TE UVS Burgenland 2006/12/13 074/02/06010

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Veröffentlicht am 13.12.2006
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Spruch

Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch seinen Präsidenten Mag Grauszer über die Berufung vom 15 08 2006 der ***, in RO ***(in der Folge als Berufungswerberin ?BW? genannt), vertreten durch Rechtsanwalt *** in ***, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Jennersdorf (hier kurz ?BH? genannt) vom 1 2 2006, Zl  300-258-2006, betreffend den gemäß § 37 Abs 5 iVm § 17 Abs 3 VStG ausgesprochenen Verfall einer am 22 1 2006 gegen 00 Uhr 45 bei der Grenzpolizeiinspektion Heiligenkreuz iL eingehobenen vorläufigen Sicherheit von 1453 Euro in einer Verwaltungsstrafsache nach dem Gelegenheitsverkehrsgesetz 1996 ? GelverkG zu Recht erkannt:

 

Gemäß § 66 Abs 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG wird die Berufung als unzulässig zurückgewiesen.

Text

Nach der im Akt erliegenden Anzeige der Grenzpolizeiinspektion Heiligenkreuz iL vom 30 1 2006, GZ ***, wurde bei einer Kontrolle am 22 1 2006 gegen 00 Uhr 45 eines KFZ der BW, das von Herrn *** gelenkt wurde, festgestellt, dass eine gewerbsmäßige Personenbeförderung von Italien nach Rumänien durchgeführt werde, wofür der Lenker keine österreichische Ministerbewilligung (gemeint: nach § 11 GelverkG, siehe die Anzeige gegen den Lenker, welche im Strafakt 300-259-2006 der BH erliegt) gehabt habe. Der Lenker und die BW (gemeint wohl als das rumänische Personenbeförderungsunternehmen) wurden angezeigt.

 

In beiden Strafakten der BH erliegt eine (identische) Kopie einer behördlichen Erledigung der BH auf deren Kopfpapier, die unter Verwendung eines vorgedruckten Textes (Formulars) unter Einfügung handschriftlicher Ergänzungen an den dafür vorgesehenen Stellen (offenbar von den einschreitenden Polizisten, welche Vorgangsweise dem Verwaltungssenat bekannt ist) erstellt wurde. Das Schreiben der BH trägt die Überschrift ?Vorläufige Sicherheit?, das Datum 22 1 2006, ist an Herrn *** gerichtet (ohne Hinweis auf den Umstand, dass er nach § 15a Gelverk als Vertreter des Unternehmers angesehen wird) und bezieht sich auf einen Block Nr 048106 und das Blatt 07, worunter die Bescheinigung der BH über die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit  von 218 Euro von Herrn *** nach § 37a Abs 2 Z 2 VStG (vom einschreitenden Polizisten) ausgestellt wurde. Dieses Schreiben der BH enthält weiters eine auf § 10 des Zustellgesetzes gestützte Aufforderung, einen Zustellungsbevollmächtigten in Österreich namhaft zu machen, trägt die Genehmigungsklausel ?Der Bezirkshauptmann: Dr ***? und den Beglaubigungsvermerk ?FdRdA? mit einer erkennbaren Unterschrift und den Namen ?(***)? in Maschineschrift. Eine andere Erledigung betreffend eine Aufforderung zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten (insbesondere eine an die BW gerichtete) ist nicht aktenkundig. Eine aktenkundige weitere Bescheinigung der BH über die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit zu Blatt Nr 08 der obgenannten Nummer weist den Betrag von 1453 Euro und die BW als diejenige Person aus, von der dieser Betrag eingehoben worden sei. Beide als vorläufige Sicherheit festgesetzte Geldbeträge wurden von Herrn *** im Zuge der Amtshandlung entrichtet.

 

Die Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten durch die BW ist ebenso wenig wie die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens wegen des ihr nach der Aktenlage zurechenbaren Unternehmerdelikts nach ?§ 15 Abs 1 Z 3 iVm § 11 Abs 3 GelverkG? oder die Ausforschung des zur Vertretung nach außen Berufenen der BW, die eine juristische Person ist, aktenkundig. Ohne irgendein Ermittlungsverfahren wurde der angefochtene Bescheid von der BH verfasst und aktenkundig am 1 2 2006 ?im Akt? der BH erlegt.

 

Der Adressat des angefochtenen Bescheides lautet: ?Unternehmen ***, Rumänien?, sein Spruch und die Begründung lauten:

 

?B E S C H E I D

 

Es wird Ihnen zur Last gelegt, folgende Verwaltungsübertretungen begangen zu haben:

§ 15/1 Z 2 iV § 11/3 Gelegenheitsverkehrsgesetz

 

Gemäß § 37 Abs 5, in Verbindung mit § 17 Abs 3 VStG, wird die von Ihnen eingehobene Sicherheitsleistung in der Höhe von 1453,-- Euro, für verfallen erklärt, da sich eine Strafverfolgung als unmöglich erwiesen hat.

 

Begründung:

 

Gemäß § 37 Abs 5 VStG kann die Sicherheit für verfallen erklärt werden, sobald sich die Strafverfolgung oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweist.

Sie haben die im Spruch angeführte Verwaltungsübertretung begangen. Da Sie Angehöriger eines Staates sind, in dem die weitere Strafverfolgung für die ho Behörde unmöglich ist, war die eingehobene Sicherheitsleistung für verfallen zu erklären.?

 

Mit Eingabe vom 21 3 2006 verlangte der Rechtsanwalt der BW die Übermittlung der ?Papiere? für beide Sicherheitsleistungen für die Taten vom 22 1 2006. Dem entsprach die BH mit Schreiben vom 14 7 2006, mit dem unter Hinweis auf die Verspätung eines allfälligen Rechtsmittels eine ?Ablichtung der Anzeigen und Erledigungen? übermittelt wurde.

 

Aufgrund der als Berufung gewerteten Eingabe der BW vom 15 8 2006 wurde erwogen:

 

Entgegen den Berufungsausführungen bezieht sich der angefochtene Bescheid nur auf den Verfall einer Sicherheitsleistung von 1453 Euro und nicht auf eine so hohe Strafe oder eine Sicherheitsleistung von 218 Euro. Die Berufung ist ausdrücklich nur gegen den Bescheid vom 1 2 2006 zur Zahl 300-258-2006 gerichtet, um dessen Annullierung ersucht wird. Insoweit ist der Rahmen dieses Berufungsverfahrens abgesteckt. Bemerkt sei, dass die BH zur Zahl 300-259-2006 ein Verwaltungsstrafverfahren gegen Herrn *** wegen Übertretung des § 11 Abs 3 GelverkG am 22 1 2006 durchführte und mit Strafverfügung vom 2 2 2006 eine Geldstrafe von Euro 218 verhängte. Entgegen dem Gesetz wurde gleichzeitig die Sicherheitsleistung von 218 Euro für verfallen erklärt und ausgesprochen, dass dies als Bezahlung der Geldstrafe gilt, was in diesem Berufungsverfahren jedoch keine Rolle spielen kann. Die BH hat aus ungenannten Gründen gegenständliche Berufung der Personenbeförderungsunternehmerin auch als Einspruch des Herrn *** gegen die ihn betreffende Strafverfügung gewertet und sie mit Bescheid vom 27 11 2006 als verspätet zurück gewiesen. Diese Angelegenheit wird von diesem Berufungsverfahren nicht erfasst.

 

Die BH ist unausgesprochen aber erkennbar davon ausgegangen, dass die BW am 22 1 2006 eine grenzüberschreitende gewerbsmäßige Personenbeförderung durchführte, ohne die für erforderlich erachtete Bewilligung nach § 11 GelverkG zu besitzen (offenbar kam sie zu diesem Schluss, weil laut Anzeige der Lenker keine Genehmigung ?besitzt?,  gemeint wohl: bei der Kontrolle auf Verlangen des Polizisten nicht vorzeigte). Das GelverkG sieht zwar in § 15a zweiter Satz u a vor, dass beim Verdacht einer solchen Übertretung des Unternehmers nach § 15 Abs 1 Z 3 GelverkG eine Sicherheitsleistung nach § 37a Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG eingehoben werden darf, wobei der Lenker als Vertreter des Unternehmers gilt. Insoweit wird der Lenker zum Vertreter des (bei der Beanstandung nicht anwesenden) Unternehmers. Diese gesetzliche Vertretungsregelung bezieht sich aber nur auf die Einhebung einer vorläufigen Sicherheit (arg: ?dabei?). Diese Vorschrift regelt keine sonstige Vertretungsbefugnis des Lenkers, insbesondere wird er dadurch nicht zum Zustellungsbevollmächtigten des Unternehmers betreffend andere behördliche Maßnahmen im Zusammenhang mit einer Verwaltungsübertretung, deretwegen  eine vorläufige Sicherheit eingehoben wurde.

 

Der Auftrag zur Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten iSd § 10 Zustellgesetz ist ein verfahrensrechtlicher Bescheid. Der gegenständliche Auftrag vom 22 1 2006 bezeichnet zwar den Lenker des KFZ (insoweit ist er an ihn gerichtet), er enthält jedoch weder den Namen der BW noch lässt er durch irgendeinen Ausspruch erkennen, dass die BW als Unternehmerin verpflichtet werden sollte, einen Zustellungsbevollmächtigten für das Verwaltungsstrafverfahren nach dem GelverkG (betreffend das vorgenannte Unternehmensdelikt) zu bestellen. Dieser Bescheid, auch wenn er nicht als solcher bezeichnet ist und auch sonstigen  Erfordernissen eines Bescheides nicht entspricht (Begründung, Rechtsmittelbelehrung), enthält auch keinen Hinweis darauf, dass der Lenker als Vertreter der BW angesehen wird. Ein an die BW gerichteter  Auftrag zur Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten ist im ausgefüllten Formblatt so hin nicht ausgedrückt worden. Schon dies verhindert hier die Annahme, dass dadurch die BW hinsichtlich der Bestellung eines Zustellungsbevollmächtigten handlungspflichtig geworden wäre. Bemerkt sei, dass im § 10 Zustellgesetz von einer sich nicht vorübergehend ?im Ausland aufhältigen Person? die Rede ist, was sich auf eine natürliche (und nicht eine juristische) Person bezieht, weil nur eine solche einen ?Aufenthalt? haben kann. Der Lenker war zudem nach obigen Ausführungen hinsichtlich dieses Bescheides nicht empfangsberechtigt. Die Ausfolgung dieses Bescheides an ihn bewirkte deshalb auch nicht seine Zustellung und Erlassung. Damit entstand keine Verpflichtung der BW zur Namhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten, weshalb auch die Unterlassung der Namhaftmachung keine rechtliche Bedeutung erlangte. Deshalb war die BH nicht berechtigt, den angefochtenen Verfallsbescheid iSd § 10 Zustellgesetz zu hinterlegen. Seine Hinterlegung bewirkte nicht seine Zustellung, er gilt als nicht erlassen und ist damit rechtlich nicht existent. Da nur gegen erlassene Bescheide berufen werden darf, ist gegenständliche Berufung u nzulässig.

 

Da innerhalb von sechs Monaten kein Verfall der am 22 1 2006 eingehobenen Sicherheitsleistung von 1453 Euro wirksam ausgesprochen wurde, wurde sie frei, dh sie ist von der BH zurück zu zahlen.

 

Bei diesem Ergebnis war die inhaltliche Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verfallsbescheides nicht mehr bedeutsam. Der Bescheid legt der BW zwar als juristischer Person eine Verwaltungsübertretung zur Last, was dem § 9 VStG grob widerspricht, beschreibt jedoch keine konkrete Tat und auch keine konkrete Sicherheitsleistung (die Zitierung von Paragrafen und eines Geldbetrages reicht nicht zur Individualisierung aus). Die BH hat auch keine natürliche Person als Beschuldigten ausgeforscht (etwa durch einfache Anfrage an die BW, wer das nach außen vertretungsbefugte Organ der Gesellschaft im Tatzeitraum war) und auch nicht dargelegt, warum dies nicht möglich gewesen wäre (vgl etwa VwGH 8 6 2005, 2003/02/0084). Da ein Verwaltungsstrafverfahren gegen eine individuell bestimmte (natürliche) Person als Beschuldigten (siehe § 32 VStG) nicht eingeleitet wurde, liegt auch kein ?Beschuldigter? vor, hinsichtlich dessen sich die Strafverfolgung iSd § 37a Abs 2 Z 2 VStG ?als unmöglich erwiesen? haben könnte, wie die BH begründend ausführte, wobei sie zudem vermutete, dass der (unbekannte) Täter rumänischer Staatsangehöriger sei (?!). Zur Zustellung objektiver Verfallsbescheide sei auf § 17 Abs 3 zweiter Satz VStG verwiesen, wonach diese durch öffentliche Bekanntmachung in Form eines Anschlages an der Amtstafel (siehe jetzt § 25 Zustellgesetz), welche im Anlassfall (Hinterlegung im Akt) jedoch gerade nicht vorliegt, zu erfolgen hat.

 

Bemerkt sei, dass in der Übermittlung einer Ablichtung (der aktenkundigen Urschrift und nicht einer Ausfertigung iSd § 18 Abs 4 AVG) des Verfallsbescheides mit Schreiben vom 14 7 2006 an die BW keine Bescheidzustellung zu erkennen ist.

Schlagworte
Gesetzlicher Vertreter, Auftrag zur Nahmhaftmachung eines Zustellungsbevollmächtigten
Quelle: Unabhängige Verwaltungssenate UVS, http://www.wien.gv.at/uvs/index.html
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