Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark hat durch das Senatsmitglied Dr. Karin Clement über die Berufung des Herrn W M, vertreten durch MMag. J P, Rechtsanwalt in L, R, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Weiz vom 09.08.2006, GZ.:
9.10-256/2002, wie folgt entschieden: Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (im Folgenden AVG) in Verbindung mit §§ 28 und 35 Abs 1 Stmk. Sozialhilfegesetz (im Folgenden SHG) wird der Berufung Folge gegeben und der angefochtene Bescheid behoben.
P M stellte am 16.03.2006 den Antrag auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gemäß § 7 SHG und wurde monatlich ab März 2006 dem Antrag stattgegeben und in der Regel monatlich ? 499,-- an Unterstützung zur Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gewährt. Mit Schreiben vom 15.05.2006 wurden die Eltern des Hilfeempfängers gebeten ihre Einkommensverhältnisse nachzuweisen, um zu überprüfen, ob und in welcher Höhe mit Rückersatzforderungen an sie herangetreten werden kann. Da eine vergleichsweise Einigung über den Rückersatz nicht zustande kam, stellte der Sozialhilfeverband Weiz am 08.08.2006 den Antrag im Verwaltungswege über den Aufwandersatz des Berufungswerbers zu entscheiden und erließ die Bezirkshauptmannschaft Weiz den nunmehr angefochtenen Bescheid vom 09.08.2006, mit welchem dem Berufungswerber ein monatlicher Aufwandersatz in Höhe von ? 219,69 ab 01.03.2006 vorgeschrieben wurde. In der gegen diesen Bescheid rechtzeitig eingebrachten Berufung wurde einerseits vorgebracht, dass der Wegfall der Einkommensmöglichkeit des Sohnes P M nicht unverschuldet sei, dies jedoch ein wesentliches Kriterium für das Wiederaufleben der Unterhaltspflicht eines bereits selbsterhaltungsfähigen Kindes sei. Weiters wird vorgebracht, dass sich P M im März 2006 im Rahmen einer einvernehmlichen Scheidung von seiner Ehegattin M H getrennt habe, welche ihn in den letzten Jahren finanziell unterstützt habe. Falls P M tatsächlich alkoholabhängig sei, wäre ihm im Falle einer Verschuldensscheidung, selbst im Falle seines alleinigen Verschuldens, ein Unterhaltsbeitrag gemäß § 68 Ehegesetz in Höhe von zumindest 15 Prozent des monatlichen Nettoeinkommens gegenüber seiner Ex-Gattin zugestanden, welche als Rechtsanwaltssekretärin ein gutes Einkommen beziehe. Dieser Betrag wäre über ? 219,-- gelegen. Überdies sei von einer Rechtsmissbräuchlichkeit eines allfälligen Unterhaltsbegehrens des P M auszugehen, da er wiederholt von seiner Mutter K M aufgefordert worden sei, eine Entziehungskur zu machen, was von ihm aber immer abgelehnt worden sei. Auf das bereits gestellte Pensionsbegehren von P M wird ebenfalls hingewiesen und müssten von Amts wegen entsprechende Erhebungen bei der Pensionsversicherungsanstalt über den Stand dieses Verfahrens begehrt werden. P M habe seinen Antrag auf Invaliditätspension offensichtlich nicht gehörig betrieben und die geforderten Unterlagen nicht fristgerecht oder vollständig beigebracht. Weiters wird vorgebracht, dass P M aus Leistungen der AUVA S 300.000,-- aufgrund von Unfallverletzungen an den Füßen erhalten habe. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird ausdrücklich beantragt. Der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark legt der gegenständlichen Entscheidung nach Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Berufungsverhandlung unter Berücksichtigung der im Anlassfall maßgeblichen Bestimmungen des SHG folgende Erwägungen zu Grunde: P M hat eine Koch-Kellner-Lehre zweimal abgebrochen und nicht abgeschlossen, da er bereits im Lehrlingsalter Alkoholprobleme hatte. Er hat dann einige Jahre bei den P-Werken gearbeitet, war verheiratet und hat sich ca. 1998 von seiner ersten Frau scheiden lassen. Von Juni 2002 bis März 2006 war P M mit M H verheiratet. P M hatte schon Alkoholprobleme, als ihn M H kennen lernte. P M trinkt regelmäßig Alkohol, hat sich bisher jedoch noch keiner Entziehungskur unterzogen. Noch vor 2002 hatte P M zwei Bandscheibenoperationen und in weiterer Folge gesundheitliche Schwierigkeiten. Er arbeitete dann immer nur kurzfristig, z.B. als Kellner. 2002 verletzte sich P M bei einem privaten Unfall an den Knöcheln und wurden aus einer privaten Unfallversicherung, welche seine Frau abgeschlossen hatte, an M H aus diesem Unfall ? 20.000,-- überwiesen, wobei ? 5.000,-- P M von seiner Frau übergeben wurden und der Rest des Geldes für die Haushaltsführung des Ehepaares aufging. M H trug im Wesentlichen die Lebenshaltungskosten während aufrechter Ehe und übergab P M auch regelmäßig eine Art Taschengeld. W M erzielt ein durchschnittliches Einkommen von monatlich ? 1.351,--, hat Sorgepflichten für seine Frau zu tragen, welche ein Übergangsgeld vom AMS von täglich ? 20,60 erhält, und hat das Ehepaar Aufwendungen in Höhe von monatlich ? 80,-- für die Betriebskosten der Wohnung. Im März 2006 wurde die Ehe zwischen P
M und M H einvernehmlich geschieden, wobei vergleichsweise wechselseitig auf Unterhalt verzichtet wurde. Am 10.05.2006 stellte P M den Antrag auf Gewährung einer Invaliditätspension bei der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Steiermark, welcher mit Bescheid vom 17.08.2006 abgelehnt wurde, weil der Antragsteller nicht zur ärztlichen Untersuchung erschienen ist. Nach der Ehescheidung im März 2006 bemühten sich die Eltern des P
M intensiv darum, dass dieser eine Entziehungskur antritt. P M verließ jedoch das Landessonderkrankenhaus nach 1 Tag Aufenthalt, da er sich nicht einsperren lassen wollte. Gemäß § 66 Abs 4 AVG hat die Berufungsbehörde außer dem in Abs 2 erwähnten Fall, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern. Gemäß § 35 Abs 1 SHG ist Behörde erster Instanz die Bezirksverwaltungsbehörde. Über Berufungen gegen Bescheide der Bezirksverwaltungsbehörde betreffend den Ersatz für Aufwendungen der Sozialhilfe (§§ 28, 29, 30) entscheidet der Unabhängige Verwaltungssenat. Über sonstige Berufungen entscheidet die Landesregierung. Der Hilfeempfänger, seine nach bürgerlichem Recht zum Unterhalt verpflichteten Eltern, Kinder oder Ehegatten, seine Erben und Dritte sind nach § 28 SHG verpflichtet, dem Sozialhilfeträger den Aufwand nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen zu ersetzen: der Hilfeempfänger aus seinen Einkünften und aus seinem Vermögen, soweit hiedurch das Ausmaß des Lebensbedarfes (§ 7) nicht unterschritten wird; die Eltern, Kinder und Ehegatten, soweit sie nach bürgerlichem Recht verpflichtet sind, für den Empfänger der Sozialhilfe Unterhaltsleistungen zu erbringen. Im bürgerlichen Recht sind die Unterhaltspflichten wie folgt geregelt: Gemäß § 140 Abs 1 ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten nach ihren Kräften anteilig beizutragen. Gemäß § 140 Abs 2 ABGB leistet der Elternteil, der den Haushalt führt, in dem er das Kind betreut, dadurch seinen Beitrag. Darüber hinaus hat er zum Unterhalt des Kindes beizutragen, soweit der andere Elternteil zur vollen Deckung der Bedürfnisse des Kindes nicht imstande ist oder mehr leisten müsste, als es seinen eigenen Lebensverhältnissen angemessen wäre. Gemäß 140 Abs 3 ABGB mindert sich der Anspruch auf Unterhalt insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat oder unter Berücksichtigung seiner Lebensverhältnisse selbsterhaltungsfähig ist. Zur Aufwandersatzpflicht gemäß § 28 Z 2 SHG in Verbindung mit dem Unterhaltsrecht (§ 140, 143 ABGB) ist grundsätzlich auszuführen: Die Kostenersatzpflicht nach § 28 Z 2 SHG ist einerseits dadurch begrenzt, dass der Unterhaltspflichtige nur in dem Umfang und für den Zeitraum Ersatz zu leisten hat, als auf Grund sozialhilferechtlicher Bestimmungen Sozialhilfeleistungen zur Deckung eines Bedarfes des Unterhaltspflichtigen rechtens erbracht wurden. Die Ersatzpflicht ist andererseits durch die Unterhaltspflicht selbst begrenzt. Der Ersatzpflichtige darf somit nur in dem Umfang zum Ersatz herangezogen werden, in dem er dem Empfänger der Sozialhilfe Unterhalt leisten musste. Wesentliche Voraussetzung für die Gewährung der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes ist, dass der Betreffende nicht in der Lage ist, den Lebensbedarf aus eigenen Mitteln zu bestreiten (§ 4 Abs 1 und § 5 Abs 1 SHG). Die Frage der Einsetzbarkeit eigener Mitteln ist aber auch für die Unterhaltspflicht gemäß § 140 Abs 3 ABGB (arg. mindert sich insoweit, als das Kind eigene Einkünfte hat) maßgebend. Darüber hinaus ist zu beachten, dass der Ersatzpflichtige im Gewährungsverfahren keine Parteistellung hat. Die Rechtskraft des Gewährungsbescheides steht daher nicht einer Berücksichtigung von Einwendungen des Ersatzpflichtigen gegen die Berechtigung der Gewährung von Sozialhilfeleistungen in dem die Ersatzpflicht betreffenden Verfahren entgegen (siehe dazu Pfeil, Österreichisches Sozialhilferecht 1989, 525). Wesentliche Voraussetzung für die Gewährung der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes ist, dass der Betreffende nicht in der Lage ist, den Lebensbedarf aus eigenen Mitteln zu bestreiten. Die Einsetzbarkeit eigener Mittel ist aber, wie bereits dargelegt, auch für die Unterhaltspflicht gemäß § 140 Abs 3 ABGB maßgebend. Prinzipiell ist im vorliegenden Fall davon auszugehen, dass die Unterhalspflicht der Eltern für P M zu bejahen ist, zumal nach ständiger Judikatur im Unterhaltsrecht (Vgl OGH 31.08.1984, 7 Ob 577/94) die Unterhaltspflicht in jenen Fällen weiter besteht, in denen der Unterhaltsberechtigte durch von ihm selbst zu vertretende Aktionen krank oder außer Stande gesetzt wurde, eine Berufsausbildung in angemessener Zeit abzuschließen oder einem Erwerb nachzugehen, außer es wäre ihm zu unterstellen, dass er diese Handlungen eben deshalb setzte, um weiterhin Unterhaltszahlungen zu erhalten. Dass der Sohn des Berufungswerbers im vorliegenden Fall gerade deshalb Alkohol trinkt um seine Leistungsfähigkeit auszuschalten, damit sein Vater Unterhalt zahlen muss, kann ihm wohl nicht unterstellt werden. Nur dann wäre aber eine rechtsmissbräuchliche Geltendmachung eines Unterhaltsanspruches anzunehmen. Die Frage, ob dem Sohn des Berufungswerbers vorzuwerfen ist, dass er sich keiner ständigen ärztlichen Betreuung unterzieht und sich damit in rechtsmissbräuchlicher Weise einer zumutbaren Behandlung entzieht und sich nicht bemüht von seiner Sucht loszukommen, war im vorliegenden Fall deshalb nicht mehr zu prüfen, weil der Sohn des Berufungswerbers einen Antrag auf Zuerkennung einer Invaliditätspension bei der PVA am 10.05.2006 gestellt hat. Laut Auskunft der PVA vom 12.09.2006 stünde dem Berufungswerber eine fiktive Pensionshöhe zum Stichtag 01.06.2006 von monatlich brutto ? 822,92 zu. Der Antrag auf Zuerkennung der Pension wurde aus formalen Gründen mit Bescheid vom 17.08.2006 abgelehnt, weil der Sohn des Berufungswerbers zur ärztlichen Untersuchung nicht erschienen ist. Dies kann jedoch dem Berufungswerber als Ersatzpflichtigen nicht zur Last fallen. Dass der Hilfeempfänger nämlich allenfalls Anspruch auf eine eigenen Pension hat und somit seinen Lebensbedarf aus eigenen Mittel bestreiten kann, wäre bereits im Gewährungsverfahren zu prüfen und berücksichtigen gewesen. Die Erstbehörde hätte daher bei der Beurteilung der Ersatzpflicht des Berufungswerbers auch davon ausgehen müssen, dass der Hilfeempfänger die ärztliche Untersuchung nachholt, was jederzeit möglich gewesen wäre und noch möglich ist, da die Klagefrist gegen den Bescheid vom 17.08.2006 der Pensionsversicherungsanstalt auch noch nicht abgelaufen ist, und so in diesem Umfang über eigene Mittel durch eine Pension verfügt (vgl VwGH vom 26.02.2002, 2001/11/0049). Zusammenfassend ist daher davon auszugehen, dass dem Hilfeempfänger fiktiv ein Einkommen bei ordnungsgemäßer Antragstellung von ? 822,92 monatlich an Pension zur Verfügung stehen könnte, welches bei weitem die gewährte Sozialhilfe von durchschnittlich ? 499,-- monatlich übersteigt, sodass ein Rückersatzanspruch an den Berufungswerber derzeit nicht besteht. Es war daher insgesamt spruchgemäß zu entscheiden.