Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Mag. Franz Schett über die Berufung der Gemeinde Stans, vertreten durch den Bürgermeister DI J. M., Gemeindeamt, XY 62, S., gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 02.02.2006, Zahl U-2745/11-06, betreffend einen Feststellungsbescheid zur Parteistellung in einem abfallrechtlichen Verfahren, gemäß § 67h iVm § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG 1991) wie folgt:
Der Berufung wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass es im Spruch wie folgt zu lauten hat:
?Gemäß § 24h Abs 5 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl Nr 697/1993, idF des Gesetzes BGBl I Nr 50/2002 und der Kundmachung BGBl I Nr 84/2004, wird festgestellt, dass der Gemeinde Stans in dem bei der Bezirkshauptmannschaft Schwaz unter der Aktenzahl U-2745 anhängigen abfallrechtlichen Genehmigungsverfahren, betreffend den Antrag der G. GmbH und Co Nfg KG auf Errichtung und Betrieb einer Bodenaushubdeponie auf den Grundstücken XY und XY, beide KG S., Parteistellung zukommt.?
Mit Eingabe vom 26.08.2005 hat die G. GmbH und Co Nfg KG, XY-Weg 49, J., unter gleichzeitiger Vorlage von Projektsunterlagen die Erteilung der abfallrechtlichen Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Bodenaushubdeponie auf den Gste XY und XY, beide KG S., beantragt. Laut den Angaben im technischen Bericht soll in der betreffenden Deponie ausschließlich Bodenaushub aus den Baustellen für die Unterinntaltrasse der BEG abgelagert werden. Das Aushubmaterial fällt laut Projekt im unmittelbaren Nahbereich der Deponie (Baulos H 4/3 bzw anschließende Bauabschnitte) an. Die Deponie umfasst eine Fläche von ca 33.000 m2. Das Deponievolumen beträgt ca 90.650 m3. Die Deponie bzw das vorerwähnte Baulos befinden sich östlich von Stans zwischen der Inntalautobahn A 12 und der ÖBB Bahntrasse, orthografisch links vom Inn. Die Zufahrt erfolgt über die A 12 Inntalautobahn und über die BEG Versorgungsstraße.
Über diesen Antrag wurde am 24.11.2005 eine mündliche Verhandlung durchgeführt.
In der Eingabe vom 02.01.2006, Gzl 501-0/2005/Tr, hat die Gemeinde S. vorgebracht, dass ihr im gegenständlichen Bewilligungsverfahren Parteistellung zukomme, und hat sie den bescheidmäßigen Abspruch über die Parteistellung beantragt.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schwaz vom 02.02.2006, Zahl U-2745/11-06, wurde gemäß § 50 Abs 4 AWG 2002 festgestellt, dass die Gemeinde S. in dem bei der Bezirkshauptmannschaft Schwaz unter Aktenzahl U-2745 anhängigen Genehmigungsverfahren der Firma G. GmbH und Co Nfg KG bezüglich der Errichtung und des Betriebes einer Bodenaushubdeponie auf den Gste XY und XY, beide KG S., keine Parteistellung hat.
Begründend hat die Erstinstanz im Wesentlichen ausgeführt, dass über den gegenständlichen Antrag im vereinfachten Genehmigungsverfahren nach § 50 AWG 2002 zu entscheiden sei. Aus der taxativen Aufzählung der Parteien in § 50 Abs 4 legcit ergebe sich, dass der Standortgemeinde in diesem vereinfachten Verfahren keine Parteistellung zukomme.
Gegen diesen Bescheid hat die Gemeinde Stans fristgerecht Berufung an den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol erhoben und darin begründend ausgeführt wie folgt:
?Mit Schreiben vom 02.01.2006 hat die Gemeinde S. um Zusendung der Verhandlungsschrift vom 24.11.2005 und um Zustellung des Bewilligungsbescheides der von der Fa G. GmbH und Co Nfg KG beantragten Bodenaushubdeponie ersucht. Weiters hat die Gemeinde Parteistellung im Bewilligungsverfahren behauptet und hat um bescheidmäßiges Absprechen über die Parteistellung ersucht. Die Gemeinde S. hat eine Entscheidung in der Sache selber und keinen Feststellungsbescheid gewollt.
Der Feststellungsbescheid hätte nicht erlassen werden dürfen. Die Frage, ob die Gemeinde im anhängigen abfallwirtschaftsrechtlichen Verfahren Parteistellung hat, oder nicht, kann im Rahmen dieses Verfahrens entschieden werden und daher kommt die Erlassung eines eigenen Feststellungsbescheides nicht in Betracht. Der Feststellungsbescheid ist lediglich ein subsidiärer Rechtsbehelf, der nur dann zur Anwendung kommen kann, wenn andere Möglichkeiten, die maßgebende Rechtsfrage zu klären, nicht vorhanden sind.
Zur Beurteilung der Parteistellung hätte sich die Behörde jedenfalls mit der entscheidenden Vorfrage, ob der Antrag nicht im Hinblick auf den Vorhabensbegriff des § 2 Abs 2 UVP-G als Änderung eines UVP-pflichtigen Vorhabens zu qualifizieren ist, auseinander zu setzen gehabt.
Die Gemeinde S. vertritt diese Auffassung und stützt ihre Parteistellung jedenfalls auf § 19 UVP-G. Auch aus diesem Grund kann die Frage der Parteistellung der Gemeinde S. nicht abgesondert behandelt und erledigt werden. Nach Auffassung der Gemeinde S. hätte die Abfallbehörde unter Beachtung des § 24 g UVP-G vorzugehen und jedenfalls auch ihre Entscheidung auf Grundlage des § 24 Abs 6 UVP-G zu treffen.
Inhaltlich wird geltend gemacht, dass eine nachträgliche Neuanlage einer Bodenaushubdeponie genehmigungspflichtig nach dem UVP-G ist, da laut Antrag der Fa G. GmbH und Co Nfg KG der alleinige Zweck dieser Deponie die ausschließliche Ablagerung von Bodenmaterial aus den Baustellen der Unterinntaltrasse ist. Der Vorhabensbegriff im § 2 UVP-G ist umfassend zu verstehen. Die Deponierung von Bodenmaterial ausschließlich aus den Baustellen der Unterinntaltrasse ist der BEG zuzurechnen und daher UVP-pflichtig (räumlicher und sachlicher Zusammenhang der Maßnahmen). Die Behörde hat deshalb eine Einzelfallprüfung durchzuführen und festzustellen, ob auf Grund einer Kumulierung der Auswirkungen mit erheblichen schädlichen, belästigenden oder belastenden Auswirkungen auf die Umwelt zu rechnen ist und daher für das geplante Vorhaben eine Umweltverträglichkeitsprüfung durchzuführen ist. Diese Auffassung bestätigt sich im laufenden Prozess für den Bau des Brenner Basistunnels. In Auslegung des § 2 UVP-G vertritt nach dem Wissensstand der Gemeinde S. die UVP-Behörde BMVIT, die Auffassung, dass Deponien in der Nähe der Tunneltrasse jedenfalls vom Vorhabensbegriff erfasst werden und daher in die UVP einzubeziehen sind.
Dementsprechend hat die damalige BBT EWIV (jetzt SE) im UVP-Konzept die Deponie P. in der Gemeinde S., Ortsteil W., dargestellt und ausgeführt, welche weiterführenden Untersuchungen hinsichtlich dieser Deponie für Umweltverträglichkeitserklärung vorgesehen sind. Ein nachträgliches Abweichen von der UVP ist nach den Kriterien der UVP zu prüfen und die UVP-Konformität nachzuweisen, denn ansonsten könnte ein Subunternehmer bzw Auftragnehmer der BEG (Auswechseln der Partei) das UVP-G umgehen können.
Entsprechend der Umweltverträglichkeitserklärung (UVE) der BEG und dem Verfahren sind das Aushub- und Tunnelausbruchmaterial auf vorhandene Deponien oder in der UVE ausgewiesene Deponien zu verbringen, eine nachträgliche Neuanlage von Deponien ist nicht vorgesehen. Weder das Baulogistikkonzept der eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung noch die Ausschreibungen sehen Neuanlagen von Deponien vor.
Die Berufungswerberin stützt ihre Parteistellung auf § 19 Abs 1 Z 5 UVP-G 2000. Gemäß Abs 3 leg cit ist die Standortgemeinde berechtigt, die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz der Umwelt oder der von ihnen wahrzunehmenden öffentlichen Interessen dienen, als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen, Rechtsmittel zu ergreifen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder den Verfassungsgerichtshof zu erheben.
Die Ziele der örtlichen Raumordnung sind im § 27 Abs 2 TROG 2001 normiert. Im § 27 Abs 2 leg cit ist im Hinblick auf die beantragte Deponie auf die lit g) und i) zu verweisen, nämlich die Erhaltung zusammenhängender land- und forstwirtschaftlich genutzter Gebiet (lit g) und die Erhaltung zusammenhängender Erholungsräume.
Während der Bauzeit an der Eisenbahnneubaustrecke muss der überregionale Radwanderweg Inntal entlang der bestehenden (auf Teilen der geplanten Deponiefläche) Bahnstrecke umgeleitet werden. Die nicht notwendige Deponieschüttung beeinträchtigt jedenfalls den Erholungswert dieses Radwanderweges durch weitere Anhebung des Schallpegels und der zusätzlichen Staubbelastung (sogar an den Samstagen soll ab 06.00 Uhr in der Früh gearbeitet werden). Zudem stellt der zusätzliche Baustellenverkehr eine Gefährdung für die Erholungssuchenden dar.
Durch den Standort der Deponie (Hügel im Ausmaß von 3 ha mit einer Höhe von ca 4m) werden 3 ha des landwirtschaftlich intensiv genutzten Talbodens mitten in einem zusammenhängenden land- und forstwirtschaftlich genutzten Gebietes für die Landwirtschaft nicht mehr zur Verfügung stehen und wird damit einem weiteren Ziel der örtlichen Raumordnung widersprochen. Der Standort der Deponie liegt im alleinigen Interesse der Antragstellerin und des Grundeigentümers und widerspricht öffentlichen Interessen, die die Gemeinde wahrzunehmen hat. Im Ergebnis erhöht dies den Verbrauch landwirtschaftlicher Flächen aus dem Bauvorhaben der BEG, woraus der UVP-Bezug ebenfalls klar dokumentiert wird.
Zudem wird durch die unmittelbare Nähe der Deponie zum wertvollen Schutzgebiet Tratzberg und zum Schloss Tratzberg das Landschaftsbild erheblich gestört. Darüber hinaus stellt die Deponie eine zusätzliche Lärmbelästigung, durch die weitere Anhebung des Schallpegels für seltene Tierarten (besonders Vögel) dar, die im Schutzgebiet leben (ein Golfplatz konnte gerade wegen dieser Nähe zum geschützten Landschaftsteil nicht errichtet werden). Die-Gesamtwirkung der Veränderungen durch den Eisenbahnbau und die nachträgliche Deponierung ist Gesamthaft zu beurteilen, wobei jedenfalls die charakteristische Flussebene vor dem historischen Schloss Tratzberg am Abhang des Stanerjochs durch die Anlegung eines künstlichen Hügels wesentlich gestört wird. Der angrenzende geschützte Landschaftsteil Schloss Tratzberg erfährt somit eine aushöhlende Entwertung.?
Die Gemeinde hat daher beantragt, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Die Berufungsbehörde hat wie folgt erwogen:
A) Rechtsgrundlagen:
Im gegenständlichen Fall sind insbesondere die nachfolgenden gesetzlichen Bestimmungen beachtlich:
?1. Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl Nr 697/1993, in der Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 149/2006:
§ 2
....
(2) Vorhaben ist die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in Natur und Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen. Ein Vorhaben kann eine oder mehrere Anlagen oder Eingriffe umfassen, wenn diese in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehen.
(3) Als Genehmigungen gelten die in den einzelnen Verwaltungsvorschriften für die Zulässigkeit der Ausführung eines Vorhabens vorgeschriebenen behördlichen Akte oder Unterlassungen, wie insbesondere Genehmigungen, Bewilligungen oder Feststellungen. Davon ist auch die Einräumung von Dienstbarkeiten nach § 111 Abs 4 erster Satz des Wasserrechtsgesetzes 1959, nicht jedoch die Einräumung sonstiger Zwangsrechte erfasst.
....
§ 19
(1) Parteistellung haben
....
3.
der Umweltanwalt gemäß Abs 3;
4.
das wasserwirtschaftliche Planungsorgan zur Wahrnehmung der wasserwirtschaftlichen Interessen gemäß § 55 Abs 4 WRG 1959;
5.
Gemeinden gemäß Abs 3;
6.
Bürgerinitiativen gemäß Abs 4, ausgenommen im vereinfachten Verfahren (Abs 2) und
....
(3) Der Umweltanwalt, die Standortgemeinde und die an diese unmittelbar angrenzenden österreichischen Gemeinden, die von wesentlichen Auswirkungen des Vorhabens auf die Umwelt betroffen sein können, haben im Genehmigungsverfahren und im Verfahren nach § 20 Parteistellung. Sie sind berechtigt, die Einhaltung von Rechtsvorschriften, die dem Schutz der Umwelt oder der von ihnen wahrzunehmenden öffentlichen Interessen dienen, als subjektives Recht im Verfahren geltend zu machen und Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
....
2. Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000, BGBl Nr 697/1993, in der Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 50/2002 und der Kundmachung BGBl I Nr 84/2004:
§ 23b
(1) Vor Erlassung einer Verordnung gemäß § 3 Abs 1 des Hochleistungsstreckengesetzes, BGBl Nr 135/1989, ist für folgende Vorhaben, die nicht bloß in Ausbaumaßnahmen auf bestehenden Eisenbahnen bestehen, eine Umweltverträglichkeitsprüfung (§ 1) nach diesem Abschnitt durchzuführen:
1. Neubau von Eisenbahn-Fernverkehrsstrecken oder ihrer Teilabschnitte,
2. Neubau von sonstigen Eisenbahnstrecken oder ihrer Teilabschnitte auf einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km,
3. Änderung von Eisenbahnstrecken oder ihrer Teilabschnitte auf einer durchgehenden Länge von mindestens 10 km, sofern die Mitte des äußersten Gleises der geänderten Trassen von der Mitte des äußersten Gleises der bestehenden Trasse mehr als 100 m entfernt ist.
....
§ 24
....
(9) Vor Abschluss der Umweltverträglichkeitsprüfung oder der Einzelfallprüfung dürfen für Vorhaben, die einer Prüfung gemäß § 23a oder § 23b unterliegen, die Trassenverordnung nicht erlassen und sonstige Genehmigungen nicht erteilt werden und kommt nach Verwaltungsvorschriften getroffenen Anzeigen keine rechtliche Wirkung zu. Entgegen dieser Bestimmung erteilte sonstige Genehmigungen können von der sachlich in Betracht kommenden Oberbehörde oder, wenn eine solche nicht vorgesehen ist, von der Behörde, die den Bescheid erlassen hat, innerhalb einer Frist von drei Jahren als nichtig erklärt werden.
....
§ 24g
(1) Bis zur Erlassung einer Trassenverordnung nach dem Bundesstraßengesetz 1971 oder einer eisenbahnrechtlichen Baugenehmigung nach dem Eisenbahngesetz 1957, BGBl Nr 60/1957, kann das Vorhaben geändert werden, ohne dass die bisher durchgeführten Schritte der Umweltverträglichkeitsprüfung zu wiederholen sind, soweit
1. durch die Änderungen Ergebnissen der Umweltverträglichkeitsprüfung Rechnung getragen wird oder
2. mit den Änderungen keine nachteiligen Umweltauswirkungen verbunden sein können.
(2) Bei anderen als von Abs 1 erfassten Änderungen des Vorhabens
1. sind die Projektunterlagen und die Umweltverträglichkeitserklärung entsprechend zu ergänzen oder zu ändern,
2. hat die Behörde den gemäß § 24a Abs 3 und 4 zur Stellungnahme Berechtigten Gelegenheit zu geben, innerhalb von drei Wochen zu den Änderungen des Vorhabens und den geänderten oder ergänzten Teilen der Umweltverträglichkeitserklärung Stellung zu nehmen; § 24 Abs 6 sowie § 24a Abs 3 und 4 sind mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Auflage- und Stellungnahmefrist nur drei Wochen beträgt und
3. hat die Behörde anschließend eine Ergänzung des Umweltverträglichkeitsgutachtens oder der zusammenfassenden Bewertung zu veranlassen und das Umweltverträglichkeitsgutachten zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen. § 24e ist mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Auflagefrist nur zwei Wochen beträgt.
§ 24h
....
(5) Die für die Erteilung von Genehmigungen im Sinne des § 2 Abs 3 zuständigen Behörden haben die Abs 1 und 2 sowie § 17 Abs 4 und 5 anzuwenden, soweit sie für ihren Wirkungsbereich maßgeblich sind. In diesen Genehmigungsverfahren haben die nach den anzuwendenden Verwaltungsvorschriften und im § 19 Abs 1 Z 3 bis 6 angeführten Personen Parteistellung mit der Berechtigung, die Einhaltung von Umweltschutzvorschriften als subjektives Recht im Verfahren wahrzunehmen. Wurde eine Umweltverträglichkeitsprüfung im vereinfachten Verfahren durchgeführt, so können Bürgerinitiativen gemäß § 19 Abs 4 an den Verfahren als Beteiligte mit dem Recht auf Akteneinsicht teilnehmen. Der wesentliche Inhalt der Entscheidungen sowie die wesentlichen Entscheidungsgründe sind von der Behörde jedenfalls in geeigneter Form kundzumachen oder zur öffentlichen Einsichtnahme aufzulegen.
....
3. Abfallwirtschaftsgesetz 2002, BGBl I Nr 102/2002, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl Nr 34/2006:
§ 37
.....
(3) Folgende Behandlungsanlagen und Änderungen einer Behandlungsanlage sind nach dem vereinfachten Verfahren (§ 50) zu genehmigen:
1. Deponien, in denen ausschließlich Bodenaushub- und Abraummaterial, welches durch Ausheben oder Abräumen von im Wesentlichen natürlich gewachsenem Boden oder Untergrund anfällt, abgelagert werden, sofern das Gesamtvolumen der Deponie unter 100.000 m3 liegt;
....
§ 50
(1) Im vereinfachten Verfahren sind die §§ 38, 39, 43 und 46 bis 49 nach Maßgabe der folgenden Absätze anzuwenden.
?.
(4) Parteistellung im vereinfachten Verfahren hat der Antragsteller, derjenige, der zu einer Duldung verpflichtet werden soll, das Arbeitsinspektorat gemäß dem Arbeitsinspektionsgesetz1993, das Verkehrs-Arbeitsinspektorat gemäß dem Bundesgesetz über die Verkehrs-Arbeitsinspektion, das wasserwirtschaftliche Planungsorgan in Wahrnehmung seiner Aufgaben und der Umweltanwalt mit dem Recht, die Einhaltung von naturschutzrechtlichen Vorschriften und hinsichtlich der Verfahren gemäß § 37 Abs 3 Z 2 bis 4 die Wahrung der öffentlichen Interessen gemäß § 1 Abs 3 Z 1 bis 4 im Verfahren geltend zu machen und gegen den Bescheid Berufung zu erheben. Dem Umweltanwalt wird das Recht eingeräumt, Beschwerde gemäß Art 131 Abs 2 B-VG an den Verwaltungsgerichtshof zu erheben.
4. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl Nr 51/1991, zuletzt geändert durch das Gesetz BGBl I Nr 10/2004:
§ 66
....
(4) Außer dem in Abs 2 erwähnten Fall hat die Berufungsbehörde, sofern die Berufung nicht als unzulässig oder verspätet zurückzuweisen ist, immer in der Sache selbst zu entscheiden. Sie ist berechtigt, sowohl im Spruch als auch hinsichtlich der Begründung (§ 60) ihre Anschauung an die Stelle jener der Unterbehörde zu setzen und demgemäß den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern.
§ 67h
(1) In den Angelegenheiten des § 67a Abs 1 Z 1 gilt § 66 mit der Maßgabe, dass der unabhängige Verwaltungssenat dann gemäß § 66 Abs 4 in der Sache zu entscheiden hat, wenn die belangte Behörde dem nicht bei der Vorlage der Berufung unter Bedachtnahme auf die wesentliche Vereinfachung oder Beschleunigung des Verfahrens widerspricht.
(2) Im Fall eines Widerspruchs der belangten Behörde hebt der unabhängige Verwaltungssenat den Bescheid auf, sofern dieser rechtswidrig ist. Rechtswidrigkeit liegt nicht vor, soweit die Gesetzgebung von einer bindenden Regelung des Verhaltens der Verwaltungsbehörde absieht und die Bestimmung dieses Verhaltens der Behörde selbst überlässt, die belangte Behörde aber davon im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.?
B) Rechtliche Beurteilung:
Die Erstinstanz hat die Parteistellung der Gemeinde S. im gegenständlichen abfallrechtlichen Verfahren im Hinblick auf die in § 50 Abs 4 AWG 2002 enthaltene Auflistung der Parteien eines vereinfachten Verfahrens verneint.
Die Berufungswerberin bringt nun allerdings vor, dass das verfahrensgegenständliche Deponieprojekt eine Abänderung des UVP-pflichtigen Vorhabens ?Ausbau Unterinntal? darstelle und sie behauptet daher Parteistellung im anhängigen Deponieverfahren. Seitens der Berufungsbehörde war sohin zu beurteilen, ob sich aufgrund der Bestimmungen des UVP-G 2000 tatsächlich eine Erweiterung des Parteienkreises im abfallrechtlichen Verfahren ergibt.
Vorweg ist festzuhalten, dass gegenständlich die Bestimmungen des dritten Abschnittes des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes 2000, BGBl Nr 697/1993, in der Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 50/2002 und der Kundmachung BGBl I Nr 84/2004 (im Folgenden kurz: UVP-G), zur Anwendung gelangen. Dies ergibt sich aufgrund der Übergangsbestimmungen in § 46 Abs 18 Z 5 lit a und Abs 19 Z 3 lit b UVP-G 2000 idgF (UVP-G 2000).
Mit Verordnung der Bundesregierung vom 19. Dezember 1989 über die Erklärung weiterer Eisenbahnen zur Hochleistungsstrecken (2. Hochleistungsstrecken-Verordnung), BGBl Nr 675/1989, wurde ua die Eisenbahn (Strecken bzw Streckenteile einschließlich der notwendigen Eisenbahnanlagen) ?Staatsgrenze bei Kufstein ? Innsbruck ? Staatsgrenze am Brenner? zur Hochleistungsstrecke erklärt.
Unstrittig ist, dass im Zusammenhang mit dem Vorhaben ?Ausbau Unterinntal? vor Erlassung der Verordnung gemäß § 3 Abs 1 Hochleistungsstreckengesetz, BGBl Nr 135/1989, in der damals geltenden Fassung des Gesetzes BGBl I Nr 81/1999, zufolge der Bestimmungen des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes, BGBl Nr 697/1993, idF des Gesetzes BGBl Nr 773/1996, ein UVP-Verfahren durchgeführt werden musste und auch durchgeführt worden ist. Dies ist auch in der Präambel zur betreffenden Verordnung, kundgemacht in BGBl II Nr 359/1999, vermerkt.
Zur Beurteilung der Frage, ob sich aufgrund der Bestimmungen des UVP-G eine Ausdehnung des Parteienkreises im vorliegenden abfallrechtlichen Verfahren und damit eine Parteistellung der Gemeinde S. ergibt, war nun zunächst zu prüfen, ob die Errichtung und der Betrieb der gegenständlichen Bodenaushubdeponie zum Vorhaben ?Ausbau Unterinntal? zählt.
Nach § 2 Abs 2 UVP-G 2000 ist unter einem Vorhaben die Errichtung einer Anlage oder ein sonstiger Eingriff in die Natur oder Landschaft unter Einschluss sämtlicher damit in einem räumlichen und sachlichen Zusammenhang stehender Maßnahmen zu verstehen. Diese Bestimmung, welche ? wie sich aus dem Einleitungssatz des § 24 Abs 8 UVP-G ergibt ? auch für Vorhaben nach dem 3. Abschnitt dieses Gesetzes Geltung hat, stellt also klar, dass der Vorhabensbegriff des UVP-G das gesamte zu verwirklichende Projekt umfasst, das auch alle damit in sachlichem und räumlichem Zusammenhang stehenden Maßnahmen miteinschließt. Gegenstand des einheitlichen UVP-Verfahrens sind daher sämtliche mit dem Vorhaben in einem solchen Zusammenhang stehende Eingriffe, auch wenn nur ein Teil des Vorhabens die UVP-Pflicht auslöst.
Die in Rede stehende Deponie dient nun laut Projekt ausschließlich der Ablagerung von Bodenaushub aus dem Bau der Unterinntaltrasse. Damit ist nach Ansicht der Berufungsbehörde jedenfalls ein sachlicher Zusammenhang im Sinn des § 2 Abs 2 UVP-G 2000 zu diesem UVP-pflichtigen Vorhaben gegeben. Die Deponie befindet sich außerdem im unmittelbaren Nahbereich der neuen Eisenbahntrasse und ergibt sich gemäß den Projektunterlagen auch zum Baulos H 4/3, aus welchem die abgelagerten Materialien offenbar vorwiegend stammen sollen, nur ein Abstand von einigen hundert Metern. Damit liegt nach Ansicht der Berufungsbehörde jedenfalls auch ein räumlicher Zusammenhang im Sinne des § 2 Abs 2 UVP-G 2000 vor. Bei der Beurteilung des räumlichen Zusammenhanges ist darauf abzustellen, ob es zur Überlagerung der Wirkungsebenen der Eingriffe im Sinne kumulativer und additiver Effekte kommen kann. Dies ist aufgrund der Nahelage der Deponie zum betreffenden Baulos bzw zur neuen Eisenbahntrasse sowie wegen der zu erwartenden gleichartigen Emissionen (insbesondere Lärm, Abgase und Staub) nach Ansicht der Berufungsbehörde jedenfalls zu bejahen.
Es war daher weiters zu beurteilen, ob trotz des Umstandes, dass die gegenständliche Bodenaushubdeponie von einem anderen Projektwerber als jenem für das Vorhaben ?Ausbau Unterinntal? beantragt wurde, dennoch von einer diesem Projekt zuzurechnenden Begleitmaßnahme gesprochen werden kann.
Dazu vertritt die Berufungsbehörde im Hinblick auf die nunmehrige Rechtsprechung des Umweltsenates und des Verwaltungsgerichtshofes zum ?konzentrierten Genehmigungsverfahren? gemäß UVP-G die Auffassung, dass eine aufgeteilte Projektwerberschaft das Vorliegen eines UVP-pflichtigen Vorhabens nicht verhindern kann. Jede andere Interpretation würde den Regelungszweck des UVP-G, wonach bei bestimmten Vorhaben eine umfassende Beurteilung der Umweltauswirkungen erfolgen soll, vereiteln. Beide Vorhaben, nämlich die Errichtung der Unterinntaltrasse einerseits und die Errichtung und der Betrieb der in Rede stehenden Deponie zur Ablagerung der beim Bau anfallenden Abfälle andererseits, dienen einem einheitlichen Betriebszweck. Die betreffenden Maßnahmen stellen sich daher als hinsichtlich der Umweltauswirkungen einheitliches Vorhaben dar und hat daher im Hinblick auf den Zweck des UVP-Gesetzes nach Rechtsmeinung der Berufungsbehörde eine gesamthafte Betrachtung zu erfolgen.
Zusammenfassend ergibt sich sohin, dass es sich bei der Errichtung und dem Betrieb der gegenständlichen Deponie um eine Begleitmaßnahme zum UVP-pflichtigen Vorhaben ?Ausbau Unterinntal? handelt. Dies deckt sich offenkundig auch mit der Ansicht des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, welches in einer vorläufigen Beurteilung des in Rede stehenden Deponieprojektes eine Änderung des UVP-pflichtigen Vorhabens "Ausbau Unterinntal? bzw die Anwendbarkeit des § 24 g UVP-G angenommen hat.
Damit ist aber nach Ansicht der Berufungsbehörde im vorliegenden Fall von einem Genehmigungsverfahren im Zusammenhang mit der Realisierung des UVP-pflichtigen Vorhabens ?Ausbau Unterinntal? auszugehen. Folgerichtig gelangt daher auch die Bestimmung in § 24h Abs 5 UVP-G zur Anwendung. Parteistellung im Deponieverfahren haben demnach auch die im § 19 Abs 1 Z 3 bis 6 leg cit angeführten Organe, Rechtspersonen oder Gruppierungen, mithin ua die Standortgemeinden.
Der Gemeinde S. als Standortgemeinde kommt sohin nach Ansicht der Berufungsbehörde im abfallrechtlichen Verfahren betreffend die in Rede stehende Bodenaushubdeponie Parteistellung zu.
Abschließend war daher noch zu klären, ob aufgrund des Umstandes, dass die Gemeinde S. in der Berufung aktenwidrig erklärt hat, keinen Antrag auf Feststellung der Parteistellung eingebracht zu haben, der in Rede stehende Feststellungsbescheid zur Parteistellung zu beheben war.
Dies ist nach Ansicht der Berufungsbehörde zu verneinen. Wie nämlich der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung ausführt, kann dann, wenn die Parteistellung in einem Verfahren strittig ist, darüber in einem Zwischenverfahren durch Feststellungsbescheid entschieden werden (vgl VwGH 26.05.1993, Zl 92/03/0208 ua). Zuständig zur Erlassung eines diesbezüglichen Feststellungsbescheides ist die zur Sachentscheidung berufene Behörde (vgl VwGH 27.01.1976, Zl 963/74 ua). Ziel des Feststellungsverfahrens ist es, durch den Abspruch über die Parteistellung zu klären, ob die betreffende Person dem Verfahren beizuziehen ist, und es ihr damit zu ermöglichen, die ihr zur Wahrung ihrer (allfälligen) Rechtsansprüche und rechtlichen Interessen im AVG eingeräumten Verfahrensrechte geltend zu machen. Ein solches Verfahren betreffend die Feststellung einer Parteistellung in einem Verwaltungsverfahren setzt demgemäß voraus, dass ein Hauptverfahren eingeleitet und der die Hauptsache erledigende Bescheid zumindest gegenüber der betreffenden Person noch nicht erlassen wurde.
Das in Rede stehende Deponieverfahren wurde mit Antrag vom 26.08.2005 eingeleitet und ist in diesem bislang noch kein abschließender Bescheid ergangen. Mit dem gesamten Vorbringen hat die Gemeinde S. nun zumindest implizit die Feststellung der Parteistellung beantragt. Auch das Berufungsvorbringen lässt nämlich erkennen, dass die Gemeinde S. weiterhin vom Vorliegen einer Parteistellung im gegenständlichen abfallrechtlichen Verfahren ausgeht. Damit haben aber nach Ansicht der Berufungsbehörde entgegen dem Berufungsvorbringen die Voraussetzungen für die Erlassung eines Feststellungsbescheides vorgelegen. Es steht entgegen der offenkundigen Annahme der Gemeinde S. nicht in ihrem Belieben, in welchem Bescheid (Genehmigungsbescheid oder Feststellungsbescheid) der Abspruch über ihre Parteistellung erfolgt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.