Der Unabhängige Verwaltungssenat Burgenland hat durch sein Mitglied Dr. Schwarz über die Berufung des Herrn ***, geboren am 01.11.1958, wohnhaft in ***, vom 19.09.2006 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 06.09.2006, Zl. 300-2298-2006, wegen Bestrafungen nach dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) zu Recht erkannt:
Gemäß § 66 Abs. 4 AVG in Verbindung mit § 51 Abs. 1 VStG wird der Berufung Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt.
Der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Bezirkshauptmannschaft Neusiedl am See vom 06.09.2006, Zl. 300-2298-2006, lautet wie folgt:
?Sie haben als Dienstgeber (gem. § 35 ASVG), die nachfolgend bezeichneten ungarischen Staatsbürger (gemäß § 4 Abs. 2 ASVG) als Dienstnehmer beschäftigt und dabei unterlassen, entgegen den Bestimmungen im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz die Anmeldung der nachfolgend genannten Dienstnehmer zur Pflichtversicherung gegen die im § 33 Abs. 1 und Abs. 1 a definierte Verpflichtung der Anmeldung spätestens bei Arbeitsantritt vorzunehmen, obwohl Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) spätestens bei Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden haben.
Dienstnehmer:
1.
***, geb. ***
2.
***, geb. ***
Tatort: ***
Ort der Inanspruchnahme: ***
Tatzeit: ***
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift verletzt:
§ 33 Abs. 1 a i.V.m. § 111 Allgemeines Sozialversicherungsgesetz idgF BGBl. Nr. 132/2005?
Dagegen wurde vom Beschuldigten mit Schreiben vom 19.09.2006 berufen.
Hierüber wurde Folgendes erwogen:
Gemäß § 31 Abs. 1 VStG ist die Verfolgung einer Person unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§ 32 Abs. 2 und 3 VStG) vorgenommen worden ist.
Verfolgungshandlung ist zufolge § 32 Abs. 2 VStG jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführbefehl, Vernehmung, Ersuchen um Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung, u.dgl.), und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat. Eine Verfolgungshandlung unterbricht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes jedoch nur dann die Verjährung, wenn sie sich auf alle der Bestrafung zugrunde liegenden Sachverhaltselemente bezogen hat (siehe VwSlg. 9664 A/1979 uva.).
Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Das heißt, dass jene Tat im Spruch so eindeutig umschrieben sein muss, dass kein Zweifel darüber besteht, wofür der Täter bestraft worden ist.
Mit Erkenntnis eines verstärkten Senates des Verwaltungsgerichtshofes vom 03.10.1985, GZ: 85/02/0053, wurde ausgeführt, dass der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG dann entsprochen wird, wenn
a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und
b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.
Nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch eines Straferkenntnisses enthaltene (unverwechselbare) Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit, aber auch für die Umschreibung von anderen - nach dem Tatbestand der übertretenen Rechtsvorschrift maßgeblichen - Umständen genügt. Das an die Umschreibung der als erwiesen angenommenen Tat zu stellende Erfordernis wird nicht nur von Delikt zu Delikt, sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall ein verschiedenes, an den erwähnten Rechtsschutzüberlegungen zu messendes sein. Diese Rechtsschutzüberlegungen sind auch bei der Prüfung der Frage anzustellen, ob eine taugliche Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG vorliegt oder nicht (vgl. VwGH vom 23.04.1992, 91/09/0199 m.w.N.). Das bedeutet, dass die dem Beschuldigten vorgeworfene Tat (lediglich) unverwechselbar konkretisiert sein muss, damit dieser in die Lage versetzt wird, auf den Vorwurf entsprechend zu reagieren und damit sein Rechtsschutzinteresse gewahrt ist (vgl. auch VwGH vom 26.06.2003, 2002/09/0005).
Diesen Anforderungen wird der im angefochtenen Straferkenntnis enthaltene Tatvorwurf nicht gerecht.
§ 33 ASVG in der Fassung BGBl 2005/132 lautet:
?Abs. 1: Die Dienstgeber haben jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) spätestens bei Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An- sowie die Abmeldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.
Abs. 1a: Der Dienstgeber kann die Anmeldeverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet, und zwar
1. spätestens bei Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben-Anmeldung) und
2. die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).
Abs. 2: Abs. 1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.
[?].?
Tatbildmäßig nach § 33 Abs. 1 ASVG ist die Unterlassung der Anmeldung spätestens bei Arbeitsantritt der beschäftigten Person. Anfang und Ende des strafbaren Verhaltens sind im Spruch des Bescheides anzuführen (VwGH 31.01.2003, 99/02/0337). Aus dem Spruch der in der Begründung des erstinstanzlichen Straferkenntnisses zitierten Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom 09.08.2006, Zl. 019/12/2006.035/005 betreffend den gleichen Sachverhalt bezüglich einer Übertretung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, ist ersichtlich, dass der Berufungswerber die Arbeitnehmer *** und *** in der Zeit zwischen dem 30.01.2006 bis 09.02.2006 jeweils stundenweise zwischen 08:00 Uhr bis 16:00 Uhr beschäftigt hat. Im Anlassfall wurde jedoch der maßgebliche Beginn des Versicherungszeitraumes dem Berufungswerber entgegen § 33 Abs. 1 ASVG, nicht vorgehalten. Als Tatzeitraum wurde lediglich der Tag der behördlichen Feststellung angeführt. Die Angabe allein des Kontrollzeitpunktes kann nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Angabe der Tatzeit nicht ersetzen (VwGH 17.12.2002, 2002/04/0192 mit weiteren Verweisen). Der Tag des Arbeitsantritts für die angeführten Arbeitnehmer, der für die Unterlassung der Anmeldung maßgeblich ist, ist weder in die als Verfolgungshandlung anzusehende Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24.04.2006 noch im Schuldspruch des Straferkenntnisses aufgenommen. Bei einer Verurteilung bestünde darüber hinaus die Gefahr der Doppelbestrafung, da der Beschuldigte wegen desselben Verhaltens, nämlich der Nichtanmeldung der angeführten Arbeitnehmer bis spätestens am 30.01.2006 und der darauf folgenden Aufrechterhaltung des rechtwidrigen Zustandes zumindest bis 09.02.2006, nochmals, nämlich betreffend einen anderen Tag innerhalb des Tatzeitraumes, zur Verantwortung gezogen werden könnte.
Mangels tauglicher Verfolgungshandlung im Sinne des § 32 Abs. 2 VStG ist daher hinsichtlich der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung betreffend gemäß § 31 Abs. 2 VStG Verfolgungsverjährung eingetreten, da der rechtwidrige Zustand mit Ende der Beschäftigung am 09.02.2006 geendet hat und die sechsmonatige Verfolgungsfrist nunmehr abgelaufen ist.
Auf die in der Berufung dargelegten Einwände war daher nicht weiter einzugehen und spruchgemäß zu entscheiden.