TE UVS Tirol 2006/11/21 2006/22/3131-1

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Veröffentlicht am 21.11.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Franz Triendl über die Berufung des Herrn S. G., geb XY, XY 20, T., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Reutte vom 02.11.2006, Zl SG-119-2006, wegen einer Übertretung nach der GewO 1994 wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben und das Straferkenntnis behoben.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt wie folgt:

 

?Sie haben am 08.10 und am 09.10.2006 im Standort XY-Alpe (Sennerei) ? Gemeindegebiet Stanzach, im XY-Stüberl Essen und Getränke an Gäste verabreicht und dadurch das Gastgewerbe selbstständig, regelmäßig und in der Absicht ausgeübt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteile zu erreichen, obwohl Sie dafür keine Gewerbeberechtigung besitzen.?

 

Der Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 iVm § 94 Z 26 und § 111 Abs 1 Z 2  GewO 1994 begangen und wurde über Ihn gemäß § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 50,00 (Ersatzfreiheitsstrafe 60 Stunden) verhängt und ein anteiliger Beitrag zu der erstinstanzlichen Verfahrenskosten vorgeschrieben.

 

Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben und darin zusammenfassend vorgebracht, dass unter dem Begriff ?Almbewirtschaftung? nicht nur jener Zeitraum, während dessen sich Almtiere auf der Alm befinden, sondern vielmehr auch jener, der die mit der Almbewirtschaftung unabdingbar verbundenen Vor- und Nacharbeiten umfasst, verstanden werden könne. Er sei daher zum Tatzeitpunkt jedenfalls in den Genuss der Ausnahmebestimmung des § 2 Abs 4 Z 10 GewO 1994 gefallen.

 

Beweis wurde aufgenommen durch Einsicht in den erstinstanzlichen Akt.

 

Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:

Ungeachtet des Vorbringens des Beschuldigten war der Berufung aus folgenden Gründen Folge zu geben und der angefochtene Bescheid zu beheben:

 

Gemäß § 44a Z 1 VStG hat der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Um den Erfordernissen dieser Gesetzesstelle zu entsprechen, hat der Spruch eines Straferkenntnisses die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu beschreiben, dass die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale möglich ist und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht.

 

Dem Berufungswerber wurde vorgeworfen, er habe  ?Essen und Getränke an Gäste verabreicht und dadurch das Gastgewerbe selbstständig, regelmäßig und in der Absicht ausgeübt, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteile zu erreichen ausgeübt? und wurde  dieser Sachverhalt unter § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 subsumiert. Danach begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu Euro 3.600,00 zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Der VwGH hat nun mehrfach ausgeführt, dass es zur Verwirklichung dieses Tatbestandes nicht genügt, dass eine Tätigkeit ausgeübt wird, die dem Tätigkeitsbereich dieses Gewerbes vorbehalten ist, sondern es müssen zudem auch die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit iSd. § 1 Abs 2 vorliegen (vgl etwa VwGH 15.09.1999, 99/04/0110). Der Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat iSd § 44a Z 1 VStG muss sich eine ausreichende Bezugnahme auf die Merkmale der Gewerbsmäßigkeit iSd § 1 Abs 2 GewO 1994 entnehmen lassen (vgl VwGH 08.10.1996, 96/04/0081). Zu diesen Merkmalen zählt auch, dass das Gewerbe in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses entspricht nun diesen Voraussetzungen nicht. Wenngleich der VwGH in Bezug auf  Gastgewerbe von den oben angeführten strengen Voraussetzungen der Spruchgestaltung dann, wenn die Ausübung eines Gastgewerbes in einer konkreten Betriebsart vorgeworfen wird, Abstand nimmt (vgl dazu etwa VwGH 19.06.1990, 90/04/0036), ist damit für den gegenständlichen Fall nichts gewonnen. Mit dem Tatvorwurf, ?Essen und Getränke ?verabreicht? zu haben?, hat die Behörde I. Instanz nicht ausreichend zum Ausdruck gebracht, dass diese Tätigkeit in Ertragerzielungsabsicht ausgeübt wurde. Die Erstbehörde hat dem Beschuldigten nämlich weder vorgeworfen, Essen und Getränke zB gegen Entgelt (also zB gegen Bezahlung ? wie noch in der Anzeige der PI Elbigenalp vom 09.10.2006 angeführt) verabreicht bzw ausgeschenkt, noch das Gastgewerbe in einer bestimmten Betriebsart (etwa ?Almwirtschaft?) ausgeübt zu haben.

 

Nach Ansicht der Berufungsbehörde wurde allein mit der Verwendung des Begriffes ?verabreichen?, wenngleich dieser nach § 111 Abs 1 Z 2 GewO 1994 einen ?Verkauf? von Speisen (?ausschenken? bei Getränken) indiziert, dem Konkretisierungsgebot des § 44a VStG nicht entsprochen, zumal von einer ausreichenden Umschreibung der als erwiesen angenommene Tat erst dann gesprochen werden kann, wenn der gewählte Wortlaut nach dem allgemeinen Sprachgebrauch eine vorgeworfene Handlungsweise ausreichend zur Darstellung bringt. Es kann aber nicht davon gesprochen werden, dass nach dem allgemeinen Sprachgebrauch unter ?verabreichen? jedenfalls ein (entgeltlicher) Verkauf zu verstehen ist, sondern wird damit durchaus auch eine kostenlose Abgabe von Speisen umschrieben.

 

Der Berufungsbehörde wäre es nun unbenommen, ihre rechtliche Beurteilung des Sachverhaltes an die Stelle jener der Behörde I. Instanz setzen. Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist wäre es auch möglich, die Tat noch um Sachverhaltselemente zu ergänzen, die die Tat im erforderlichen Ausmaße konkretisieren. Dabei ist jedoch zu beachten, dass nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa VwGH 22.02.1996, 95/06/0031) die Berufungsbehörde trotz ihrer Berechtigung, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, auf die Ahndung der dem Beschuldigten im Strafverfahren erster Instanz zur Last gelegten Tat beschränkt bleibt. Sache des Berufungsverfahrens ist immer die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruches des Bescheides der Unterbehörde bildet. Die Berufungsbehörde ist daher nur im Rahmen der von der erstinstanzlichen Behörde vorgeworfenen Sache zu einer Spruchänderung berechtigt. Wechselt die Berufungsbehörde die von der Erstbehörde als erwiesen angenommene Tat aus oder ergänzt sie die Tat um eine weitere, so nimmt sie eine ihr nicht zustehende Befugnis in Anspruch (vgl VwGH 22.01.2002, 99/09/0050).

 

Wesentliches Tatbestandsmerkmal einer Verwaltungsübertretung nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 ist ua im konkreten Vorwurf zu sehen, dass das Gewerbe in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen. Dieser Tatvorwurf wurde, wie oben näher dargelegt, in nicht ausreichender Art und Weise erhoben. Der Berufungsbehörde war es nun, um nicht eine unzulässige Auswechslung der Tat vorzunehmen, verwehrt, den Tatvorwurf um jene Sachverhaltselemente zu ergänzen, die zur vollständigen Umschreibung des Tatbildes nach § 366 Abs 1 Z 1 GewO 1994 erforderlich sind.

Es musste daher das Straferkenntnis spruchgemäß behoben werden.

 

Aus Sicht der Berufungsbehörde bleibt noch anzumerken, dass die in der Berufung vertretene Argumentation im Hinblick auf den vorgeworfenen Tatzeitraum (ca eine Woche nach Abtrieb der letzten Tiere von der Alm) grundsätzlich nicht unschlüssig erscheint (vgl auch die Anmerkungen bei Grabler/Stolzlechner/Wendl, Kommentar zur Gewerbeordnung 1994(2) (2003) § 2 Rz 109, die nicht zwingend eine seitens der Behörde I. Instanz gewählte enge Auslegung dieses Begriffes nahe legen) und wird sich die Behörde I. Instanz mit dieser in einem allenfalls fortgesetzten Verfahren auseinander zu setzen haben. Auf die vorliegende Diskrepanz (eine nähere Begründung ist dem Straferkenntnis nicht zu entnehmen) zwischen verhängter Geldstrafe (Euro 50,00) und Ersatzfreiheitsstrafe (60 (!) Stunden) sei noch hingewiesen.

Schlagworte
Der, Verwaltungsgerichtshof, hat, nun, mehrfach, ausgeführt, dass, es, zur, Verwirklichung, dieses, Tatbestandes, nicht, genügt, dass, eine, Tätigkeit, ausgeübt, wird, die, dem, Tätigkeitsbereich, dieses, Gewerbes, vorbehalten, ist, müssen, auch, die, Merkmale, der, Gewerbsmäßigkeit, vorliegen
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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