TE UVS Tirol 2006/11/22 2006/23/2863-5

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 22.11.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch den stellvertretenden Vorsitzenden Mag. Albin Larcher über die Berufung des Herrn G. B., H., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 22.9.2006, Zl KS-9488-2006, nach durchgeführter öffentlicher mündlicher Verhandlung wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG) in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG) wird der Berufung Folge gegeben, das Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

Text

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Beschuldigten vorgeworfen wie folgt:

 

?Tatzeit: 08.08.2006 21.04 Uhr

Tatort: Inntalautobahn A 12, Gemeinde Radfeld bei Strkm 28.310, Richtungsfahrbahn Kufstein

Fahrzeug: (A) XY (Lastkraftwagen) und (A) XY (Anhänger)

 

Sie haben als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als nach außen vertretungsbefugtes Organ gem § 9 Abs 1 VStG der B. Transporte und Logistik GmbH mit Sitz in A-H., XY-Straße 97, diese ist Zulassungsbesitzerin des angeführten Kraftfahrzeuges nicht dafür Sorge getragen, dass der Zustand des genannten Kraftfahrzeuges den Vorschriften des Kraftfahrgesetzes entspricht. Das Fahrzeug wurde zum angeführten Zeitpunkt am angeführten Ort von R. J. gelenkt, wobei festgestellt wurde, dass beim betroffenen Fahrzeug die Summe der Gesamtgewichte gemäß § 4 Abs 7a KFG für Kraftwagen mit Anhänger von 40 Tonnen um 1.400 kg überschritten wurde.?

 

Der Beschuldigte habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 103 Abs 1 Z 1 KFG iVm § 4 Abs 7a KFG begangen und wurde über ihn gemäß § 134 Abs 1 KFG eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 200,00 (Ersatzarrest 48 Stunden) sowie Verfahrenskosten erster Instanz verhängt.

 

Gegen dieses Straferkenntnis wurde fristgerecht Berufung erhoben und auf ein funktionierendes Kontroll- und Maßnahmensystem hingewiesen, sowie die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung beantragt.

 

Aufgrund dieses Antrages fand am 22.11.2006 eine öffentliche mündliche Verhandlung statt, im Zuge derer auch der damalige Fahrer des Kraftfahrzeuges der Firma B. Transporte und Logistik GmbH als Zeuge einvernommen wurde. Dieser machte dabei folgende Angaben:

 

?Ich bin seit 8 Jahren Fernfahrer und fahre derzeit Linie. Ich bin damals bei der Firma R. in R. gewesen und habe Fruchtsäfte für Wien geladen. Ich habe ein Ladevolumen von 36 Paletten, hatte damals aber nur 31,5 Paletten geladen. Bei der Firma R. wird das Gewicht jeder Palette am Frachtbrief ausgewiesen und habe ich dies damals addiert und bin auf ein Gewicht von unter 40.000 kg gekommen und habe daher dann die Fahrt angetreten. Ich kann mir heute selbst nicht erklären, wie damals dieses Gewicht zusammengekommen ist. Ich hatte damals nur eine Ladestelle und keine weiteren Zuladungen vorgenommen.

 

Ich bin jetzt auch seit 8 Jahren bei der Firma B. beschäftigt. Ich fahre mit meinem Lastwagenzug seit 3 Jahren und weiß, dass ich etwas über 22 Tonnen jederzeit zuladen kann und dann unter 40.000 kg bleibe. Die Addition der Frachtbriefe hat damals ein Gewicht von

21.700 kg ergeben und habe ich deshalb extra auch die Frachtbriefe dann aufbewahrt und meinem Dienstgeber übergeben.

 

Für diese Fahrt bin ich von der Firma B. disponiert worden. Es gibt bei der Firma R. auch eine Waage, um mein Fahrzeug zu verwiegen. Es gibt an sich die Anweisung, auf diese Waage zu fahren. Ich habe das jedoch damals nicht für notwendig gehalten, da ich die Summen in den Frachtbriefen addierte und auf ein zulässiges Ergebnis kam. Ich bin daher aus eigenem Antrieb nicht auf die Waage hinaufgefahren.?

 

Gemäß § 5 Abs 1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im Falle eines ?Ungehorsamsdeliktes? - als welches sich auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung darstellt - tritt somit insofern eine Verlagerung der Behauptungslast ein, als die Behörde lediglich die Verwirklichung des objektiven Tatbestandes zu beweisen hat, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Da die Erstbehörde von der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes der in Rede stehenden Verwaltungsübertretung ausgegangen ist, war es Sache des Berufungswerbers, glaubhaft zu machen, dass ihm die Einhaltung der objektiv verletzten Verwaltungsvorschriften ohne sein Verschulden unmöglich war. Dabei hat er initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere dass er solche Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl ua das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 02. April 1990, Zl 90/19/0078). Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn der Verstoß ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurde (vgl ua das Erkenntnis des VwGH vom 19.09.1989, Zl 89/08/0221).

 

Bei der Annahme einer grundsätzlichen Verantwortung des Arbeitgebers für die im Zusammenhang mit dem Betrieb stehenden Verwaltungsübertretungen darf nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht übersehen werden, daß die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt; es muss ihm viel mehr zugebilligt werden, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Ob der Unternehmer dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit ist, hängt im Einzelfall davon ab, ob er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen (vgl das Erkenntnis des VwGH vom 18.02.1991, Zl 90/19/0177).

 

Gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat oder Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit aufheben oder ausschließen.

 

Im vorliegenden Strafverfahren ist es dem Beschuldigten gelungen, insbesondere unter Hinweis auf den als Zeugen vernommenen Fahrer, darzutun, dass hinsichtlich der am 8.8.2006 durchgeführten Fahrt von Rankweil nach Wien mit Produkten der Firma R. ein ausdrücklicher Auftrag an den Fahrer hinsichtlich der Verwiegung des Fahrzeuges vorlag und dass insofern im Hinblick auf diese einzelne Fahrt von einem ausreichenden Kontrollsystem gesprochen werden kann, zumal der eingesetzte Mitarbeiter seit 8 Jahren im Unternehmen tätig ist und seit drei Jahren mit dem selben Fahrzeug fährt. Der eingesetzte Mitarbeiter hat keine einschlägigen Strafvormerkungen und war daher aus Sicht des Beschuldigten als verlässlich und gewissenhaft anzusehen. Dass es dennoch zu einer Überladung kam, ist zwar objektiv feststellbar, jedoch subjektiv nicht dem Berufungswerber anlastbar.

 

Aus diesen Gründen war spruchgemäß zu entscheiden und das gegenständliche Verfahren einzustellen.

Schlagworte
Im, Strafverfahren, ist, es, dem, Beschuldigten, gelungen, darzutun, dass, hinsichtlich, der, am, 08.08.2006, durchgeführten, Fahrt, ein, ausdrücklicher, Antrag, an, den, Fahrer, hinsichtlich, der, Verwiegung, des, Fahrzeuges, vorlag
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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