben ihr stand ein jüngerer männlicher Polizeibeamter, der in der Folge als PB 2 bezeichnet wird. In weiterer Folge sollte sich ein weiterer Polizeibeamter, der nachfolgend als PB 3 bezeichnet wird, am Geschehen mit beteiligen.

 

Der Bf. musste dann auf einem Stuhl neben der Polizeibeamtin am Computer Platz nehmen. Links vor ihm war der andere, jüngere Polizeibeamte Nr. 2. Plötzlich kam von hinten ein weiterer Polizeibeamter, der größer war als die anderen. Dieser Mann zeichnete sich durch ein besonders zynisches Lachen aus. Er demonstrierte durch seine gesamten Gebärden, seine Körpersprache und seine Mimik, wie sehr er den Bf. verachtet bzw. geringschätzt.

 

Der Bf. würde diesen Mann jederzeit wieder erkennen und wünscht auch eine Gegenüberstellung mit ihm.

 

Während der Bf. von der Polizeibeamtin nach einigen seine Person betreffenden Daten gefragt wurde, hörte er, wie der Beamte Nr. 3 immer wieder auf Deutsch die Nationalität des Bf. zur Sprache brachte, indem er sagte: Tschetschenische Leute" und dergleichen.

 

Obwohl der Bf. nicht verstehen konnte, was denn der PB 3 über Tschetschenen spricht, war für ihn offensichtlich, dass es etwas sehr Negatives gewesen sein muss.

 

Es gelang dem PB 3 jedenfalls, die gesamte Situation wiederum aufs Neue aufzuheizen und auch die anderen Beamten gegen den Bf. einzunehmen. Es war offensichtlich, dass nach dieser ?Intervention" des PB 3 auch die anderen Organe aggressiver und ?zorniger" wurden.

 

Es begann nun auch der PB 2 ein zynisches Lächeln anzunehmen. Er erklärte in abfälliger Weise, der Bf. sei ein tschetschenischer Professor.

 

Daraufhin antwortete der Bf. auf Englisch, der Beamte möge doch nicht glauben, dass es in Tschetschenien nur unausgebildete Menschen gebe. Der Bf. wurde wiederum aufgefordert, die Fragen der Polizeibeamtin zu beantworten. Einer der Männer sagte auch, dass der Bf. nicht im Raum herumzublicken, sondern gegen die Wand zu schauen hätte.

 

Während dieser ?Befragungssituation" versuchte der Bf. auf Englisch zu erklären, dass er einen Anwalt sehen wolle und dass er endlich wissen möchte, was ihm angelastet wird und warum er verhaftet wurde.

 

All die Fragen des Bf. wurden jedoch absolut ignoriert, dies obwohl der PB 3 die englische Sprache ausreichend gut beherrschte, um sich mit dem Bf. verständigen zu können. Es war der PB 2, der den Bf. aufforderte, ruhig zu sein und nicht herumzublicken, sondern gegen die Wand zu schauen. Während dieser ?Befragung" legte einer der Beamten eine schriftliche Information auf einen Tisch vor den Bf. hin. Es handelte sich offenbar um eine rechtliche Aufklärungsschrift für angehaltene Personen. Der Bf. versuchte, diese Information zu lesen, die Information war in russischer Sprache gehalten.

 

Es war jedoch unmöglich, dass der Bf. diese Information in Ruhe durchlesen konnte. Er wurde daran gehindert, wobei er diese mehrseitige Information auch deshalb nicht weiter lesen konnte, weil seine Hände gefesselt waren und er nicht in der Lage war, umzublättern. Seine Bitte, es für ihn umzublättern, wurde ignoriert.

 

Stattdessen wurde der Bf. aufgefordert, die Fragen zu beantworten. (?No one there had any interest to inform me about my rights. I could not read the paper. I only could look quickly through the first page. With the hands in my back I red half of this page. Then I asked one policeman to turn around the next page. He did not. Instead of the female police-officer ordered to answer her questions.")

 

Die gesamte Anhaltung in dieser Polizeistation dürfte eine halbe bis eine dreiviertel Stunde gedauert haben, präzise zeitliche Angaben sind dem Bf. nicht möglich.

 

4.

In der Folge wurde der Bf. nach draußen zu einem Polizeifahrzeug gebracht. Es waren drei Männer, die nunmehr den Bf. mit dem Polizeiauto in die Polizeidirektion Alpenstraße brachten, davon trugen zwei Uniform, einer war nicht uniformiert, dieser war etwas dunkler und fungierte als Fahrer. Die beiden anderen waren uniformiert, einer davon war der große, besonders zynische Beamte Nr. 3 (jener Beamte, der durch seine ?Rede über die Tschetschenen" die Athmosphäre in der Polizeistation noch zusätzlich ?vergiftet" hatte).

Trotz der Kälte wurde dem Bf. seine Jacke nicht zurück gegeben. Stattdessen wurde diese Jacke geringschätzig in den Kofferraum des Autos geworfen.

 

Einer der Beamten erklärte spaßeshalber, ob denn der Bf. wolle, dass man ihn in den Kofferraum werfe. Dies war offensichtlich als Scherz gedacht, dieser Beamte - es muss sich um den zweiten Uniformierten gehandelt haben, nicht um den PB 3 und nicht um den Zivilkleidung tragenden ?Fahrer" - war offensichtlich in bester Stimmung. Er war zum Spaßen aufgelegt, der Bf. weniger.

 

Der Bf. war weiterhin völlig uninformiert. Er wusste noch immer nicht, warum er festgenommen worden war, was nunmehr mit ihm geschehen wird und wohin er gebracht werden soll.

 

Der verängstigte und eingeschüchterte Bf. versuchte im Fahrzeug erneut, eine Konversation zu beginnen. Er tat dies mit großer Angepasstheit und einer der Situation gar nicht angepassten Unterwürfigkeit und Höflichkeit.

 

Alles, was er dafür erntete war die vom PB 3 getätigte Bemerkung, der Bf. solle ruhig sein, er wisse schon, warum man ihn festgenommen habe. (?Shut up. You know who you are und what you have done and for what you have been arrested. ")

 

5.

Der Bf. merkte nun, dass er in die Polizeidirektion in die Alpenstraße gebracht wird, das Gebäude war dem Bf. bekannt.

 

Dort brachte man ihn in das polizeiliche Anhaltezentrum. Gleich nach dem Eingang begegnete der Bf. im Gang einem Mitarbeiter der Schubhaftbetreuung des Evangelischen Flüchtlingsdienstes (der Diakonie), Herrn H., den der Bf. kannte. Der Bf. versuchte Herrn H. zu mitzuteilen, dass er Rechtsanwalt Dr. M. verständigen solle.

 

In der Folge wurde der Bf. von den ihn bisher bewachenden Polizeiorganen den Polizeiorganen des PAZ überlassen.

 

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Polizeiorgane des PAZ den Bf. ordentlich behandelten und sich in ihrem Verhalten von jenen Polizeiorganen, die bisher im Zuge dieser ?Aktion" mit dem Bf. zu tun hatten, deutlich unterschieden.

 

Dennoch musste der Bf. sich ein weiteres Mal entkleiden und wiederum anziehen, wozu ihm die Handfesseln abgenommen und dann wiederum angelegt wurden, dieses Mal jedoch nicht mehr so eng wie zuvor.

 

Sodann wurde der Bf. zur erkennungsdienstlichen Behandlung in einen anderen Raum gebracht, schließlich brachte man ihn in eine Zelle, wo er ?eingesperrt" wurde.

 

Nach einiger Zeit erschien ein Polizeiarzt, der jedoch an der wirklichen Befindlichkeit des Bf. und am Bf. gar nicht interessiert war, sondern offensichtlich nur der Form und guten Ordnung halber eine kurze Untersuchung durchführte.

 

Wiederum musste der Bf. warten, bis er schließlich nach längerer Zeit einem ?Untersuchungsbeamten" vorgeführt wurde, der eine RussischDolmetscherin bei sich hatte.

 

Hier wurde nunmehr dem Bf. von der Dolmetscherin erklärt, dass der Bf. unschuldig sei und demnächst frei gelassen wird. Der Bf. artikulierte auf Englisch erneut, er wünsche einen Rechtsanwalt beizuziehen. Daraufhin wurde ihm erklärt, er sei ohnehin unschuldig, es müssten nur mehr einige formelle Fragen gestellt und ein Protokoll aufgenommen werden, dann werde er entlassen.

 

Obwohl der ?Untersuchungsbeamte" erklärt hatte, dass der Bf. unschuldig in Haft genommen worden ist, war doch die Art, wie er sprach, abweisend und feindselig sowie unhöflich. Dem Bf. wurde keine Möglichkeit gegeben, selbst zu sprechen. Als der Bf. begann, Englisch zu sprechen, wurde er vom Beamten darauf hingewiesen, dass man in Österreich Deutsch spricht.

 

Im Zuge dieser ?Einvernahme-Formalität" versuchte der Bf. erfolglos zu artikulieren, dass er von der Polizei eine Entschuldigung erwarte und er außerdem Schadenersatz für die erlittene Erniedrigung und die missbräuchliche Amtshandlung begehre. Daraufhin erklärte ihm der Beamte in einem sehr unfreundlich gehaltenen Tonfall, er habe hier die Fragen zu beantworten und keine Forderungen zu stellen.

 

Nunmehr beeilte sich der Beamte, die Sache zu Ende zu bringen. Er druckte schnell eine Seite des Einvernahmeprotokolls aus, wobei er den Bf. wiederholte Mal fast hasserfüllt -jedenfalls feindselig - anblickte. Die Übersetzerin beeilte sich, den Text zu übersetzen, und erklärte dem Bf., er hätte zu unterschreiben.

 

Die Forderungen des Bf. nach einem Anwalt und nach einer Entschuldigung wurden komplett ignoriert.

 

Um ca. 22.00 Uhr wurde der Bf. frei gelassen. Ihm wurden die abgenommenen persönlichen Sachen zurück gegeben (die restliche Bekleidung wie Kappe und Jacke, die verschiedenen Zettel und Papiere, die der Bf. bei sich hatte, sein Konventionspass, sein Mobiltelefon. Nicht retourniert wurden aber die neuwertigen Socken und die Lebensmittel).

 

Erst jetzt traf der Bf. wieder auf seine beiden tschetschenischen Landsfrauen, die offensichtlich auch gleich lang wie der Bf. angehalten worden sind.

 

Beweis zu allem:

vorerst nur PV des Bf.;

die Stellung weiterer Beweisanträge bleibt ausdrücklich bis zum Vorliegen der Stellungnahme der belangten Behörde vorbehalten

 

6.

Nachgetragen wird noch, dass die Handfesselung beim Bf. während der Anhaltung im PAZ aufgehoben wurde, wobei der Bf. nicht mehr genau sagen kann, wann ihm die Handfesseln abgenommen worden sind. (In jenem Zeitpunkt, in welchem er in eine Einzelzelle gebracht wurde, waren jedenfalls die Handfesseln nicht mehr angelegt.)

B) BESCHWERDEPUNKTE:

Der Bf. macht geltend, durch die unter a) aufgezeigte Vorgehensweise von Sicherheitsorganen, welche dem Verantwortungs- und Zuständigkeitsbereich der BPD Salzburg zuzuordnen sind, in folgenden subjektiven Rechten verletzt worden zu sein:

 

1. In seinem Recht auf persönliche Freiheit gem. Art.l des B-VG vom 29.11.1988, BGBl Nr. 684/1988 sowie gem. Art.5 Abs. 1 EMRK;

 

2. in seinem Recht, nicht unmenschlicher Behandlung unterworfen zu werden (Art.3 EMRK);

 

3. in seinem Recht auf Schutz seines Privatlebens und seiner Privatsphäre (Art.8 Abs. 1 EMRK);

 

4. in seinem Recht auf körperliche Unversehrtheit, insbesondere in seinem Recht, nicht gefesselt, nicht ausgezogen, nicht einer Leibesvisitation unterworfen, nicht körperlich untersucht, nicht körperlich angefasst oder sonst in seiner physischen Integrität verletzt zu werden;

 

5. in seinem Recht auf Schutz seiner Ehre und seines Ansehens, seines persönlichen Rufs;

 

6. in seinem Recht nach Art.4, Abs.6 und Abs.7 des B-VG über den Schutz der persönlichen Freiheit;

 

7. in seinem Recht, dass die Sicherheitsorgane bei ihrem Vorgehen die Bestimmungen des Sicherheitspolizeigesetzes sowie auch allfällige, in Richtlinien zu § 31 des Polizeigesetzes enthaltene Anordnungen beachten;

 

8. in seinem Recht, nicht aufgrund seiner nationalen oder ethnischen Herkunft und/oder Abstammung schlechter behandelt zu werden als andere Personen, die derartige nationale bzw. ethnische Merkmale nicht haben (Diskriminierungsverbot gem. Art I Abs 1 des B-VG vom 03.07.1973 zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung, BGBl Nr 390/1973).

 

C) BESCHWERDEANTRÄGE (BEGEHREN GEM. § 67C ABS 2 Z 5 AVG):

 

Der Bf. stellt den Antrag

der Unabhängige Verwaltungssenat für das Bundesland Salzburg wolle folgende den Bf. betreffenden, von Organen der Bundespolizeidirektion Salzburg am 23.12.2005 in der Landeshauptstadt Salzburg gesetzten Verwaltungsakte für rechtswidrig erklären:

 

1. die Festnahme des Bf. um ca. 17.00 Uhr im Bereich des Hauptbahnhofs;

 

2. den Eingriff in die persönliche Freiheit des Bf., gesetzt dadurch, dass der Bf. nach seiner Festnahme bis ca. 22.00 Uhr in der Gewahrsame von Organen der BPD Salzburg angehalten (gefangen gehalten) wurde;

 

3. die im Zuge dieses Organhandelns gesetzten besonderen Eingriffe in die persönliche Freiheit und körperliche Unversehrtheit und Integrität des Bf., insbesondere

-

das Anlegen von Handfesseln und die Aufrechterhaltung dieser Maßnahme über einen längeren Zeitraum;

-

die Durchführung einer Leibesvisitation und einer Durchsuchung des Körpers und der Bekleidung nach Gegenständen sowie die Aufforderung an den Bf., sich zu entkleiden;

-

das körperliche Anfassen des Bf. im Zuge seiner Untersuchung nach Waffen;

 

4. die im Zuge dieser Anhaltung erfolgte Abnahme von Fahrnissen und Gegenständen des Bf., wie insbesondere des Konventionspasses des Bf., des Mobiltelefons des Bf., einiger Lebensmittel sowie ein Paar neuwertiger Socken (wobei Lebensmittel und Socken nicht mehr zurück ausgefolgt worden sind).

 

Weiters wird begehrt, die belangte Behörde bzw. den Rechtsträger der belangten Behörde in den Ersatz der Kosten des Beschwerdeverfahrens, wie sie im einzelnen vom Bf. und dessen Rechtsvertreter verzeichnet werden, aufzuerlegen.

 

D) BEGEHREN GEM. § 88 ABS 2 SOWIE § 89 ABS 1 SPG:

 

Im Hinblick auf § 88 Abs 2 und § 89 Abs 1 SPG wird folgendes begehrt:

 

Es wolle festgestellt werden, dass der Bf. dadurch, dass Organe der Bundespolizeidirektion Salzburg im Zuge der Festnahme und Anhaltung des Bf. am 23.12.2005 in Salzburg im Zeitraum zwischen ca. 17.00 Uhr und ca. 22.00 Uhr den Bf. in beleidigender Weise angesprochen haben, wobei der Bf. unter anderem aufgefordert wurde, ruhig zu sein, er als Tschetschene bezeichnet wurde, ihm zynisch gesagt wurde, ?aha, das ist der tschetschenische Professor", weiters dadurch, dass ihm vorgeworfen wurde, er habe ein Verbrechen begangen, sowie dadurch, dass schreiend und lautstark - unter Außerachtlassung der gebotenen Höflichkeit und des gebotenen Anstands und der Würde seiner Person - mit ihm gesprochen wurde, wobei dem Bf. verwehrt wurde, sich in Englisch zu artikulieren, einen Anwalt beizuziehen und über die Gründe seiner Anhaltung aufgeklärt zu werden, insbesondere in seiner Menschenwürde sowie seiner höchstpersönlichen Ehre, verletzt wurde.

 

Soweit in diesem Zusammenhang Richtlinien gem. § 31 SPG verletzt worden sind - was hiermit ausdrücklich behauptet wird -, begehrt der Bf. hiermit auch ein Vorgehen nach § 89 Abs 1 SPG.

 

E) DARLEGUNG DER GRÜNDE FÜR DIE BEHAUPTETE RECHTSWIDRIGKEIT DER

UNTER C) IM EINZELNEN BEZEICHNETEN VERWALTUNGSAKTE (BESCHWER-DEGRÜNDE DER MASSNAHMENBESCHWERDE GEM. § 67c ABS 1 IVM § 67c Abs 2 Z 4 AVG):

 

Zur Darlegung der Rechtswidrigkeit der einzelnen im Rahmen der Beschwerdeanträge unter C) näher bezeichneten Verwaltungsakte sowie zur Begründung, warum der Bf. durch dieses Vorgehen in seinen subjektiven Rechten verletzt worden ist, wird hiermit folgendes ausgeführt:

1. Rechtswidrigkeit der Festnahme:

Die Organe der belangten Behörde waren nicht berechtigt, den Bf. festzunehmen. Der Bf. hat keinerlei Verhalten gesetzt, welches die Organe zu-einer derartigen Festnahme berechtigt hätte. Er hat auch kein Verhalten gesetzt, welches von den einschreitenden Organen der belangten Behörde dahingehend gedeutet werden durfte, dass der Bf. die Begehung einer gerichtlich oder verwaltungsrechtlich strafbaren Handlung verdächtig wäre.

 

Der Bf. hat sich vielmehr völlig korrekt und gesetzeskonform verhalten und erweist sich daher die erfolgte Festnahme des Bf. als absolut rechtswidrig und völlig willkürlich.

 

Es liegt insbesondere keiner der in Art 2 Abs 1 des B-VG über den Schutz der persönlichen Freiheit angeführten Fälle eines gesetzlich zulässigen Freiheitsentzuges vor. Die Festnahme war zudem völlig unverhältnismäßig, da überhaupt keine Notwendigkeit für eine derartige Maßnahme bestanden hat und auch unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Ordnung und Sicherheit eine derartige Maßnahme keinesfalls gerechtfertigt und zulässig war.

 

Beweis: zunächst PV des Bf.;

weitere Beweisanträge vorbehalten

2. Rechtswidrigkeit der Gefangenhaltung / Arrestierung / Anhaltung des Beschwerdeführers von ca. 17.00 Uhr bis ca. 22.00 Uhr:

 

Aus der Rechtswidrigkeit der Festnahme ergibt sich auch die Rechtswidrigkeit der Gefangenhaltung des Bf. im Zeitraum bis ca. 22.00 Uhr. Auch diese Maßnahme war völlig willkürlich, in keiner Weise notwendig und erweist sich als völlig unverhältnismäßig. Es war unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung keinerlei Grund vorhanden, welcher eine derartige Gefangenhaltung des Bf. auch nur im entferntesten rechtfertigen hätte können.

 

Beweis: zunächst nur PV des Bf.;

weitere Beweisanträge nach Vorliegen der Stellungnahme der belangten Behörde vorbehalten

3. Rechtswidrigkeit der unter C, 3., näher bezeichneten besonderen Eingriffe in die körperliche Freiheit und in die körperliche Unversehrtheit und Integrität:

Das Anlegen von Handfesseln war ebenso wenig zulässig wie die Durchführung einer Leibesvisitation, einer Körperdurchsuchung, einer Durchsuchung der Bekleidung des Bf. und die Aufforderung an den Bf., sich zu entkleiden. Auch waren die Organe nicht berechtigt, den Bf. anzufassen und in seine körperliche Integrität einzugreifen.

 

Beweis: vorerst nur Einvernahme des Bf.;

die Stellung weiterer Beweisanträge bleibt bis zum Vorliegen der Stellungnahme der belangten Behörde vorbehalten

4.

Es lag keine gesetzliche Grundlage für die Wegnahme von Gegenständen vor. Es war rechtswidrig, dem Bf. den Konventionspass, sein Mobiltelefon sowie andere Gegenstände wegzunehmen, wovon Socken und Lebensmittel nicht mehr zurück gegeben wurden.

 

Beweis:  Einvernahme des Bf.;

die Stellung weiterer Beweisanträge bleibt bis zum Vorliegen der Stellungnahme der belangten Behörde vorbehalten

5.

Anzuführen ist, dass im Zuge der Gefangenhaltung und Festnahme auch weitere Rechte des Bf. verletzt wurden, und zwar z.B. dadurch, dass es unterlassen wurde, den Bf. ehestens in einer ihm verständlichen Sprache über die Gründe seiner Festnahme und die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zu unterrichten und ihm das Recht einzuräumen, dass ohne unnötigen Aufschub eine Vertrauensperson (ein persönlicher Freund oder Bekannter bzw. Angehöriger des Bf.) sowie ein Rechtsbeistand von seiner Festnahme verständigt wird (Art 4 Abs 6 und Abs 7 des B-VG über den Schutz der persönlichen Freiheit).

 

Beweis: vorerst Einvernahme des Bf.;

die Stellung weiterer Beweisontröge bleibt bis zum Vorliegen der Stellungnahme der belangten Behörde vorbehalten

 

6. Zur Verletzung von Ehre und Ansehen des Beschwerdeführers und der Menschenwürde des Beschwerdeführers:

 

Ehre und Ansehen des Bf. sowie Menschenwürde des Bf. wurden durch das beschwerdegegenständliche Vorgehen der Organe der belangten Behörde in gravierender Weise verletzt:

 

6.1

Die Festnahme erfolgte in aller Öffentlichkeit im Bereich des Salzburger Hauptbahnhofs, dies in einer Art und Weise, als handle es sich beim Bf. um einen Schwerverbrecher oder um einen Terroristen.

 

6.2

Die Organe wären verpflichtet gewesen, mit dem Bf. ein ordnungsgemäßes und höfliches Gespräch zu führen, den Bf. in einer ihm verständlichen Sprache (der Bf. spricht perfekt Englisch) über die Gründe seiner Festnahme zu unterrichten und bei allen Vorgehensweisen auf die Menschenwürde und Ehre und Ansehen des Bf. Rücksicht zu nehmen. Der Bf. hätte keinesfalls in herabsetzender Weise angesprochen und beleidigt werden dürfen. Indem der Bf. aufgefordert wurde, den Mund zu halten bzw. zu schweigen, ihm verboten wurde, sich in Englisch zu artikulieren, ihm sogar verboten wurde, im Raum in der Polizeiinspektion Itzling herumzuschauen, und indem der Bf. als ?Tschetschene" bezeichnet wurde und einer der Organe ihn zynisch und abfällig als ?tschetschenischen Professor" bezeichnet hat und indem weiters zum Ausdruck gebracht wurde, dass der Bf. ein Verbrechen begangen habe, wurde der Bf. in seiner Menschenwürde und in seiner Ehre verletzt.

 

Vom rechtswidrigen Vorgehen der belangten Behörde haben eine große Anzahl von Landsleuten des Bf. in Salzburg und anderer Personen Kenntnis erlangt. Der Bf. genießt insbesondere in Flüchtlingskreisen und in NGO-Kreisen und Menschenrechtskreisen einen ausgezeichneten Ruf. Freunde des Bf. waren in großer Sorge, weil der Bf. einige Stunden abgängig war und niemand wusste, wo er sei.

 

Der Bf. hat das beschwerdegegenständliche Verhalten der Organe der belangten Behörde als zutiefst diskriminierend und erniedrigend empfunden:

 

Der Bf. wurde wie ein Objekt und nicht wie ein Mensch mit Rechten und Würde behandelt. Er wurde zum Befehlsempfänger und zu einem Objekt, das man hin- und herschieben kann und der man nach Belieben Befehle erteilen darf, ohne irgendeiner Kontrolle unterworfen zu sein, degradiert.

 

Ihm wurde das Gefühl vermittelt, dass er gegen das Vorgehen der Organe der belangten Behörde ohnehin völlig chancenlos, rechtlos, ohnmächtig und schutzlos sei.

 

Ihm wurde auch das Gefühl vermittelt, dass die Organe der belangten Behörde auch vor Anwendung körperliche Gewalt nicht zurück schrecken würden, sollte der Bf. sich in irgendeiner Weise den rechtswidrigen Anweisungen und Anordnungen der Organe widersetzen.

 

Insbesondere ist im Zuge des Vorgehens der Organe der belangten Behörde überdeutlich geworden, dass der Bf. und seine beiden tschetschenischen Landsfrauen die ihnen gegenüber ausgeübte sicherheitspolizeiliche Willkür nur deswegen auf sich nehmen haben müssen, weil es sich beim Bf. und seinen Landsfrauen um Personen tschetschenischer Abstammung handelt.

7. Bezüglich der Folgen der Vorgangsweise der belangten Behörde im psychisch-ideellen Bereich ist folgendes festzuhalten:

Der Bf. wurde zutiefst erniedrigt und entwürdigt. Die Massivität des willkürlichen sicherheitspolizeilichen Eingriffs und die dabei praktizierte erniedrigende Behandlung des Bf. hat diesem einen psychischen Schock versetzt.

 

Am 24.12.2005 war der Bf. innerlich noch so schwer verletzt und schockiert sowie erregt, dass es aus ihm im Zuge eines langen Telefongespräches mit dem gefertigten Anwalt geradezu ?herausgebrochen" ist.

 

Der Bf. ist sehr dankbar und froh darüber, in Österreich Schutz gefunden zu haben. Er liebt Österreich. Er schätzt auch die österreichische Polizei sehr.

 

Aufgrund seiner eigenen Lebensgeschichte weiß er auch nur zu genau, welch hohes Rechtsgut jenes der öffentlichen Sicherheit darstellt.

 

Der Bf. hat bisher auf seine Landsleute, bei denen er großen Einfluss hat, dann, wenn diese sich über diskriminierende Verhaltensweisen von Beamten oder Organen der Verwaltung beschwert haben, immer versucht zu beschwichtigen. Er hat bis zum 23.12.2005 nicht glauben können, dass es tatsächlich in Österreich unter Organen der Sicherheitsverwaltung einen ?ethnischen Hass" gegenüber tschetschenischen Menschen gibt, oder - urn es noch präziser auszudrücken - dass es bedauerlicherweise unter den österreichischen Sicherheitsorganen und Polizeibeamtlnnen auch Menschen gibt, die Menschen tschetschenischer Herkunft als minderwertige Menschen betrachten und auch dementsprechend behandeln.

 

Die beschwerdegegenständlichen Vorkommnisse haben das Vertrauen und die Liebe des Bf. zu seiner neuen Heimat Österreich nachhaltig getrübt: Sein Glaube an die Rechtsstaatlichkeit Österreichs wurde dadurch erschüttert.

 

Gerade deshalb sieht sich der Bf. veranlasst, auf dem Rechtsweg seine Rehabilitierung und die Wiederherstellung des Rechts erreichen zu können.

 

Der Bf. ist der Auffassung, dass ihm gegenüber vor allem psychischer Zwang und psychische Gewalt ausgeübt wurde. Der Bf. hat in der Vergangenheit in seiner Heimat wiederholt polizeiliche Willkür ertragen müssen, wobei auch vor körperlicher (physischer) Gewalt nicht zurück geschreckt wurde.

 

Dennoch: Es fällt fast leichter, physische Gewalt ertragen zu müssen als jene Art von ?psychischer" Erniedrigung und Diskriminierung, die der Bf. und seine beiden tschetschenischen Landsfrauen am 23.12.2005 auf sich nehmen haben müssen.

 

Obwohl die mit den beschwerdegegenständlichen Vorkommnissen befassten Organe der belangten Behörde gegenüber dem Bf. keine wirkliche physische Gewalt praktiziert haben, erweist sich der beschwerdegegenständliche Eingriff dennoch in seiner Gesamtheit als äußerst gravierend und massiv - durchaus vergleichbar mit einem Eingriff, bei welchem jemand von Polizeiorganen misshandelt, geschlagen oder getreten wird.

 

Der psychische Schmerz und die psychische Erniedrigung, welcher dem Bf. beim gegenständlichen, ca. 5 Stunden lang andauernden ?Polizeieingriff" zugefügt wurde, war ganz beträchtlich. Dieser ?psychische Schock" ist beim Bf. erst allmählich abgeklungen, er hat bis heute innere Spuren beim Bf. hinterlassen, die noch nicht verheilt und vernarbt sind und zu deren ?Wiedergutmachung" eine rechtsstaatliche Aufarbeitung der Vorkommnisse unverzichtbar ist.

 

Beweis:  vorerst nur PV des Bf.;

die Stellung weiterer Beweisanträge bleibt bis zum Vorliegen der Stellungnahme der belangten Behörde vorbehalten

 

F) Der Bf. macht ausdrücklich geltend, dass er durch das

inkriminierte Vorgehen der Organe der belangten Behörde auch in seinen Rechten gem. Art 3 EMRK sowie gem. Art I Abs 1 des Durchführungsgesetzes BGBl Nr 390/1973 zum Internationalen Übereinkommen über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung (BGBl Nr 377/1972) verletzt wurde sowie schließlich auch in seinen nach Art 8 Abs 1 EMRK geschützten Rechten:

 

Der Bf. macht ausdrücklich geltend, dass er durch die inkriminierte Vorgangsweise der Organe der belangten Behörde erniedrigender Behandlung iSd Art 3 EMRK unterworfen wurde, dadurch zu Unrecht in seine durch Art 8 Abs 1 EMRK geschützte Privatsphäre eingegriffen wurde und in seiner Gesamtheit das Vorgehen der Organe der belangten Behörde auch als schwerer Verstoß gegen das in Art I Abs 1 des Bundesverfassungsgesetzes vom 03.07.1973 zur Durchführung des Internationalen Übereinkommens über die Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung (BGBl Nr 377/1972) enthaltene Verbot jeglicher rassischer Diskriminierung einzustufen ist.

 

Dabei ist es notwendig, das Verhalten der Organe der belangten Behörde, wie es im Sachverhalt sowie im Rahmen der Beschwerdegründe im einzelnen dargestellt wurde, in seiner Gesamtheit zu erfassen und zu würdigen.

 

Man möge sich spiegelbildlich vorstellen, wie es einem österreichischen Bürger psychisch ergehen würde, wenn diesem in einer russischen Stadt Vergleichbares widerführe:

 

In aller Öffentlichkeit im Bereich des Bahnhofs völlig willkürlich mit ?Hände hoch!" an die Wand gestellt zu werden, mit Handschellen in aller Öffentlichkeit gefesselt und abgeführt zu werden und sodann mehrere Stunden hindurch mit sicherheitspolizeilicher Willkür in verschiedensten Erscheinungsformen wie

 

-

Aufforderung zum Entkleiden;

-

Erfassen an der Bekleidung;

-

lautstarkem Schreien, Schimpfen oder Befehlen unter

Außerachtlassung der elementarsten Formen zwischenmenschlicher Kommunikation;

-

stundenlange Fesselung der Hände hinter dem Rücken! konfrontiert zu werden ist keine Kleinigkeit und kein Kavaliersdelikt!

 

Besonders erniedrigend war auch die Aufforderung, sich zu entkleiden, wobei die Kleidungsgegenstände und die Fahrnisse, welche der Bf. bei sich hatte, einfach auf den Boden geworfen wurden.

 

Auch die Aufforderung, nicht Englisch zu sprechen, sondern Deutsch zu sprechen - ?in diesem Land wird Deutsch gesprochen!"

-

sowie das gezielte Überhören der wiederholten Versuche des Bf., das Recht zu erhalten; einen Anwalt zu verständigen - dies alles unter völliger Außerachtlassung der im Bundesverfassungsgesetz zum Schutz der persönlichen Freiheit enthaltenen Vorschriften und Regeln über Informationen und Rechte, die auch einem Festgenommenen zu geben sind -, all dies im Zusammenwirken mit der Handfesselung, der Aufrechterhaltung der widerrechtlichen Gefangenhaltung für einen Zeitraum von mehreren Stunden sowie schlussendlich die Weigerung des letzthandelnden Verwaltungsorgans, eines ?Untersuchungsbeamten" der BPD Salzburg - es muss sich um einen Beamten im höheren Dienst gehandelt haben -, sich beim Bf. zu entschuldigen und ihm zu erklären, was denn eigentlich los gewesen ist und warum er überhaupt festgenommen und arrestiert wurde - dies alles schließlich noch ?unterlegt" mit ethnisch-nationaler Diskriminierung (tschetschenische Leute! Tschetschenen") - all dies in seiner Gesamtheit stellt auch

 

-

einen Verstoß gegen das in Art 3 EMRK enthaltene Verbot unmenschlicher Behandlung;

-

einen gravierenden Eingriff in das durch Art 8 Abs 1 geschützte Privatleben des Bf. und dessen geschützte Privatsphäre;

-

einen massiven Verstoß gegen das in Art I Abs 1 BGBl Nr 390/1973 verankerte Verbot jeder Form rassischer Diskriminierung dar!

 

Beweis: vorerst nur PV des Bf.;

die Stellung weiterer Beweisanträge bleibt bis zum Vorliegen der Stellungnahme der belangten Behörde ausdrücklich vorbehalten

 

G) HINWEIS AUF DAS RECHT DES BESCHWERDEFÜHRERS AUF VOLLEN SCHA-DENERSATZ:

 

Der Bf. weist bereits jetzt darauf hin, dass er nach erfolgter Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vorgehens der belangten Behörde Anspruch auf vollen Schadenersatz hätte, und zwar auch Anspruch auf Ersatz für die ihm zugefügten psychischen Kränkung und Erniedrigung sowie auf Ersatz der Kosten und Aufwendungen, die ihm entstanden sind oder noch entstehen werden, um die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Vorgehens der Organe der belangten Behörde erreichen zu können.

 

Es wird auch darauf hingewiesen, dass die in der Verordnung BGBl. II 2003/334 festgelegten Pauschalbeträge für Aufwandersatz die tatsächlich auflaufenden anwaltlichen Vertretungskosten keinesfalls abdecken. Diese errechnen sich vielmehr bis zum heutigen Zeitpunkt wie folgt:

 

Streitwert gem. § 5 Z 35 der Autonomen Honorarkriterien für Rechtsanwälte vom 10. 10.2005, AH K 2005, EU R 21.800,--

 

Verfasse Beschwerde mit eingehender Sachverhaltsdarstellung und Begründung; TP 3 B RATG; Streitwert ? 21.800,-- ?

 550,90

Nebenleistungen, welche gesondert abgerechnet werden:

24.12.2005 telefonische Konferenz gemäß TP 8/II RATG;

Dauer 1/2 Stunde     ?

137,10

 

Zeitraum 27.12.2005 bis 01.02.2006 3 kurze Informationstelefonate; 3 x TP 5 RATG ?

 109,50

19.01.2006  Konferenz zur genauen Informationsaufnahme;

Dauer 2 Stunden; TP 8/II RATG   ? 548,40

01.02.2006  weitere Besprechung mit Mandant zur Erörterung

des Schriftsatzinhaltes und zur Abklärung weiterer Details

des Sachverhalts, Dauer 4/2 Stunden; TP 8/II RATG  ?

 548,40

S u m m e bisher

 ? 1.894,30

zuzüglich 20 % USt

 ? 378,86

Summe        ?

 2.273,16

 

Da jedoch im Verfahren vor dem UVS nur der Ersatz der in der Verordnung BGBl. II 2003/334 festgelegten Aufwandersatz-Pausch.- Beträge begehrt werden kann, darf für diese Beschwerde nur folgender Kostenersatz begehrt werden:

 

Schriftsatzaufwand für Beschwerde

 ? 660,80

zuzüglich Barauslage für Eingabengebühr

 ? 13,00

Summe        ?

 67380

 

Es wird ausdrücklich beantragt, die belangte Behörde bzw. deren Rechtsträger in den Ersatz der vorstehend verzeichneten Kosten des Beschwerdeverfahrens zu verfällen.

 

Im übrigen wird nochmals auf den schon unter Pkt. C, S 14 ff, ausformulierten Beschwerdeantrag hingewiesen."

 

 

Mit Schriftsatz vom 19.3.2006 hat die Bundespolizeidirektion Salzburg eine Gegenäußerung erstattet wie folgt:

 

"Zu o. a. Betreff und Bezug wird folgende Stellungnahme abgegeben:

 

Sachverhalt (Ex-Post-Darstellung aufgrund der Strafanzeige an die StA)

 

Aktenzahl: B1/24500/2005-SPK

 

HAFT

DEPOSIT

 

Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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