TE UVS Steiermark 2006/10/24 30.18-120/2005

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Veröffentlicht am 24.10.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Harald Ortner über die Berufung von Herrn Mag. K S, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Graz vom 21.07.2005, GZ.: III/S-13.118/05, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden VStG) wird der Berufung hinsichtlich Punkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses Folge gegeben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt. Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird die Berufung zu Punkt 2. des angefochtenen Straferkenntnisses dem Grunde nach mit der Maßgabe abgewiesen, als die Übertretungen zu § 66 Abs 1 StVO iVm § 1 Abs 1 Z 1 - 4 der Fahrradverordnung, BGBl. II 2001/146 jeweils eigene Übertretungen darstellen. Der Spruch wird gemäß § 44 a VStG wie folgt neu definiert: Sie haben am 05.04.2005, um 20.30 Uhr, in G III., H, gegenüber Haus Nr. 112, ein Fahrrad der Marke Olympus, Farbe rot, gelenkt, wobei bei der Anhaltung festgestellt werden konnte, dass a.) das Fahrrad nicht mit einer ausreichenden Bremsvorrichtung versehen war, da die durchgeführte Bremsprobe ergab, dass die hintere Bremse nahezu funktionslos war, b.) die montierte Vorrichtung zur Abgabe akustischer Warnzeichen (Klingel) funktionslos war sowie das Fahrrad trotz Dunkelheit verwendet wurde, obwohl c.) das Vorderlicht und d.) das Rücklicht funktionslos waren. Die dadurch verletzten Rechtsvorschriften der Fahrradverordnung, BGBl. II 2001/146 lauten: Zu a): § 1 Abs 1 Z 1

Zu b): § 1 Abs 1 Z 2 Zu c): § 1 Abs 1 Z 3 Zu d): § 1 Abs 1 Z 4 Für diese Übertretungen werden gemäß § 99 Abs 3 lit a Straßenverkehrsordnung (im Folgenden StVO) iVm § 19 VStG Geldstrafen von jeweils ? 10,00 (im Uneinbringlichkeitsfall jeweils vier Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. Der Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz (10 Prozent der verhängten Strafe) vermindert sich durch diese Entscheidung auf einen Betrag von ? 4,00. Dieser Betrag, wie auch die nunmehr festgesetzte Geldstrafe von ? 40,00, sind binnen vier Wochen ab Zustellung dieses Bescheides bei sonstigen Zwangsfolgen zu leisten.

Text

Die Bundespolizeidirektion Graz hat mit dem im Spruch genannten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen Verwaltungsübertretungen gemäß 1. § 60 Abs 3 iVm § 99 Abs 3 lit a StVO und 2. § 66 Abs 1 StVO iVm § 1 Abs 1 Z 1, 2, 3 und 4 der Fahrradverordnung, BGBl. II, 2001/146 iVm § 99 Abs 3 lit a StVO Geldstrafen von 1. ? 40,00 (18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) und

2. ? 50,00 (ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt, weil er am 05.04.2005, um 20.30 Uhr, in G III., H gegenüber Haus Nr. 112 stadteinwärtsfahrend das Damencitybike der Marke Olympus, Farbe rot, gelenkt habe und 1. dieses bei Dunkelheit nicht beleuchtet und weder das Rücklicht, noch das Vorderlicht eingeschaltet war und 2. das Fahrrad auf einer öffentlichen Verkehrsfläche benützt, obwohl es mangelhaft ausgerüstet war, da folgende Mängel festgestellt worden seien: Fehlendes nach vorne wirkendes weißes Licht (Z 3), fehlendes nach hinten wirkendes rotes Licht (Z 3), Fehlen der roten Abdeckung vom Rücklicht (Z 4). Weiters sei die hintere Bremse funktionslos gewesen (Z 1), da diese bei einer Bremsprobe beim Schieben des Fahrrades das Hinterrad nur ganz geringfügig einbremste und die an der Lenkstange montierte Vorrichtung zur Abgabe akustischer Warnzeichen (Klingel - Z 2) ebenfalls funktionslos gewesen sei. Gegen diesen Bescheid richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, mit welcher der Berufungswerber ausführte, dass die Vorwürfe unrichtig seien. Insbesondere sei es zum Zeitpunkt der Anhaltung nicht dunkel gewesen und nicht einmal dämmrig, sodass es nicht notwendig gewesen wäre, die Beleuchtung des Fahrzeuges einzuschalten. Außerdem stimme die Anhaltezeit nicht, es sei weit vor 20.30 Uhr gewesen. Das Fahrrad habe auch keinen mangelhaften Zustand aufgewiesen, es seien weder die Bremse, noch die Klingel funktionslos gewesen. Dies gelte auch für das Vorder- und Rücklicht, richtig sei jedoch, dass die rote Abdeckung am Rücklicht fehlte. Der amtshandelnde Beamte habe sich nicht ausgekannt und ihn schikanös und provokant behandelt. Er sei sich wie ein Schwerverbrecher vorgekommen. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat erwogen: Gemäß § 51 Abs 1 VStG steht dem Beschuldigten stets das Recht der Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat; somit ergibt sich die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark für die Erlassung der gegenständlichen Entscheidung. Da im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine ? 2.000,00 übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war gemäß § 51c VStG die Zuständigkeit des Einzelmitgliedes gegeben. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht wegen Unzulässigkeit oder Verspätung zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, ihre Anschauung sowohl hinsichtlich des Spruches als auch hinsichtlich der Begründung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Aufgrund des durchgeführten Ermittlungsverfahren, insbesondere der öffentlichen, mündlichen Verhandlung vom 08.02.2006 und der Fortsetzungsverhandlung vom 31.03.2006, bei welchen der Berufungswerber und die Zeugen RI J B und BI E R einvernommen wurden, kann folgender Sachverhalt festgestellt werden: Am 05.04.2005, gegen 20.30 Uhr, fuhren die Meldungsleger B und R mit ihrem Streifenwagen in der H stadteinwärts, wobei das Fahrzeug vom Zeugen B gelenkt wurde. Im Bereich gegenüber der H 112 fiel den Meldungslegern ein Fahrradfahrer auf, dessen Fahrrad unbeleuchtet war. Das Fahrrad, welches vom Berufungswerber gelenkt wurde, hielt ca. eine Geschwindigkeit von 15 km/h ein. BI R forderte über das geöffnete Seitenfenster, als sich das Streifenfahrzeug auf gleicher Höhe mit dem Berufungswerber befand, diesen auf, anzuhalten. Dieser Aufforderung leistete der Berufungswerber Folge. Zum Zeitpunkt der Anhaltung war es dunkel, die H war künstlich beleuchtet. Bei der technischen Überprüfung des Fahrrades, welche von BI R durchgeführt wurde, konnte festgestellt werden, dass die Abdeckung des Rücklichtes fehlte und beide Beleuchtungseinrichtungen, welche von einem Dynamo gespeist wurden, nicht funktionsfähig waren. Die Funktionskontrolle der Beleuchtungseinrichtung erfolgte so, dass das Hinterrad des Fahrrades bei eingeschalteten Dynamo angehoben und gedreht wurde. Bei dieser Funktionskontrolle leuchtete weder das Vorder-, noch das Hinterlicht. Weiters stellt BI R fest, dass sich das Rad trotz angezogener Hinterbremse problemlos weiterschieben ließ und auch die vorhandene Klingel funktionsunfähig war. Die Amtshandlung, welche auf dem in der H befindlichen Gehsteig stattfand ist dann in weiterer Folge verbal eskaliert, der Berufungswerber fühlte sich ungerecht behandelt und hat die Amtshandlung als Provokation aufgefasst. Die Identität des Berufungswerbers, welcher keinen Ausweis mit hatte, wurde mittels ZMR-Abfrage festgestellt. Diese Feststellungen ergeben sich aufgrund der glaubwürdigen, in sich schlüssigen und übereinstimmenden Angaben der einvernommenen Zeugen BI R und RI B. Insbesondere schilderte der Zeuge BI R exakt, wie er die Kontrollen am Fahrrad des Berufungswerbers durchführte und wie er die technischen Mängel feststellte. Die Verantwortung des Berufungswerbers erschöpft sich im Wesentlichen in der Behauptung, er habe keine einzige der Verwaltungsübertretungen begangen. Er bestritt auch, dass die Amtshandlung um 20.30 Uhr stattfand und meinte, dies sei bereits viel früher, nämlich um 19.30 Uhr gewesen. Auch diesbezüglich wird den Angaben der Meldungsleger, die auch durch die vorgelegten handschriftlichen Aufzeichnungen und dem Dienstbuch belegt wurden, gefolgt. Auch unter Berücksichtigung der sehr emotionalen Amtshandlung und der widersprüchlichen Angaben schenkt die entscheidende Behörde im Rahmen der freien Beweiswürdigung der Darstellung der Meldungsleger mehr Glauben, als den Angaben des Berufungswerbers, zumal diese in sich widerspruchsfrei waren und die Beamten aufgrund des Diensteides der Wahrheitspflicht unterliegen und auch sonst kein Grund ersichtlich war, dass sie irgendwelche Vorteile von der Bestrafung des Berufungswerbers hätten. Hingegen hatte der am Ausgang des Verfahrens interessierte Berufungswerber in seiner Eigenschaft als Beschuldigter keine derartigen Pflichten bzw. Sanktionen zu befürchten und es kann keine Veranlassung gesehen werden, dass die Meldungsleger eine ihnen bis zur Amtshandlung unbekannte Person wahrheitswidrig haben belasten wollen. Den Zeugen als im Verkehrsüberwachungsdienst stehenden geschulten Polizeibeamten kann ohne weiteres zugemutet werden, dass sie Vorgänge des Straßenverkehrs richtig beobachten und allfällige Übertretungen richtig beurteilen können. Einem erfahrenen Polizeibeamten muss auch zugebilligt werden, darüber ein richtiges Urteil abzugeben, welche technischen Mängel bei einem Fahrrad vorliegen. Rechtliche Beurteilung: Gemäß § 60 Abs 3 StVO sind während der Dämmerung, bei Dunkelheit oder Nebel oder wenn es die Witterung erfordert Fahrzeuge auf der Fahrbahn zu beleuchten; ausgenommen hievon sind Fahrräder, die geschoben werden, weißes Licht darf nicht nach hinten und rotes Licht nicht nach vorne leuchten. Gemäß § 66 Abs 1 StVO müssen Fahrräder, Fahrradanhänger und Kindersitze in einem Zustand erhalten werden, der den Anforderungen der Produktsicherheitsbestimmungen für Fahrräder (§ 104 Abs 8) entspricht. Gemäß § 1 Abs 1 der Fahrradverordnung, BGBl. II 2001/146, muss jedes Fahrrad, das in Verkehr gebracht wird, sofern sich aus den folgenden Bestimmungen nichts anderes ergibt, wie folgt ausgerüstet sein: 1. Mit zwei unabhängig voneinander unabhängig wirkenden Bremsvorrichtungen, mit denen auf trockener Fahrbahn eine mittlere Bremsverzögerung von 4 m/sec2 bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 20 km/h erreicht wird; 2. mit einer Vorrichtung zur Abgabe von akustischen Warnzeichen; 3. mit einem hell leuchtenden, mit dem Fahrrad fest verbundenen Scheinwerfer für die Fahrbahn nach vorne mit weißem oder hellgelbem, ruhenden Licht mit einer Lichtstärke von mindestens 100 ct beleuchtet; 4. mit einem roten Rücklicht mit einer Lichtstärke von mindestens 1 ct .... Gemäß § 1 Abs 4 der Fahrradverordnung dürfen Fahrräder bei Tageslicht und guter Sicht ohne die in Abs 1 Z 3 und 4 genannte Ausrüstung verwendet werden. Zu Punkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses wird ausgeführt, dass sich die Vorschriften über die Beleuchtung der Fahrzeuge im Sinne des § 60 Abs 3 StVO, als auch die Bestimmungen des § 1 Abs 1 der Fahrradverordnung auf Fahrzeuge beziehen, die auf der Fahrbahn verwendet werden. Diesbezüglich liegt somit eine Doppelbestrafung vor. Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH (siehe z. B. VwGH 12.06.1990, 90/05/0007, 23.01.1992, 91/06/0186) erfährt das Kumulationsprinzip des § 22 VStG durch die Konsumtion ihre Einschränkung. Eine solche liegt vor, wenn eine wertende Beurteilung ergibt, dass der Unwert des einen Delikts von der Strafdrohung des anderen Delikts mitumfasst ist. Die unter Punkt 1. und 2. vorgeworfenen Delikte hinsichtlich der Beleuchtung umfassen denselben Tatbestand und sind gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet, nämlich die Verwendung von Fahrzeugen auf Straßen ohne Beleuchtung. Mit der Verurteilung des Verstoßes zu Spruchpunkt 2. ist somit auch bereits der Unrechtsgehalt des Spruchpunktes 1. abgegolten. Strafverfolgungen bzw. Verurteilungen wegen mehrerer Delikte, die auf Straftatbeständen fußen, die einander wegen wechselseitiger Subsidiarität, Spezialität oder Konsumtion jedenfalls bei eintätigem Zusammentreffen ausschließen, bilden verfassungswidrige Doppelbestrafungen, wenn dadurch ein- und dieselbe strafbare Handlung strafrechtlich mehrfach geahndet wird. Voraussetzung ist, dass durch die Bestrafung eines Deliktes tatsächlich der gesamte Unrechtsgehalt des Täterverhaltens erfasst wird. Da im gegenständlichen Fall eine derartige Doppelbestrafung vorliegt, war der Bescheid hinsichtlich des Spruchpunktes 1. zu beheben und das Verfahren einzustellen. Hinsichtlich Spruchpunkt 2. hat das Ermittlungsverfahren zweifelsfrei ergeben, dass der Berufungswerber das Fahrrad trotz funktionsloser Hinterbremse und funktionsloser Vorrichtung zur Abgabe akustischer Warnzeichen (Klingel) sowie ohne funktionierendes Vorder- und Hinterlicht lenkte. Seitens der Strafbehörde erster Instanz wurde jedoch hinsichtlich der vorliegenden Tatbestände nach der Fahrradverordnung eine Gesamtstrafe verhängt. Es handelt sich jedoch dabei um getrennt zu ahnende Delikte, die unabhängig voneinander zu beurteilen und auch gesondert zu bestrafen sind. Durch die im Spruch ersichtliche nachträgliche Trennung, Aufteilung und Konkretisierung ist dem Berufungswerber kein Nachteil erwachsen. Der Spruch des erstinstanzlichen Bescheides war daher in Vollziehung der Bestimmung des § 66 Abs 4 AVG neu zu formulieren und richtig zu stellen sowie die verhängte Gesamtstrafe aufzuschlüsseln und gemäß § 19 VStG zu bemessen. Die übertretenen Normen zielen wie nahezu alle Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung ab, die mit dem Straßenverkehr naturgemäß verbundenen Gefahren und Gefährdungsmomente auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die Bestimmungen der Fahrradverordnung dienen in erster Linie dem Schutz des Radfahrers selbst, der in die Lage versetzt werden soll, sein Fahrrad durch eine funktionsfähige Bremsanlage rechtzeitig anhalten zu können, sich mittels Glocke anderen Straßenverkehrsteilnehmern erkennbar zu machen und durch eine funktionsfähige Beleuchtungseinrichtung bei Dunkelheit von anderen Verkehrsteilnehmern, insbesondere Autofahrern, rechtzeitig erkannt zu werden. Hinsichtlich der Strafbemessung ist auszuführen, dass als erschwerend nichts, als mildernd ebenfalls nichts zu werten war. Die verhängten Strafen bewegen sich im untersten Bereich des Strafrahmens, sodass sie auch unter Berücksichtigung der angegebenen schlechten wirtschaftlichen Verhältnissen des Berufungswerbers gerechtfertigt erscheinen. Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

Schlagworte
Konsumption Fahrradbeleuchtung Fahrzeuge
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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