TE UVS Salzburg 2006/11/22 11/10657/7-2006nu

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.11.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg erlässt durch das Einzelmitglied Mag. Peter Nußbaumer über die Berufung von Herrn Borisav R., S., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Salzburg vom 5.12.2005, Zahl 1/06/35394/2005/004, folgendes

Erkenntnis:

Gemäß § 66 Abs 4 AVG iVm § 24 VStG wird der Berufung Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben. Das Verwaltungsstrafverfahren wird gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

Text

Begründung:

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wird dem Beschuldigten Folgendes vorgeworfen:

 

"Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Verwaltungsstrafgesetz 1991 zur Vertretung nach außen berufene Organ der R. Handels GmbH als Arbeitgeber mit Sitz in S., Landstraße 41, zu verantworten, dass von dieser die jugoslawische Staatsangehörigen

a)

B. Lazar, geb. 28.7.1963 und

b)

D. Slavko, geb. 4.4.1968

am 9.4.2005 auf der Baustelle des Wohn- u. Geschäftshauses R. in M., Nr. 270, mit Innenverputzarbeiten beschäftigt wurden, ohne dass Beschäftigungsbewilligungen, Zulassungen als Schlüsselkraft, Entsendebewilligungen, Anzeigenbestätigungen, Arbeitserlaubnisse, Befreiungsscheine oder Niederlassungsnachweise vorgelegen sind.

 

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:

zu a) und b):

§ 3 Abs. 1 i.V.m. § 28 Abs. 1 Z. 1 lit. a Ausländerbeschäftigungsgesetz, BGBl. Nr. 218/1975 i.d.F. BGBl. I Nr. 136/2004"

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurde über den Beschuldigten gemäß § 28 Abs 1 Z 1 lit a, 2.Strafrahmen, Ausländerbeschäftigungsgesetz eine Geldstrafe in der Höhe von zu

a) und b) je ? 2.000, im Uneinbringlichkeitsfalle eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von zu a) und b) je 2 Tagen und 12 Stunden, verhängt.

 

Der Beschuldigte hat hiegegen rechtzeitig mündliche Berufung eingelegt. Herr Slavko D. sei schon längere Zeit bei der R. Handels GmbH als Reinigungskraft beschäftigt und habe einen gültigen Befreiungsschein vom AMS Salzburg. Herr B. Lazar habe ebenfalls eine gültige Beschäftigungsbewilligung gehabt. Die meiste Zeit seien die Beiden in Salzburg beschäftigt. Beide Arbeitnehmer haben am Tag der Kontrolle den einmaligen Auftrag von der R. GmbH erhalten, die Baustellenendreinigungsarbeiten auf der Baustelle in M. bei Herrn R. durchzuführen. Die Beiden hätten jedenfalls keine Verputzarbeiten durchgeführt. Mit den Innenverputzarbeiten sei eine Baufirma beauftragt gewesen und habe diese die Arbeiten auch durchgeführt. Zudem handle es sich bei den beiden Arbeitnehmern um Reinigungsarbeiter und keine Bauarbeiter. Weitere Beweise für die Innenverputzarbeiten seien nicht vorhanden und möchte er Herrn D. und Herrn B. als Zeugen benennen. Durch den einmaligen Einsatz von Herrn B. in Oberösterreich liege seines Erachtens keine Übertretung des AuslBG vor. Da er beide Arbeitnehmer seiner Ansicht nach nicht unerlaubt beschäftigt habe, ersuche er das Verfahren gegen ihn einzustellen. Letztlich möchte er angeben, dass Herr B. Lazar eine Gewerbeberechtigung für Reinigungsarbeiten besitze und unter anderem auch Reinigungsarbeiten für die R. Handels GmbH als Subunternehmer durchführe.

 

In der Sache wurde am 31.7.2006 eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt. In dieser wurde der Beschuldigte als Partei gehört, wurden ein Kontrollorgan des Zollamtes Wels sowie die beiden mutmaßlich illegal beschäftigten Ausländer als Zeugen einvernommen. Das Zollamt Wels hat einen Vertreter entsandt.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg hat hiezu gemäß § 51c VStG durch ein Einzelmitglied erwogen:

 

Vom Beschuldigten blieb unbestritten, dass die R. Handels GmbH als Arbeitgeberin mit Sitz in S., Landstraße 41, die beiden jugoslawischen Staatsangehörigen Lazar B. und Slavko D. am 9.4.2005 auf der Baustelle in M. Nr. 270 beschäftigt hat.

 

Laut Angaben des Beschuldigten hätten diese allerdings nicht, wie vorgeworfen, Innenverputzarbeiten durchgeführt, sondern seien mit kurzfristigen Reinigungsarbeiten beschäftigt gewesen. Dies haben die beiden Ausländer in der Berufungsverhandlung auch glaubwürdig bestätigt. Demgegenüber hat das Kontrollorgan des Zollamtes Wels zwar die im Strafantrag festgehaltene Tätigkeit "Verputzen" bestätigt (die Beiden seien beim "Anwerfen" angetroffen worden), der Beamte konnte jedoch die nähere Situation, in der die beiden angetroffen wurden nicht beschreiben. In diesem Zusammenhang ergab es auch keinen Sinn, weshalb der Beschuldigte die bei ihm offiziell angemeldete Reinigungskräfte, die keine Erfahrung beim Verputzen hatten, mit solchen Arbeiten beschäftigten sollte, wo doch Fachkräfte der eigens dafür beauftragten Firma dies vermutlich besser und wirtschaftlicher durchführen konnten.

 

Letztlich war es aber im Verfahren unerheblich, welche Arbeiten die beiden Ausländer auf der Baustelle durchführten. Fraglich im vorliegenden Zusammenhang war nur, ob bezüglich der beiden jugoslawischen Staatsangehörigen, für die jeweils eine Beschäftigungsbewilligung mit dem örtlichen Geltungsbereich "Salzburg" ausgestellt war, vorliegend die Ausnahmebestimmung des § 6 Abs 2 AuslBG anzuwenden war.

 

§ 6 Abs 1 und 2 AuslBG lauten:

 

(1) Die Beschäftigungsbewilligung ist für einen Arbeitsplatz zu erteilen und gilt für den politischen Bezirk, in dem der Beschäftigungsort liegt. Der Arbeitsplatz ist durch die berufliche Tätigkeit und den Betrieb bestimmt. Der Geltungsbereich kann bei wechselndem Beschäftigungsort unter Bedachtnahme auf die Lage und Entwicklung der in Betracht kommenden Teilarbeitsmärkte auf mehrere Betriebe eines Arbeitgebers und auf den Bereich mehrerer politischer Bezirke, eines Bundeslandes, mehrerer Bundesländer oder das gesamte Bundesgebiet festgelegt werden.

 

(2) Eine Änderung der Beschäftigungsbewilligung ist nicht erforderlich, wenn der Ausländer für eine verhältnismäßig kurze, eine Woche nicht übersteigende Zeit auf einem anderen Arbeitsplatz beschäftigt wird. Für einen längeren Zeitraum ist eine neue Beschäftigungsbewilligung erforderlich.

 

Das Zollamt Wels hat in diesem Zusammenhang die Rechtsauffassung vertreten, dass die Ausnahme für die kurzfristige Verwendung eines Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz im Sinne des § 6 Abs 2 AuslBG nur so zu sehen ist, dass damit eine andere Verwendungsart, die angestammte Verwendung und eine andere Verwendung in einem anderen Betrieb desselben Arbeitgebers oder selbst bei einem anderen Arbeitgeber erlaubt sei. Nicht unter diese Ausnahme falle die Überschreitung des territorialen Bereiches, für den die Beschäftigungsbewilligung erteilt werde.

 

Diese Rechtsansicht ist allerdings nicht zweifelsfrei ausjudizierte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes bzw eindeutige Lehrmeinung. Diese Ansicht geäußert hat insbesondere Bachler, Ausländerbeschäftigung, Seite 82 f. Anderer Ansicht sind hiegegen Neurath/Steinbach, Kommentar Ausländerbeschäftigungsgesetz, Seite 145, ebenso Deutsch, Neurath, Nowotny, Seitz in der Lose-Blatt-Ausgabe Ausländerbeschäftigungsrecht, Seite 249, wo eine abweichende Tätigkeit in beruflicher, fachlicher und örtlicher Hinsicht bis zu einer Woche als zulässig angesehen wird. Die ständige Rechtsansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates Salzburg schließt sich dem an (vgl Erk. v 19.01.2006, UVS-11/10540/4-2006). Der Verwaltungsgerichtshof hat sich im Erkenntnis vom 16.12.1997, 96/09/0047, ohne tragende Begründung der Auffassung von Bachler angeschlossen, während er im Erkenntnis vom 28.2.2002, Zahl 99/09/0257, Folgendes vertreten hat:

"Sollte sich ergeben, dass die beantragte ausländische Arbeitskraft über das im § 6 Abs 2 AuslBG hinausgehende Ausmaß in mehreren Bundesländern von der beschwerdeführenden Partei beschäftigt werden soll, dann wäre dies ? nach entsprechender Antragsmodifikation durch die beschwerdeführende Partei ? bei der Festlegung des Geltungsbereiches einer allenfalls zu erteilenden Beschäftigungsbewilligung zu berücksichtigen."

 

Hier ist der Gerichtshof offensichtlich davon ausgegangen, dass eine Beschäftigungsbewilligung die mehrere Bundesländer umfasst nur dann beantragt werden muss, wenn der örtliche Geltungsbereich der Bewilligung länger als eine Woche überschritten wird. Ein weiteres Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes in Zusammenhang mit dem Grenzzonenbeschäftigungsabkommen fußt zwar auch auf der erstgenannten Rechtsansicht, es ist jedoch der besondere Regelungszweck zu betonen (vgl VwGH 22.6.2005, 2004/09/0151). Das Grenzgängerabkommen soll "Grenzgängern" einen erleichternden Zugang zum Arbeitsmarkt bieten. Darunter fallen ungarische Arbeitnehmer, die ihren Wohnsitz in der dortigen Grenzzone haben und in der österreichischen Grenzzone arbeiten und österreichische Arbeitnehmer, die hier ihren Wohnsitz in der Grenzzone haben und in der ungarischen Grenzzone arbeiten. Es ist davon auszugehen, dass das Abkommen nur dann anwendbar ist, wenn der Grenzgänger zu einem Arbeitsplatz in Österreich pendelt, der auch in der Grenzzone liegt; dass das Unternehmen in der Grenzzone liegt genügt nicht. Diese Auslegung ist vom Gesetzgeber so gewollt, weil Zweck der Grenzgängerbewilligung nicht sein kann, dass damit der Arbeitsmarkt außerhalb der Grenzzonen beeinflusst wird.

 

Die erstgenannte Rechtsansicht des Verwaltungsgerichtshofes berücksichtigt keinesfalls in ausreichender Weise die Interessen der Wirtschaft, die die Flexibilität der Arbeitskräfte verlangt. Diese Rechtsansicht hätte eine ? selbst bei der Arbeitsmarktverwaltung unerwünschte - Bürokratisierung zur Folge, und würde in realiter dazu führen, eine Erweiterung des Geltungsbereiches einer Bewilligung in der Regel für Arbeitskräfte, die nur ausnahmsweise auswärts eingesetzt werden, gar nicht rechtzeitig genehmigt werden könnte ? ist doch zu bedenken dass die betroffene regionale Geschäftsstelle oder die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice zu hören sind. Diese hat wiederum die arbeitsmarktpolitischen Voraussetzungen unter Anhörung der kollektivvertragsfähigen Körperschaften der Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu prüfen. Die Notwendigkeit einer solchen Vorgangsweise, nur weil ein Arbeitnehmer für ein oder zwei Tage auf einer Baustelle außerhalb des örtlichen Geltungsbereiches der Bewilligung eingesetzt wird, kann nicht als ernsthafte Intention des Gesetzgebers angesehen werden. Die Kommentatoren der erwähnten Lose-Blatt-Ausgabe, die aus dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit stammen, haben offenbar diese Problematik gesehen. Sie vertreten eindeutig die praktikablere Auffassung. Im vorliegenden Fall, wo eine Beschäftigung außerhalb des Geltungsbereiches von nur einem halben Tag als erwiesen angesehen werden konnte, war daher davon auszugehen, dass eine gesonderte Bewilligung hiefür nicht erforderlich war.

 

Selbst wenn der Verwaltungsgerichtshof in der vorliegenden Sache eine andere Rechtsansicht vertreten würde, könnte ein Verschulden im Sinne des § 5 VStG nicht angenommen werden, weil sich eine Beschuldigte auf eine vom Verwaltungsgerichtshof und von maßgeblichen juristischen Kommentaren geäußerte Rechtsansicht berufen hat.

Damit war das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen.

Schlagworte
Beschäftigungsbewilligung, kurzfristige Verwendung eines Arbeitnehmers auf einem anderen Arbeitsplatz, örtliche Überschreitung der Beschäftigungsbewilligung
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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