Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den Vorsitzenden Dr. Christoph Purtscher über die Berufung der Sektion O. des D. Alpenvereins eV, vertreten durch den Vorstand A. S., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 12.06.2006, Zl 5418/1i-05, betreffend die Vorschreibung von Auflagen nach § 79 Abs 1 GewO 1994, wie folgt:
Gemäß § 66 Abs 4 iVm § 67h Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahin abgeändert, dass die vorgeschriebenen Auflagen A 3. und A 4. zu entfallen haben.
Der D. Alpenverein, Sektion O., O., ist aufgrund folgender Bescheide zum Betrieb der Schutzhütte ?XY-Hütte? in S./Gemeindegebiet H. berechtigt:
Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 14.10.1930, Zahl I-4036/4:
Konzession zum Betrieb des Gast- und Schankgewerbes Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 28.07.1931, Zahl I-2379/12:
Benützungsbewilligung für die Schutzhütte
Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 29.11.1977, Zahl
I-1150/10:
Vorschreibung zusätzlicher Auflagen bzw. Mängelbehebungsauftrag Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 15.05.1986, Zahl 3755/1b-86:
Gewerberechtliche Genehmigung für eine Erweiterung
Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 30.06.1999, Zahl
3755/1g-96:
Vorschreibung zusätzlicher Auflagen
Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 25.03.2003, Zahl
3755/1k-03:
Gewerberechtliche Genehmigung für eine Änderung (Festbrennstoffkessel)
Am 30.09.2003 fand bei der ?XY-Hütte? eine gewerbepolizeiliche Revision statt. Anknüpfend an diese Überprüfung hat die Bezirkshauptmannschaft Schwaz mit Bescheid vom 04.02.2005, Zl 3755/1o-05, gemäß § 79 Abs 1 GewO 1994 folgende zusätzliche Auflagen vorgeschrieben:
?A) Auflagen aus Sicht des vorbeugenden Brandschutzes:
Das Kellergeschoß, der Heizraum, der Gasthermenaufstellungsraum und die Garage (derzeit Pistengerätegarage) sind als eigene Brandabschnitte auszubilden. Die Zugangstüren (Brandschutztüren) sind selbstschließend einzurichten und so zu erhalten. Sämtliche Mauerdurchbrüche aus diesen Räumen bzw Bereichen zu anderen Räumlichkeiten sind brandbeständig (F 90/S 90) zu verschließen. Das gesamte Gebäude ist mit einer automatischen Brandmeldeanlage für die interne Alarmierung im Vollschutzumfang gemäß TRVB 123 auszustatten (Erweiterung der bereits bestehenden Anlage). Für die Rauchdetektion dürfen ausschließlich thermische bzw optische Rauchmelder verwendet werden (keine lonisationsrauchmelder). Die Türen in Fluchtwegen inklusive der Hauptausgangstüre sind in Fluchtrichtung aufschlagend einzurichten.
B) Auflagen aus sicherheitstechnischer Sicht:
Die scharfe Kante des Ablagebords der Dusche im 1. Obergeschoß, die sich in Kopfhöhe befindet, ist zu entschärfen.
Das lichte Durchgangsprofil im Kopfbereich zwischen Zimmer 1 und Zimmer 6 ist so abzuändern, dass es zu keinem Anstoßen an die Hutbzw Gepäckablage führen kann.
Die Spielgeräte am Vorplatz der Schutzhütte sind entweder vom Technischen Überwachungsverein nach den gültigen Richtlinien überprüfen zu lassen oder dürfen nicht weiter betrieben werden. Der Heizraum ist entsprechend der Bestimmungen der Tiroler Heizungsanlagenverordnung 2000 zu belüften.?
Dieser Bescheid ist in Rechtskraft erwachsen.
Wiederum anknüpfend an die Überprüfung vom 30.09.2003 hat die Bezirkshauptmannschaft Schwaz mit Bescheid vom 12.06.2006, Zl 5418/1i-05, neuerlich gemäß § 79 Abs 1 GewO 1994 folgende zusätzliche Auflagen vorgeschrieben:
?A) Auflagen aus brandschutztechnischer Sicht:
Das Kellergeschoss, der Heizraum, der Gasthermenaufstellungsraum und die Garage (derzeit Pistengerätegarage) sind als eigene Brandabschnitte auszubilden. Die Zugangstüren (Brandschutztüren) sind selbstschließend einzurichten und so zu erhalten. Sämtliche Mauerdurchbrüche aus diesen Räumen bzw Bereichen zu anderen Räumlichkeiten sind brandbeständig (F90/S90) zu verschließen. Das gesamte Gebäude ist mit einer automatischen Brandmeldeanlage für die interne Alarmierung im Vollschutzumfang gemäß TRVB 123 auszustatten (Erweiterung der bereits bestehenden Anlage), für die Rauchdetektion dürfen ausschließlich thermische bzw optische Rauchmelder verwendet werden (keine lonisationsrauchmelder). Die Türen und Fluchtwege inklusive der Hauptausgangstüre sind in Fluchtrichtung aufschlagend einzurichten.
Das derzeitige Erschließungsstiegenhaus, welches sich an der Ostseite des Gebäudes befindet, ist gegenüber dem Kellergeschoss und dem Erdgeschoss brandschutztechnisch bzw rauchschutztechnisch zu trennen, und ist aus diesem Stiegenhausbereich in weiterer Folge ein direkter Ausgang ins Freie zu errichten.
Die Notabstiege bzw deren Notabstieg an der Westseite sind so zu gestalten, dass man aus den Ausstiegen aus den Zimmern über sichere Stege bzw Abstiege auf das anschließende Gelände kommen kann.
B) Auflagen aus gewerbetechnischer Sicht:
Die scharfe Kante des Ablagebords der Dusche im 1. Obergeschoss, die sich in Kopfhöhe befindet, ist zu entschärfen.
Das lichte Durchgangsprofil im Kopfbereich zwischen Zimmer 1 und Zimmer 6 ist so abzuändern, dass es zu keinem Anstoßen an die Hutbzw Gepäckablage führen kann.
Die Spielgeräte am Vorplatz der Schutzhütte sind entweder vom Technischen Überwachungsverein nach den gültigen Richtlinien überprüfen zu lassen oder dürfen nicht weiter betrieben werden. Der Heizraum ist entsprechend der Bestimmung der Tiroler Heizungsanlagenverordnung 2000 zu belüften.
Hinsichtlich des Austauschgerätes für die mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 30.06.1999, Zahl 5418/1g, bewilligte Gastherme der Type Heizbösch SHR 60P ist der Bezirkshauptmannschaft Schwaz der Überprüfungsbefund der Abnahmeprüfung vor der 1. Inbetriebnahme (gemäß § 40 Flüssiggasverordnung) sowie der wiederkehrenden Überprüfung gemäß § 41 Flüssiggasverordnung vorzulegen.?
Gegen diesen Bescheid hat die Sektion O. des D. Alpenvereins eV Berufung erhoben, wobei sich die Berufung ausschließlich gegen die vorgeschriebenen Auflagen A 3 sowie A 4 richtet.
Im erstinstanzlichen Akt findet sich kein Zustellnachweis über die Zustellung dieses Bescheides an die Sektion O. des D. Alpenvereins eV. Laut Mitteilung der Erstinstanz ist die Zustellung ohne Zustellnachweis erfolgt; festgehalten wurde jedoch, dass die Zustellung des Bescheides am 18.07.2006 erfolgt sei. Ebenfalls nicht im Akt befindet sich das Kuvert der per Post versandten Berufung. Dieser Mangel, insbesondere der Mangel des fehlenden Zustellnachweises geht zu Lasten der Behörde und war folglich im Zweifel von der Rechzeitigkeit der mit 27.07.2006 datierten und am 03.08.2006 eingelangten Berufung auszugehen. Nach Ansicht der Berufungsbehörde spricht allerdings ausgehend von einer Zustellung am 18.07.2006 auch der Postlauf für die Rechtzeitigkeit der Berufungserhebung.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
Gemäß § 359a GewO 1994 können Entscheidungen in erster Instanz in Verfahren betreffend Betriebsanlagen unmittelbar beim Unabhängigen Verwaltungssenat angefochten werden.
Gemäß § 67h Abs 1 AVG gilt in den Angelegenheiten des § 67a Abs 1 Z 1 der § 66 mit der Maßgabe, dass der Unabhängige Verwaltungssenat dann gemäß § 66 Abs 4 in der Sache zu entscheiden hat, wenn die belangte Behörde dem nicht bei der Vorlage der Berufung unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht.
Ein Ausschluss der Befugnis zur Sachentscheidung durch die Erstinstanz ist nicht erfolgt. Der erstinstanzliche Bescheid nimmt Bezug auf eine Betriebsanlage. Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates (zu einer Sachentscheidung) ist somit grundsätzlich gegeben.
Weiters ist nachfolgende Bestimmung des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 (AVG), BGBl Nr 51, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 10/2004, zu berücksichtigen:
?§ 66
?
(4) Außer dem in Abs 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.?
Folgende Bestimmungen der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), BGBl Nr 194 idF BGBl I Nr 84/2006, sind als maßgeblich anzusehen:
?§ 74
(1) Unter einer gewerblichen Betriebsanlage ist jede örtlich gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.
(2) Gewerbliche Betriebsanlagen dürfen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
1. das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes, BGBl Nr 450/1994, in der jeweils geltenden Fassung, unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden; als dingliche Rechte im Sinne dieses Bundesgesetzes gelten auch die im § 2 Abs 1 Z 4 lit g angeführten Nutzungsrechte,
2. die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
3. die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
4. die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
5. eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
?
§ 79
(1) Ergibt sich nach Genehmigung der Anlage, dass die gemäß § 74 Abs 2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, so hat die Behörde die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zur Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen (§ 77 Abs 1) vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, dass ihm (zB wegen der mit der Übernahme des Betriebes verbundenen Kosten) die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs 2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.
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Durch die Bestimmung im § 79 Abs 1 GewO 1994 wird die Behörde ermächtigt, für rechtmäßig bestehende gewerbliche Betriebsanlagen andere oder zusätzliche Auflagen vorzuschreiben. Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass eine Beschränkung auf eine einmalige Anwendung des § 79 Abs 1 GewO 1994 nicht besteht; bei Vorliegen der Voraussetzungen hat die Behörde erforderlichenfalls auch mehr als einmal zusätzliche oder andere Auflagen vorzuschreiben.
Soweit die Berufungswerberin nun die vorgeschriebene Auflage A 3 (Die Türen und Fluchtwege inklusive der Hauptausgangstüre sind in Fluchtrichtung aufschlagend einzurichten.) bekämpft, ist festzuhalten, dass diese Auflage bereits mit dem in Rechtskraft erwachsenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 04.02.2005, Zl 3755/1o-05, vorgeschrieben wurde. Die neuerliche Vorschreibung dieser Auflage ist damit entbehrlich bzw geht im Ergebnis ins Leere. Diese Auflage war daher ersatzlos zu beheben.
Zur ebenfalls angefochtenen Auflage A 4 (Das derzeitige Erschließungsstiegenhaus, welches sich an der Ostseite des Gebäudes befindet, ist gegenüber dem Kellergeschoss und dem Erdgeschoss brandschutztechnisch bzw rauchschutztechnisch zu trennen, und ist aus diesem Stiegenhausbereich in weiterer Folge ein direkter Ausgang ins Freie zu errichten.) wurde eine ergänzende Stellungnahme des brandschutztechnischen Sachverständigen eingeholt. Dieser hat in seiner Stellungnahme Folgendes ausgeführt:
?Zu Punkt 4
Brandschutztechnischer Abschluss des Erschließungsstiegenhauses:
Im Zuge einer gewerberechtlichen Revision am 30.09.2003 wurde vom brandschutztechnischen Sachverständigen darauf hingewiesen, dass auf Grund der Anzahl der Personen die im gegenständlichen Gebäude beherbergt werden können, das Gebäude als Beherbergungsbetrieb einzustufen ist.
Aus diesem Grund wurde vom brandschutztechnischen Sachverständigen dem Betreiber mitgeteilt, dass es anzustreben ist, das vorhandene Stiegenhaus im Bereich des Kellers und des Erdgeschosses brandschutztechnisch von den Geschossflächen zu trennen und aus dem brandschutztechnisch abgeschlossenen Bereich einen direkten Ausgang zu erstellen.
Dies wurde dem Betreiber als Anregung mitgeteilt, dass bei zukünftigen und beabsichtigten Sanierungsmaßnahmen diese so zu gestalten sind, dass ein brandschutztechnischer Abschluss des Stiegenhauses hergestellt wird.?
Damit ist die Vorschreibung des Auflagepunktes A 4 vor dem Hintergrund der durch die Gewerbebehörden zu wahrenden Schutzinteressen nach den nachvollziehbaren Feststellungen des Sachverständigen ? derzeit ? nicht zwingend erforderlich. Der Sachverständige hat auch in der Verhandlung am 30.09.2003 in diesem Punkt keine Auflage formuliert, sondern vielmehr erläutert und dargelegt, aus welchen Gründen diese brandschutztechnische Trennung des bestehenden Stiegenhauses bei künftigen Sanierungsmaßnahmen anzustreben ist. Die ?Anregung? des Sachverständigen wird daher bei zukünftigen Sanierungsmaßnahmen entsprechend zu berücksichtigen sein.
Im Ergebnis kommt somit der Berufung Berechtigung zu, weshalb die im Spruchpunkt A 3 und A 4 vorgeschriebenen Auflagen ersatzlos zu beheben waren und folglich wie im Spruch zu entscheiden war.
Gebührenrechtlicher Hinweis:
Für die Vergebührung der Berufung ist eine Gebühr von Euro 13,00 bei der Bezirkshauptmannschaft Schwaz einzuzahlen.