TE UVS Tirol 2006/12/11 2006/16/2898-2

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 11.12.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol entscheidet durch sein Mitglied Dr. Christoph Lehne über die Berufung des Herrn Mag. A. M., vertreten durch Rechtsanwälte H. und Partner GmbH, Salzburg, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20.09.2006, Zl SG-147-2006, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 11.12.2006, wie folgt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit §§ 24, 51, 51c und 51e VStG wird die Berufung als unbegründet abgewiesen.

 

Gemäß § 64 Abs 1 und 2 VStG erwachsen Berufungskosten in der Höhe von Euro 140,00.

Text

Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde dem Berufungswerber zur Last gelegt, er habe es als gewerberechtlicher Geschäftsführer zu verantworten, dass zu bestimmten Zeiten in bestimmten Filialen der Firma M. Tagesskipässe für bestimmte Skigebiete in Tirol verkauft worden wären, womit das Reisebürogewerbe gemäß § 94 Z 54 in Verbindung mit § 126 Abs 1 Z 1 und Z 2 GewO 1994 eingeschränkt auf die Ausgabe, Vermittlung und Besorgung von Fahrausweisen inländischer und ausländischer Verkehrsunternehmen jeder Art sowie die Vermittlung von durch Verkehrsunternehmen durchzuführenden Personenbeförderungen ausgeübt worden sei, ohne dass die entsprechende Gewerbeberechtigung bestanden habe. Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe in der Höhe von Euro 700,-- nach § 366 Abs 1 Einleitungssatz GewO 1994 verhängt. Die Ersatzarreststrafe wurde mit 7 Tagen bestimmt. Die Verfahrenskosten wurden mit Euro 70,-- bestimmt.

 

In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung wurde Folgendes vorgebracht:

 

In umseits bezeichneter Rechtssache erstattet der Beschuldigte gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Innsbruck vom 20.09.2006, SG-147-2006, innerhalb offener Frist nachstehende

BERUFUNG

 

Es wird der Antrag gestellt, der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben und das Strafverfahren gegen den Beschuldigten einzustellen.

 

Im Einzelnen wird diese Berufung wie folgt begründet:

 

1. Der im Straferkenntnis gegen den Beschuldigten zum Ausdruck gebrachte Strafvorwurf entspricht nicht dem Konkretisierungsgebot des §§ 44a VStG, wie es in zahlreichen Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes zum Ausdruck kam. Der Strafvorwurf verstößt in mehrfacher Weise gegen dieses Konkretisierungsgebot, sodass alleine schon aus diesem Grunde der Berufung Folge zu geben und das Straferkenntnis ersatzlos aufzuheben ist.

2. Im Straferkenntnis ist die zutreffende Meinung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit wiedergegeben, wonach es eine Legaldefinition des Begriffes Verkehrsunternehmen in der Gewerbeordnung nicht gibt und sich sohin die Auslegung dieses Begriffes am allgemeinen Sprachgebrauch zu orientieren hat. Dieser Rechtsauffassung schließt sich der Beschuldigte ausdrücklich an.

 

Der Beschuldigte geht davon aus, dass bei richtiger Gesetzesauslegung die verschiedenen Beförderungseinrichtungen eines Skigebietes (Gondelbahn, Sessellift, Schlepplift etc.) nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht als Verkehrsunternehmen gelten. Im allgemeinen Sprachgebrauch versteht man unter Verkehrsunternehmen ein Unternehmen, das Fahrzeuge betreibt, die sich auf einer Straße, auf der Schiene, auf dem Wasser oder in der Luft bewegen. Es ist keinesfalls zutreffend, die im Strafvorwurf wiedergegebenen Skigebiete als Verkehrsunternehmen" aufzufassen. Diese Skigebiete können auch nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht als Verkehrsunternehmen" bezeichnet werden. Alleine schon aus diesem Grund liegt eine Verwaltungsübertretung nicht vor.

 

Selbst wenn diese Gesetzesauslegung nicht richtig sein sollte, so wäre ein diesbezüglicher Rechtsirrtum auf Seiten des Beschuldigten nicht vorwerfbar, zumal die gegenteilige Auffassung keinesfalls zwingend ist. Der Beschuldigte ist überzeugt, dass bei einer Befragung der Bevölkerung die überwiegende Mehrheit Beförderungseinrichtungen wie Gondelbahn, Sessellifte etc nicht unter dem Begriff Verkehrsunternehmen" unterordnen würden. Weiters ist festzuhalten, dass es eine einschlägige Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts zu dem entsprechenden Begriff nicht gibt. Der Beschuldigte kann

 

1. Darüber hinaus ist es so, dass von Seiten der Firma M. Warenvertriebs GmbH keine Fahrausweise" im Sinne des § 126 Abs 1 Z 1 GewO herausgegeben, vermittelt oder besorgt wurden. Die konkrete Abwicklung der Skipässe erfolgte ausschließlich über das jeweilige Skigebiet. Erst beim konkreten Skigebiet konnte sich der jeweilige Kunde das Erforderliche für einen gültigen Tages-Skipass verschaffen. Eine gegenteilige Beweislage kann dem verfahrensgegenständlichen Akt nicht entnommen werden. Ebenfalls fand kein Verkauf von Tageskarten in dem im Strafvorwurf bezeichneten M.-Lebensmittelmärkten statt. Auch unter diesem Gesichtspunkt ist das angefochtene Straferkenntnis gesetzeswidrig.

 

2. Das Straferkenntnis wird nunmehr auch auf die Bestimmung des § 370 Abs 1 GewO 1994 gestützt. Die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 10.05.2006 wurde nicht auf die vorzitierte Gesetzesbestimmung gestützt. Auch aus diesem Grunde ist der Berufung Folge zu geben.

 

Es wird sohin abschließend noch einmal der Antrag wiederholt, die Berufungsbehörde möge der Berufung Folge geben, das angefochtene Straferkenntnis ersatzlos aufheben und das Strafverfahren gegen den Beschuldigten einstellen.

 

In der mündlichen Berufungsverhandlung wurde Beweis aufgenommen durch die Verlesung des erstinstanzlichen Aktes. Weitere Beweise wurden nicht aufgenommen. Entsprechende Beweisanträge wurden auch nicht gestellt.

 

Aufgrund der Anpreisungen auf der Homepage wwwXY ist davon auszugehen, dass die Firma M., deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Berufungswerber ist in den im Spruch genannten Tatzeitraum Tageskipässe verkauft hat. Die Tagesskipässe konnten sofort von den Kunden verwertet werden.

 

Bei der Beweiswürdigung wurde auf den Umstand bedacht genommen, dass insbesondere auf den Homepages darauf aufmerksam gemacht wird, dass normale Liftkarten ausgegeben werden. Es würde eine Konsumententäuschung darstellen, wenn entgegen diesen Angaben nur Gutscheine auf Liftkarten ausgegeben worden wären.

 

Aufgrund dieses Sachverhaltes ist folgende rechtliche Beurteilung angebracht:

 

§ 5 Abs 1 GewO 1994

Soweit dieses Bundesgesetz hinsichtlich einzelner Gewerbe nicht anderes bestimmt, dürfen Gewerbe bei Erfüllung der allgemeinen und der bei einzelnen Gewerben vorgeschriebenen besonderen Voraussetzungen auf Grund der Anmeldung des betreffenden Gewerbes (§ 339) ausgeübt werden.

 

§ 94 Z 56 GewO 1994

Folgende Gewerbe sind reglementierte Gewerbe:

Reisebüros

§ 126 Abs 1 GewO 1994

Einer Gewerbeberechtigung für das Gewerbe der Reisebüros (§ 94 Z 56)

bedarf es für

1. die Ausgabe, Vermittlung und Besorgung von Fahrausweisen einschließlich der Anweisungen auf Liege- und Schlafwagenplätze, Platzkarten und dergleichen inländischer und ausländischer Verkehrsunternehmen jeder Art,

2. die Vermittlung von durch Verkehrsunternehmen durchzuführenden Personenbeförderungen,

3. die Vermittlung und die Besorgung von für Reisende bestimmter Unterkunft oder Verpflegung,

4. die Vermittlung von Pauschalreisen einschließlich Gesellschaftsfahrten und

5. die Veranstaltung von Pauschalreisen einschließlich Gesellschaftsfahrten, die der Veranstalter direkt oder über einen Vermittler anbietet.

 

Seilbahnen und Sessellifte unterliegen dem Seilbahngesetz. Laut diesem werden Seilbahnen als Eisenbahnen im Sinne des Eisenbahngesetzes ausdrücklich definiert .Im Eisenbahngesetz findet sich eine Definition des Begriffes Eisenbahnverkehrsunternehmen. Eine Begriffbestimmung für Seilbahn für Seilbahnverkehrsunternehmung existiert nicht. Aus der Begriffsbestimmung des § 5 Seilbahngesetz ergibt sich aber, dass die Betreiber öffentlicher Seilbahnen als Verkehrsunternehmen anzusehen sind. Er lautet: Öffentliche Seilbahnen sind Seilbahnen mit Personenbeförderung die nach Maßgabe der in der Konzession ausgewiesenen Zeiträume zur Führung eines allgemeinen Personenverkehrs verpflichtet sind. Die sich aus der Konzession ergebende Betriebspflicht für Betreiber öffentlicher Seilbahnen  macht diese zu Verkehrsunternehmen im Sinne des Eisenbahngesetzes. Auch aus der Formulierung in der Gewerbeordnung Verkehrsunternehmen jeder Art ergibt sich, dass Seilbahnen als Verkehrsunternehmen anzusehen sind.

 

Durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit wurde anlässlich der Bundesgewerbereferententagung unter Top 15 ausgeführt, dass eine Legaldefinition des Begriffes Verkehrsunternehmen nicht zu entnehmen ist und sich die heutige Auslegung des Begriffes am allgemeinen Sprachgebrauch zu orientieren hat. Es wurde weiters ausgeführt, dass sofern die durch das Handelsunternehmen vertriebenen Tagesskipässe die Berechtigung für die Inanspruchnahme von Beförderungen mit Seilbahnen beinhalten (was bei den im Spruch angeführten Skigebieten zutrifft) das Unternehmen einer zumindest eingeschränkten Gewerbeberechtigung zur Ausübung des reglementierten Reisebürogewerbes bedarf.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol schließt sich den erstinstanzlichen Ausführungen sowie den Ausführungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vollinhaltlich an. Vor Eingehen der Vereinbarungen mit den entsprechenden Seilbahnunternehmen hätte sich daher der Berufungswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer nach der Rechtslage besser erkundigen müssen. Ein allfälliger Rechtsirrtum ist daher fahrlässig begangen worden.

 

Der Unrechtsgehalt der Übertretung ist nicht unerheblich, da befugte Reisebürogewerbe konkurrenziert wurden. Als erschwerdend ist der Umfang der unbefugten Gewerbeausübung zu werten. Als  mildernd ist das Fehlen einschlägiger Vormerkungen zu werten. Es wird davon ausgegangen, dass der Berufungswerber als gewerberechtlicher Geschäftsführer einer großen Tiroler Handelskette über die gegenständliche Geldstrafe ausreichende Einkommensverhältnisse verfügt. Die Strafe ist daher entsprechend § 19 VStG als gesetzeskonform bemessen anzusehen. Sie wird daher bestätigt, weshalb Berufungskosten erwachsen.

 

Zusatz: Die Behandlung der VwGH-Beschwerde des Betroffenen wurde mit Beschluss vom 01.03.2007, 2007/04/0029-3, abgelehnt.

Schlagworte
Aufgrund, der, Anpreisung, auf, der, Homepage, ist, davon, auszugehen, dass, die Firma, Tagesskipässe, verkauft, hat
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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